Austausch mit chronisch Suizidalen

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saffiatou
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Beitrag Mi., 27.01.2016, 16:03

Speechless hat geschrieben:Oh das war bei mir auch so, alles was sich um Tod drehte hab ich aufgesaugt, da ich mir dadurch irgendwie verstanden vorkam. Lieder, Gedichte, selbst geschrieben habe ich auch.
genau darin erkenne ich mich wieder. Gedichte habe ich allerdings nie geschrieben, da bin ich absolut undfähig.
Speechless hat geschrieben:Einsamkeit war bei mir auch omnipräsent und daher kam wohl auch diese ständige Traurigkeit. Was für mich jetzt ein Rätsel ist, denn inzwischen liebe ich es alleine zu sein und ertrage Gesellschaft von anderen nur für einen gewissen Zeitrahmen, nicht mehr als einige Tage, optimalerweise nicht mehr als 8h am Stück.
ich unterscheide zwischen Einsamkeit und alleine sein. Man kann auch schrecklich einsam in einer Gruppe von Menschen, bei mir Familie sein und bis ich zu Hause auszog auch fast ohne Freunde. Ich bin gerne alleine und komme gut mit mir klar, solange ich auch immer wieder gute Kontakte habe zu mir wichtigen Menschen habe. Diese kalte Einsamkeit in der Familie war schrecklich, als ich nicht wahrgenommen wurde, nicht zählte, als ich immer nur niedergemacht wurde.... das war schlimm.
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Speechless
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Beitrag Mi., 27.01.2016, 16:37

Das stimmt, so war es bei mir auch..als Erwachsener kann man sich abgrenzen, sich abwenden, aber als Kind ist man dem allem hilflos ausgeliefert.


mio
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Beitrag Mi., 27.01.2016, 17:46

saffiatou hat geschrieben:ich unterscheide zwischen Einsamkeit und alleine sein. Man kann auch schrecklich einsam in einer Gruppe von Menschen
Das sehe ich auch so. Bis heute finde ich das sogar schlimmer, als wirklich allein zu sein. Mir sind Menschen ein Rätsel, die sich nur um nicht allein zu sein mit "irgendwelchen" Menschen umgeben, würde ich nie tun. Wenn ich mich - freiwillig - mit Menschen umgebe, dann mit welchen die ich auch wirklich mag und mit denen ich gerne zusammen bin.

Ich hab mich irgendwann in der Therapie an "diese Umarmungen" meiner Mutter erinnert, die irgendwie gar keine waren, weil sie so "energielos" waren, so ohne jeden "emotionalen Austausch" (hoffe das ist verstehbar?) - nichts ist gruseliger für mich als solche "leeren Kontakte".

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doppelgängerin
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Beitrag Mi., 27.01.2016, 21:36

Speechless hat geschrieben:@ diejenigen, die seit frühester Kindheit suizidal sind. Wie lief das denn bei euch im Kopf ab, wie konntet ihr das überhaupt greifen (und euch jetzt daran erinnern) ?
Im Grundschulalter stand ich am Fenster im Hausflur 3. Stock. Allein der Gedanke, dass meine kleine Schwester das Furchtbare - mich zermatscht und kaputt - vielleicht hätte ansehen müssen, hat mich abgehalten zu springen. Auch damals schon: Verantwortung. So wie heute noch. Sie klebt mich am Leben fest.


Wie "fühlt" sich der Todeswunsch an, wurde hier noch gefragt.
Dreierlei:
1.Die zwanghaften Gedanken des mich "Kaltmachens", die da manchmal kommen, können furchtbar sein. Weil ich weiß, dass ich anders denken sollte, als "Einbahnstraße". Weil sie mir in den Kopf schießen ohne dass da viel Platz für anderes bleibt. Weil ich dem entwachsen will und sie, ebenso wie mein SVV, für etwas kindisches halte. Der qualvolle Tod als Bestrafung, das kenne ich auch. Ich muss weg, ich mache die Welt schlecht.

2.Die "Auswucherungen" der Suizidalität sind es, die ich als "alles Schöne fressend" bezeichnet habe. Das Leben, von dem ich weiß, dass es (jetzt) gut ist, schmerzt mich. Als wäre ich wund. Oder fühlt sich nach nichts an, als wäre ich schon längst tot. Ich würde gern anders fühlen können. Es ist, als wäre ich mit dem Tod verschlungen. Ich bin müde davon. Es ist ein dauernder Kampf. Und ja: da ist sie wahrscheinlich: meine Sehnsucht nach dem Leben. Die gibt es auch.

3.Ich stelle mir das Totsein als Erlösung vor. Als Ruhe.
Und vor allen Dingen:
Stille.

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montagne
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Beitrag Do., 28.01.2016, 00:14

Vielleicht ist es skandalös aus dem gleichen Grund, warum so manches skandalös ist: ich denke viele Menschen habe es in sich, ja viele. Aber die meisten menschen so gut unterdrückt und verdrängt, dass sie es nicht merken. Aber eben wiederum auch nicht so gut, dass sich eben jemandem zuhören können, der suizidal ist. Was ich in sofern verstehen kann, da Sprechen oder Schreiben über Suizidalität wohl häufig eine entgrenzende Komponente hat.

Es berührt einen im Mensch-sein, okay sagen wir mich. Und gleichzeitig besteht eben die Gefahr, dass das Hinuntergestopfte, was so manch einer in sich trägt hoch kommt. Das muss gründlich bekämpft werden. So wie jeder Themen hat, die er sehr gründlich runterstopft, den Deckel drauf hält und auch im außen bekämpfen muss.

Also das ist was ich denke. Und irgendwie hat es ja schon Vorteile, gewisse Dinge gründlich runterzustopfen. Also es erscheint mir schon sinnvoll. nicht unbedingt erstrebenswert, aber eben sinnvoll, so wie das Verlangen Zucke rund Fett zu essen, so viel man kann. Evolutionär sinnvoll, nur in der heutigen Zeit dann irgendie nicht mehr.


mio
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Beitrag Do., 28.01.2016, 01:07

Hallo Montagne,
montagne hat geschrieben:Aber eben wiederum auch nicht so gut, dass sich eben jemandem zuhören können, der suizidal ist.
das finde ich eine verhältnismässig komplizierte Herangehensweise.

Mein Problem dabei ist, dass ich Angst davor habe den geliebten Menschen zu verlieren, ganz einfach. Und auch - so es ein mir nicht so nahestehender Mensch ist - dass ich Angst davor habe mich "mitschuldig" zu machen, wenn ich nichts unternehme. Ganz pragmatisch.

Aus diesen Gründen bin ich auch selbst wohl immer "vorsichtig" gewesen mit Äußerungen anderen gegenüber zu dem Thema. An die "hochsuizidale" Zeit kann ich mich leider nur bedingt erinnern, ich weiss aber, dass ich da phasenweise meiner "Verzweiflung" unter Freunden schon freien Lauf gelassen habe, wie weit sie allerdings "wirklich" ging, das habe ich wohl für mich behalten. Wirklich "helfen" hätten die mir da ja eh nicht können, das konnte ich nur selbst.

Mich persönlich wundert es echt, dass das als "skandalös" bewertet wird, denn "skandalös" finde ich es überhaupt nicht. Einfach nur traurig und überflüssig. Und wenig "verantwortungsvoll".

"Skandalös" finde ich es, wenn es "eingesetzt" wird um etwas zu erreichen, weil eben "erpresserisch" in einem solchen Fall.

Meiner persönlichen Erfahrung nach sind das dann aber auch eher die Menschen, die es gerade nicht tun. War zumindest in meinem persönlichen Umfeld so, dass die die am "meisten" davon sprachen und andere da mit rein gezogen haben die "Überlebenden" sind. Die die sich wirklich suizidiert haben, haben da entweder gar nicht oder zumindest nicht so direkt oder aber "hilfesuchend" drüber gesprochen und das hat absolut nichts "skandalöses" an sich für meine Begriffe, weshalb auch? So betrachtet wäre ja jeder "negative Zustand" skandalös, weil unzumutbar und das sehe ich anders. Skandalös finde ich es nur, wenn ich andere, daran "ursächlich unbeteiligte" für mein Leiden verantwortlich mache.

Lieben Gruss,

mio


montagne
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Beitrag Do., 28.01.2016, 10:30

Mein Problem dabei ist, dass ich Angst davor habe den geliebten Menschen zu verlieren, ganz einfach. Und auch - so es ein mir nicht so nahestehender Mensch ist - dass ich Angst davor habe mich "mitschuldig" zu machen, wenn ich nichts unternehme. Ganz pragmatisch.
Verständlich. Hatte ich gestern nicht mehr erwähnt, war sehr spät für mich schon, war sehr müde.
Ich verstehe es. Aber auch da sist ja das Thema: Im anderen Abwehren, wovor man selbst Angst hat, damit man möglichst wenig mit diesen Ängsten konfrontiert wird: Angst vor eigenen Todeswünschen, Angst geliebte Menschen zu verlieren, Angst sich schuldig zu FÜHLEN.

So ist es doch mit vielen Themen. Statt mit den eigenen Gefühlen, gerade Ängsten, Schuldgefühlen umzugehen, wird es in aneren bekämpft, um diese Gefühle in sich runterhalten zu können. Denn die Konfrontation damit, würde es ja in einem selbst ansprechen und spürbar werden lassen. Und so wird es auch dort bekämpft, wo es einen eigentlich nichts angeht. Anonyme User im Internet, die das Leben sch.eiße finden und über eine Beendigung nachdenken, Nachbarn, die ein homosexuelles Paar sind. Nur mal als Beispiel.
Das greift doch, im Gegensatz zu persönlichen Pöbeleien im Forum und lauter Musik der Nachbarn, nicht wirklich in die eigenen Rechte ein. Trotzdem gibt es doch offenbar viele Menschen, die sowas nicht stehen lassen können. Warum?
Ich denke Angst vor dem, was in einem ist: eigene Todeswünsche, eigene Verlustängste, eigene homoerotische Anteile oder aber auch Angst vor gradenlos strafenden Elternintrojekten. "Sowas tut man nicht."

Ich schreibe meine gedanken vor dem Hintergrund, weil ich von mir selbst weiß, dass ich dazu tendiere, unangenehme Gefühle und Ängste runterzustopfen und wohl auch in anderen zu verfolgen (früher), zumindest was das Thema Tod angeht sei es der eigene, sei es der anderer. Weil ich da eben schlimme Erfahrungen gemacht habe, die ih noch nicht loslassen kann, aber auch nicht ertragen kann.

GLEICHZEITIG ist das Thema, mit meinem Gefühlen und Gednaken sein dürfen, bzw. nicht sein dürfen für mich was zentrales. da bin ich empfindlich (stehe dazu und entschuldige mich siche rnicht mehr dafür, DASS ich das empfindlich bin).
Aus diesem Grund frage ich mich öfters mal zunehmend, mit welchem Recht eigentlich andere Menschen ihre Ängste und ihr sein so vehement über meines (oder das anderer) stellen, dass sie mich auch dort einschränken, wo ich sie garnicht einschränke oder es sie schlicht nix angeht.

Natürlich ist mir klar, dass die wenigsten das bewust und mit absicht tun. Dadurch, DASS die unerwünschten Gefühle eben runtergestopft werden, merken die Leute es ja nicht und merken nicht, dass sie im anderen was bekämpfen, was eigentlich zu ihnen gehört.
Trotzdem frage ich zunehmend, mit welchem Recht? Bin trotzdem nicht mehr bereit, dass so einfach zu akzeptieren oder hinzunehmen.

Und das gilt auch für das Thema Suizid. das Them emotionale Erpressung lasse ich erstmal bewusst weg. Denn ja, dass ist etwas, das den anderen einschränkt und bedrängt, das muss man sich auch nicht gefallen lassen.
Es spricht aber nicht jeder über seine Suizidgedanken und Lebensmüdigkeit in erpresserischer Weise. Es gibt auch ein anderes Sprechen darüber. Und ich glaube, dass es gut ist, drüber zu sprechen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der innere Umgang mit Suizidgedanken einfacher wird, wenn ich weiß, es darf sein. Es hat irgendwo Platz. Und wo, wenn nicht hier?

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saffiatou
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Beitrag Do., 28.01.2016, 13:25

Etwas unsortierte Gedanken….
Ich kann verstehen , dass ein Suizid anderen Angst macht. Ja, es gibt auch! Menschen, die andere damit „erpressen“, dieses möchte ich bei Seite schieben.

Meiner Meinung nach wird der Suizid von anderen abgewehrt und daher auch hier im Forum dieses teilweise respektlose postig. Warum dürfen wir uns nicht damit beschäftigen, jedenfalls nicht öffentlich? Warum kann ein anderer nicht verstehen, dass das Leben eben nicht (immer) so toll ist, natürlich gibt es Angst davor einen lieben Menschen zu verlieren und das schmerzt. Aber wenn das Leben nicht auszuhalten ist müssen wir es trotzdem ertragen, damit die anderen uns nicht verlieren? Vielleicht verliert Ihr und trotzdem nur auf eine andere Weise. Warum hat die Gesellschaft nur bei unheilbar Kranken dafür Verständnis?

Saffia
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ziegenkind
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Beitrag Do., 28.01.2016, 13:54

ich fand montagnes beitrag auch sehr erhellend.

aber manchmal funktioniert das auch in beide richtungen, oder? manchmal, so mein eindruck, braucht irgendjemand auch die unterstellung, die andere würde etwas als skandalös empfinden obwohl es gar nicht so ist.

und dann gibt es vielleicht auch so mechanismen der selbstmarginalisierung, der vorwegnahme einer stigmazuschreibung. das vermeintlich zugeschriebene stigma wird dann mitunter vielleicht gleichzeitig zu einer auszeichnung. es gibt ja auch die leise verachtung in manchen zeilen gegen diejenigen, die leben wollen.

ich frag mich ganz ernsthaft, ob das denkbar ist, bei einem so existentiellen thema ohne abwertung der jeweils anderen auszukommen. ielleicht ist die erwartung, dass das so sein könne, unrealistisch.

gleichwohl denke auch ich: man sollte nicht diesen raum invadieren mit appellen und phrasen.

gleichwohl frage ich mich auch, was ist es eigentlich, das in diesem raum passiert oder passieren könnte? worum könnte es bei einem austausch unter chronisch suizidalen gehen? wirklich um die frage, wie man damit leben kann? geht es um die hilfe, damit zu leben? kann man sich dabei gegenseitig helfen? gab es da irgend etwas hilfreiches?

keine rhetorischen fragen. ich stelle mir die wirklich offen und neugierig auf antworten.

ich hab ein bisschen das gefühl, dass das reden über chronische suizidalität gar nicht richtig in gang kommt ohne die unterstellung, das es skandalös sei. vielleicht ist das das zusagende? vielleicht übersehe ich aber auch ganz viel.

fragt verwirrt sich und andere das ziegenkind, das - wie wahrscheinlich ganz viele, vielleicht sogar alle menschen? - oft nicht leben will und manchmal sehr berührt ist vom leben, es meist ziemlich schwierig findet, BEIDES zu sehen.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


montagne
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Beitrag Do., 28.01.2016, 14:20

Stimmt schon ziegenkind, hab ich auch schon überlegt.
Ich persönlich würd mich nicht an dem Begriff skandalös festbeißen.


Ich denke nur, Suizidgedanken sind allgemein tabu, draußen in der Gesellschaft.... also auch hier. Ich persönlch denke, es ist einfach unrealistsch zu erwarten, dass wenn ich über so ein Thema hier schreiben würde, jeder es so stehen lassen kann, jeder der 100 oder mehr Leute, die es lesen. Da wird garantiert jemand dabei sein, der gegenreden muss. Ist halt so. Nur würde ich, wenn es mich persönlich betrifft (war bisher hier nicht so), mir das nicht mehr bieten lassen.
Ich kanns verstehen, wnen jemand recht vehement reagiert, wenn das Gefühl aufkommt, es darf nicht stehen bleiben, wa sman denkt und fühlt. Aber wie gesagt, ich bin da arg vorbelastet und empfindlich. das ist kein Maßstab, ist aber wie ich reagieren würde/reagiere. Und das ist dann halt auch so....

Ansonsten ist meine Erfahrung, direkt zum Thema: ja, ich habe eine Stunde gehabt in meiner Therapie, in der wir sehr offen über Suizid gesprochen haben, als ein Bekannter, wann auch entfernter Bekannter, jemand der wie ein Adoptiv-Großvater für mich war, sich das Leben genommen hatte. Jemand, zu dem ich aufsah. Es war absehbar, dennoch...

Es war in dem Gespräch mit der Therapeutin klar, dass es auch im meine Suizidgedanken ging (mir war es klar, ich denke ihr auch). Sie sprach viel, was sie sonst nicht tut. Es hatte mir damals ein riesiges stück weiter geholfen. Ich wünsche mir manchmal, offen drüber reden zu können. Vielleicht bald in der Therapie, aber auch so mal, es muss nicht immer alles Therapie, Therapie, blabla...
Nur halt WO anfangen, wenn es hier nichtmal geht?
Weil.. so sehe ich es zumindest.. wie einfach ist es hier, wegzuklicken. oder garnicht erst hinzuklicken, zu Themen, die einem nicht bekommen oder, die einen veranlassen, invasiv zu werden?
Wie einfach ist es? Verdammt einfach.. im Vergleich dazu, sich in Gesprächen abzugrenzen.


mio
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Beitrag Do., 28.01.2016, 20:26

montagne hat geschrieben:Ich denke nur, Suizidgedanken sind allgemein tabu, draußen in der Gesellschaft....
Da würde ich erneut differenzieren.

Wieviele Menschen sprechen ab und an davon, dass ihnen alles zuviel ist in schwierigen Zeiten und dass sie am liebsten alles hinschmeißen würden? Viele, sehr viele. Und es wird zugehört. Aber natürlich wird auch Trost und Zuspruch gespendet und nicht einfach gesagt: Ja, Recht haste! Hier, bitte, dieser Strick wird Dir helfen es zu beenden... Das wäre doch auch total absurd.

Das was Du als "Tabu" erlebst dürfte die Einsamkeit sein, die entsteht, wenn ich als chronisch suizidaler Mensch sozusagen "chronisch" von meinem Tötungsverlangen/-wunsch/-absicht spreche. Je konkreter, desto einsamer. Für mich steht das im Zusammenhang damit, dass ich als "liebender" Mensch nicht dauernd in konkreter Sorge den geliebten Menschen zu verlieren leben kann und möchte, das ist doch dann wie eine tickende Zeitbombe die ungemeinen inneren Stress erzeugt. Es ist also nur gesund, sich da dann zu distanzieren auf lange Sicht, so jemand da keinerlei "Veränderungsbedarf" für sich hat oder sieht. Alles andere hätte eine ebenso selbstzerstörerische Komponente wie ein Suizid.

Selbsttötung ist nun mal ein aggressiver Akt, sowohl gegen sich selbst als auch - so emotional verbunden - automatisch gegen andere. Denn ich entziehe mich ja ganz bewusst dem Leben und damit auch dem anderen und der Beziehung. Ich wollte ja auch nicht mit jemandem befreundet sein, der nicht mit mir befreundet sein möchte und für den ich sozusagen nur "2. Wahl" bin, weil die "1. Wahl" ja bereits der Tod ist. Von daher finde ich es auch nicht verwunderlich, dass solche Äußerungen irgendwann auf taube Ohren stoßen im Umfeld. Was soll es denn auch sonst machen? Hilfe wird nicht wirklich gewünscht bzw. für unmöglich erachtet. Und die Beziehung ist "zweitrangig", weil die Beziehung zum Tod stärker ist. Das ist dann eben so, da braucht man sich dann aber auch nicht zu wundern, wenn sich niemand das mehr anhören möchte auf lange Sicht und in "Anklagen" darüber verfallen.

Für mich liest sich dieses Bedürfnis nach reaktionsloser "Zuhörerschaft" wie das Bedürfnis nach einem Monolog, der als Dialog verkauft werden soll.

Konkret fällt mir eine Situation dazu ein in der ich ein Gespräch über die Beziehung mit jemandem führen wollte. Dieser Jemand hat zwei Stunden lang über seine schwierige Kindheit monologisiert und jeder Versuch meinerseits daraus ein "Gespräch über die Beziehung" zu machen wurde radikal abgeschmettert, obwohl klar so gewünscht und abgesprochen im Vorhinein. Nach zwei Stunden bekam ich nach mehrfachem Insistieren dann zumindest eine Antwort auf die Frage: Was wünschst Du Dir von unserer Beziehung? die da lautete: Solche Gespräche wie heute Abend... Interessant.

Wer monologisieren möchte darf gerne monologisieren. Nur auf geneigte Zuhörerschaft die das fein abnickt sollte er dann vielleicht nicht wirklich hoffen.

Und zum Thema: Darf es in der Therapie Thema sein? Da verwundert es mich extrem, dass das in vielen Therapien ein - eventuell auch selbstauferlegtes? - Tabu zu sein scheint. Klar sollte ich nicht unbedingt sagen, also nexte Woche komme ich dann nicht, weil bis dahin bin ich eh tot... Aber zu sagen, dass solche Gedanken in einem sind und das man darunter leidet, das sollte schon möglich sein meiner Meinung nach. Ich hab mich nochmal zu erinnern versucht und meine Thera hat mich das ziemlich zu Beginn meiner Therapie sogar explizit gefragt, wie es damit so aussieht? Also ob ich solche Gedanken kenne und ob ich sie noch habe etc..

Von daher würde ich sagen, wer es ansprechen möchte und sich davon Erleichterung verspricht und erhofft der sollte es auch tun. Nur eben nicht "drohend", denn in einem solchen Fall sind die Vorgaben die ein Therapeut hat ganz klar: Das Leben des Patienten ist zu schützen.

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Sarana
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Beitrag Do., 28.01.2016, 21:00

mio, warum redest du so oft von der Perspektive eines "liebenden Menschen"? Keiner hier schreibt mit seinen Lieben.

Und genau darum geht es hier: Endlich mal einen Ort für all diesen schwarzen Ekel zu haben.

Und nicht darum, gemeinsam zu heulen, wie sch.eiße alles ist.
"Not doing life today. Love to. But can't."

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Broken Wing
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Beitrag Do., 28.01.2016, 21:20

Ich empfinde meine Gedanken nicht mal als schwarz. Wüsste auch nicht warum. Hier lese ich von Ruhe durch den Tod. Aber die Ruhe gibt es nur im Leben. Das Kribbeln und das Wohlgefühl beim Gedanken an den Tod gaukelt uns das aus einem ziel- und planlosen Phänomen hervorgegangene Organ namens Gehirn vor, weil es sich darunter etwas wie den Schlaf vorstellt.

Wenn man an die Zeit vor seiner Geburt denkt, kommt mit Sicherheit auch kein Kribbelgefühl auf.

Der Grund für meinen Todeswunsch ist einfach der Lebensüberdruss. Mir geht es komplett wohin, aufzustehen, zu essen, zu schwatzen, zu studieren, einfach alles.
Die genialste und wharlich humanste Erfindung wäre eine omnipotente und rasch wirkende Weltvernichtungswaffe.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


mio
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Beiträge: 9268

Beitrag Do., 28.01.2016, 21:30

Hallo Sarana,
Sarana hat geschrieben:mio, warum redest du so oft von der Perspektive eines "liebenden Menschen"? Keiner hier schreibt mit seinen Lieben.
weil ich mich auf die Probleme die im RL bestehen beziehe, denn dort sind sie eigentlich "vorhanden".

Es mag ja erleichternd sein sich das Ganze mal von der Seele zu schreiben, aber es wird nichts an den Schwierigkeiten die im "echten Leben" vorhanden sind ändern. Wenn ich also im echten Leben ein Lösung finden möchte, dann muss ich mich darauf beziehen und versuchen das "Problem zu analysieren". Und dazu gehören eben mehrere Perspektiven, nicht nur die eigene.

Wenn sich jemand nur "mitteilen" will so ist das ja auch in Ordnung, wenn bereits das was verändern oder erleichtern kann erst Recht. Ich denke nur einfach, dass das Ziel sein sollte da auch im echten Leben einen besseren Umgang damit finden zu können.

Du kannst diese Perspektive aber gerne einfach ignorieren, so sie für Dich nicht hilfreich ist.

Lieben Gruss,

mio

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Broken Wing
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Beitrag Do., 28.01.2016, 21:35

@ Mio: Spamkönig, oder?
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