Nicht reden können in Traumatherapie

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

Kirchenmaus
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 1317

Beitrag Sa., 22.02.2025, 18:06

Pantoffeltierchen hat geschrieben: Fr., 21.02.2025, 21:10 Hallo zusammen!

Wenn ihr in der Therapie an den ganz schwierigen bis traumatischen Themen seid, kommt es bei euch auch oft vor, dass ihr dann nicht mehr reden könnt?
Ja, das kommt vor.
Ich kann dann physisch tatsächlich nicht mehr reden. Die Worte versuchen sich zu bilden, ich kann sie aber nicht aussprechen.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Pantoffeltierchen
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 371

Beitrag Mo., 24.02.2025, 11:46

@Candle: Ja, mal schauen, wie die nächsten Stunden ablaufen. Ich will es schon mal ausprobieren, aber wenn es mir dann nicht zusagt will ich dann auch den Mut aufbringen es für die nächsten Male abzulehnen. Wobei er eh nicht beharrt, wenn er Gegenwehr merkt. Danke jedenfalls für deine Antworten. :heart:

@Kirchenmaus: Ja, genau so fühlt sich das an! Hätte es nicht besser/anders beschreiben können...
Wer einen Fehler findet, darf ihn behalten.

Benutzeravatar

Charlie Foxtrott
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 45
Beiträge: 466

Beitrag Di., 25.02.2025, 11:57

Ja, Pantoffeltierchen, ich kenne das auch. Es ist wie Leitung gekappt, ich strengte mich an, aber es ging einfach nicht. Analog dem Totstellreflex. Nennt man wohl Konversionsstörung. Blöd war, wenn mich der Therapeut dann angebrüllt hatte. Das hats auch nicht besser gemacht, im Gegenteil.
Hand heben oder ein „nicht so schnell“, wenns noch über die Lippen geht, kann ich mir als Lösung vorstellen.

Benutzeravatar

Salome_1972
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 52
Beiträge: 60

Beitrag Di., 25.02.2025, 13:55

Pantoffeltierchen,
ich hab das auch (auch mit Traumageschichte). Bei mir ist das wie ein Blackout bei einer mündlichen Prüfung, es kommen einfach keine Worte mehr raus und ich weiß dann auch nicht, was ich denke oder fühle. Das stresst mich immer sehr, wenn die Therapeutin vor mir sitzt und mich erwartungsvoll anschaut. Ich versuche dann immer, mich zum Reden zu zwingen und sage irgendwas, was wie aus der Konserve klingt oder wie ein abgelesener Text. Da bringst du mich drauf, das auch noch mehr mit ihr zu besprechen...

Werbung

Benutzeravatar

chrysokoll
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 45
Beiträge: 4472

Beitrag Di., 25.02.2025, 16:22

Mir geht es teilweise genauso.
Meine Therapeutin hat mir erklärt, dass es dafür sogar körperliche Gründe gibt, dass man dann also tatsächlich nicht meh reden KANN. Das ist mit dem Trauma erklärbar. Und dass es eben keinen Sinn macht sich dann irgendwie zu zwingen und den Stress noch zu erhöhen. Man muss dann Tempo rausnehmen, ein oder zwei Schritte zurück in der Bearbeitung, erstmal Ruhe und Sicherheit reinbringen. Eventuell auf andere Art annähern. Meine Therapeutin ist eine sehr qualifizierte Traumatherapeutin, die achtet sehr darauf und damit läuft es auch für mich viel besser!

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Pantoffeltierchen
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 371

Beitrag Di., 25.02.2025, 20:30

Danke ihr Lieben, das hilft mir gerade irgendwie dabei mir das „selbst zu glauben“ und mir zuzugestehen, dass das so sein kann. Wobei ich mir natürlich trotzdem denke es sei absurd, dass ich so reagiere, weil mein „Trauma“ ja jetzt nicht soooo schlimm war im Vergleich zu anderen. Aber ja, ich kann halt nicht ändern wie ich reagiere… 🤔
Wer einen Fehler findet, darf ihn behalten.


candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 14906

Beitrag Di., 25.02.2025, 21:01

Pantoffeltierchen hat geschrieben: Di., 25.02.2025, 20:30 Aber ja, ich kann halt nicht ändern wie ich reagiere… 🤔
Aber das Wissen, dass es so ist, kann ja helfen sich vorzubereiten. Wie das gemacht wird, kann ich dir nicht sagen, aber meine Panikattacken habe ich auch in den Griff bekommen.
Es besteht ja immer leicht die Gefahr, dass "man" dann in diesen System ewig stecken bleibt und Fortschritte blockiert. (Ich hatte letztlich nur Stabilisierung.)

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9898

Beitrag Di., 25.02.2025, 21:59

Ich bin ja Buddhistin, und hier ist es völlig normal echte Qualitätszeit mit anderen Menschen zu verbringen ohne dabei mit ihnen zu reden.

Mit jemanden irgendwo zusammenzusitzen ohne dabei zu reden ist für mich das natürlichste der Welt. Kein Ding. Null Problem. Im Gegenteil. Das kann so angenehm sein.

Ich denke dass die Tatsache dass du diese natürliche und an sich völlig unproblematische Situation zum Problem erklärst zementierst du die Situation dass du nicht reden KANNST.

Ich wäre hier mal für paradoxe Intervention. Trefft euch um mit voller Absicht eine Stunde lang kein Wort zu wechseln.

Benutzeravatar

chrysokoll
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 45
Beiträge: 4472

Beitrag Di., 25.02.2025, 22:36

Einvernehmlich schweigen als "Qualitätszeit" ist aber ganz was anderes als reden wollen und nicht können. Letzteres ist auch keinesfalls angenehm.
Ich halte zudem wenig bis nix davon eine Therapiestunde durchzuschweigen. Wozu? Das ist einfach Vergeudung von wertvoller Therapiezeit und Geld.

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9898

Beitrag Di., 25.02.2025, 22:50

chrysokoll hat geschrieben: Di., 25.02.2025, 22:36 Einvernehmlich schweigen als "Qualitätszeit" ist aber ganz was anderes als reden wollen und nicht können. Letzteres ist auch keinesfalls angenehm.

Aber der innere Kampf dagegen bringt ja ganz offenbar nicht nur nichts sondern macht es noch schlimmer.

Ja, aber wenn Reden halt nicht geht kann man auch aufhören dagegen zu kämpfen. Weil was soll das bringen? Dann kann man doch aus dem was nunmal da ist das Beste machen und es lassen und schauen was dann passiert.


candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 14906

Beitrag Di., 25.02.2025, 22:55

münchnerkindl hat geschrieben: Di., 25.02.2025, 21:59 Ich denke dass die Tatsache dass du diese natürliche und an sich völlig unproblematische Situation zum Problem erklärst zementierst du die Situation dass du nicht reden KANNST.

Ich wäre hier mal für paradoxe Intervention. Trefft euch um mit voller Absicht eine Stunde lang kein Wort zu wechseln.
Ich finde diese Idee ganz gut und habe das auch mal gemacht so zwanzig Minuten. Das darf man nicht unterschätzen, denn im Schweigen kann sich auch etwas im Inneren bewegen oder "sich setzen".

Das mit dem "Zementieren" sehe ich auch so zumal wir doch alle individuell sind. Es ist ein Unterschied, ob man mal nur eine "Sprachunlust hat", was ich auch normal finde, ob man getriggert wird und erstarrt oder ob man sich schämt, weil man glaubt die Probleme sind gar nicht so dramatisch und therapiebedürftig. Und wahrscheinlich gibt es noch weitere Probleme auf die ich nicht komme.

Wie Pantoffeltierchen das lösen kann, muß sie wohl eingehender mit dem Therapeuten besprechen, das ist ja an sich eh immer der erste Ansprechpartner. Und bei Triggern, die losgehe... ja da habe ich gar keine "Aufarbeitung" gemacht, sondern sehr lange erstmal diverse Methoden zur Selbststabilisierung gelernt bis man wirklich Traumainhalte angehen konnte. Ich finde es eigentlich fahrlässig einen Traumatisierten über seine Traumata reden zu lassen und sich permanent selbst triggern zu lassen, wenn das bei dir, Pantoffeltierchen" der Grund wäre.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

chrysokoll
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 45
Beiträge: 4472

Beitrag Di., 25.02.2025, 23:05

münchnerkindl hat geschrieben: Di., 25.02.2025, 22:50 Ja, aber wenn Reden halt nicht geht kann man auch aufhören dagegen zu kämpfen. Weil was soll das bringen? Dann kann man doch aus dem was nunmal da ist das Beste machen und es lassen und schauen was dann passiert.
innerhalb einer Therapie und vor allem einer Traumatherapie sehe ich allerdings die Therapeutin in der Pflicht, hier Lösungen zu finden. Da sind die Möglichkeiten vielfältig, die müssen Traumatherapeutinnen auch kennen und anbieten. Das ist weit mehr als einfach nur "dann schweigen wir halt".


candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 14906

Beitrag Di., 25.02.2025, 23:08

PS: Ich hatte einen anderen Grund, fällt mir gerade ein: Ich wollte meine Eltern nicht verraten bzw. dachte, ich würde über sie schlecht reden und habe mit dem Schweigen einige Zeit vertan.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

fenna
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 30
Beiträge: 8

Beitrag Mi., 26.02.2025, 21:46

Pantoffeltierchen hat geschrieben: Fr., 21.02.2025, 21:10 Wenn ihr in der Therapie an den ganz schwierigen bis traumatischen Themen seid, kommt es bei euch auch oft vor, dass ihr dann nicht mehr reden könnt?
Hallo Panntoffeltierchen und alle anderen,
ja, das kenne ich auch sehr gut. Mit manchen Themen in Berührung zu kommen kann die merkwürdigsten Symptome hervorbringen. Stockende Sprache, leise Stimme bis hin zum Verstummen, das kenne ich auch sehr gut. Dann dehnt sich die Stille aus und irgendwelche schwer zu fassenden Gefühle nehmen einen ein und man weiß nicht wie einem geschieht. Ich habe in manchen Stunden beispielsweise mal das Gefühl gehabt, meine Arme wären gelähmt, wie abgeschnitten. Ich habe auf sie heruntergeschaut und war unfähig, den Willen aufzubringen, sie zu bewegen. Zum Glück hielt das nur Minuten an und es hat sich wieder beruhigt. Aber es ist absolut gruselig, was das alles mit einem machen kann.

Mir hat es sehr geholfen, das am Anfang einer Stunde genau so wie es war zu benennen und mit meiner Therapeutin abzusprechen, was mir dann hilft. Dann habe ich mich nicht mehr so verloren gefühlt und es war nicht mehr komisch, (so lang) zu schweigen. Ich habe mich da auch irgendwie für geschämt! Aber tatsächlich hat mir die Erfahrung, dass mein nicht-reden-Können keine schlimmen Folgen hat, auch extrem geholfen. Wir haben das in den Stunden gemeinsam durchlebt. Im Sinne von Containing: vielleicht noch nicht direkt das Containing der belastenden Erfahrung selbst, sondern erstmal dass man lernt, zu "tragen", dass man sie nicht fühlen kann bzw. unter dem Fühlen nicht "funktioniert".

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Pantoffeltierchen
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 371

Beitrag Fr., 07.03.2025, 14:58

candle. hat geschrieben: Sa., 22.02.2025, 17:49 Was ich sagen wollte: Es ist ja gar kein Problem sich dagegen zu entscheiden. Du hast ja die Freiheit dich immer wieder neu dafür zu entscheiden. Ich finde es leichter mit einer festen Entscheidung zu leben als mir eine Tür offen zu lassen um dann hin- und her zu ängsteln. Ich bin ja auch kein Hellseher und weiß was in Zukunft kommt?

candle
Heute hat der Thera diese Entscheidung quasi für mich getroffen. Er hatte am Anfang der Stunde für emdr hergerichtet gehabt, ich hatte aber ein anderes Thema auf der „Agenda“. Und als er dann am
Ende fragte ob ich denn dann mal emdr probieren möchte meinte er auf mein „hm, ich weiß nicht“ sinngemäß „wir können ja jetzt erst mal so frei weitermachen wie bisher, wenn Sie sagen, dass ist für Sie so tolerierbar. Viele finden es mit Emdr halt leichter als so frei. Wenn Sie sich irgendwann doch dafür entscheiden können Sie es ja jederzeit sagen“

Ich denke damit ist Emdr vorerst abgesagt, weiß jetzt gar nicht wie ich das finden soll, einerseits erleichtert , andererseits hmmmm….
Wer einen Fehler findet, darf ihn behalten.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag