Austausch mit chronisch Suizidalen

Leiden Sie unter Depressionen, wiederkehrenden depressiven Phasen oder anderen Stimmungsschwankungen, ermöglicht dieser Forumsbereich den Austausch Ihrer Fragen, Tips und Erfahrungen.

mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Sa., 23.01.2016, 15:35

Hallo Doppelgängerin,
doppelgängerin hat geschrieben: Edit: Was mich interessieren würde:
Habt ihr das alle in Eurer Therapie thematisiert?
ich hatte eine Phase in der die "suizidalen Teile" extrem mit aktiv waren und da war das dann auch eine ganze Zeit lang Thema in der Therapie. Ich wollte nicht wirklich sterben damals, aber ein paar in mir drin halten das eben für die einzige "Lösung für das Leiden" und gelitten habe ich damals reichlich. Es war meiner Thera allerdings immer wichtig, dass sie sich darauf verlassen kann, dass ich da nichts unüberlegtes tue, sonst hätte sie mich nie ambulant therapiert und wir hätte auch dieses Thema nicht so besprechen können, wie wir es besprochen haben.

Bei mir ging es da in erster Linie darum das "Denken" dieser Teile und ihre Motivation zu verstehen, das hat auch ganz gut funktioniert glaube ich. Und ich würde für mich die Unterscheidung treffen zwischen einer "bittersüßen Melancholie" (die ich auch sehr gut kenne und die auch sehr dunkel sein kann, die aber eher eine "Lust am Leiden" beinhaltet, weniger ein tatsächliches Leiden) und dem Wunsch zu sterben, der bei mir immer damit zu tun hat, dass ich das Leiden beenden möchte, weil es unerträglich erscheint.

Das hat eher was mit "innerlich durchdrehen vor Schmerz" zu tun und da half es mir zu erkennen - bzw. das auch die Teile miterkennen zu lassen, ganz bewusst - dass diese Situationen vergänglich sind und auch, dass ich bisweilen viel mehr verändern kann als so mancher Teil hier denkt. Ich muss nur klar bekommen worunter ich gerade eigentlich wirklich leide, dann kann ich auch versuchen eine andere, weniger selbstschädigende Lösung zu suchen. Oder ich kann es eben als etwas zum Leben gehöriges, das aber vorbeigehen wird, begreifen und somit besser aushalten.

Lieben Gruss,

mio

Werbung


Thread-EröffnerIn
Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2235

Beitrag Sa., 23.01.2016, 15:39

doppelgängerin hat geschrieben:Ich frage mich da gerade, und hoffe, liebe Widow, ich trete Dir damit nicht zu nahe, in wie weit Du überhaupt jemals die Todessehnucht aufgeben solltest oder wolltest. (Ist das ein Therapieziel??) Da müsstest Du ja quasi viel mehr opfern, als "nur" die Suizidalität.
[...]
Doch insgesamt tute ich da eher mit in Candys Horn: Ich LEIDE darunter, im Großen und Ganzen.
[...]
Und das gleichzeitige Wissen: ich kann JETZT nicht gehen. Ich trage noch Verantwortung.
Liebe doppelgängerin,

dieses ziemlich paradoxe Phänomen (also dass Suizidalität nicht nur Leiden mit sich bringt, sondern auch den aktiven und passiven Umgang mit ästhetischen Gebilden - ums mal ganz allgemein zu sagen - ermöglicht), das geht ganz sicher nicht nur mir so. Ich denke, das gilt es auszuhalten (so lange es halt geht). Einen 'Ausweg' daraus sehe ich nicht, und ich kann mir auch rein logisch nicht vorstellen, wie ich aktiv da rauskommen sollte (ich kann mir ja schlechterdings nicht das Hirn neu programmieren, und für Gehirnwäsche durch Dritte bin ich zu stur, jedenfalls solange die durch Lebensoptimisten und andere Menschheitsbeglücker ausgeübt wird).
Und da bin ich schon bei Deiner anderen Frage: Nein, ein 'Aufgaben' der Suizidalität ist bei mir kein Therapieziel (wir haben ohnehin kaum welche formuliert); allerdings ist sie eine Aufgabe auch in der Therapie.

Du hast letztens bereits Deine Verantwortung angesprochen.
Da bin ich einfach gut dran: Ich bin für niemanden mehr verantwortlich.
Und ich muss auch nicht auf meinen Tod aus Rücksichtnahme auf andere verzichten. Wenn ich jetzt einem i.w.S. "natürlichen" Tod anheimfiele, was bekanntlich jederzeit geschehen kann, dann wären auch ein paar Menschen traurig - will sagen: Der Tod nimmt keine Rücksicht.
Doch diese Menschen sind mir glücklicherweise nicht mehr so nah (und ich bin's ihnen nicht mehr) wie einige Menschen früher, die es nicht mehr gibt (und da ist's egal, ob es die gar nicht mehr gibt oder nur in meinem Leben nicht mehr).

Gerade sah ich noch Dein Edit: Nein, ich thematisiere die Suizidalität nicht explizit in der Therapie. Doch der Analytiker weiß Bescheid. Und wir sprechen über manche Äußerungsform von ihr wie z.B. (Auto-)Aggression und deren Unterdrückung, den kaltgestellten Körper u.s.w.

Ein schönes Wochenende allen chronisch Suizidalen hier!
w


Landkärtchen
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 80
Beiträge: 453

Beitrag So., 24.01.2016, 11:28

Liebe doppelgängerin,

"Habt ihr das alle in Eurer Therapie thematisiert?"

Deine Frage macht mich sehr nachdenklich.

In den probatorischen Sitzungen habe ich das Thema chronische Suizidalität angesprochen. Dann ungefähr nach einem halben Jahr noch einmal. Doch die beiden Gespräche blieben immer an der Oberfläche. Seitdem spreche ich sie nicht mehr an. Das liegt auch daran, dass sich zwischen uns nach dem zweiten Gespräch eine Diskussion über Manipulation entwickelte. Inwiefern ich manipulativ agiere, wenn ich meine Suizidgedanken ihr gegenüber benenne. Da ich die therapeutische Beziehung nicht gefährden möchte schweige ich lieber und spare das Thema aus, obwohl es latent immer vorhanden ist und mich öfters belastet. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass dieses Thema bei ihr nicht gut aufgehoben ist. Im Notfall würde ich mich an meine (ehemalige) Traumatherapeutin in der Traumaambulanz wenden.

Danke für deine Frage, die höchstwahrscheinlich dazu führen wird, das Thema Suizidalität in der Therapie doch nochmal anzusprechen um gemeinsam einem Weg und Umgang damit zu finden.

LG-Landkärtchen
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh

Benutzeravatar

doppelgängerin
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 30
Beiträge: 265

Beitrag So., 24.01.2016, 15:06

Landkärtchen hat geschrieben:Das liegt auch daran, dass sich zwischen uns nach dem zweiten Gespräch eine Diskussion über Manipulation entwickelte. Inwiefern ich manipulativ agiere, wenn ich meine Suizidgedanken ihr gegenüber benenne.
Das ist ein Grund, warum ich auch zurückhaltend damit bin.
Ich habe einmal - per Mail - eine Versuch unternommen, das Thema zu äußern, habe das aber so versteckt und viele leere Absätze unter den Abschiedsgruß als Postscriptum gesetzt, dass es scheinbar übersehen wurde, was mich zunächst sehr traurig machte, besonders, da ich mich vor Jahren in einer langen akuten Suizidphase meiner alten Therapeutin auch nicht öffnen konnte. Inzwischen bin ich aber froh, dass es doch kein Thema geworden ist. Ich unterstelle mir sowieso oft Manipulation im Umgang mit meiner Therapeutin (und anderen Menschen) - und das sicher auch berechtigt. Was also sollte ich davon haben, dass sie es weiß? Klar, das Gefühl "gesehen" zu werden, die Last einmal abzugeben. Aber ist das nicht ein rein egoistischer Wunsch, der gar keinen weiteren Sinn hat, als Eiapopaia fürs Seelchen? Oder kann ich da wirklich - so wie mio es beschreibt - mehr Ordung in mich bringen, dem Eigentlichen auf dem Grund gehen, und so einen gelingenden Weg in Richtung Leben finden?
Zur Zeit will ich das Thema lieber außen vor lassen. Ich möchte mich nicht so fühlen, als hätte ich es ihr nur gesagt, für die extra Portion Aufmerksamkeit. Hinzu kommt meine wirklich übergroße Scham, was das Thema betrifft.
Und vielleicht, sollte ich mich tatsächlich irgendwann durch eigene Hand aus dem Staub machen, ist es gar nicht so schlecht, wenn niemand davon weiß. Ich mache niemanden zu meinem Komplizen, wenn es allein MEINS bleibt.

Dennoch würde mich interessieren, Landkärtchen, wie dein erneutes Gespräch darüber mit Deiner Therapeutin verläuft.
Herzliche Grüße!

Werbung


Landkärtchen
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 80
Beiträge: 453

Beitrag So., 24.01.2016, 18:59

doppelgängerin,
ich werde dir Bescheid geben , denn mir ist durch den Austausch hier und deine Frage aufgefallen, wie wichtig es mir ist auch über meine Suizidalität in der Therapie sprechen zu dürfen. Das hat auch mit meiner "Fähigkeit" des Abspaltens zu tun. Ich beherrsche sie in Perfektion und für mich würde ein weiteres Schweigen bedeuten, dass ich die Abspaltung weiter aufrecht erhalte. Das will ich nicht mehr.

"Und vielleicht, sollte ich mich tatsächlich irgendwann durch eigene Hand aus dem Staub machen, ist es gar nicht so schlecht, wenn niemand davon weiß. Ich mache niemanden zu meinem Komplizen, wenn es allein MEINS bleibt."
Dieser Gedanken kommt mir sehr bekannt vor. Ich schütze dadurch Menschen aus meinem unmittelbarem Lebensumfeld.

LG-Landkärtchen
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh

Benutzeravatar

doppelgängerin
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 30
Beiträge: 265

Beitrag So., 24.01.2016, 20:12

Landkärtchen hat geschrieben:wie wichtig es mir ist auch über meine Suizidalität in der Therapie sprechen zu dürfen. Das hat auch mit meiner "Fähigkeit" des Abspaltens zu tun. Ich beherrsche sie in Perfektion und für mich würde ein weiteres Schweigen bedeuten, dass ich die Abspaltung weiter aufrecht erhalte. Das will ich nicht mehr.
Dann wünsche ich Dir von Herzen, dass Du verstanden wirst, in dem, was Du willst und brauchst. Und dass ihr nicht nur beim Thema Manipulation stecken bleibt!!
Und ja, ich würde mich freuen zu lesen, wie es lief, danke!!

Nachdem ich obigen Thread geschrieben hatte, dachte ich auch, dass es in jenen ganz dunklen Zeiten eigentlich gut wäre, das Thema bei der Therapeutin vordeponiert zu haben. Denn dann wäre ein Reden vielleicht doch mal wichtig. Damit ich weiter für meine Verantwortung leben kann und nicht der Einbahnstraße in meinem Kopf folge. Ich schließe nach wie vor keine Kurzschlusstaten aus, leider. Da ich über die Hälfte meines Lebens dieses Thema als ein großes Geheimnis mit mir trage, wäre eine Akutsituation wahrscheinlich eine, in der ich ein Darüber-Sprechen am wenigsten könnte - Öffnen und über mich reden ist für mich sowieso sehr schwer, in den schlimmen Zuständen fast gar nicht möglich. Andere Seite der Medaille.


Thread-EröffnerIn
Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2235

Beitrag So., 24.01.2016, 22:42

Meiner Erfahrung nach lässt sich über die eigene Suizidalität nicht mit anderen Menschen, sprechen, schon gar nicht mit Menschen, die sie von sich selbst nicht kennen, oder die sie "erfolgreich verarbeitet / integriert / überwunden" (oder wie immer da die Sprachregelung sein mag) haben.
Die Gründe dafür sind auch hier im Thread von Usern genannt worden, die (s)ich zu letzteren zähle(n).

Diese Gründe liegen, soweit ich sehe, in genau dem Gefühlskomplex, den auch Du Ländkärtchen, mit Deiner Analytikerin schon erlebt hast: Suizidalität ist ein derartig großes Skandalon und ein so massiver Schrecken (wie ja in unserer Kultur der Tod überhaupt), dass, wer damit konfrontiert wird, ganz schnell den Eindruck bekommt, man wolle ihm selbst die Luft abschnüren.
Wer davon spricht, wird sehr schnell als manipulativ und oft wohl auch als verlogen eingeschätzt (jüngst ist das Thema hier ja auch sogar damit abgewehrt worden, dass es zur mehr oder minder albernen Gefühls-Romantik ohne jeglichen Leidensaspekt deklariert wurde).
Und wer weiß, vielleicht ist es sogar zutreffend, dass ein Reden darüber ein manipulativer Akt ist, der um das Gegenteil ringt.

Ich jedenfalls werde, sollte es bei mir wieder vom latenten zum manifesten Zustand wechseln, keinem Menschen mehr davon erzählen.

Beim Sterben, in den letzten Augenblicken, ist man ohnehin allein.


Landkärtchen
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 80
Beiträge: 453

Beitrag So., 24.01.2016, 23:58

widow,
ich finde du hast da etwas ganz wichtiges geschrieben, dass die Menschen denken, man wolle ihnen die Luft abschnüren. Mir tat damals, der von der Therapeutin ausgesprochene Gedanke das ich manipulativ agiere, sehr weh, denn das war absolut nicht meine Absicht. Es führte dazu, das ich spürte, dafür ist hier (bis heute) kein Raum.
Die Traumatherapeutin fragte mich im letzten Sommer einmal ganz direkt ob ich Selbstmordgedanken hätte. Sie konnte gut mit meinen Gedanken umgehen. Ich spürte keine Angst bei ihr über dieses Thema zu sprechen und hatte den Eindruck, dass sie nicht nur schon in viele Abgründe seelisch verzweifelter Menschen hineingeschaut hat, sondern auch selber sich viel damit beschäftigt hat was das für Auswirkungen auf ihre Leben- und gesellschaftliche Einstellung hat. Mit "dem Schrecken", zu was Menschen fähig sind, hat sie sich bestimmt schon oft auseinander gesetzt.
Sehr geholfen hat mir mal eine Antwort von ihr als ich sie fragte ob sie verstehen könnte wenn ich mich umbringen würde. Ganz ruhig, ohne Panik antwortete sie das sie das verstehen könnte. Mehr nicht. Keine zusätzliche Begründung, kein beschwichtigen, kein trösten ... nichts.

LG-Landkärtchen
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh


Thread-EröffnerIn
Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2235

Beitrag Mo., 25.01.2016, 00:10

Landkärtchen hat geschrieben:Sehr geholfen hat mir mal eine Antwort von ihr als ich sie fragte ob sie verstehen könnte wenn ich mich umbringen würde. Ganz ruhig, ohne Panik antwortete sie das sie das verstehen könnte. Mehr nicht. Keine zusätzliche Begründung, kein beschwichtigen, kein trösten ... nichts.

Das habe ich zweimal erlebt.
Einmal sagte es mir die Psychiaterin der "Geschlossenen", in der ich ein paar Stunden nach des Liebsten Tod gelandet war (zwei Tage lang, dann war ich da raus), und trotzdem sagte auch die mir was von: "Nehmen Sie sich vier Wochen Zeit! Erst dann sind Sie in der Lage, das zu entscheiden."
Das andere Mal sagte es mir meine beste Freundin, als ich wieder "zu Hause" war (und das heißt, nach zweieinhalb Monaten wieder in der Wohnung von meinem Mann und mir, die wir in dem Glauben verlassen hatten, sie entweder gemeinsam oder gar nicht mehr wieder zu betreten, und die wir ein gutes Jahr zuvor gerade gekauft hatten, unser erstes und letztes 'Wohneigentum' - sollte man sich nicht zulegen, sowas!). Und trotzdem sagte mir meine Freundin, dass sie von mir bitte nicht mehr über meinen Suizid informiert werden möchte.

Ich selbst habe das, was Deine Traumatherapeutin zu Dir gesagt hat, mittlerweile mehreren Menschen im persönlichen Gespräch gesagt, allerdings ohne irgendwelche "Bitten".
Denn ich weiß: So paradox es erscheinen mag (wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es das freilich gar nicht, sondern völlig menschenlogisch) - es hilft: Es ist Geltenlassen ...
(Übrigens tat sich dann irgendwann ein gemeinsames Lachen auf.
Und alle leben noch, soweit ich - zumindest jetzt in diesem Moment - weiß.)


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Mo., 25.01.2016, 00:42

Hallo Landkärtchen,
Landkärtchen hat geschrieben: Sehr geholfen hat mir mal eine Antwort von ihr als ich sie fragte ob sie verstehen könnte wenn ich mich umbringen würde. Ganz ruhig, ohne Panik antwortete sie das sie das verstehen könnte. Mehr nicht. Keine zusätzliche Begründung, kein beschwichtigen, kein trösten ... nichts.
und damit hat sie Dein Leid anerkannt. Nicht aber Deinen Wunsch unterstützt oder gefördert. Das ist ein Unterschied. Zumal es eben wirklich unterschiedliche Motivationen geben kann einen solche Wunsch entweder nur auszusprechen (im Sinne eines Ausdrucks des Leids) oder aber sozusagen "anzudrohen" als manipulativen Akt um mehr "Aufmerksamkeit" zu erhalten oder aber "den anderen zu lenken". Wie das individuell aussieht kann wohl nur im direkten Kontakt herausgefunden werden und ein Therapeut begibt sich bei sowas immer ein Stück weit auf's "Glatteis", weil er da auch eine Verantwortung hat dem Patienten gegenüber.

Ich kenne es wie gesagt auch, dass es gut möglich war darüber zu sprechen. Aber das war vor allem deshalb möglich, weil meine Therapeutin wusste, dass sie mir da soweit vertrauen kann. Zu sagen: Ja, ich könnte es verstehen. ist nicht gleich: Ja, ich unterstütze das.

Wenn mich jemand von seiner Selbsttötungsabsicht - womöglich noch zeitnah und konkret - in Kenntnis setzt, dann bin ich VERPFLICHTET ihn daran zu hindern. Sonst mache ich mich selbst schuldig. Unabhängig davon wie ich das persönlich vielleicht bewerte. Das ist ein echt heißes Eisen. Nicht nur emotional sondern auch moralisch und rechtlich. Dh. ich mute jemandem damit schon auch gewaltig was zu, so ich sowas äußere.

Ist das wirklich so schwer zu verstehen?

Ich halte es da mittlerweile wie Widows Freundin: Wenn Du das tun willst, dann ist das Deine Sache. Aber halte mich da bitte raus und erzähle mir nichts davon. Ich will mich an sowas nicht mit "schuldig" machen. Und ich empfehle auch jedem der damit konfrontiert ist das gleiche zu tun. Im Ernstfall Hilfe organisieren oder Polizei einschalten. Bei wiederkehrenden "Ankündigungen" ganz klar Grenzen ziehen für sich selbst. Und ich war mit dem Thema wirklich reichlich konfrontiert in meinem Leben, nicht nur direkt sondern auch über einen Freund, dem es mit einer gemeinsamen Freundin lange so ging, dass sie ihn immer wieder anrief und mit Selbstmord "drohte". Und auch diesem riet seine Therapeutin irgendwann, er solle sich klar abgrenzen.

Ich würde auch andere niemals damit belasten, habe ich auch früher eigentlich nicht. Die "schlimmsten" Dinge die ich da wohl in meiner jungen Jugend gemacht habe waren so "Ausrastsituationen" in Trennungsmomenten. Da habe ich zwei oder drei mal mit sowas "gedroht", finde ich bis heute extrem arg und schlimm von mir, auch wenn ich weiss, dass es damals einfach was mit dem Scherz zu tun hatte, den ich nicht ertrug. Ok war es trotzdem nicht auf diese Art etwas "bekommen" oder "erhalten" zu wollen. Und glücklicherweise hat es auch nie "nachhaltig" funktioniert.

Wenn ich wirklich sterben wollte, dann würde ich dies tunlichst für mich behalten, schon aus dem Grund, dass ich da dann ja gerne möglichst erfolgreich damit wäre, mit meinem Plan. Und den würde ich dann auch ganz gewiss auf "Nummer sicher" planen. Alles andere sind für mich "Hilferufe" mittlerweile und um Hilfe rufen kann ich auch anders. Dafür muss ich nichts "ankündigen" oder "androhen". Da kann ich dann auch einfach bitten. Das ist nämlich weit fairer.

Lieben Gruss,

mio

Benutzeravatar

Sarana
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 30
Beiträge: 1070

Beitrag Mo., 25.01.2016, 00:54

Du klingst sch.eiße hart, mio. An dich würd ich in suizidalen und verzweifelten Momenten nicht geraten wollen. "kann ich auch anders", "einfach bitten", "weit fairer". Wenn ich zerfließe und innerlich schon tausend Todesschreie schreie und schon lang nur noch in blutigen Fetzchen existiere, sieht das ein wenig anders aus, da gibts ein "einfach" und auch kein "fair". Und wer hier versteht den Unterschied zwischen Gespräch und Ankündigung nicht? Hältst du hier wirklich jemanden für so blöd?

--

Pardon, ich bin gerade wirklich nicht gut drauf. Paar miese Stunden hinter mir.

Und ich vermute stark, dass meine eigene Suizidalität wenig damit zu tun hat, dass ich das Leben an sich nicht lebenswert finde, sondern dass ich manche Momente kaum ertragen kann. Es sind auch häufig recht krasse Vernichtungsphantasien und Impulse.

Edit: Ich meinte, dass es kein "einfach" mehr gibt, und dass ich dieses k vergaß, beunruhigt mich ein wenig.
Zuletzt geändert von Sarana am Mo., 25.01.2016, 01:37, insgesamt 1-mal geändert.
"Not doing life today. Love to. But can't."


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Mo., 25.01.2016, 01:06

Hallo Sarana,

komisch, dass sich dann ausgerechnet teilweise an mich gewandt wurde. Ich lass dann auch niemanden hängen, ich lass mich nur auch einfach nicht mehr instrumentalisieren, so ich das Gefühl habe, dass es letztlich darum geht.

Bewusster "Ex" kam zB. gerade deshalb zu mir, weil er wusste, dass ich so hart - und auch ihn frei sein lassend - sein würde so er mir so kommt. Hart aber ehrlich. Geholfen habe ich ihm trotzdem bzw. ihn Richtung "Hilfe" begleitet, aber eben nicht so "Du musst aber doch mässig..." und "ich mach das jetzt für Dich". Angenommen hat er sie allerdings nur kurzfristig. Was dann ca. ein halbes Jahr später wiederum der Punkt war, an dem ich endgültig raus war aus der Nummer. Ich mag mich einfach nicht wochenlang sorgen um wen, der selbst dann nicht zurückruft, so ich explizit darum bitte, weil ich in Sorge bin. Ich mag auch nicht von mir fremden Müttern angerufen werden, die sich sorgen und das Sorgenkind nicht erreichen. Ich mag auch nicht nachts von der Polizei aufgesucht werden, nur weil jemand theatralisch 4 Abschiedsbriefe geschrieben hat und dann doch nur will, dass irgendwer seinen in den Dreck gefahrenen Karren für ihn rauszieht.

Da bin ich in der Tat ziemlich hart mittlerweile. Entweder will sich jemand auch selbst helfen, dann helfe ich gerne. So jemand das allerdings nicht will bin ich raus. Ganz einfach. Umgekehrt erwarte ich mir nix anderes, das ist ein fairer deal wie ich finde.

Lieben Gruss,

mio


Thread-EröffnerIn
Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2235

Beitrag Mo., 25.01.2016, 02:33

mio hat geschrieben:dass es damals einfach was mit dem Scherz zu tun hatte, den ich nicht ertrug.
Ich halte viel von Freuds Theorie. Und deshalb denke ich schon die ganze Zeit, nicht erst seit diesem bezeichnenden Tippfehler, dass manche und mancher hier in und von diesem Thread einfach überfordert ist (dass das Thema ein Tabu darstellt, schrieb ich ja schon verschiedentlich) und somit hier schlicht fehl am Platz.

Doch selbstverständlich kann hier jeder senfen und säuern und sonstwas, wie üblich ... (nur bei den DIS-Leuten, da geht das nicht, interessanterweise).

Und nun noch einmal in Klartext für mio: Deine freundlichen Hinweise auf etwaige manipulative Aspekte einer Mitteilung über akute Suizidalität haben alle hier schreibenden chronisch Suizidalen vermutlich längst vor Deinen Mitteilungen dazu schon gekannt.
Hier ist aber nicht der Platz, um Dein X-erpresst-mich-mit-Sui-Trauma durchzuarbeiten.
Und so wäre ich als TE Dir sehr verbunden, wenn Du Deine diesbezüglichen Ängste, Sorgen und sonstigen Mitteilungsbedürftigkeiten künftig andernorts loswerden könntest.
Aber ich sehe schon, dass das nicht geht. Also senfe und säuere und sülze und - nur zu!
Wir hier sind da ganz offen (wir kennen das zu gut, um darauf anders zu reagieren).

Und, hey, mio, Du hast hier mal wieder - diesmal ausgerechnet bei uns chronisch Suizidalen hier im ptf - die tolle Möglichkeit zu lernen, dass andere Menschen anders ticken als Du; Du partout nicht imstande bist, Dich in sie hineinzudenken (ich schreibe: "hineinzudenken", denn von Gefühlen mag ich gar nicht erst anfangen); und wir Dich und all Deine an uns vorbeidriftenden, um Dich selbst kreisenden Bemerkungen dennoch einfach
geltenlassen.

Wann immer Du Lust hast, Dich gegen den Suizid auszusprechen: Hier kannst Du das tun! Chronisch Suizidale sind so frei.
Nur das mit dem Durcharbeiten, das wird hier nicht klappen. Aber ich habe die Hoffnung, dass Du das zumindest verstehen wirst.
Zuletzt geändert von Widow am Mo., 25.01.2016, 02:41, insgesamt 1-mal geändert.


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Mo., 25.01.2016, 02:39

Widow, ich habe absolut nichts gegen einen Suizid. Ich habe nur was dagegen, so andere mit "suidzidiert" werden. Ich habe also was gegen "Manipulation" und "Infiltration". Das ist alles.

Take it. Leave it. Or change it.


Thread-EröffnerIn
Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2235

Beitrag Mo., 25.01.2016, 02:50

So, so.
So also, mio, so soßt Du alles.

(Ein "Wenn" oder gar ein "Falls" eröffnete eine andere Komplexitätsstufe, mit der eine Auseinandersetzung von manchen Menschen offenbar strikt vermieden werden muss.)

Du magst hier immer alles zu-so-ßen. Gleichgültig, was die Menschen vor und nach Dir schreiben.
Wie gesagt: Chronisch Suizidale sind sehr frei.
Ich schätze, niemand hier wird Dich von Dir abbringen wollen. Deine Soße ist aber Deine Soße.

Eine gute Nacht allen chronisch Suizidalen hier
wünscht herzlich
Widow
Zuletzt geändert von Widow am Mo., 25.01.2016, 02:55, insgesamt 1-mal geändert.

Werbung

Gesperrt
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag