Montana hat geschrieben: Do., 18.03.2021, 21:50
Mir scheint, hier liegt tatsächlich ein ganz gravierendes Missverständnis vor. So eine Panikattacke steigert sich nicht nur extrem schnell, sie hört auch nicht wieder auf, nur weil man reingeht.
Nein, das ist mir auch klar, und das habe ich auch nicht behauptet.
Ich kenne selbst traumabedingte Panik. Ich habe selbst auch sehr viel ausprobiert, um diese Panik "in den Griff zu bekommen". Und ich bin die letzte, die sagen würde, man muss nur genug in die Exposition und Konfrontation gehen und dann läufts schon.
Es gibt Ansätze, die versuchen, Traumata vom Körper und vom autonomen Nervensystem her zu verstehen und aufzulösen (Somatic Experiencing zB oder NARM). Und da geht es nicht um sture Exposition und "Friß oder Stirb" und die Idee, dass dann alles weg sein müsste, wenn man sich nur genug konfrontiert. Sondern darum, sich selbst - trotz aller Angst die da verständlicherweise vorhanden ist - zu sensibilisieren für die eigenen (auch körperlichen) Reaktionen, die in solchen Momenten ablaufen. Kurz gefasst, da geht es nicht darum, sich gegen die Panikwelle zu stemmen oder einen möglichst dichten Staudamm gegen die Panik zu bauen (der am Ende wahrscheinlich der Panik doch nicht standhalten wird), sondern - bildlich gesprochen - Wellenreiten zu lernen, damit man in der Welle nicht absäuft. Das mag sich erstmal absurd anhören, und mag sich auch erstmal absolut "falsch" anfühlen (weil das gelernte und "eingeübte" Verhalten ja Erstarrung etc. ist), und auch da hat man erstmal ganz viel mit der eigenen Angst und Panik (und der Angst vor der Angst) zu tun. Aber mal ganz ehrlich: Die traumabedingte Panik selbst wird wahrscheinlich nie komplett verschwinden aus meinem Leben. Was sich ändern kann: Ist mein Umgang damit.
In diesen Ansätzen oben ist ganz oft vom "Pendeln" die Rede.
Reingehen und wieder rausgehen. Und dieses "wieder rausgehen" ist eine Fähigkeit, die aufgebaut und gestärkt werden soll. Und dann ist es auch, ganz langsam allmählich, nicht mehr die Mega-Katastrophe wenn Panikgefühle auftauchen. Das misst sich anfangs in Nanometern. Die Panikgefühle sind immer noch blöd und fies, aber ich bin meiner Panik nicht mehr hilflos ausgeliefert und etwas fängt an sich zu verändern. In mir und in meinem Umgang mit mir und der Panik. Dafür muss man aber auch mit den Problemen in Kontakt kommen, egal wie minimal das ist. Denn ohne diesen Kontakt wird sich nichts verändern.
Ob dieser Therapeut nach solchen oder ähnlichen Ansätzen arbeitet, weiß ich natürlich nicht.
Was ich bei dir immer wieder raushöre, Salina: Du leidest, sehr lange schon. Und du willst die Panik weghaben. Das ist ein Weg und ein Prozess, und das wird nicht auf Knopfdruck passieren. Irgendwann musst du anfangen, diesen Weg zu gehen, und ja, das ist ätzend und tut weh und man fragt sich auch immer wieder, ob sich das lohnen mag. Und keiner kann dir versprechen, dass es am Ende "erfolgreich" sein wird. Und, ich sag dir ganz ehrlich, manchmal ist meine eigene Motivation für den nächsten Schritt ganz einfach die Tatsache, dass es so wie es ist nicht bleiben kann. Nicht unbedingt, weil ich dran glaube, dass dieser oder jener Schritt mich weiterbringt. Und manchmal kann man erst nach längerer Zeit und in der Rückschau sehen, dass genau dieser oder jener Schritt etwas verändert hat, auch wenn man das zu dem Zeitpunkt (noch) nicht sehen konnte.
Ich würde dir wünschen, dass du ganz offen und in Ruhe mit diesem Therapeuten zusammen schauen kannst, ob eine Zusammenarbeit möglich ist und wie die aussehen könnte. Dass du es selbst merkst, wenn es mit dem Therapeuten gar nicht geht, daran habe ich keinen Zweifel. Ich sehe aber die Gefahr, dass du dich ganz schnell in eine Ich-gegen-den-Therapeuten-Haltung begibst (die sicherlich auch trauma-bedingt ist - und das ist auch kein Vorwurf!), die dann alles andere was vielleicht möglich wäre, blockiert. Und das wäre schade. Von daher wäre mein Rat: Versuche, diese Probestunden mit dem Therapeuten für dich zu nutzen. Finde heraus, wie er arbeitet und lass dir seine Ansätze erklären. Frage ihn, wie er meint, dass er dir helfen kann. Wenn dir Dinge nicht einleuchten, sprich es an. Oder sag ihm, dass du im Hinblick auf dieses oder jenes skeptisch bist. Und lass es dir nochmal erklären. Und: Vielleicht ist es möglich, den Therapeuten zwischendurch als einen Verbündeten zu sehen auf dieser Reise?
Alles Gute!