Ich wünschte sie wären meine Eltern ...

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Sonne123
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Ich wünschte sie wären meine Eltern ...

Beitrag Sa., 30.04.2016, 08:16

Liebe Forums Leser.

Mir geht es momentan sehr schlecht. Es kostet mich Mut hier zu schreiben, da ich das was ich jetzt schreibe mir selbst erst heute so richtig eingestehe und es mir bewusst machen.

Ich fasse es kurz und prägnant zusammen, soweit das möglich ist.

Ich bin Anfang 30, verheiratet und lebe seit etwa 2 Jahren in einem Haus mit Freunden. Mein Mann kannte sie, ich lernte sie kennen. Wir wurden Freunde. Es leben noch einige mehr im Haus, doch es geht mir um eine Familie.

Sie sind um die 50, haben drei Kinder. Die Söhne (Anfang 20) sind gerade in Australien, Work & Travel usw. Die Tochter ist 17, geistig etwas "zurück geblieben" und lebt mit ihnen im Haus.

Bis Dezember hatte ich mit ihnen eine "normale" Freundschaft. Es war toll sie zu sehen, man hat gemeinsam etwas unternommen, Filme geguckt ...

Im Dezember hatte ich dann eine private Krise, da will ich nicht näher drauf eingehen. Nur soviel, sie waren mir dabei eine sehr große Hilfe! Dadurch wurde unser Verhältnis wesentlich intensiver. Bis heute.

Vor zwei Wochen eine erneute Krise. Ich wurde leider rückfällig, Alk und 2 Ecstasy Pillen. Ich war in meiner Jugend Punk, Drogenabhängig, hab auf der Straßen gelebt. Mit 12 daheim von der schlagenden Mutter weg. Vater ihr völlig unterwürfig. Keinen Kontakt mehr zu Beiden. Glaubt mir, es ist für mich das Beste ... auch wenn es vielleicht egoistisch klingt.

Nun ihr ahnt es, ich wünscht unsere beiden Freunde wären auch meine Eltern (oh man, wie ich mich gerade schäme) ... er ist Arzt, sie arbeitet im OP ... ihr Lebensstil ist nen anderer, "gehobener" wenn ihr wisst was ich meine. Eine andere Welt!

Ihre Söhne kommen bald zurück ... und ich? Ich werde eifersüchtig statt mich für sie zu freuen. Sie lieben ihre Kinder über alles. Zurück zu meinem Rückfall ... mein Mann und ich hatten Stress, er war deshalb einige Tage mit dem Wohnmobil unterwegs, jetzt ist er jobmässig weg - es hat sich soweit aber wieder gelegt.

Die Beiden haben auch da sehr viel investiert an Zeit und Gesprächen mit uns, vorallem mit mir. Würden uns sogar etwas zuschießen, falls wir eine Eheberatung in Anspruch nehmen möchten und es nicht reicht. Wir sind nicht arm, beide freiberuflich - damit bin ich einigermaßen zufrieden.

Nun ja, meinen Drogenrückfall bereue ich total, hoffe ich schaffe es wieder ohne klar zu kommen. Habe ihnen gestern als Schutz, alles Alk und Drogen mitgegeben und auch erstmal mein Geld - um mich selbst zu schützen.

Er bezeichnete meine Aktion als "unreif" und "erinnere dich mal wie alt du bist" .... das hat mich extrem getroffen ... hab die halbe Nacht geheult. Warum? Keine Ahnung.

Sie sagten sie hätten noch andere "Baustellen" - er will nicht von der Klinik kommen und hier geht es direkt weiter. Ich solle mir, wenn ich nicht klar komme eine Therapie suchen, damit hat er wohl auch Recht.

Naja, kurzum. Ich hab mich zu sehr in den Mittelpunkt gespielt, oder? Dabei möchte ich das gar nicht. Ich finde es toll sie zu kennen, wie sie mit ihrer Tochter umgehen - die ich sehr mag. Doch ich wünsche mir tief im Herzen, dass sie meine Eltern wären. (oh man, ich bin 32 ...) Das ich sie nicht nerve und sie für mich da sind ... sind sie ... doch ... ach, meine Gefühle fahren Achterbahn.

Was kann ich tun, um nicht weiter zu klammern? Was wenn ich es trotz aller guten Vorhaben nicht schaffe "sauber" zu bleiben? Noch dazu; ich habe epileptische Anfälle. Gehäuft die letzten Tage. Er als Neurologe sagt Alk und Medis sind Gift. Logisch. Ist enttäuscht, da er für mich extra eine super Trophäe in Sachen Epilepsie "ran geholt" hat und ich da in Behandlung sein kann.

So, dass war es ... vielleicht musste ich mir das einfach mal von der Seele schreiben. Es tat gut.

Danke fürs Lesen!

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Nico
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Beitrag Sa., 30.04.2016, 09:05

Wenn man deinen Lebensweg berücksichtigt, ist das was du schreibst gar nicht so verwunderlich.
In deiner Entwicklung fehlt das stabile Elternhaus und deine Freunde reißen da alte Wunden auf.
Aber glaub mir, das funktioniert nicht.
Sie beginnen sich ja bereits abzugrenzen und das ist gut und richtig so, du solltest auch wieder etwas mehr auf Abstand gehen.
Wie gesagt, deine Gefühle sind nachvollziehbar aber weder angebracht noch realisierbar, das solltest du dir stets vor Augen führen.
Und zu der Drogengeschichte: du weißt wie es geht die Finger davon zu lassen und du weißt wie wichtiges für dich ist. Übernimm auch dafür selbst die Verantwortung um Clean zu bleiben und delegiere sie nicht an deine Freunde.
Viel Glück, du kannst das schaffen !
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Sonne123
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Beitrag Sa., 30.04.2016, 09:12

Danke Nico.

Mir ist völlig klar, was Du schreibst. Schon während ich meinen Beitrag geschrieben habe, wusste ich all das. Verantwortung habe ich vielleicht mehr auf sie abgewälzt als ich sollte. Da gibt es nun kein Zurück mehr.

Doch wie jetzt verhalten? Wir schreiben uns fast täglich über Whats App (belangloses oder "kommst du zum Café in den Garten), gehen morgens am See zusammen laufen ... kümmern uns gemeinsam um eine Flüchtlingsfamilie. Morgen ist grillen mit ihnen im Garten.

Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Seine Worte gestern haben mir sehr weg getan? Soll ich da jetzt einfach drüber stehen und nichts sagen? Ihn drauf ansprechen? Morgen so tun, als "wäre nichts" - irgendwann muss ich mein Geld "zurück fordern" - der Kühlschrank gibt nicht mehr soviel her. Verhungere jetzt nicht gleich. Es fühlt sich alles sehr komisch an, ist es ja auch. Ich habe mich bei ihnen entschuldigt, falls ich ihnen zu sehr auf die Pelle gerückt bin. Sie sagen sie mögen mich sehr, hatten mich vor 2 Tagen zum Fussball Abends eingeladen .... wahrscheinlich mach ich mir mehr den Kopf als es nötig ist?! Er hat sehr viel zu tun, arbeitet von 8 bis 20 Uhr und Abends dann noch Krisenintervention im eigenen Haus .... wäre mir auch to much.

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Nico
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Beitrag Sa., 30.04.2016, 09:20

Also ich an deiner Stelle würde mein Geld mit den Worten " ich bin jetzt wieder soweit ganz selbst für mich die Verantwortung übernehmen zu wollen/können" zurückverlangen.
Ansonsten braucht es glaube ich keine großen Worte und die gemeinsamen Aktivitäten sind doch nicht schlecht und können ruhig beibehalten bleiben wenn sie allen gut tun.
Nur für dein Leben, deine Probleme, solltest du mehr selbst die Verantwortung übernehmen und diese vielleicht ein bisserl weniger nach außen zu deinen Freunden transportieren.
Die merken das dann eh gleich, da braucht es nicht viele Worte.
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leuchtturm
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Beitrag Sa., 30.04.2016, 10:19

Ich finde Nicos Anregungen sehr vernünftig!

Noch eine kleine Ergänzung:
du schriebst, du hättest sie gerne als Eltern; kannst du dir bewusst machen, was genau du dann von ihnen für dich erhoffen würdest?

(Muss ja nicht hier notiert werden, vll einfach nur diese Frage für dich selbst beantworten)

Wenn du dir darüber klar bist, es für dich formuliert hast, kannst du vielleicht auch besser Verantwortung für dich selbst übernehmen

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Sonne123
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Beitrag Sa., 30.04.2016, 10:21

Danke Nico. Damit hast Du mir einen guten Rat gegeben. Ich versuche ihn zu beherzigen und je nachdem wie die Stimmung ist und es passt, kann ich sie nochmal auf die Situation ansprechen - auch wenn nicht unbedingt morgen.

Danke Dir fürs "Gedanken ordnen" - es geht mir schon etwas besser damit, sie geteilt zu haben.

Liebe Grüße
Sonne

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Sonne123
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Beitrag Sa., 30.04.2016, 10:26

Hallo Leuchtturm.

Danke für die Gedankenanregung. Das ist wirklich eine gute Frage. Denn ich weiß, dass sie mich sehr mögen und das zeigen und sagen sie mir auch. Freundschaften mit Menschen, die 20 Jahre älter sind, sind vielleicht auch anders als zu Leuten im gleichen Alter. Man schaut zu ihnen rauf, kann als jüngere von ihrer Lebenserfahrung profitieren ...

Vielleicht würde ich gerne noch mehr Zeit mit ihnen verbringen? Aber realistisch gesehen sind die meisten erwachsenen Kids nach Familientreffen wieder ganz froh allein zu sein .... vielleicht muss ich mir das mehr bewusst mehr. So cool die Eltern auch sind, so nervig sind sie wahrscheinlich auch mal. Und so wie wir leben, bekomme ich vom Alltag doch nicht alles mit ... jedenfalls ist es schön zusammen zu wohnen. Daran freu ich mich jetzt mal. Anstatt mir irgendwas zu wünschen, was niemals sein wird. Auch wenn das nicht immer leicht ist ...

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Hexe2
Helferlein
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Beitrag Mo., 02.05.2016, 08:42

Hallo Sonne123,

deine Worte sprechen für sich. Klar, dass du sie dir als Eltern wünscht, wer täte das nicht, nach einer Kindheit, die so war, wie du sie erzählst. Ich kann natürlich jetzt nur von dem ausgehen, was ich gelesen und wahrgenommen habe. Aber ich kann dich sehr gut verstehen. Es gibt in meinem Umfeld auch ein Ehepaar (40 Jahre älter als ich), wo mir das Herz schwer wird, weil ich sie mir ebenfalls als meine Eltern wünschen würde. Aber mir wird auch bewusst, es sind die kindlichen Anteile in mir, die sich diese "guten" Eltern wünschen würden. Als Erwachsener braucht man diese Nähe und Geborgenheit nicht mehr, aber als Kind schon. Wenn meine kindlichen Anteile heraußen sind, dann ist es fast nicht zum Aushalten, so sehr wünschte ich mir, ich wäre wieder klein und sie meine Eltern, aber so ist es nicht. Ich kann nicht mehr klein werden, aber ich kann die Zeit dennoch nützen, so wie es ein Erwachsener tun würde. So wie sich "Erwachsene Kinder" verhalten würden und das muss ich mir mehrmals vor Augen führen, dass ICH Erwachsen bin.

Durch dieses Umdenken wurde es leichter für mich. Ich kann ihnen auf einer Ebene begegnen, die mir gut tut und worüber ich sehr sehr glücklich bin, auch wenn zeitweise immer noch meine kindlichen Anteile durchkommen usw, aber dann hilft nur ein neues "Besinnen" ... "Ich bin Erwachsen".

Ich weiß nicht, ob du damit etwas anfangen kannst, wenn nicht, dann vergiss es gleich wieder. Ansonsten finde ich die Antworten der anderen sehr gut.

Alles Gute,
Hexe2

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