Vereinbarung mit Therapeuten?!

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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spirit-cologne
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 02:17

Ich verstehe auch nicht, warum ein Anti-Suizid-Vertrag so ein Problem ist. Ob ich ihn für sinnvoll und notwendig halte ist die eine Frage, aber es gibt ja auch noch einen anderen Beteiligten den/die Therapeut/in. Wenn ihm/ihr das wichtig ist, warum das Ding nicht unterschreiben? Entweder ich bin suizidal und nehme das Ding ernst, dann erfüllt es den gewünschten Zweck, oder ich bin suizidal und nehme das Ding nicht ernst, dann unterschreibe ich es halt und fühle mich nicht daran gebunden oder ich bin gar nicht suizidal, dann kann ich das ja auch per Vertrag bekunden, dass ich mich nicht suizidieren will.

Von Seiten der Therapeuten finde ich es sehr verständlich, dass die so ein Teil haben wollen. Oft geht es dabei gar nicht mal darum, dass die tatsächlich glauben, damit ernsthaft jemanden vom Suizid abzuhalten, sondern lediglich um eine rechtliche Absicherung.

Therapeuten sind verpflichtet, in der Therapie das Thema Suizidalität regelmäßig abzuklären und das auch zu dokumentieren und der Vertrag ist halt eine relativ gute Art der Dokumentation. Leider reagieren nämlich nach einem Suizid die Angehörigen oft mit sehr irrationalen, starken Schuldgefühlen, die sie nur schwer aushalten können. Um sich von diesen Schuldgefühlen zu entlasten wird ein anderer "Schuldiger" gesucht, und da fällt die Wahl nicht selten auf die Therapeuten, die dann wegen Behandlungsfehlern oder unterlassener Hilfeleistung angezeigt oder verklagt werden. Und wenn der Therapeut dann nicht ausreichend dokumentiert hat, dass er alles getan hat, um den Suizid zu verhindern, hat er rechtlich ganz schlechte Karten.

Eine Aussage: "Sie hat aber gesagt, sie ist nicht suizidal und ich habe ihr das geglaubt" reicht da im Zweifelsfall nicht, weil man den Sachverhalt in einem Rechtsstreit eben nachweisen können muss. Deshalb finde ich, dass die Therapeuten ein berechtigtes Interesse an einem solchen Vertrag haben. Die können den Patienten ja auch nur vor den Kopf gucken und nicht hinein. Die Arbeit mit Menschen in akuten Krisensituationen ist ohnehin schon emotional ziemlich belastend, Therapeuten, die einen Patienten durch Suizid verlieren, müssen oft selbst in Supervision oder gar eine längere Therapie, um das zu verarbeiten, deshalb finde ich, dass man den Therapeuten auch Verständnis entgegen bringen kann, dass sie sich wenigstens rechtlich absichern wollen, vor allem dann, wenn einem selbst der Vertrag nichts bedeutet. Wem das Zuviel verlangt ist, der kann sich ja immer noch einen Therapeuten suchen, der einen solchen Vertrag nicht verlangt (meistens deshalb, weil er das Glück hatte, noch nie in einen solchen Rechtsstreit hinein geraten zu sein...).
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

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stern
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 02:34

Alk durften Leute ohne Alkoholproblem sogar im Klinikkiosk bestellen... wurde allerdings dem Therapeuten mitgeteilt. Kein Problem... war nie ein Thema. Und wer ein Alkproblem hat, aber regelmäßig auf Alk besteht, bei dem stellt sich dann wieder die Frage, wie sinnvoll Therapie ist, wenn man an seinen Problemen festhalten will. Und der Punkt, dass besoffene Patienten andere triggern können, auf die auch Rücksicht zu nehmen ist, komnt hinzu. Kontrolliert wurde ich nie... Leute mit Alkoholproblem hingegen schon (die nachts auch teilweise mit Fahne oder besoffen in die Klinik zurückkamen). Ein deutliches Suchtprobleme wäre wie akute Suizidalität eine Kontraindikation... also dann wäre gleich etwas anderes angezeigt gewesen. In Grenzfällen kann man evtl. mit einem Vertrag die Voraussetzungen für eine Therapie sicherstellen (um eine Therapie zu ermöglichen). Mit jemanden, der sich zB regelmäßig zudröhnt, ist Therapie eben kaum möglich. Auch Drogentests gab es vereinzelt, aber wenn man keine nimmt, tangiert einen das nicht.
Gerade für Essgestörte muss doch das schrittweise Zurückerlangen ihrer Handlungsfreiheit entsprechend ihres Verhaltens gewährleistet sein. Die sollen nicht primär mit mehr Gewicht entlassen werden (das allein wäre wertlos), sondern mit dauerhaft gesünderem Essverhalten.
So war das ja auch... nicht mit deinen Erfahrungen vergleichbar. Am Ende der Therapie saßen sie auch bei anderen am Tisch (mit den gleichen Gegebenheiten wie alle).... schrittweises Wiederheranführen an normales Essverhalten.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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kaja
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 05:13

Ich habe ganz direkt gefragt ob er Angst von Angehörigen verklagt zu werden.
Das hat er verneint.
After all this time ? Always.

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Schneerose
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 06:30

Ich denke, dass vielleicht so ein Vertrag eine Art Skill ist, denn allein, dass man sich darueber so aufblasen kann, lenkt allein schon von einem moeglichem Vorhaben ab

Andererseits kann es eine Abmachung mit sich selbst sein, durch diese Unterschrift verspreche ich mir selbst, auf mich aufzupassen.
Denn ich bin ja in dem Fall in Behandlung, weil ich moechte, dass mir geholfen wird, ubd in Hochspannung kann man das schon mal vergessen...

Ich fuer mich bin davon ueberzeugt, dass jeder gelungene Suizid "im Himmel" bereut wird, leider ist es dann zu spaet.
Ich habe dazu meinen Glauben, wiederum fuer mich - nicht pauschal😊
Dass bei einem Suizid das Karma nicht getilgt ist, und die Lehrzeit von vorne beginnt.
Das hilft mir persoenlich fuer Suizid immer zu feige zu bleiben.
"Der Einzige, der sich wirklich vernünftig benimmt ist mein Schneider, er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich sieht" :->

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Anna-Luisa
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 09:07

ExtraordinaryGirl hat geschrieben: Sa., 02.02.2019, 00:14 Mich würde ja interessieren, von wie vielen Kliniken du überhaupt schon gehört hast, Anna-Luisa. ;-)
Es ist ja nicht so, als würde keine Möglichkeit bestehen, mich das zu fragen. ;-)
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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stern
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 09:41

Den Therapeuten, dem man Suizidabsichten am Telefon mitteilt und der sich nicht in irgendeiner Form eine Rückbersicherung einholt (oder das sogar unsinnigmrindet), insbes. wenn man auch noch mitteilt, dass man gar nichts versprechen können, den muss man erstmal zeigen. :lol:

Was ertwartet man denn, wenn man jemanden so massiv in seine Suizidpläne einbezieht?!? Dass der Therapeut einen schönen Abend wünscht?!?

Philosophia hat es schon geschrieben: Hier läge es in der Verantwortung des Patienten die Psychiatrie aufzusuchen, wenn er für sein Leben nicht mehr garantieren kann. Oder er kann es, dann erübrigt sich aber auch der Anruf.
Zuletzt geändert von stern am Sa., 02.02.2019, 10:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Montana
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 10:01

Wer suizidal ist, kommt nicht in eine Reha-Klinik. Anti-Suizid-Verträge machen da also als Standard-Maßnahme wenig Sinn. Und wie gesagt, wenn ich als Individuum nicht gesehen werde, sondern es nur um eine rechtliche Absicherung einer Klinik geht, dann bin ich da falsch. Btw ist das auch keine rechtliche Absicherung. Das wäre in einem tatsächlichen Verfahren nicht haltbar. "Eltern haften für ihre Kinder" ist da so ähnlich. Bestehende Gesetze lassen sich dadurch nicht aushebeln. Wenn jemand wirklich akut suizidal ist, dann darf derjenige nicht "mit Vertrag" frei draußen rumlaufen.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 10:14

Wobei ich mich gerade frage, inwieweit man in Kliniken überhaupt als Individuum gesehen werden kann.

Es gibt Abteilungen und z. T. auch Spezialkliniken, aber wenn viele Menschen aufeinander treffen, kann's den Verantwortlichen halt nicht nur um eine Person gehen.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

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Montana
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 10:31

Huch, wenn man nicht als Individuum wahrgenommen wird, als was dann? In einem somatischen KH erwarte ich auch eine Behandlung MEINER Erkrankung und nicht derjenigen, die laut Statistik besonders häufig ist. Und ich gehe auch zur Kliniktherapeutin zu EINZELgesprächen und nicht zu Vorträgen vor 200 Leuten.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 10:38

Vielleicht ist es ja ein Mittelding?

Zumindest in meiner Kliniken gab's auch Gruppentherapien, und gerade bei organisatorischen Fragen/den Rahmenbedingungen wurde mir schriftlich mitgeteilt, dass man mich halt nicht individuell behandeln könne (obwohl es sicher schön gewesen wäre - wer findet das nicht schön?), weil man sich, so als soziales Wesen, auch auf die Reaktionen der Mitpatienten einstellen muss.

Ich stell's mir auch wahnsinnig anstrengend vor, jeden Patienten voll und ganz individuell zu behandeln.

Und ich habe ja auch darauf vertraut, dass mir ihr Behandlungskonzept hilft. Wenn ich das nicht getan hätte, wäre ich gar nicht erst geblieben ... Und die TE ist ja wohl freiwillig in Therapie.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

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Montana
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 10:44

Um organisatorisches ging es doch nicht, sondern um einen Anti-Suizid-Vertrag. Das ist eine therapeutische Intervention. Und wie alle therapeutischen Interventionen kann man die nicht nach dem Gießkannen-Prinzip verteilen, sondern muss abwägen ob es sinnvoll ist. Oder vielleicht sogar die therapeutische Beziehung gefährdet. Wir sehen ja hier, wie extrem unterschiedlich das wahrgenommen wird. Hilft es dem Betroffenen, feine Sache. Kann aber auch seeehr kontraproduktiv sein.

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stern
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 10:53

Vereinbarungen dienen doch nicht nur der rechtlichen Absicherung. :kopfschuettel: Und es gibt nicht nur schwarz oder weiß. Bei Suizid-Verträgen, Alkoholverträgen, Essensregeln, whatever geht es nicht um Standardmaßnahmen, sondern individuelle Vereinbarungen (je nach Problematik). Eine stationäre Therapie ist therapeutisch recht intensiv... wenn jemand aufgrund von akuter Suizidalität, mangelnder Stabilität, Trunkenheit, whatever nicht ausreichend Therapiefähig oder -willig wäre, würde man niemandem einen Gefallen tun.

Wenn man natürlich sagt, alles andere ist mir dann eh egal (man also eh ohne Rücksicht auf alles andere sein Ding durchzieht), dann haben Vereinbarungen eh keinen wert, ...weil die andere Seite bekundetermaßen dann eh egal wäre. In anderen Therapien wird diese jedoch mitunter als gemeinsame Saxhe angesehen.

Wie gesagt: Muss man ja nicht unterzeichnen... aber es ist nicht so, dass sich ein Therapeut darauf einlassen muss... und es ist nicht per se unsinnig (wie es hier oft beziechnet wird). Es gibt keine allgemeine Verpflichtung eine Therapie übernehmen zu müssen... sondern jeder vernünftige Therapeut wird auch schauen, was er leisten kann (womit man wieder bei de r anderen Seite wäre, für die nicht alle egal ist).

Viel Glück beim Finden eines Therapeuten, denn man am Telefon von akuter Suizidialität berichten kann ohne dass dieser sixh rückversichert... oft wird es die eher nicht geben. Und darum geht es hier...
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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Philosophia
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 11:00

Wer weiß, ob es wirklich darum geht hier: Vielleicht ging es der TE auch nur darum, den Frust auszudrücken, nicht die gewünschte Reaktion von ihrer Therapeutin bekommen zu haben.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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stern
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 11:16

Ok, Bezug unklar ausgedrückt: "Darum geht es hier" bezog sich auf Äußerung akuter Suizidalität am Telefon einer PT bei Existenz einer Störung (ergo nicht um Kindergartenerfahrungen oder whatever). Da gibtbes nicht so viele Möglichkeiten, darauf zu reagieren (was der TE auch bewusst ist). Von einer einzigen Möglichkeit des Suizidvertrages schrieb niemand etwas... das wurde vielmehrnin Beiträge hineingelegt (wie als ob...). Was mit dem Anruf bezweckt wurde und den Thread hier, weiß die TE hoffentlich selbst am besten. Und Fakt ista auch, dass nicht jeder Therapeut gleich reagieren wird. Die Therapeutin machte ihre Haltung klar... was Pferdefsn wütend macht.
Zuletzt geändert von stern am Sa., 02.02.2019, 11:23, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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(Heidi Kastner)

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ExtraordinaryGirl
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weiblich/female, 33
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 11:18

Wenn es so ist, Montana, dann bin ich bei mio und denke mir: Für sowas hat man einen Mund. Um sich mitteilen.

Ich kann die Aufregung um einen Anti-Suizid-Vertrag auch nicht wirklich nachvollziehen. Halt bis auf die Tatsache, dass ich Suizidalität damit verbinde, keine Hoffnung mehr zu haben (auch nicht auf die Therapie).
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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