Austausch mit chronisch Suizidalen

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AmyinmeinemHimmel
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Beitrag Fr., 29.01.2016, 21:43

Bei mir ist es so, dass die Gedanken daran auch zum größten Teil Nachts am stärksten sind. Der Körper fährt irgendwie runter, aber in meinem Kopf knallt es durch. Mich begleiten diese Gedanken seither ich denken kann. Mal mehr oder weniger präsent, aber unterschwellig immer vorhanden. Was mich bis jetzt davon abgehalten hat: Pflichtgefühl meinen Liebsten gegenüber. Ich habe Fälle im engsten Umfeld erlebt und es hat so viel Leid geschaffen. Dafür möchte ich nicht verantwortlich sein. Andere Anteile von mir konnten diesem Pflichtgefühl nichts abgewinnen. Deshalb war ich auch oft schon zum Selbstschutz in der Psychiatrie, denn ich merke schon wer da diese Gedanken hat und was das für Folgen für uns haben kann. Was ich immer wieder bemerke ist, dass die Gedanken sich nicht von "äußeren" Umständen abhängig machen lassen. Oft sind sie gerade besonders stark, wenn im Außen alles ruhig und in geordneten Bahnen verläuft. Häufig auch geradezu nachdem ich mal glücklich war.
Thema sind diese Gedanken nur in der Therapie. Und nun auch hier.
Dankeschön, dass es hier einen Ort zum Austausch gibt.

Ein bißchen Nähe
ist nicht genug
für die große Sehnsucht
nach Zärtlichkeit.
Ein bißchen Vertrauen
ist nicht genug
für die schwierige Suche
nach Geborgenheit.
Ein bißchen Liebe
ist nicht genug
für die ehrlichen Versuche,
ein erfülltes Leben
zu führen.

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Broken Wing
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Beitrag Fr., 29.01.2016, 22:00

@ Saffiatou: Nein, meine es ernst. Mir kommt einfach die Kotze hoch, wenn ich mitbekomme, dass jemand suizidieren will und bis zuletzt den Helden spielt.

Die Leute werden schon irgendwie klarkommen.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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krawallbürste
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Beitrag Fr., 29.01.2016, 22:18

lang ist es her das ich hier geschrieben habe, gelesen aber immer !!!

Um dem Thread gerecht zu werde oute ich mich dahingehend, das ich zu den Menschen gehöre, die den Wunsch haben, ihr Leben selbst zu beenden.
Ich kämpfe gegen diesen Wunsch nicht an, sondern was mich am Leben hält, hat vier Beine und ist alt und krank. Meine Verantwortung für dieses Wesen werde ich erfüllen.

Der Wunsch mein Leben selbst zu beenden hat sich entwickelt über Jahrzehnte, die ich auf dem Planeten bin.
Als Youngster habe ich nie einen Gedanken darüber verloren, mit den fortlaufenden Lebensjahren und Erfahrungen
stieg die Lebensmüdigkeit an.

Was mich desweiteren am Leben hält, ist das ich mich aus dem aktiven Leben zurückgezogen habe. Ich kann das aktive Leben nicht mehr ertragen. Die Menschen sind laut, stressen, machen unnötige Konflikte.... sie haben mich ausgeblutet!!

Über Suizid reden??? Meine Erfahrung sollte man tunlichst unterlassen, endet mit Unverständnis und manchmal, wie auch hier schon beschrieben mit bösen Überraschungen.

Der Austritt aus dem aktiven Leben hat mir Ruhe verschafft und ich bin auch nicht unzufrieden, die Lebensmüdigkeit ist aber nicht verschwunden. Für mich ist das Leben in Bezug Mitmenschen nur schlechtes Kino, welches man vor dem Abspann verlässt!
Es wäre zuviel an Text was mich bewegt und was mich in die Lebensmüdigkeit geführt hat, um es kurz zu benennen:
Der Mehrwert war zu gering, die Pein zu groß!

Vg krawallbürste

Einen besonderen Gruss hinterlasse ich brokenwing
Ich mag deinen Zynismus, der tiefschwarz ist und Wahrheiten enthält!!!!


mio
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Beitrag Fr., 29.01.2016, 22:21

Hallo Broken Wing,
Broken Wing hat geschrieben:spielt.
gibt es eigentlich irgendwas, das Du anderen "abnehmen" kannst? Also im Sinne von "glauben"?

Warum "spielt" denn jemand, der sich Gedanken über andere macht? Ist das für Dich wirklich so gar nicht vorstellbar?

Ich habe es wie gesagt erlebt, dass jemand das gemacht hat. Und ich mache dieser Freundin auch keinen Vorwurf, denn in ihrer Situation war es die "einzige Möglichkeit" vordergründig. Ich kann also das "Denken dahinter" verstehen. Sie ist aus der Psychatrie abgehauen, wusste, sie hat nicht endlos "Zeit" weil es "auffallen" würde und man sie versuchen würde zu "hindern". Sie ist zum Bahnhof gerannt als ginge es um ihr "Leben", das haben Zeugen ausgesagt. Der Bahnhof war ihr Ausweg. Da kann ich keinen "Vorwurf" erheben. Da sehe ich nur "Verzweiflung - oder vielleicht eher Entschlossenheit? - pur".

Was anderes ist es für mich allerdings, so jemand "frei plant". Bewusst "frei plant". Denn da kann meiner Meinung nach schon "anders" geplant werden. Rücksichtsvoller. Und das empfinde ich dann auch nicht als "gespielt" sondern eher als "mehr durchdacht".

Lieben Gruss,

mio

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Broken Wing
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Beitrag Fr., 29.01.2016, 23:09

Mio hat geschrieben:gibt es eigentlich irgendwas, das Du anderen "abnehmen" kannst? Also im Sinne von "glauben"?
Nein. Weil:
Jeden Tag lügen wir 200 Mal
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Widow
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Beitrag Fr., 29.01.2016, 23:53

BW, ich verstehe diese östereichische Wendung nicht (falls es eine sein sollte)
Broken Wing hat geschrieben:Meinte ja nicht, dass man es zu Fleiß machen sollte.
Doch ich habe das Gefühl, dass Du da eine entscheidende Differenz zwischen "ab und an akut Suizidalen" und "chronisch Suizidalen" angesprochen haben könntest.
Zu diesem Gedanken bringt mich auch das posting von Candy:
Candykills hat geschrieben:Tja, das ist ne gute Frage. Leider verhält es sich bei mir so, dass wenn ich als Anteil akut suizidal bin und in diesem Stadium dann auch nicht mehr klar denken kann
Für mich gilt: Ich erhoffe mir meinen Tod, seitdem ich denken kann; ich wünsche ihn mir, seitdem ich denken kann; ich überlege manchmal, wie ich ihn ins Werk setzen kann, seitdem ich denken kann; und jetzt - vor nunmehr sechs Jahren - habe ich auch erstmalig und seitdem mehrfach gezielt versucht, ihn ins Werk zu setzen; aktuell bin ich wieder beim Hoffen&Wünschen-Stadium. Dort allerdings auf einer anderen Stufe. Zu der gehört, dass möglichst nur noch ein überlegtes Handeln für mich in Frage kommen soll, der sogenannte Bilanzsuizid.
Vielleicht muss man für so ein Empfinden von Suizidalität so alt sein, wie ich es geworden bin. (Und ob ich das wirklich schaffe, ist ja auch noch fraglich - in jeder Hinsicht.)

- Mit Ende 20 hätte ich mich übrigens nicht als "chronisch suizidal" bezeichnet.

(Und dies noch @ BW: Ich weiß von Lokführern, die "damit", unfreiwillig einen Menschen überrollt zu haben, NICHT "zurecht" gekommen und schwerst traumatisiert sind.)

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Candykills
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Beitrag Sa., 30.01.2016, 00:08

Dass ich chronisch suizidal bin, steht in allen Klinik Abschlussberichten und Schreiben meiner Therapeutin. Dass du eventuell was anderes darunter verstehst als der Fachmann ist natürlich durchaus möglich. Genauso möglich ist es aber auch, dass eine chronische Suizidalität von einer akuten Suizidalität überlagert wird. Ich kann auch mit meinen Anfang 20 schon Bilanz ziehen, ich bin mindestens 2/3 meines bisherigen Lebens suizidal. Und ich leide sogar unter meiner chronischen Suizidalität, denn ich wünschte es sähe anders aus. Aber wie gesagt, vielleicht sind das unterschiedliche Auffassungen?!
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)


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Widow
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Beitrag Sa., 30.01.2016, 00:19

Candykills hat geschrieben:Aber wie gesagt, vielleicht sind das unterschiedliche Auffassungen?!
Ja, ich denke, so ist es.
Und das ist doch auch völlig in Ordnung, oder?

Ich z.B. gebe auf die Meinung von PsychiaterInnen gar nichts (wie auch auf die Meinung der meisten Ärzte nichts aus bitterer, jahrzehntelanger Erfahrung), und wenn ich an meinen ersten Psychotherapeuten denke, den ich während des Krebses aufsuchte, so überkommt mich nur eins: Ein Lachen über diese heilige Einfalt.

Ich persönlich differenziere für mich mittlerweile zwischen "akut", "latent" und "chronisch" suizidal.
"Chronische" Suizidalität umfasst - so mein Erleben - die anderen beiden 'Arten' und ist doch etwas anderes als deren 'Summe'.

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blade
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Beitrag Sa., 30.01.2016, 06:09

an die Flügel, welche wieder fliegen sollten:

Einerseits kenne ich solche Gefühle, Affektexplosionen aus meiner eigenen Erfahrung (möge die Sch..Welt endlich zu Staub zerfallen etc....) und ich für meinen Teil bin davon berührt, der ich von mir eins zu eins auf Sie schließe (was man ja angeblich nicht tun darf, was ich aber trotzdem tue, weil das nämlich der einzige Weg ist mitzufühlen solange man nicht die..anderen Fähigkeiten hat) gehe davon aus, daß Sie von unaushaltbarem Leiden dazu getrieben werden.

Allerdings:

Wenn Sie sagen, sie wollen die Welt vernichten, dann denken Sie hoffentlich ab und zu auch daran, daß Sie diese Welt nicht besitzen, sondern diese - gezwungenermaßen/so wie wir anderen auch gezwungen dazu wurden - mit anderen teilen müssen. Wenn Sie sich also wirklich daran machen sollten, die Welt zu vernichten, dann würde ich sehr plötzlich von einem Freund zu einem Feind mutieren.

Ich wollte das nur einmal klar zum Ausdruck bringen, es geht mir nicht darum Ihnen ein Ventil zu nehmen.

PS: Aber vielleicht liegt eine Art indirekter Trost auch in diesen Worten. Da Sie die Weltverfügungsgewalt teilen müssen, könnten Sie auch das Leid teilen?
abgemeldet

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Draußen
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Beitrag Sa., 30.01.2016, 15:48

Wenn ich darf, ein zwei Worte:

Ich habe mir, sooft ich auch daran dachte, Gedanken über unfreiwillig beteiligte gemacht. Ob nun Zug-, Bus- oder LKW Fahrer Passanten , Rettungsassistenten, Bekannte, Familie oder Freunde je drängender die Gedanken sind, je größer die Not , desto weniger fühle ich mich verpflichtet . Dafür was ich andern antäte bekäme ich ja die Höchststrafe den Tod.


Als mir vor einiger Zeit dann die Pflicht ganz abhanden zu kommen drohte , verpflichtete ich mich in zartfühlendem Therapiegespräch die laufende Analyse so nicht zu beenden. Nun ja , einen Anruf würde ich wohl investieren können um die Therapie vorher zu beenden.

Und jetzt ist alles anders. Ich hab einen Menschen und ich merke: ich liebe, ich bin in Pflicht und mir zur großen Angst: Ich will behütet aufwachsen sehen will Glück und Leben spüren. Es gibt keinen Ausweg mehr. Ich habe mich an das Leben gekettet. Manchmal (ganz manchmal nur in Bruchteilen von Sekunden ) macht es atemlähmende Angst.

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 30.01.2016, 19:15

@ Blade: Flügel kann man auch grillen, braten oder backen, wenn sie zum Fliegen nicht mehr taugen.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


kaja
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Beitrag Sa., 30.01.2016, 19:18

@Draußen

Und was wirst du tun wenn diese Kette abrupt zerschlagen wird, so dass nur du übrig bleibst ?
After all this time ? Always.

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Draußen
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Beitrag Sa., 30.01.2016, 19:46

@kaja

Dann werde ich sterben und gleichzeitig eine lebendige Hülle hinterlassen. Dann wäre es wohl auch zu spät mich zu töten.


kaja
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weiblich/female, 80
Beiträge: 4551

Beitrag Sa., 30.01.2016, 19:56

Dachte ich mir.
After all this time ? Always.


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Widow
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Beiträge: 2235

Beitrag So., 31.01.2016, 00:34

@ draußen: Ich bin so froh, dass ich nie in Deiner Haut steckte und nie mehr in so einer Situation stecken werde.
Du weißt, einmal drohte ich, da hinein zu geraten - unter des Todes Umständen. Dass ich damals tat, was ich tat, habe ich nie bereut.

Aber ich bin ich und Du bist Du.
Und, um ehrlich zu sein, ich finde Dich larmoyant.

Wenn Du entschieden hast, etwas "behütet aufwachsen" sehen zu wollen in Deinem Leben (also wenn Du Dich entschieden hast, nun ein Kind zu haben), dann hast Du das entschieden.
Steh dazu.
Und lass es mit der Suizidalität!
Lass es mit solchen Sätzen wie dem:
Draußen hat geschrieben:Ich habe mich an das Leben gekettet. Manchmal (ganz manchmal nur in Bruchteilen von Sekunden ) macht es atemlähmende Angst.

Lass das bitte!
DU hast entschieden.

Du hast entscheiden KÖNNEN.

Und Du bekennst selbst:
Draußen hat geschrieben:Ich will behütet aufwachsen sehen will Glück und Leben spüren.
Wenn Du das "willst" und auch noch der Auffassung bist, dass Du das kriegen kannst, dann steh dazu!

Und lass es mit Gedanken und Getippe über Suizidalität.

Alles andere finde ich von Dir larmoyant, denn Du hast DICH lange genug entscheiden KÖNNEN - und Du glaubst offenbar immer noch, etwas AUßERHALB VON DIR beeinflussen zu können.
Ich sehe da keinerlei Anlass, Platz und Berechtigung für chronische Suizidaltität und auch nicht dafür, hier von "Ketten" und "atemlähmender Angst" zu schreiben - wenn Du sowas immer noch fühlst, dann suche bitte nicht mehr hier, bei uns chronisch Suizidalen, Erleichterung: Es war Deine Entscheidung, Dein Wollen und Dein Wille - und Du hattest dafür lange genug Denkzeit.

Widow
Zuletzt geändert von Widow am So., 31.01.2016, 01:12, insgesamt 3-mal geändert.

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