Unbegrenzte Verhaltenstherapie ?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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peponi
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 13:01

als Psychotherapeut müsste er doch eigentlich einen Anspruch auf Notbetreuung haben. Und wenn das Kind krank war, hätte er ihn erst recht nicht in die Praxis mitnehmen dürfen. Mich hätte das auch sehr irritiert.

Mach dich auf jeden Fall nicht so fertig dafür, Mimmy.
Ich kenn das auch und hab manchmal das Gefühl, je wichtiger ein Thema ist, desto größer wird der Fokus auf Nebensächlichkeiten, wie der Teppich. ;) Das ist sicher auch für den Therapeuten nichts Neues, was er noch nie erlebt hat. Wenn du merkst, dass du dir weiterhin selbst im Wege stehst damit, schreib es auf. Muss ja nicht per Mail sein, du kannst es ihm ja auch einfach zu Beginn der nächsten Stunde geben.
silence like a cancer grows.

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Montana
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 13:33

Notbetreuung gibt es auch nicht immer. Wir hatten hier auch zwischendurch ganz zu, wegen zu wenig Erzieherinnen. Eine plötzlich weg wegen Schwangerschaft und eine krank (kein Corona). Nix darf mehr flexibel gehandhabt werden, keine Mitarbeiter in einer anderen Gruppe aushelfen.
Nur die Eltern, die sollen maximal flexibel sein.

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lisbeth
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 15:16

Mimmy hat geschrieben: Fr., 23.04.2021, 11:36 Er hat sich nichts anmerken lassen und ist darauf eingestiegen, aber ich dachte dann selbst, dass das jetzt nicht mein Ernst sein kann, dass ich jetzt hier sitze und über einen blöden Teppich rede, statt über das, was mich wirklich beschäftigt.
Und wie wäre es, wenn du versuchst, genau das mal laut auszusprechen: "das kann doch jetzt nicht mein Ernst sein, dass ich mich mit Ihnen über den doofen Teppich spreche, anstatt..." Mir haben solche Zwischenschritte geholfen, mich dem "eigentlichen" Thema anzunähern. Und dann redest du immerhin schon über dich und wie du dich gerade fühlst statt über den blöden Teppich ;-)

Und ja, Therapiezeit ist kostbar. Aber man sollte die Funktion von "Smalltalk" auch nicht unterschätzen, von daher würde ich auch sagen, sei da nicht so streng mit dir. Ich wechsele mit meiner Therapeutin beim Ankommen/Reinkommen auch ganz oft ein paar Sätze über irgendwelche (scheinbar) unwichtigen Dinge. Bis hin zum Wetter :anonym:. Das schafft aber auch Verbindung und Anknüpfungspunkte. Wenn wir beide kurz über das Wetter geschimpft haben oder uns über die Heuschnupfensaison ausgetauscht haben, dann ist da für mich auch "mehr spürbare Verbindung" im Raum. Wichtig ist halt, dass das begrenzt bleibt auf ein paar Minuten und sich nicht durch die ganze Stunde zieht, also der Schwenk vom Smalltalk zu den eigentlichen Themen. Und wenn der Schwenk nicht klappen will, dann kann man das ja auch ansprechen (s.o.)

Zu dem Kind in der Praxis: Ich kann verstehen, dass dich das aus dem Konzept gebracht hat. Würde mir auch so gehen. Vor allem wenn es keine Vorwarnung gab und das Kind dann in deine Stunde reinplatzt. Meine Therapeutin hatte auch schon öfters eines ihrer Kinder mit in der Praxis, vor allem wenn eins krank war (vor Corona). Das hat sie mir aber immer gleich beim Reinkommen gesagt und das Kind war im anderen Raum und die Türe war zu, wir haben uns auch nie gesehen. Dass sie es mir gesagt hat war vor allem, dass ich weiß, dass da noch eine Person in der Praxis ist, auch wenn wir uns nicht sehen, damit es nicht komisch ist, wenn auf einmal aus der Küche Geräusche kommen oder jemand die Toilette benutzt... Dass es mal Engpässe bei der Kinderbetreuung gibt kann vorkommen. Aber trotzdem ist es dann in der Verantwortung des Therapeuten das so zu organisieren, dass deine Stunde davon möglichst nicht berührt wird. Und wenn das Kind sich noch nicht für 50 Min. alleine still beschäftigen kann, oder so krank ist, dass es ständig Betreuung braucht, dann geht das halt nicht. Ist natürlich blöd, wenn er deswegen absagen muss, aber so hast du ja auch nicht wirklich was von deiner Stunde.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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chrysokoll
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 15:37

Montana hat geschrieben: Fr., 23.04.2021, 12:47 Wo hätte das Kind denn hin gesollt? Ich finde das völlig ok und menschlich, auch wenn es in dem Moment natürlich nicht gerade günstig war. Alternativ hätte der Therapeut kurzfristig absagen können, aber wäre das wirklich besser gewesen?
Ich weiß noch, dass ich als Kind im Grundschulalter immerzu und ständig bei meinem Vater auf der Arbeit war.
wo das Kind hin soll ist ja nun nicht das Problem des Patienten.

Und Montana, war dein Vater Psychotherapeut?
Es gibt Berufsgruppen da ist es natürlich unproblematisch wenn MAL das Kind mitkommt
Wenn das Kind irgendwo mit im Büro sitzt z.B.
Aber die Situation in einer Einzeltherapie ist schon besonders und es ist alles andere als gut und ideal wenn das Kind da mal durchschaut.

Das sollte zumindest nicht überraschend passieren, sondern vorher geklärt werden.

Mich würde sowas auch total irritieren

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Hasenmaus123
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 15:49

Ich finde, hier wurden unterschiedliche Meinungen zum Sohn kundgetan, alle kann ich mehr oder weniger nachvollziehen.

Wäre ich die TE und der Sohn würde ohne Ankündigung durch die Tür schauen, hätte ich auch nichts mehr sagen können. Nachdem ich in der Vergangenheit auch gerne das Kind meiner Thera gewesen wäre, wäre ich in den kommenden Tagen an meinen Abgründen. Therapeut ist halt mehr als ein Bürojob. Für mich wäre eine Terminabsage besser gewesen.

Blöd für die TE ist, dass sie anscheinend zum ersten Mal Tränen zeigt und dann schaut das Kind ums Eck...

Grundsätzlich alles nicht schlimm für jemanden ohne unsere Geschichten... Für jemanden wie mich eine Katastrophe

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Montana
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 16:02

Für mich wäre eine Terminabsage eine Katastrophe. Vor allem dann, wenn sie kurz vorher erfolgt. Das hatte ich eine Weile regelmäßig, brauch ich echt nicht.
Meine Geschichte ist auch nicht ohne, glaub mir. Der Umgang von Eltern mit ihren Kindern, vor allem von Müttern, war für mich lange überhaupt nicht zu ertragen. Kinder an sich waren kein Problem. Aber Umarmungen. Oder wenn das Kind Mama gesagt hat.
Ich habe das nicht etwa erfolgreich in einer Therapie bearbeitet, sondern es hat sich etwas in meinem Kopf "verschoben". Pragmatismus geht aktuell vor, weil zwingend notwendig. Auf den Rest hab ich Geröll geschüttet, tonnenweise.

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peponi
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 16:49

Ich denke, so pauschal lässt sich das gar nicht bewerten.
Gerade für berufstätige Eltern ist das momentan eine wirklich harte Situation und ich bin niemand, der grundsätzlich sagt, dass Kinder nicht mit zur Arbeit dürfen. Aber es kommt eben sehr auf den Job drauf an. Und ein psychotherapeutisches Setting ist ein sehr intimes, in dem kleinste Störungen von außen massive Irritationen auslösen können. Und wenn dann noch starke Übertragungsgefühle dazu kommen, ist gerade das Kind des Therapeuten für viele PatientInnen sicherlich schwierig zu ertragen.

So wie lisbeth es von ihrer Therapeutin geschildert hat, die sie von Anfang an darauf hingewiesen hat, finde ich es im Notfall noch okay - da weiß man, was los ist, und kann immer noch sagen, dass einem das zu viel ist und man in dem Fall lieber auf die Stunde verzichtet. Aber das muss vorher kommuniziert werden.

Ansonsten läuft es so ab wie hier beschrieben. Eine Patientin weint zum ersten Mal in der Sitzung, das Kind schaut rein, sie weiß nicht Bescheid, und das wirft sie völlig aus der Bahn. Das finde ich nicht in Ordnung. Wenn man es ganz streng sieht, könnte man das schon fast als eine Abstinenzverletzung begreifen - die Organisation der Kinderbetreuung ist die Privatsache des Therapeuten und indem er das Kind in die Praxis mitnimmt und es dann auch noch hereinschaut, macht er sein Problem zum Problem der Patientin. Aber es ist ihre Stunde eines nicht unendlichen Kontingents, die sie so nicht so für sich nutzen konnte wie sie es ohne diesen kurzen Zwischenfall vielleicht hätte tun können.
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Montana
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 17:43

Es ist eben eine schwierige Abwägung. Vorwarnen kann auch nach hinten losgehen. Da achtet man vielleicht die ganze Stunde darauf, ob man vom Kind etwas hört oder sieht. Während die Stunde völlig ungestört hätte ablaufen können, in dem idealen Fall, dass das Kind sich völlig ruhig verhält.

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Montana
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 17:46

Ich kann mir übrigens vorstellen, dass es ziemlich uncool ist, einen Psychotherapeuten als Vater zu haben.

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Mimmy
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 18:30

Danke für Eure Antworten !
Ich war jetzt nicht verärgert, weil er seinen Sohn dabei hatte und ich kann auch verstehen, dass es gerade eine Ausnahmesituation ist, aber es hat mich einfach total rausgebracht.
Ich muss aber zugeben, dass ich schon auch neugierig war. Als ich nach der Stunde zur Tür gelaufen bin, habe ich ihn nochmal kurz gesehen, er stand im Nebenraum und die Türe war offen. Ich habe ihn dann kurz angeschaut und schon überlegt, ob ich ihm auch Tschüss sagen soll, habe mich aber nicht so richtig getraut, weil ich nicht wusste, ob der Therapeut das so toll findet, wenn sein Sohn von den Patienten angesprochen wird.
Und irgendwie hatte ich auch gar nicht die Nerven dazu, ich wollte nur schnell zum Auto. Nach der Stunde flüchte ich immer förmlich vor dem Therapeuten und der Praxis.
Ich glaube, mir wäre es tatsächlich lieber gewesen, er hätte von Anfang an gesagt, dass er heute seinen Sohn dabei hat. Ich habe vorher schon Geräusche gehört, da er aber dazu nichts gesagt hat, habe ich mich auch nicht getraut, etwas dazu zu sagen. Ich habe schon an mir gezweifelt und gedacht, dass nur ich das hören kann und jetzt völlig durchdrehen. Und als ich den Jungen dann gesehen habe, bin ich total erschrocken. Ich konnte dem Therapeuten danach auch nicht mehr so richtig zuhören.


kaja
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 19:07

Ich hätte da vermutlich Bedenken, dass der Therapeut mit der Aufmerksamkeit bei seinem Kind ist und nicht bei der Arbeit.

Wenn er alt genug gewesen wäre, hätte er ja nicht mit zur Arbeit des Vaters gemusst.
After all this time ? Always.

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Thread-EröffnerIn
Mimmy
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 19:27

@ Hasenmaus und Chrysokoll
Ich weiß nicht, ob er es in Ordnung findet, wenn ich ihm schreibe. Es gab schon mal eine Zeit während der Therapie, da durfte ich mich melden, aber ich glaube, diese Zeit ist vorbei. Ich habe auch Angst, dass ich ihm auf die Nerven gehe oder Grenzen verletzte.


Bilderbuch
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 19:31

Es ist egal was er denkt. Wenn du schreiben willst, dann mach das doch. Er wird Dir dann sagen wie er das fand.

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chrysokoll
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 20:18

Mimmy, hat der Therapeut denn diese Zeit in der du schreiben durftest explizit beendet?
Und wenn ja wie und warum?
Du nimmst da Dinge vorweg, das kenne ich zu gut von mir.

Wenn es sich für dich richtig anfühlt und jetzt wichtig ist dann schreib ihm.
Es geht ja auch um ein sehr wichtiges Thema, finde ich.

Und es gibt viele Abstufungen zwischen einmal schreiben und den Therapeuten mit zig Mails behelligen.

Er wird dir schon sagen wenn das nicht gut ist.
Und ein auch nur etwas guter Therapeut sagt nicht deutlich er ist genervt.
Und wo sollst du mit einem einzigen Brief oder einer Mail an die Praxisadresse mit dieser wichtigen Frage denn Grenzen verletzen?

Glaub mir, es lohnt sich auch in einer Therapie so ein kleines Stück über die eigenen (!) Grenzen zu gehen, sowas mal zu üben und auszuprobieren

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Thread-EröffnerIn
Mimmy
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Beitrag Fr., 23.04.2021, 21:17

Nein, er hat es nicht explizit beendet, aber es war für mich irgendwie klar, dass ich ihm nicht mehr schreibe, wenn ich mich nicht in einer absoluten Notsituation befinde.
Damals war es so,dass er wollte, dass ich mich bei ihm melde. Wir hatten z.T. feste Zeiten ausgemacht, in denen ich schreiben oder anrufen sollte, oder er angerufen hat. Das hat gut geklappt und als er gemerkt hat, dass er sich auf mich verlassen konnte, war es nur noch, dass ich mich melden sollte, wenn etwas war.
Das habe ich dann nicht mehr gemacht, weil ich mich mit der Zeit auch stabiler gefühlt habe.
Jetzt haben wir bzgl dieser Situation, weshalb der Kontakt außerhalb der Stunden entstanden ist, eine feste Abmachung an die ich mich auch halte. Er fragt aber in jeder Stunde danach und wie es mir damit geht, etc

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