Zwiespalt: Ausstieg aus der Prostitution

Fragen und Erfahrungsaustausch über sexuelle Problembereiche wie Sexualstörungen, rund um gleichgeschlechtliche Sexualität und sexuelle Identität, den Umgang mit sexuellen Neigungen wie Fetischismus, S/M usw. - ausser Aufklärungs-Fragen.
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Clouds
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Beitrag So., 01.12.2013, 17:41

Lidocain hat geschrieben: Prinzipiell kann ich fast jeden verstehen. Nennt man das Loyalität?
Mit Loyalität hat das nichts zu tun. Ich kenne dieses Phänomen von mir selber. Grundsätzlich ist es ja auch so, dass jeder für sein Handeln mehr oder weniger bewusste Motive hat. Und weil das so ist, kann man auch verstehen, dass jemand so handelt wie er handelt. Im Grunde ist es eine gute Eigenschaft andere zu verstehen, aber es ist auch gefährlich, wenn man damit - aus welchen Gründen auch immer - übertreibt.
Das sieht man auch daran, dass du deine gewaltätigen Freier verstehst, weil du ihre Motive zu kennen glaubst (die Lust Macht auszuüben), dass sie dich dann auf diese Weise behandeln ist vor diesem Hintegrund ja auch zu verstehen im Sinne von nachzuvollziehen. Gefährlich wird es dann, wenn man Handlungen, weil sie scheinbar logisch aus dem Motiv erfolgen, entschuldigt. So ungefähr nach dem Motto: Diese oder jene Person hat ja auch ein Motiv so zu handeln, ich verstehe sie und was ich verstehen kann, ist auch richtig so.
Vermutlich wird niemand, der nicht die Lust dazu hat, einen anderen dominieren. Aber nicht jeder, der die Lust dazu hat, tut es auch.

Auf die Art habe ich es einmal "geschafft" drei Jahre mit einem milde ausgedrückt unmöglichen Typen zu vergeuden, weil ich in der Tat immer verstehen konnte, warum er sich beispielsweise drei Wochen nicht meldete oder zum x-ten Mal die Beziehung beendet hat, mich verleugnet hat etcpp. Er hatte in der Tat immer einen Grund, aber dieser Grund kann keine Entschuldigung sein.
Ich kam mir damals großartig vor, weil ich ja so verständnisvoll war. Blödsinn.
Man darf nicht aufhören sich selber zu verstehen, weil man alle anderen so gut versteht. Letztlich schützt man damit alle anderen und das eigene Leben fährt man an die Wand. Aber Hauptsache alle schön verstanden und immer schön duldsam gewesen.

Es ist auch eine Lernaufgabe, die man da hat. Es gibt einfach Dinge, die muss man nicht verstehen und dann auch akzeptieren. Im Gegenteil. Da gilt es wie bei so vielem, das richtige Maß zu finden.

LG

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Thread-EröffnerIn
Lidocain
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Beitrag So., 01.12.2013, 17:47

Meine Eltern wollten damals immer, dass aus mir mal was wird (klar, welche Eltern finden das nicht gut?!).
Insbesondere meine Mutter fand es sehr gut, dass ich ins Büro ging, weil sie so was nie geschafft hatte.
Mein Vater war auch stolz, dass ich einen Ausbildungsplatz hatte.
Ich selber hätte lieber gerne Schule weitergemacht - und Abi. Aber gut.
Sie haben sich schon vorher nicht (mehr) um mich gekümmert und als meine Ausbildung begann, hat man sich überhaupt nicht mehr interessiert. Nur noch, wie die Noten in der Berufsschule waren - sonst gab es keine Kommunikation mehr. Läuft!

Ich räumte mir selber immer mehr Rechte ein, blieb immer öfter dem Elternhaus fern, pennte bei diversen "Kumpels" und rutschte n bissel ab.
Da ich das Glück hatte, dass mir schultechnisch vieles so zuflog und ich nie groß lernen musste, weil ich mir Dinge, die ich nur einmal gehört hatte, gut merken konnte, sackte ich zwar privat ab - schulisch jedoch nie. So ließen mich meine Eltern machen.
Andere Teenager schreien um Hilfe, indem die Noten inn Keller gehen - ich hab ab dann aufgehört zu schreien. *jetzt nicht sentimental werden will*

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Holunder
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Beitrag So., 01.12.2013, 17:49

Lidocain hat geschrieben:Die Welt der Normalos kann ich ja auch verstehen.
Lido, ich gehöre bestimmt nicht zu den Normalos. Ich habe in deinem Alter ein ähnlich verkorkstes Leben geführt wie du, nur dass ich dafür kein Geld genommen habe (was ist armseliger? Ich weiss es nicht!) und es auch nicht mit Jedem und Alles gemacht habe, da ich meine Grenzen und Gefühle noch gespürt habe. Dennoch habe ich mich in meinen Grenzen sehr oft überschreiten lassen.
Aber die Sehnsucht war dieselbe.
Das, was ich dir hier rate, entspringt also nicht aufgrund einer Moral.
Solange man Freude an sexuellen Aktivitäten und Abweichungen hat, ganz gleich, was sie beinhalten und ohne, dass Jemand darunter leidet, ist das völlig in Ordnung. Ich nehme hier allerdings die Prostituierten mit einem Zuhälter davon aus.
Zuletzt geändert von Holunder am So., 01.12.2013, 17:55, insgesamt 1-mal geändert.

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Clouds
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Beitrag So., 01.12.2013, 17:52

Holunder hat geschrieben: Was mich an diesem Forum manchmal nervt ist, dass man sooft aneinander vorbei redet, obwohl die Antwort auf der Hand liegt. Warum z.B. muss ich dazu schreiben, dass Lido bis zu ihrem Ziel noch sehr sehr viele Zwischenschritte zu gehen und zu bewältigen hat?! Auch ein Weg mit 1.000 Schritten beginnt mit dem ersten. Ich schätze Lido so ein, dass sie herausfordernde Aufgaben im Leben braucht, alles andere wäre ihr auf Dauer zu wenig.
@Holunder,
was das Aneinandervorbeireden angeht, da gebe ich dir recht, ist aber auch schwierig, weil im Grunde viele Menschen am gleichen Thema reden und man mit einem Post nicht immer alle vorhergehenden Antworten aufgreifen kann. Mein Post bezog sich allerdings auch nicht direkt auf deines.
Ich glaube gelesen zu haben, ohne dass ich noch Namen zuordnen kann, dass sich gewundert wurde, warum sie nicht einen direkten und absoluten cut macht. Also raus aus der Prostitution, in eine andere Stadt und morgens Ausbildung und abends Abendschule etcpp. Klar wäre das der direkte und umwegfreie Ausstieg, aber diese Hürde kann auch als so hoch empfunden werden, dass man sie lieber erst gar nicht angeht. Letztlich wird sie sich da selber einschätzen müssen.
Was die Zielsetzung angeht, so ist die doch klar: Raus aus der Prostitution.
Die Alternative scheint mir noch etwas vage, es soll etwas sein, was herausfordert, aber was genau das sein könnte, steht noch nicht fest. Muss es vielleicht aber auch jetzt noch nicht. Wichtig ist doch an diesem Zeitpunkt nur, dass Lido klar ist, dass sie eine Alternative braucht, die auch eine echte ist. Ausschlussverfahren sind da immer gut. Ein vermeindlich langweiliger Büroalltag ist für sie keine Alternative, der sie über den Weg traut. Gut. Eine mögliche Falle wurde schon einmal erkannt.

LG

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Holunder
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Beitrag So., 01.12.2013, 18:09

Liebe Clouds,

ich war auch geneigt dir ein Danke zu schicken, insbesondere für diesen Absatz (aber auch noch für anderes):
Clouds hat geschrieben:Die wenigsten werden morgens wach, haben plötzlich die Erleuchtung und ziehen die Sache dann durch. Insofern verstehe ich diejenigen hier nicht, die dir zum Vorwurf machen, dass du deine Erlebnisse mit krassen Freiern teilweise relativierst. Ich kann in diesem Vorgang nichts entdecken, was an deinem Wunsch auszusteigen grundsätzlich zweifel ließe.
bis dann der letzte Absatz kam.
Aber das haben wir ja jetzt geklärt. Und Unrecht hast du damit nicht.
Allerdings habe ich Lido schon so verstanden, dass Notärztin/Rettungsärztin für sie das Non-plus-Ultra wäre.
Und ich traue ihr das zu!

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Holunder
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Beitrag So., 01.12.2013, 18:17

Liebe Lido,

was glaubst du wie stolz deine Eltern eines Tages sein werden, wenn sie erfahren, dass du den Absprung geschafft hast und dein Abi für ein Studium nachholst?! Wenn du meine Tochter wärst, was ja zahlenmässig hinkommen würde, dann wäre ich jetzt schon stolz auf dich. Nicht nur aufgrund deines Absprunges, sondern weil du ein ganz liebenswertes und kluges Mädchen bist.
Allerdings würde ich dich dazu motivieren, Nein zu sagen, deine Grenzen wahrzunehmen und gut mit dir selbst umzugehen. Es kann und darf nicht Ziel sein, es allen Recht machen zu wollen und dir selbst dabei in den A.rsch zu treten, das gleicht einem Selbstmord auf Raten. Du bist eine starke Person, nutze es nicht gegen dich, sondern FÜR DICH, das bist du allemale Wert!

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Sunny75
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Beitrag So., 01.12.2013, 18:29

Lidocain hat geschrieben: Prinzipiell kann ich fast jeden verstehen. Nennt man das Loyalität?
Nein. Wenn, dann würde man es wohl Empathie nennen.

Aber genau dieses "jeden verstehen" bzw. es jedem recht machen wollen, bereitet mir in deinem Fall Bauchschmerzen.

Ich habe nämlich das Gefühl, dass du blind alles befolgst, was man dir sagt. Du willst es jedem Recht machen. Vorm Ausstiegshelfer spielst du die Aussteigwillige. Vorm Manager die fleissige Mitarbeiterin. Vor den Freiern das willenlose Opfer. Und vor den Forenusern spielst du die Ehrgeizige, die das Abi nachholen will. Was du deinem Therapeut alles vorspielen wirst, wage ich mir noch gar nicht auszumalen!

Aber was willst DU??? Das hab ich immer noch nicht raus gefunden!

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ENA
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Beitrag So., 01.12.2013, 18:31

Lido, steht Dir natürlich frei, was Du tust, aber: Wofür brauchst Du für den Beruf der Rettungsassistentin das Abitur???
...Ich denke, das wäre definitiv der längere Weg und der, wo Du erstmal genügend Geld verdienen müsstest, um dennoch Deinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Ausbildung zur Rettungsassistentin dauert dagegen nur 2 Jahre plus das eine Jahr Praxis, in der Du Geld bekommst. D.h. letztlich wären da nur zwei Jahre zu überbrücken und es ist möglich, dass Du Berufsausbildungsbeihilfe oder Bafög bekommst. Wozu dann der Umweg übers Abitur?
Mit der Ausbildung bist Du schon im ersten Jahr in der Praxis drin, wenn auch nicht mit voller Verantwortung und hättest viel schneller Geld zum Leben plus einen Job, den Du willst, als wenn Du erst das Abitur machen würdest.

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Nico
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Beitrag So., 01.12.2013, 18:36

Nix da Rettungsassistentin, sie will ja Notärztin werden.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


chaosfee
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Beitrag So., 01.12.2013, 18:40

Wieso versuchen manche (nicht nur du, ENA), Lidocain hier immer wieder eine Ausbildung anzudrehen? Sie hat doch nun mehrere Male geschrieben, dass sie gerne studieren würde, sie weiß sogar schon was (was sie von vielen, die ihr Abitur schon in der Tasche haben, unterscheidet) und sie hat offensichtlich in der Schule keine größeren Schwierigkeiten gehabt. Warum sollte sie das nicht versuchen?

Was soll sie von einer Ausbildung haben? Rettungsassistenten verdienen schlecht, soweit ich weiß, und es ist ein körperlich harter Job. Der Weg von dort zurück in die bequeme Prostitution wäre vermutlich kürzer als von einer gut dotierten Position als Ärztin.

Mir kommt der Verdacht, dass der eine oder andere eine (ehemalige) Prostituierte für zu blöd zu Studieren hält...

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Clouds
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Beitrag So., 01.12.2013, 18:51

Nico hat geschrieben:Nix da Rettungsassistentin, sie will ja Notärztin werden.
Ja genau. Ist doch gut, oder?

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Nico
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Beitrag So., 01.12.2013, 19:03

Wüsste nicht was daran gut oder schlecht sein sollte.
Es ist halt nur irgendwie so wie wenn ein magersüchtiger als Berufswunsch Sumo Ringer angibt und nicht recht weiß ob er überhaupt jemals auch nur normal essen möchte bzw. kann.

Wenn sie Notärztin werden möchte, braucht sie neben vielem anderen auch Konsequenz und Durchhaltevermögen. Bisher hat sie davon nix gezeigt und ist wie sie geschrieben hat auch schon mehrmals umgefallen und wieder zu ihrem " Manager" zurückgekehrt.

Klar braucht der Mensch Ziele und Träume, in dem Fall sehe ich jedoch die Gefahr des Realitätsverlustes.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


chaosfee
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Beitrag So., 01.12.2013, 19:13

Nico hat geschrieben: Wenn sie Notärztin werden möchte, braucht sie neben vielem anderen auch Konsequenz und Durchhaltevermögen.
Braucht sie als Rettungssanitäter natürlich überhaupt nicht.

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ENA
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Beitrag So., 01.12.2013, 19:16

Nico hat geschrieben:Nix da Rettungsassistentin, sie will ja Notärztin werden.
Achso. Als ich vor 2-3 Seiten die Links von Berufenet gesetzt habe, hat sie immer nur davon geschrieben, dass sie in die Rettung möchte. Da dachte ich an Rettungsassistenz. Hab jetzt nicht mehr alles mitgelesen.

Chaosfee: Danke, dass Du das Andrehen nicht von mir meinst. Das will ich nämlich auch gar nicht. Ich hab ja geschrieben, dass sie es selber entscheiden soll.
Ich wüsste auch nicht, warum eine Prostituierte (ob ehemalig oder nicht) gleichbedeutend mit zu blöd fürs Abitur wäre. Es sei denn, man ist irgendwann zu fertig, um noch was zu lernen und zu behalten.
Warum ich nur den Weg über die Ausbildung günstiger finden würde, habe ich ja oben beschrieben:
Mit der Ausbildung wäre sie schneller in der Praxis (und wohl auch erstmal abgelenkter von möglichen Gedanken an Rückkehr, etc.)) als wenn sie erstmal das Abitur und dann noch studieren würde.
Sie bekäme schneller Geld und in der Ausbildung auch Anerkennung. Es wären nur 2 Jahre ohne Geld im Sinne von Gehalt für die Ausbildung zu überbrücken, aber es wäre ggf. möglich, Bafög oder BaB zu beantragen.
Beim Nachholen von Abitur und einem anschließendem Studium, bekommt sie dadurch erstmal kein Geld und hat zudem noch eine Doppelbelastung, weil sie außer dem Lernen noch Geld für den Lebensunterhalt verdienen muss (am Besten noch ohne wieder abrutschen ins Milieu).
So meine Gedanken. ...und an den Menschen direkt dran ist sie auch und zudem schneller, als über den Umweg Schule, Studium, etc. .
...aber wie gesagt, wenn sie studieren möchte, dann soll sie das tun.

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leuchtturm
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Beitrag So., 01.12.2013, 19:31

viel wichtiger als die Frage "Studium oder Ausbildung" ist doch die Frage, wie schafft man es, sein Suchtverhalten (Sucht nach scheinbarer Anerkennung als die zu allem bereite Prostituierte) in den Griff zu bekommen?
Dazu braucht es Ziele, klar.
Aber das geht doch nicht einfach so nach dem Motto: ich habe nun das Ziel xy, und das verfolge ich also. Schön wärs, wenn das so einfach ginge.
Lido, hast du dir schon mal ein kleineres Ziel gesetzt? Einen Tag, eine Woche ohne deine Arbeit auszukommen? Hast du Hobbies, die du alleine ausüben kannst oder die dich in unverfänglichen Kontakt zu anderen bringen?

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