Change Management...wie erfinde ich mich neu im Job

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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Woman
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Beitrag Fr., 16.03.2012, 18:43

Spannendes Thema!
sofa-held hat geschrieben:Ich weiß nicht ... das sind eben genau die beiden gegensätzlichen Positionen, die so unvereinbar scheinen. Also die Selbstständigen, die ich persönlich kenne, und das sind schon einige...die beneide ich nicht wirklich. Ein paar kriegen es wiederum ganz gut hin...
Ich hatte mich mit ca. 40 Jahren selbständig gemacht (Freiberufler) und war jahrelang sehr erfolgreich und habe unglaublich viel Geld verdient und das bei einem Tagespensum von 4-6 Stunden. Vorteile lagen zu dieser Zeit auf der Hand, ein gutes Einkommen, trotzdem reichlich Freizeit und dazu die üblichen Vorteile einer Selbständigkeit - wenn es gut läuft! Krank z.B. darf man nicht über längere Zeit werden, Urlaub nur, wenn man soviel vorgearbeitet und verdient hat, dass man locker mal 2-3 Wochen ohne Einkommen überbrücken kann.

Die sieben "Goldenen Jahre" waren mit einem Schlag vorbei und ich war täglich stundenlang mit der Akquise nach neuen Auftraggebern beschäftigt. Ich verdiente erst nur noch die Hälfte, dann nagte ich am Existenzminimum. Wie Ratlosigkeit schon schrieb, zwei Monate lang die Krankenkasse von damals ca. 580 € mtl. nicht bezahlen zu können, kann einem schon das Genick brechen, weil KK und Finanzämter sind gnadenlos! Die Miete und alle anderen Fixkosten laufen weiter und Kind/er sind womöglich auch noch zu versorgen, ein Partner, der einen (finanziell) auffängt, nicht in Sicht...

Ich rutschte finanziell komplett ab, weil auch viele meiner Auftraggeber in Insolvenz gingen und ich somit fast keine Aufträge mehr hatte. Die monatlichen Kosten, die ich nicht mehr zahlen konnte, häuften sich zu einem Riesenberg und zu allem Unglück wurde ich auch noch krank.

In diesem Fall ist die hochgelobte Selbständigkeit nur noch geprägt von Existenzängsten, schlaflosen Nächten und von der Suche nach Alternativen, die ab einem gewissen Alter (die Ausbildung/Studium ist dabei unerheblich) nur noch eingeschränkt zur Verfügung stehen.
Ich habe in meinem Freundeskreis ca. 12 Selbständige, von denen, bis auf zwei, alle nur noch mit dem Überleben beschäftigt sind. Einige sind inzwischen ALGII-Empfänger, andere leben vom Ersparten und hangeln sich so durch. Ausnahmslos alle haben mit den Jahren gesundheitlichen Schaden genommen.

Ich selbst bin immer noch zum Teil freiberuflich tätig und nebenher auf der Suche nach neuen Aufträgen und einem Job und habe gerade einen Minijob ergattert, so dass ich zweigleisig fahre, was sehr anstrengend, frustrierend und demotivierend ist. Was einem Spaß machen könnte, was man gerne tun würde und in welcher Branche man noch genug verdient, steht nicht mehr zur Disposition. Ich zumindest bin nur noch damit beschäftigt, mein Einkommen einigermaßen zu sichern, und meine gebrochene berufliche Biographie und mein Alter sind dabei nicht unbedingt von Vorteil.

Wenn ich nochmal 40 wäre @sofa-held würde ich dennoch noch einmal diesen Weg gehen! Aber sei Dir sicher, dass Du bei einer Selbständigkeit nur in den seltesten Fällen die Türe hinter Dir schließen und Dich auf den Feierabend freuen kannst. Eine stabile Gesundheit und ein finanzielles Polster wären auch von Vorteil. Ich wünsche Dir viel Glück, egal welchen Weg Du gehen wirst! Und jede Bewegung ist besser als dauerhafter Stillstand!
Und seit jeher war es so, daß die Liebe erst in der Stunde der Trennung ihre eigene Tiefe erkennt.

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Ratlosigkeit
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Beitrag Fr., 16.03.2012, 19:22

Eigentlich eine saublöde Situation jetzt grad, für den Sofa-Bewohner, mein ich. Da kriecht der Mann aus seinem Burnout raus und fängt an sich bewegen zu wollen, und wir hauen ihm gleich die Keulen um die Ohren...
Mich drängt es jetzt was Positives zu schreiben.
OK.
EINE Möglichkeit wäre, einen Nicht-Vollzeit-Job (20-25 Wochenstunden) zu finden, in dem Du Dinge machst, die Du kannst, die Dir leichtfallen, vielleicht sogar bissl fad sind, wo kein Burnout lauert, und der Dir ein Grundeinkommen (Miete und Versicherung!!!!) sichert. Und daneben kannst Du die Herausforderung der Selbstständigkeit in einem Bereich, der Dir gefällt, ausprobieren. Da gibt es zwar auch ein paar Fallstricke versicherungstechnischer und steuerlicher Art, aber die kann man in den Griff kriegen.
Jetzt ist nur noch die Frage: wo findet man diese Kombi?
Alles ist gut, wenn es aus Schokolade ist.

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sofa-held
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Beitrag Fr., 16.03.2012, 19:49

.....danke.

Ich bin grad so high von dem Tag. Hab nichts extra genommen, nur den obligaten Job, der meinen Fähigkeiten entspräche bereits innerlich definitiv abgelehnt, braucht nur noch ein Mail und Ende, und das alleine hat mich heute so glücklich gemacht.
Ich kann grad technisch keine Dankes vergeben (keine Ahnung warum), aber Carö soo genial wie du das forumuliert hast... und so ähnlich die Lebenswege. Aber auch danke an alle im Thread!
Ich bin grad draußen gesessen, im Schani-Garten, und hab mich so gefreut einfach nur das Leben zu genießen, Teil der Stadt zu sein, wahrgenommen zu werden, die Sinne offen... die gewohnte Tristesse hinter mir. Das gibt soviel Kraft, den Mut zu haben in was Ungewisses aufzubrechen. Ich weiß, ich komm wieder runter... aber die Entscheidung, den vernünftigen Job abzulehnen hat einen Endorphinausstoß ausgelöst... Meine Agora setzt mir Grenzen, gleichzeitig ist sie Teil meines psychischen Systems. Sie wird stärker, wenn ich Komponenten von mir unterdrücke. Also mein Leben ist ein Arrangement mit meiner Agoraphobie, ein Leben mit ihr. Vielleicht ist sie sogar mein Freund, mein Wegweiser...

Möcht mich nochmal extra bedanken für die hilfreichen PMs, mit teils ganz konkreten Vorschlägen. (*leserin) Was so ein Forum kann Nehmt mich nicht ernst ich bin grad "natural high"

LG s

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Passat
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 12:33

Ich bin grad draußen gesessen, im Schani-Garten, und hab mich so gefreut einfach nur das Leben zu genießen, Teil der Stadt zu sein, wahrgenommen zu werden, die Sinne offen... die gewohnte Tristesse hinter mir. Das gibt soviel Kraft, den Mut zu haben in was Ungewisses aufzubrechen.
"Schani-Garten" mußte ich erstmal googlen.
Das klingt gut. Ich glaube genau zu wissen, wie du dich gefühlt haben mußt. Das Gefühl/die Gewissheit, Teil von dem da draußen zu sein, ist für mich ebenfalls nicht konstant und selbstverständlich. Schön, vom Leben mal so in die "Mitte" genommen zu werden.
Sicherlich hat auch das Klima/der Frühlingstag gestern dazu beigetragen, dass nicht nur alles um uns herum lebendiger ist oder scheint als sonst, sondern dass auch wir selbst es sind.
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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sofa-held
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 12:55

Passat hat geschrieben:"Schani-Garten" mußte ich erstmal googlen.

Klar hat das was mit dem Frühling zu tun, jährlich krieg ich einen Oster-Flash, und es ist für mich auch immer eine Zeit der Veränderung. Ich hatte auch den Eindruck, dass mich gestern mehr Leute als sonst angesehen hatten, als ob ich Scheinwerfer angehabt hätte... wäre gelogen, zu sagen, dass das nicht gut tun, wenn man so aufmerksam beäugt wird.
Übrigens bin ich heute auch noch immer supergut drauf. Die Sonne scheint ins Zimmer...alles easy.

Ich hab mich von der Idee mir einen Beruf aus verschiedenen freiberuflichen Jobs zusammenzustoppeln wieder distanziert. Das will ich nicht. Ich hab eine Freundin, die das jahrelang recht erfolgreich gemacht hat, und die mir in diese Richtung immer wieder Mut macht. Andererseits warnen mich ihre Ringe unter den Augen, ihre horrende gestundete Steuernachzahlung und nicht zuletzt die Tatsache, dass sie jetzt wieder angestellt ist.
Woman hat geschrieben:Wenn ich nochmal 40 wäre @sofa-held würde ich dennoch noch einmal diesen Weg gehen!
liebe Woman, du verwirrst mich. Irgendwie beschreibst du die Selbstständigkeit ziemlich als ziemlich erschöpfend, andererseits würdest du es wieder so machen? Ich hab da noch nach Text gesucht, aber nicht gefunden. Vielleicht erklärst du mir das noch mal ausführlich.

Die Variante mit einem Teilzeitjob ist tatsächlich eine interssante Sache. Ich könnte solche Jobs auf relativ hohem Niveau machen. Es gibt tatsächlich Jobs, wo eine leitende Fachkraft auf 25-Stunden-Basis gesucht wird, weil der Job halt stundenmäßig nicht mehr hergibt. Die Folge wäre, dass ich entweder in Wien umziehen müsste, in eine NOCH kleinere Wohnung oder dass ich eben zurück zu meinem Elternhaus gehe. Da gibt es viel Platz und ich würde abgeschlossen und unabhängig wohnen. Da bedeutete allerdings Wien verlassen zu müssen. Ein Gedanke, der mich sehr beschäftigt. So kalt die Mauern dieser Stadt sind, aber es ist doch ein Stadt, die ich liebe. Nicht so groß, dass ich untergehen würde, aber groß genug um wenig sozialen Druck zu haben. Auf dem Land ist die soziale Kontrolle viel größer. Aber keine Miete, träum... und die Lebensqualität, auch traumhaft.

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carö
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 13:43

sofa-held hat geschrieben:Die Variante mit einem Teilzeitjob ist tatsächlich eine interssante Sache. Ich könnte solche Jobs auf relativ hohem Niveau machen.
das ist tatsächlich meine derzeitige variante, die mich ganz glücklich macht... also warum nicht, wenn die möglichkeit dazu besteht. eigentlich ist das sogar eine großes privileg, ein luxus, wenn du die möglichkeit dazu hättest. zumindest empfinde ich es so für mich zur zeit. natürlich hat es konsequenzen, wenn man eben nicht in den alten beruf investiert und unter seinen möglichkeiten bleibt, vielleicht auch von mancher seite unverständnis erntet.. eigentlich kann das kaum einer verstehen, warum ich das mache (im job, privat schon!) ... es gibt nur einige wenige, die offen sagen, wenn sie könnten, wie sie wollten, würden sie auch... nun ja, nicht nur die gelegenheiten und möglichkeiten müssen da sein, sondern auch die emotionale bereitschaft, all das mitzutragen, was eben eine "karriere" ausserhalb der üblichen normvorstellungen mit sich bringt.

hier ist auch super wetter, wünsche noch einen schönen frühsommertag
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)

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Woman
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 13:55

sofa-held hat geschrieben:liebe Woman, du verwirrst mich. Irgendwie beschreibst du die Selbstständigkeit ziemlich als ziemlich erschöpfend, andererseits würdest du es wieder so machen? Ich hab da noch nach Text gesucht, aber nicht gefunden. Vielleicht erklärst du mir das noch mal ausführlich
Gerne! Du hast meine sieben "Goldenen Jahre" (eigentlich waren es mehr) überlesen! Als ich mich selbständig gemacht hatte, war ich dermaßen motiviert, engagiert und positiv eingestellt, (und übte eine Tätigkeit aus, die mir auf den Leib geschneidert war) dass ich mit Leichtigkeit und minimalem Zeitaufwand das Maximum an Einkommen erzielen konnte. Ich konnte meinem Kind und mir einen hohen Lebensstandard ermöglichen, wenn ich wollte, dreimal im Jahr Urlaub machen und trotzdem noch Geld ansparen. Geld hat für mich nicht oberste Priorität, aber durch die gesicherten Einnahmen fühlte ich mich frei und ganz wichtig, unabhängig! Frei in meiner Arbeit, in meinen Entscheidungen, in meinen Planungen. Ein Wahnsinnsgefühl, dass den Adrenalpegel ständig auf Hochtouren hält und somit auch Leistungsfähigkeit, Gesundheit und eine positive Einstellung erhält.

Dass ich wirtschaftlich abrutschte hatte nichts mit meiner Leistung zu tun (vielen anderen Selbständigen in meiner Branche ging es ebenso). Ich erlebte Hilflosigkeit, Geldknappheit, Ängste - ich wurde krank! Ich wusste zudem, dass ich nie wieder auf diesem hohen Niveau verdienen und leben würde! Damit musste ich erst einmal zurecht kommen. Meine Prioritäten verschoben sich, an erster Stelle stand nun meine Gesundheit, weil mir bewusst wurde, dass ich nur in stabiler Gesundheit beruflich überhaupt etwas leisten konnte bzw. soviel erwirtschaften kann, dass ich davon leben kann.

Ich hätte in der guten Zeit niemals gedacht, dass sich beruflich irgend etwas verändern könnte und ich habe jahrelang von meinem Einkommen sehr gut und gesund leben können. Deshalb würde ich diesen Weg wieder so gehen, weil es ja nicht so kommen muss, wie bei mir. Risiken birgt jede berufliche Laufbahn, ob als Selbständiger, Angestellter o.a. Das wissen wir alle!

Die Kombination der Selbständigkeit und eines Jobs ist mehr so aus der Not heraus enstanden, zumindest habe ich damit einen gesicherten mtl. Obulus.

Welchen Weg man gehen möchte/kann/will, liegt auch an der eigenen Persönlichkeit.
Ich könnte solche Jobs auf relativ hohem Niveau machen. Es gibt tatsächlich Jobs, wo eine leitende Fachkraft auf 25-Stunden-Basis gesucht wird, weil der Job halt stundenmäßig nicht mehr hergibt.
Genau so ist es in der heuten Jobmaschinerie. Viele Jobs sind auch nur noch mit zeitlich begrenzten Verträgen möglich, wo auch ungewiss ist, was danach kommt.

sofa-held, ich würde mir ganz genau überlegen, ob Du Deine geliebte Stadt verlassen würdest und ob Du Dich tatsächlich abhängig machen möchtest, auch wenn die Mietfreiheit sehr verlockend sein mag.

Einen sonnigen Tag wünsche ich auch allen, hier lässt sie auf sich warten!
Und seit jeher war es so, daß die Liebe erst in der Stunde der Trennung ihre eigene Tiefe erkennt.

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Blaubaum
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 15:08

angesichts der hier im thread ansatzweise schon recht ausführlich beschriebenen strukturen der modernen arbeitswelt, der immer mehr zunehmenden unsicherheit, egal, ob für selbständige oder für angestellte, sofern man nicht das glück hat, durch exzellente connections (vitamin b) direkten anschluss an die juristisch nicht oder kaum angreifbaren fleischtöpfe der politischen selbstbedienung oder alternativ eine dicke erbschaft zu geniessen, finde ich es immer wieder erstaunlich und völlig unverständlich, warum sich nicht viel mehr menschen für das bedingungslose grundeinkommen incl. freier heilsfürsorge (verschiebung der versicherungspflicht vom oft völlig überforderten einzelnen hin zu dem, der diese pflicht fordert, nämlich dem staat) einsetzen.

neben der fähigkeit, mit weniger materiellem wohlstand zufrieden sein zu können (als gegenleistung erhielte man mE jede menge immateriellen wohlstand.....), bräuchte man noch die fähigkeit, die jedem menschen innewohnende kreativität zur gestaltung des eigenen lebens sich entwickeln lassen zu können, und es wäre dann nicht mehr erstrangig, ob sich diese kreativität materiell auszahlt oder nicht. ich denke, das leben wäre für alle schöner....

momentan sitzen wir dagegen mehrheitlich (und diese mehrheit wird grösser und grösser) auf dem ökonomischen und psychosozialen pulverfass, dass 1. immer mehr waren und dienstleistungen mit immer weniger menschlicher arbeit produziert werden und menschliche arbeit infolgedessen nach und nach überflüssig wird und 2. immer mehr menschliche tätigkeiten weder für die versorgung der menschen mit dem lebensnotwendigen noch für das positive lebensgefühl des einzelnen (einen wert für sich und andere erschaffen zu können) einen beitrag leisten können.

der erste schritt hin zu einem sinnvolleren und damit auch burnout-freien leben besteht mE darin, seinen verstand und seine gefühle von der hybris der mainstream-verblödung abzukoppeln und sich auf sich selbst und seine eigenen inneren werte und natürlichen wahrnehmungen zu besinnen.

der zweite schritt ergäbe sich daraus fast von selbst: zum DU finden, das heisst, seine mitmenschen nicht mehr als lieferanten für persönliche vorteile oder als konkurrenten zu sehen (oder als beides), sondern als liebenswerte individuen.

oder wofür leisten wir (als menschliches kollektiv, das wir naturgemäss immer noch sind und immer sein werden) uns sonst den "wahnsinn" des technischen fortschritts (digitalisierung und automatisierung), wenn die vorteile dieser entwicklungen bei einigen wenigen verbleiben, während die masse der menschen durch die sich aus dem technischen fortschritt ergebenden umstände in eine psychisch kaum noch zu bewältigende zwickmühle hineingeraten, die von denen, die von diesem system in erster linie profitieren, ganz bewusst hervorgerufen und in gang gehalten wird, um daraus vorteile zu schöpfen (unsicherheit der arbeitenden bevölkerung und daraus resultierende lebensangst als druck-und spaltungsmittel, "herrsche und teile")?

ein sich-dagegen-wehren fängt mE im ganz persönlichen bereich veränderten denkens, erfassens, wahrnehmens und fühlens an und kann sich später idealerweise in einem anderen konsum(auch und besonders medienkonsum)-verhalten und in alternativen politischen willensbekundungen niederschlagen.

oder wie soll es sonst weitergehen?
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

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Ratlosigkeit
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 17:44

Also ich weiß nicht...
Blaubaum hat geschrieben:neben der fähigkeit, mit weniger materiellem wohlstand zufrieden sein zu können (als gegenleistung erhielte man mE jede menge immateriellen wohlstand.....), bräuchte man noch die fähigkeit, die jedem menschen innewohnende kreativität zur gestaltung des eigenen lebens sich entwickeln lassen zu können, und es wäre dann nicht mehr erstrangig, ob sich diese kreativität materiell auszahlt oder nicht. ich denke, das leben wäre für alle schöner....
Was meinst Du mit "weniger materiellen Wohlstand"? Wie definierst Du Wohlstand? Fakt ist, dass man in Westeuropa eine Grundsumme X braucht, um überhaupt menschenwürdig existieren zu können (Wohnen, Essen, Kleidung, Versicherung). Da ist noch nicht die Spur Luxus drinnen, von Wohlstand kann man da wirklich noch nicht sprechen.
Vielleicht verstehe ich Dich ja falsch, aber deine obige Aussage evoziert bei mir folgendes Bild: Alle sitzen nebeneinander und denken darüber nach, wie sie ihr eigenes Leben toll gestalten - es gibt keine Kommunikation, keinen Gemeinschaftssinn, keine gesellschaftlichen Ziele mehr... nur noch die Kreativität des Einzelnen. Und währens jeder einzelne so vor sich hindenkt, verhungert einer nach dem anderen...
Ich weiß, das ist jetzt provokant - ich erwarte Deinen Widerspruch......?
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Passat
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 19:25

Ratlosigkeit hat geschrieben:Ich weiß, das ist jetzt provokant - ich erwarte Deinen Widerspruch......?
Das ist nicht provokant von dir. Dein Beitrag zeigt nur, dass du selbst tief drin steckt in der Zeitgeist-Maschine.
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Ratlosigkeit
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 19:31

Was bitte ist eine Zeitgeist-Maschine?

Ich stecke im Leben drinnen. Ganz tief. Und gerne.
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lamedia
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 19:38

Hi, um mich mal kurz einzumischen: Ich glaube, es gibt eine Summe an Geld und Besitz, die "sinnlos" ist. Wenn jeder jeden Monat so viel Geld zur Verfügung hätte, dass er Wohnung, Versicherung, Lebensmittel, Kinder, Gesundheit, (begrenzte) Mobilität und Freizeit bezahlen kann (ohne zu hungern, aber ohne sinnlos zu konsumieren), dann überschreitet das meiner Meinung nach eine bestimmte Grundsumme garantiert nicht. Über deren Höhe kann man streiten. Aber alles was darüber liegt, ist wohl Luxus. Ich wüßte nicht, was ich mit 5000 Euro im Monat anfangen soll. Mir steht der Sinn nicht nach Eigenheim, Luxusgütern, Weltreisen. Mir wäre lieber, wenn ich mit 1500 aber dafür lebenslang (also auch in Rente) sicher sein könnte, nicht verhungern und nicht auf der Strasse leben zu müssen und am gesellschaftlichen Leben ohne materielle Scham teilhaben zu können. Die Idee der solidarischen Umverteilung liegt sooooo nahe und hätte so viele Vorteile.
Das einzige ist, dass die Idee des Grundeinkommens schwer nur national durchzusetzen wäre. Es müßte weltweit eingeführt werden. Es ist genug für alle da. Die wenigen Menschen, die Milliarden horten, wissen doch gar nicht, was sie mit ihrem (eigentlich nur noch symbolischen) Geldwerten anfangen sollen.

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Passat
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 20:20

Ratlosigkeit hat geschrieben:Was bitte ist eine Zeitgeist-Maschine?
Ein super-luxuriöses Hamsterrädchen - vergoldet und sogar doppelversichert ... sowas in der Art.
lamedia hat geschrieben:Das einzige ist, dass die Idee des Grundeinkommens schwer nur national durchzusetzen wäre. Es müßte weltweit eingeführt werden.
Dieses Problem verwehrt die Umsetzung der Idee der solidaren Umverteilung wohl auf viele, viele Generationen. Die wird es so wohl niemals geben.
Und selbst wenn alles einmal zusammenbrechen würde, ist doch anzunehmen, dass die Überlebenen wieder genauso anfangen und sich bis zu unserem jetzigen Stand mausern werden. Kapitalistische, totalitäre Demokratien scheinen für unsere Spezies erstrebenswert zu sein. Aber wie sollen acht Millarden Menschen auch sonst kontrolliert werden?
lamedia hat geschrieben:Die wenigen Menschen, die Milliarden horten, wissen doch gar nicht, was sie mit ihrem (eigentlich nur noch symbolischen) Geldwerten anfangen sollen.
Und trotzdem wollen sie noch mehr haben.
Fragt sich, ob Menschen so sind, oder ob abartige Gesellschaften solch abartige Menschen hervorbringt.
Es gibt immer noch Gesellschaften (vom globalen System weitestgehend noch unberührte "Ursprungsgesellschaften"), da hat der eine genauso viel wie der andere und nie mehr als er braucht.
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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Blaubaum
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Beitrag Sa., 17.03.2012, 20:22

Ratlosigkeit hat geschrieben:Was meinst Du mit "weniger materiellen Wohlstand"? Wie definierst Du Wohlstand?
vielleicht könnte es man mit der atmung vergleichen: um richtig einatmen zu können, muss man erst mal richtig ausatmen. man muss also erstmal mit weniger auskommen können, um von dort aus wirkliche werte für sich und andere schaffen zu können. nach oben gibt es da keine grenze. den unterschied zwischen materiellem und geistig-seelischem wohlstand muss Dir sicher niemand erklären, aber vielleicht könnte man sich der erkenntnis annähern, dass materieller wohlstand ohne geistig-seelischen wohlstand nicht viel wert ist. man isst und trinkt, und man sieht fern und fliegt nach malle, aber man vegetiert. und weil die angst immer dabei ist, braucht man viele viele trostpflaster. und die arbeit, die man macht, ist schon entweder selbst ein trostpflaster für andere (wenn es gut läuft), oder man hilft lediglich anderen beim abzocken. und wenn man dann nach erfolgreich abgeschlossener umschulung zum callcenter-telefonisten dem arbeitsamt mitteilt, dass man nun ab sofort einen job in einer branche hat, deren einziges ziel es ist, andere naive mitbürger psychologisch geschickt abzuwimmeln, abzuziehen und am ende auch noch um ihre ersparnisse zu bringen, wünscht das arbeitsamt für den weiteren lebensweg alles gute. von werte schaffen keine spur...
...aber deine obige Aussage evoziert bei mir folgendes Bild: Alle sitzen nebeneinander und denken darüber nach, wie sie ihr eigenes Leben toll gestalten - es gibt keine Kommunikation, keinen Gemeinschaftssinn, keine gesellschaftlichen Ziele mehr...
ich denke, es ist genau umgekehrt: heute gibt es immer weniger unbelastete, authentische, fröhliche oder liebevolle kommunikation, immer weniger gemeinsinn, immer weniger kollektive ziele. und warum? weil sich DAS trotz allem wohlstand niemand leisten kann oder leisten zu können glaubt. luxus, einmal andersrum verstanden...
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

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Marisol
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Beiträge: 28

Beitrag Sa., 17.03.2012, 20:25

Passat hat geschrieben:da hat der eine genauso viel wie der andere und nie mehr als er braucht.
Aber unterschiedliche Menschen b r a u c h e n unterschiedliches .

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