Extreme Angst davor, hässlich zu sein

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Perdix5
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Extreme Angst davor, hässlich zu sein

Beitrag Sa., 27.05.2017, 13:06

Hallo allerseits,

ich leide seit ich denken kann mit wechselnder Intensität unter der Angst, extrem hässlich zu sein. Das Seltsame daran ist, dass ich oft Komplimente wegen meinem Äußeren bekomme. Es gab eine Zeit, da waren "alle" Mädchen richtiggehend verrückt nach mir. Mir wurde sogar mal in Paris auf der Straße angeboten, als Model zu arbeiten. Seitdem hat sich mein Aussehen deutlich verändert, da ich unter einer Autoimmunerkrankung leide, auf die ich hier jedoch nicht näher eingehen will. Die Frauen haben sich jedoch nie daran gestört, ich hingegen sehr.

Im Moment habe ich eine persönliche Krise, und weiß einfach überhaupt nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Hinzu kommt eben noch, dass ich mich geradezu zwanghaft mit meinem Aussehen beschäftige, und oft panische Angst davor habe, dass meine Krankheit wieder ausbricht. Ich stehe oft lange vor dem Spiegel, und mich überkommt Panik, ein Gefühl der absoluten Hoffnungslosigkeit, ich habe dann einfach das Gefühl, dass ich mit diesem Körper, und mit diesem Aussehen nicht leben kann. Ich hatte auch schon ein paar wirkliche Panikattacken.

Am Schlimmsten finde ich meine Figur, es ist ohne Übertreibung die entsetzlichste Figur die je ein Mensch gehabt hat - nur, dass mich in meinem ganzen Leben noch nie jemand darauf angesprochen hat. Niemand hat je irgendwas darüber gesagt. Ich bin nie gehänselt worden, nichts. Ich bin mir nicht sicher, aber es ist möglich, dass ich mal ausgelacht wurde, als ich noch ein ganz kleines Kind war, mit vier oder so, aber das ist nur eine ganz vage Vermutung. Ich kann mich an nichts erinnern. Aber dieses Thema beherrscht alles.

Eine Erinnerung habe ich jedoch: Als ich sieben oder acht war, hat mir mein Vater mal gesagt, dass ich hässlich sei. Ich weiß noch, dass ich dann auf dem Bett gelegen bin, und nur stumm vor mich hingestarrt habe. Meine Mutter kam rein, und sagte (vielleicht sogar mit einem leicht vorwurfsvollen Ton), dass er das doch nie sagen würde, wenn er nicht wüsste, dass ich "eigentlich ein sehr schönes Kind" bin. Mein netter Herr Vater hat es also als eine Art Witz gemeint. Meine Antwort war Schweigen, und meine Mutter ging einfach raus, machte die Tür zu, und ließ mich so liegen, stumm vor mich hinstarrend. Danach ist nie wieder davon geredet worden. Nichts ist unternommen worden, um mir das auszureden, und mein Vater hat sich auch nie dafür entschuldigt oder Ähnliches.

Meint ihr, sowas reicht schon für ein Trauma? Irgendwas stimmt nicht mit mir, ich komme von diesem Thema einfach nicht los, es beherrscht einfach alles. Was ist nur los mit mir? Selbst wenn ich hässlich wäre, diese Besessenheit davon ist nicht normal.

Ich freue mich auf eure Antworten, danke schon mal im Voraus!
Grüße, Perdix

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wind of change
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Beitrag Sa., 27.05.2017, 13:40

Hallo Perdix,
wenn du aussergewöhnlich gut aussiehst bist du vielleicht bis jetzt oft auf dein Aussehen "reduziert" worden, das heisst die Leute mochten dich hauptsächlich WEGEN Deinem Aussehen oder es kam so rüber bei dir. Und das andere (Charakter, Persönlichkeit ... ) ? Wenn du hauptsächlich auf dein Aussehen "reduziert" worden bist, wäre es nicht verwunderlich, dass du Angst hast hässlich zu sein, denn dann würde ja der "einzige" Grund (dein Aussehen) wegfallen dich zu mögen oder (wie die Mädchen) "verückt nach dir zu sein". Hoffe du verstehst was ich meine. Vielleicht ein bisschen wie jemand, der reich ist und deshalb viele "Verehrer" hat, aber was ist wenn das Geld weg ist? Oder anders gesagt: wird er Um Seiner Selbst wegen geliebt? Vielleicht fehlt dir die Sicherheit, dass man dich auch mögen würde, wenn du "hässlich" wärst und deshalb die panische Angst? Die von dir erinnerten Erlebnisse in der Kindheit verstärken das Gefühl vielleicht ... kann ich aber natürlich auch nicht sicher oder genau sagen.
Viele Grüsse ;-)
wind of change
Gehe so weit, wie du sehen kannst. Wenn du dort ankommst, wirst du sehen, wie es weitergeht.
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Ta_Ra
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Beitrag Sa., 27.05.2017, 15:07

Ich kann dich gut verstehen, denn es ging mir als Jugendliche genau so.
Ich hatte dann selbst viele Jahre Psychotherapie (nicht nur wegen diesem Problem - dies war nur eines von vielen Symptomen) , bin nun selbst Psychotherapeutin und arbeite mit vielen Klienten, die die gleiche Problematik haben.
Ich will dir damit sagen, dass dies ein häufiges Problem ist, du also nicht alleine damit bist....auch wenn dir das natürlich jetzt nicht unmittelbar hilft).

Ich kann dir sagen, dass dieses Störungsbild (also die Dysmorphophobie) immer mit verborgenen Ängsten und Problemen in ganz anderen Lebensbereichen zu tun hat.
Welche das sind, woher sie kommen, wie man lernt damit umzugehen, sie eventuell aufzulösen usw....ist dann die Aufgabe einer Therapie.
Oft liegen die Ursachen schon sehr früh in der Kindheit (Entwicklung des Selbstbildes und Aufbau von Selbstvertrauen) bzw. hat es viel damit zu tun, in welchem Umfeld man aufgewachsen ist und wie mit einem umgegangen wurde.....

Hast mal daran gedacht, dich in Therapie zu begeben?
Oder warst du vielleicht schon?

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Perdix5
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Beitrag Sa., 27.05.2017, 18:18

@Ta_Ra

Ja, ich war schon mal in Therapie, das ist aber schon ein paar Jahre her. Mein Therapeut hat mir allgemein sehr geholfen, aber was dieses spezielle Problem anbelangt, hat er eher wenig Verständnis für mich gezeigt, und hat mir nur ein paar Mal gesagt, dass ich doch eh gut aussehe und so. Ich hab schlussendlich auch abgebrochen, weil ich mehr darüber reden wollte, er das aber überhaupt nicht ernst genommen hat, ich glaube, da war von seiner Seite auch ein gutes Maß Inkompetenz mit im Spiel. Es ist bei mir einfach so, dass ich mich oft zwanghaft mit diesen Dingen beschäftige, und wirklich panische Angst bekomme, wenn ich irgendwas "Falsches" im Spiegel sehe. Das klingt total trivial, ist es aber nicht, es beherrscht mein Leben.

Ich war vor Kurzem auf einer Beratungsstelle, das Problem ist momentan nur das Geld. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, mal sehen, ich bin bald wieder dort.

Letztlich geht es glaub ich darum, dass meine Eltern meine emotionalen Bedürfnisse missachtet haben, und mir überhaupt kein Selbstwertgefühl vermittelt haben. Das Beispiel, das ich genannt habe, ist absolut typisch - warum hat damals niemand dafür gesorgt, dass es mir wieder besser geht? Das ist doch kein normales elterliches Verhalten, oder? Was würdest du als Therapeutin dazu sagen?

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Ta_Ra
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Beitrag Sa., 27.05.2017, 19:41

Ich finde es ganz und gar nicht trivial und weiß wirklich genau, dass es sich tatsächlich schrecklich anfühlt!
Bei mir war es damals auch so, dass sich alles nur mehr darum gedreht hat, ich musste permanent meine Makel im Spiegel kontrollieren, obwohl ich wusste, dass es mich jedes Mal nur noch mehr "schmerzen" würde....aber ich konnte eben nicht anders....ich zog mich auch immer mehr zurück, bis ich aufgrund meiner eingebildeten Hässlichkeit kaum noch das Haus verließ.

Und ich weiß auch wie schwer es mit dem Umfeld ist.
Gerade wenn man eben Dinge an sich sieht, die die anderen nicht sehen (bzw. eben nie als Makel bezeichnen würden) stößt man permanent nur auf Unverständnis und Gernervtheit.
Mir sagte man damals dauernd von allen Seiten, dass ich mich doch unheimlich glücklich schätzen könnte, so auszusehen, wie ich eben aussah.....viele wären froh wenn sie so aussehen könnten....blablaaaa, hat natürlich alles überhaupt nicht geholfen.
Meine Freunde gingen soweit, dass sie mir drohten, mir alle Spiegel zu zerschlagen, weil sie so genervt waren :)

Ich kann mir auch gut vorstellen, dass viele Therapeuten da dann nicht so verständnisvoll sein und mitschwingen können.
Trotzdem wärs sicher nicht schlecht, es nochmal zu versuchen denke ich, denn nicht jeder Therapeut ist auch für jedes Problem der richtige.

So wie du dieses eine Ereignis geschildert hast - wenn es durchgängig so gelaufen ist (und meistens sind das dann keine Einzelfälle, sondern durchgängies Verhalten der Bezugspersonen) dann kann es natürlich sein, dass dich das negativ geprägt hat.
Ich will natürlich keine digitalen Ferndiagnosen stellen, das wär unseriös, auch will ich nicht partout sagen "die ELtern sind immer schuld", aber ich beobachte eben immer wieder, dass die Ursache solcher Konflikte in früher Kindheit liegt.
Oft passiert die Vermittlung von Unverständnis oder das vernachlässigen von emotionalen Bedürfnissen auch auf sehr subtile Art und Weise, aber doch konstant.
Dies kann dann eben zur Folge haben, dass Kind in dem Glauben aufwächst "Mit mir stimmt was nicht" - und da haben wir dann schon die Selbstwertproblematik....

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hope4life
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Beitrag So., 28.05.2017, 01:01

Hallo Perdix

Ich habe Psychologie studiert, und mich im Bereich menschliche Evolution und Schlüsselreize (v.a. Aussehen und Wohlstand) im Zusammenhang mit der Entstehung von Beziehungen beschäftigt.

Ich möchte vorwegnehmen, dass ich dich ernst nehme, und dir deshalb wissenschaftlich bewiesene Fakten aufzeige, die mit romantischen Vorstellungen so wenig zu tun haben, wie diese allzuoft mit der Realität. Es gibt viele Abläufe, deren wir uns nicht bewusst sind. Ich denke, dass du Ehrlichkeit schätzt, auch wenn mich hier deshalb wohl viele nicht besonders mögen werden.

Auch heute spielen Aussehen und Wohlstand einer (männlichen) Person eine entscheidende Rolle als Schlüsselreiz (eine Art unbeeinflussbarer blitzartiger Auslöser( für eine Annäherung im Hinblick auf eine ernsthafte Beziehung. Das hat mit Urinstinkten und der menschlichen Evolution zu tun, wobei eine Frau unbewusst nach erfolgreichen Nachkommen, Sicherheit und Wohlstand strebt, was letztlich dem Fortbestand der Spezies zugute kommt.

Obwohl diese unbewussten Urinstinkte uns immer noch leiten, ist die Realität eines modernen Menschen viel komplexer geworden, weil fast alle Menschen heute durch Technik, Werbung und Ideale glauben, über fast übermenschliche Fähigkeiten und Eigenschaften verfügen zu müssen.
Das setzt einen Grossteil der Menschheit so unter Druck, dass nur noch ein Versagen möglich scheint!

Obwohl ich nicht weiss, was dich von anderen unterscheidet, gehörst du wahrscheinlich zu den für eine Beziehungsaufnahme weniger privilegierten Menschen, zu denen sehr viele Leute gehören!
Es gibt heute sehr viele Menschen, die genau die gleichen Ängste haben wie du!

Eine Beziehung, in der du das (möglicherweise berechtigte) Gefühl haben musst, bemitleidet zu werden, wird dir kaum ermöglichen, glücklich zu werden!

Was du brauchst, ist, dich so anzunehmen und zu lieben, wie du bist. Erst dann kannst du das auch ausstrahlen, sodass dich eine Frau wegen deiner Selbstsicherheit attraktiv finden kann, statt dich zu bedauern! Mitleid würden weder du noch sie wollen!
Der Preis dafür ist aber, deine allenfalls vorhandenen Idealvorstellungen einer Partnerin über Bord zu werfen, um in deiner Realität dein Glück zu finden! Ein fairer Deal - oder?

Du hast nur ein Leben! Also probiere, dich ab jetzt ohne wenn und aber so zu akzeptieren und zu lieben, wie du bist (eine andere Wahl hättest du ohnehin nicht wirklich), damit auch du nach deinen persönlichen Möglichkeiten eine gute Chance auf eine glückliche Beziehung bekommst!
Sei es dir wert!

Dazu wünsche ich dir viel Kraft und Geduld!


Ta_Ra
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Beitrag So., 28.05.2017, 08:58

@ hope4life

Es wäre toll, wenn man mit einer kurzen Erklärung und ein paar guten Tipps jemandem da raushelfen könnte....aber so läufts halt leider in den seltensten Fällen.

Und ich hätte es nicht so aufgefasst als würde das Problem jetzt speziell die Partnersuche betreffen, oder?

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Perdix5
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Beitrag Fr., 02.06.2017, 21:23

@hope4life

Du hast Recht, man sollte sich so lieben wie man ist. Aber es besteht kein Mangel an Frauen, die mich attraktiv finden, da hast du etwas falsch verstanden. Trotzdem danke.

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Perdix5
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Beitrag Fr., 02.06.2017, 21:27

@Ta_Ra

"Oft passiert die Vermittlung von Unverständnis oder das vernachlässigen von emotionalen Bedürfnissen auch auf sehr subtile Art und Weise, aber doch konstant."

Ja, davon kann ich ein Lied singen. Ich denke das hat auch meine Therapie erschwert, immerhin gab es ja kaum "etwas Schlimmes" zu erzählen, es geht vor allem um nonverbale Kommunikation. Ich bin jetzt übrigens wieder in Therapie, mal schauen was draus wird :) Irgendwelche Tipps?

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wind of change
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Beitrag Fr., 02.06.2017, 22:15

Ich zieh mich dann mal zurück
Gehe so weit, wie du sehen kannst. Wenn du dort ankommst, wirst du sehen, wie es weitergeht.
(Autor unbekannt)
Wege entstehen, indem man sie geht. (Franz Kafka)
Glaub nicht alles was du denkst (Heinz Erhardt (?))

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Beitrag Sa., 03.06.2017, 13:13

@wind of change

Sorry, hab deinen Kommentar irgendwie übersehen. Deine Vermutung trifft glaube ich den Kern, ich war als Kind oft davon überzeugt, dass man mich nur wegen meinem Äußeren mag, bzw. sah ich den Grund für empfundene Zurückweisungen oft in meinem plötzlich als mangelhaft empfundenen Aussehen. Das ist schon seltsam. Ich denke letztlich liegt es daran, dass meine Eltern mir nie glaubhaft vermittelt haben, dass sie mich gern haben, einfach weil ich ihr Sohn bin, oder weil ich so bin wie ich bin. Und wenn mich dann jemand mal mochte, hab ich nach anderen Gründen gesucht.

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