Schwierigkeiten in der Beziehung zu meinem Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

isabe
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Beitrag Di., 17.05.2016, 17:51

Eher nicht. Vielleicht kann ich dir erklären, wie du es anders sehen könntest: Eigentlich sind die 300 Stunden schon die Obergrenze für Ausnahmefälle. Wenn es die nicht gäbe, dann würde sich für einige Patienten, die ein Problem damit haben, autonom zu werden, auch nach 600 Stunden dieselbe Frage stellen: "Warum muss jetzt Schluss sein?" Das Ziel ist aber, am Ende der Therapie ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Ich selbst fände es auch besser, wenn die Regelung anders wäre, aber ich sehe auch das Problem, dass bestimmte Patienten dann anfangen würden, es sich beim Psychotherapeuten gemütlich zu machen, und das ist das Gegenteil dessen, wofür die Kasse zahlt.

Ein Krankenhausaufenthalt ist etwas anderes, weil dort die Bindung an den Therapeuten nicht so ist wie in einer ambulanten Therapie. Der Patient ist eingebettet in ein System von vielen Behandlern (Schwestern, Ärzten, Therapeuten) und vielen anderen Patienten, und der Aufenthalt dauert keine zwei oder drei Jahre wie eine Therapie. Die Kasse kann dir also nicht die Behandlung in der Klinik vorenthalten, weil die unter Umständen lebensrettend ist. Aber die Kasse ist auch gezwungen, wirtschaftlich zu arbeiten, und dazu gehört, genauestens zu gucken, wie das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen in einer ambulanten Therapie ist. Und man nimmt an, dass eine Therapie, bei der sich nach 300 Stunden bzw. drei Jahren noch keine signifikanten Verbesserungen ergeben haben, auch nach weiteren 200 Stunden keine weiteren Veränderungen erlaubt, einfach weil die Wahrscheinlichkeit einer unguten Abhängigkeit sehr groß ist.

Es gibt ja noch weitere Ausnahmen, aber das sind dann auch nur 60 Stunden mehr. Meinst du, dass du nach 360 Stunden geheilt bist?

Manchmal kann man auch nach der Kassenleistung als Selbstzahler zum Therapeuten gehen, aber auch das will gut überlegt sein und sollte nur nach sorgfältiger Prüfung vereinbart werden, denn dein Therapeut darf dich nicht in der Abhängigkeit halten und er darf dich nicht finanziell ausnehmen.

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peppermint patty
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Beitrag Di., 17.05.2016, 18:02

isabe hat geschrieben: Es gibt ja noch weitere Ausnahmen, aber das sind dann auch nur 60 Stunden mehr. Meinst du, dass du nach 360 Stunden geheilt bist?
Und die werden auch nur in extremen Ausnahmesituationen gewährt. ZB dann, wenn ein Therapieziel mehr oder weniger schon erreicht ist. In deinem Fall wäre dies zB ein Auszug in die Selbstständigkeit oder die Aufnahme einer Berufstätigkeit, die kurz bevor steht und zum Erfolg noch ein wenig Unterstützung bedarf.
Das Ziel dieser Ausnahme ist ein Therapieerfolg abzusichern wobei der Therapieerfolg realisierbar sein muss. Allerdings wird diese Ausnahme so gut wie nicht mehr genehmigt.

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Baerchen
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Beitrag Di., 17.05.2016, 19:45

herzlichen dank isabe (und auch an peppermint patty).

ich frage mich nur, wer es festlegt, wann ein patient ein bestimmtes therapieziel erreicht haben muss.

fuer mich ist es aber auch denkbar, dass es erkrankungsbilder gibt, bei denen ein patient sehr lange an den therapeuten gebunden ist. vielleicht auch ein leben lang einen therapeuten als unterstuetzung braucht.

wer kann feststellen, inwieweit ich mich weiterentwickeln kann. ich kann es ja teilweise, ich habe viel in den vergangenen jahren verstanden. das ziel auszuziehen habe ich nicht erreicht, aber wer bestimmt denn auch, dass ich es ausgerechnet nach 300h erreichen muss.

es kann auch sein, dass ich im allgemeinen (egal wie gut der therapeut ausgbildet ist) es nicht erreichen werde. sicherlich kann ich, aber ich bin nicht dazu bereit. und das ist vermutlich eines der wichtigsten themen, die ich mir nun anschauen muss. weshalb will ich als kind auf einmal nicht mehr essen. ich kann es ja, habe erlernt, wie man essen kann. aber der wille war nicht mehr da. und sicherlich auch der lebenswille. ich war als kind bereit zu sterben. und das bin ich jetzt als erwachsene auch. kriege ich keine weiteren sitzungen mehr, macht das leben fuer mich keinen sinn.

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Baerchen
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Beitrag Di., 17.05.2016, 19:56

ich gebe mich selbst auf, wenn sich niemand um mich kuemmern mag.

denn ich fuehle mich selbst kaum. vielleicht denkt auch ein teil, das ich es nicht wert bin. und da hilft es auch nicht, wenn die halbe welt zu mir sagt: neee baerchen, das siehst du falsch.

als ich das essen einstellte, hat jeder auf mich eingeredet. ich muesse essen. ich muss nicht, dachte ich (auch jetzt). ich muss ueberhaupt nichts. wenn ich beschließe nichts mehr zu essen, dann esse ich eben nichts mehr.

ich weiß, dass es ein sehr gutes mittel zur erpressung ist. aber ich kann nicht anders. neee, stimmt ja nicht, ich will nicht anders. und weshalb kann ich nicht den willen haben.

ich finde, dass ich nur dann existiere, wenn mich jemand spiegelt.

wenn ich merke, da ist jemand. entweder dem ich vertrauen kann. andere idee waere, dass ich einen sinn empfinde, weiterzuleben, wenn ich in einer bindung bin, wie ich es mit meiner mum habe.

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isabe
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Beitrag Di., 17.05.2016, 20:12

Aber du machst doch eine psychoanalytische Therapie, daher auch die vielen Stunden im Vergleich zu anderen Therapieformen. Nun ist es aber so, dass die vielen Stunden nicht bedeuten, dass man als Patient ganz viel bekommt im Gegensatz zu denen, die eine andere Therapieform machen. Es heißt im Grunde genommen nur, dass der Patient mehr Zeit hat, an den fundamentalen Veränderungen zu arbeiten, weil das halt auch sehr lange dauert.

Wenn nach 300 Stunden der Patient sagt, dass er keinen Sinn im Leben sieht, wenn die Therapie nicht weiter bezahlt wird, dann ist das ein Alarmzeichen, sag ich jetzt mal so. Weil einfach der Einddruck entsteht, dass das, worum es geht, die fundamentalen Veränderungen, gar nicht umgesetzt werden konnte, sondern dass im Gegenteil der Patient in seiner Abhängigkeit gefangen ist und zu erpresserischen Mitteln greifen muss, um irgendwie zu erreichen, dass er nicht verlassen wird. Das ist ja, und das wirst du ja auch so sehen, ein ziemlich ungutes und krankmachendes Mittel, das auch Dritte, in dem Fall den Therapeuten, belastet und unter Druck setzt. Wenn die Kasse oder der Therapeut in solchen Fällen nachgeben würden, dann würden sie dich in diesem krankmachenden und total zerstörerischen Verhalten bestätigen. Das KANN nicht Sinn von Therapie sein.

Ich glaub, das ist ein ganz großes Missverständnis, dem Patienten, und vielleicht besonders stark Analysanden, aufsitzen, wenn sie annehmen, die besonders intime Beziehung sei irgendwie entrückt von formalen Aspekten wie Zeit und Geld, und wenn sie annehmen, der Therapeut müsste lebenslang zu ihrer Verfügung stehen, weil es sich doch so anfühlt und weil sie annehmen, der Therapeut würde etwas ähnliches fühlen, eine ähnlich starke Bindung. Das ist aber nicht so. Wenn ein Patient eine Analyse macht, dann nur deshalb, weil der Therapeut annimmt, dass dies die einzige Behandlungsform ist, die ihm hilft, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Diese Indikation muss sorgfältig geprüft werden. Es muss geschaut werden, ob du als Patient stabil genug bist für die Belastungen einer Analyse. Es muss geprüft werden, ob günstigere Therapieformen denselben Zweck erfüllen würden, und es muss geprüft werden, ob mit einer Analyse, die hier nun mal, und das weiß der Therapeut vorher, innerhalb von maximal 300 Stunden beendet werden sollte, die Therapieziele wenigstens annähernd erreicht werden können. Erst wenn alle Faktoren für eine Analyse sprechen, beginnt man dieses Unternehmen.

Und dann muss der Therapeut den Therapieverlauf so steuern, dass Belastung und Aufwand im Verhältnis stehen mit der Zeit, die ihr zur Verfügung habt. Er kann nicht zig Wunden aufreißen und dann feststellen, dass die Zeit nicht reicht. Und er kann nicht zwei Jahre zusehen, wie sich nichts tut. Das alles liegt in seiner Verantwortung, und darauf muss ein Patient vertrauen können. Damit nicht das passiert, was dir nun droht.

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Lockenkopf
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Beitrag Di., 17.05.2016, 20:13

peppermint patty hat geschrieben:Naja, er hält dich klein damit. Zudem hat jeder Mensch ein (gesetzliches) Recht auf die Mitteilung seiner Diagnose. Das unterschlägt er dir. Und wenn du bereits vermutest eine PTBS zu haben und er dies bestätigen würde, was wäre denn dann schlimm daran?
Es gibt aber auch ein Recht auf NICHTWISSEN. Ein Pat. der seine Diagnose und Prognose nicht erfahren will, darf diese nicht mitgeteilt werden.

Und mein Eindruck hier ist, das Du Baerchen nicht wissen willst was Du hast.
Liebe Grüße
Lockenkopf


isabe
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Beitrag Di., 17.05.2016, 20:19

Und natürlich musst du nicht essen und nicht leben wollen. Du bist vollkommen frei und auch frei darin, das therapeutische Angebot anzunehmen oder nicht. Es ist aber nicht die Aufgabe des Therapeuten, dich lebenslang zu füttern. Dafür dürfte er sich nicht bezahlen lassen, denn das wäre unethisch. Und außerdem wäre es für ihn ziemlich uncool. Hast du nicht manchmal Böcke, dein eigenes Ding zu machen, dich irgendwie zu entfalten, mal erwachsen zu werden und auf Andere, zum Beispiel auf den Therapeuten, wie eine reife, kluge, sinnliche Frau zu wirken? Willst du das wirklich, ein Wesen sein, dessen Bestimmung nur darin liegt, versorgt zu werden? Blitzt da nicht mal wenigstens für ein paar Sekunden Lust aufs Leben aus dir?


isabe
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Beitrag Di., 17.05.2016, 20:29

Das Gefühl, nur dann existieren zu können, wenn man gespiegelt wird, kenne ich auch total gut. Aber das kann aufhören, wenn du erst einmal, und sei es nur für einen kurzen Moment, erlebst, wie es ist, wenn der Therapeut dich als Menschen ernst nimmt, wenn er dich sieht, wenn er das Eigene in dir sieht und lobt, dafür dass es das Eigene ist. Wenn er dich darin bestärkt, autonom zu sein, und wenn du dann fühlst, wie schön es ist, frei zu sein und NICHT alleine damit zu sein. Wenn du erst einmal gemerkt hast, dass du nicht den deckungsgleichen Anderen brauchst, der dir mit dem Spiegel hinterherrennt, dann kannst du sehen, dass du alleine auf den Beinen stehen kannst und dass sich das gut anfühlt. Dann kannst du das raustragen in andere Beziehungen und musst die Anderen nicht immer dazu benutzen, dass es dir gut geht, sondern du kannst sie als eigenständige Personen sehen.

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Baerchen
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Beitrag Do., 19.05.2016, 07:32

isabe, lieben dank fuer deine beitraege.

ich werde bald auch etwas dazu schreiben, ich bin nur seit ein paar tagen etwas durch den wind. das ist immer in der zweiten zyklus-haelfte, weil ich dann sehr starke praemenstruelle beschwerden habe.

dann kreisen zurzeit auch meine gedanken um den vater meiner mum. er lebte die ganze zeit bei uns im haus. jetzt wurde er pflegebeduerftig und seine kinder haben entschieden, dass er nach einem krankenhausaufenthalt ins heim dauerhaft verlegt wird, weil wir alle vermuten, dass er nicht mehr lange leben wird.

nur sagte er damals zu seinen kindern, wenn er den eindruck hat, das ihn jemand abschieben will, dann wird er sein leben beenden.

und er will auch jetzt nicht in ein heim. heute wird er vom krankenhaus ins heim verlegt.

ich denke, er fuehlt wie ich. er kann nicht alleine sein, braucht seine familie um sich herum. aber meine mum war dagegen, auch wenn er zuhause gepflegt werden wuerde. sie kann es nicht ertragen, den eigenen vater da liegen zu sehen. ich kann sie da auch sehr verstehen, aber ich versetze mich natuerlich auch in ihn hinein.

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Lockenkopf
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Beitrag Do., 19.05.2016, 23:00

Dein Großvater ist im Pflegeheim nicht allein. Es ist 24 Std. des Tages jemand für ihn da.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Baerchen
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Beitrag Mo., 23.05.2016, 18:08

Lockenkopf hat geschrieben:Dein Großvater ist im Pflegeheim nicht allein. Es ist 24 Std. des Tages jemand für ihn da.
ja, du hast recht. es gibt bei uns auch keine andere wahl.

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Beitrag Mo., 23.05.2016, 18:13

ich habe seit gestern angefangen, mich ein wenig zu bewegen (an der frischen luft). und es tat mir sehr gut. es bringt mich zwar an die grenzen, aber ich will es zumindest schrittweise versuchen.

und ich merke, dass jeder schritt in die selbststaendigkeit bei meiner mum ganz arge aengste macht. ich fuehle das deutlich. und es macht mich unfassbar wuetend. wie kann sie nur andauernd neidisch und eifersuechtig sein. das darf sie und das kann sie auch, meinetwegen. aber: ich habe angst. was, wenn sie sich versucht zu raechen. das sind meine gedanken. sie will immer alles kaputt machen.

ich habe da ganz seltsame gedanken, wie sie mich krank halten will. aber was ist da nur dran, an den gedanken. sind es nur die gedanken, die ich als kind damals hatte. zu was ist meine mum in der lage, wie weit wird sie gehen.

wenn ich das wuesste, dann waere ich einen erheblichen schritt weiter. das muss ich herausfinden.

weil dann kann ich mich entspannt um mein leben kuemmern, weil ich weiß, dass sie nicht eingreifen kann. klar kann sie das zu jederzeit mit blicken, gesten und sprache. das darf sie. aber mehr nicht.

ich wuerde ihr das am liebsten sagen: mum, du bist andauernd neidisch. aber es wuerde nichts bringen. nichts.

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Baerchen
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Beitrag Mo., 23.05.2016, 18:19

ich will meinen ganzen brass auf sie am liebsten herausschreien. ich habe unendlichen brass. es zerreißt mich. ich mag am liebsten aus der haut fahren. aber wie?

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Kirchenmaus
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Beitrag Mo., 23.05.2016, 19:19

Hallo Bärchen,

auf was, denkst du, ist deine Mutter am meisten neidisch?
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Baerchen
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Beitrag Mo., 23.05.2016, 19:49

Kirchenmaus hat geschrieben:Hallo Bärchen,

auf was, denkst du, ist deine Mutter am meisten neidisch?
hmm, gute frage. auf mein alter. sie kann es sehr schlecht aushalten, dass sie aelter wird. es ekelt mich auch an, zu sehen, dass sie sich langsam schrittweise zu einer aelter werdenden frau entwickelt.

aber ich weiß nicht, auf was sie am meisten neidisch ist. irgendwie auf fast alles.

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