Austausch mit chronisch Suizidalen

Leiden Sie unter Depressionen, wiederkehrenden depressiven Phasen oder anderen Stimmungsschwankungen, ermöglicht dieser Forumsbereich den Austausch Ihrer Fragen, Tips und Erfahrungen.

Thread-EröffnerIn
Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2235

Beitrag Fr., 05.02.2016, 03:29

SoundOfSilence hat geschrieben:Widow, du kannst dir wünschen was du magst, auch laut, aber du brauchst doch echt nicht über jeden Beitrag der nicht deinem persönlichen Bedürfnis nach Austausch nachkommt direkt den Stab der Diagnose zu brechen, die da heißt "nicht chronisch suizidal "....

Man könnte ja am Ende zum Schluss kommen, es sei erstrebenswert, suizidal zu sein, jedenfalls chronisch.
Und das noch: SoS, warum misst Du mit zweierlei Maß? Die DIS-User hier und den ihnen vorbehaltenen Thread hast Du so vehement verteidigt.
Chronisch Suizidale hingegen dürfen Deiner Ansicht nach offenbar keinen eigenen Thread haben.

Und wenn sie darauf bestehen, dann knüppelst Du ihnen auch noch zwischen die Beine, dass sie ihr Leid, wenn sie darüber miteinander reden wollen, "erstrebenswert" machen würden.
Das ist entweder unüberlegt oder heimtückisch.

Wenn ich mir ansehe, was chronisch Suizidale sich hier gerade in den letzten vollkommen OFF TOPIC-postings wieder an Verhöhnung bieten lassen mussten, hätte ich noch ein drittes Adjektiv dafür. Dafür gibt's aber definitiv kein Austria-Etikett mehr.

Edit: Vielleicht habt Ihr nicht Betroffenen es nicht gemerkt. Die, die hier als Betroffene geschrieben haben, sind eher still. Leise. Unaufdringlich. Keiner außer mir (ich bin TE) würde darauf beharren, sagen zu dürfen, wofür hier Raum sein soll, alle würden beiseite treten, nach hinten gehen - denn: Wer sind wir schon, worauf haben wir noch ein Recht, was sollten wir uns schon noch herausnehmen dürfen, wir chronisch Suizidalen ...?
"Nichts!"
Mit dieser Antwort leben wir.
Und sind still und leise und unaufdringlich und treten beiseite, machen Platz.
Hier sollte ein Platz für uns sein.
Zuletzt geändert von Widow am Fr., 05.02.2016, 03:56, insgesamt 1-mal geändert.

Werbung


Thread-EröffnerIn
Widow
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 2235

Beitrag Fr., 05.02.2016, 03:37

So, und da einer vom Team mich hier eh auf dem Kieker hat, man meine "Verwarnungen" nicht mehr aufhebt (obgleich die Zeit für einige rum ist) und mir kürzlich angekündigt wurde, dass ich bei missliebigem Verhalten mal wieder gesperrt werde, verabschiede ich mich nun schon mal vorsorglich.

Mich würde es freuen, wenn dieser Thread bei Bedarf da wäre. - Für die, für die er gedacht ist.

Benutzeravatar

SoundOfSilence
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 37
Beiträge: 592

Beitrag Fr., 05.02.2016, 06:54

Widow, ich finde den Thread gut, und auch, dass er für die chron. suizidalen Mensch gedacht ist. Da zähle ich mich zu. Trotzdem dir nicht alle meine Postings gefallen. Trotzdem ich Suizid nicht erstrebenswert finde. Trotzdem ich ihn als Sünde bezeichne. Als Beschädigung meiner selbst. Und obwohl ich hoffe, mich nicht bald umzubringen, denke ich doch immer wieder daran.
Ich bin immer wieder suizidal, also akut, und habe vor langer Zeit entschieden, Suizid als Option (für mich als Ausweg, als Möglichkeit des Scheitern dürfens) zu sehen. Als solche ist er für mich alltäglicher Begleiter. Da fühle ich mich von deinem Thread angesprochen. Deshalb schreibe ich hier.
Wogegen ich mich wehre ist deine "Ferndiagnostizierung".
Ich verstehe auch nicht, warum du das nötig hast?

Was die Annahme angeht, das jeder Gedanke an "Reinheit " oder "Sünde " gleich esoterisch oder implizit - wahnhaft sein müsste: es gibt in jeder menschlichen Kultur einen Begriff von "mit sich selbst in Reinen sein " und "moralisches Verbrechen ", also Begriffe von Reinheit oder Sünde, das ist nichts esoterisches, es ist etwas geistig-menschliches. Etwas philosophisches. Und auch diese Dimension wird doch von Selbstmordgedanken berührt. Fragtest du selber nicht nach der "Sünde "?

Was deine persönliche Aufgabe angeht: ja, genau das ist doch eine Form von "mit sich selbst rein werden " und die doppelte Buchführung ist Selbsterkenntnis...... Ich sehe da den Widerspruch nicht. Im Gegenteil.

Da das hier kein Blog ist, werde ich die weiße Fahne selbstredend ignorieren. Nicht, weil ich den Thread kaputt machen will (das habe ich ja oft genug auch gezeigt hier), sondern weil ich mich von dir nicht ausgrenzen lassen mag.

Du brauchst doch weder dich noch den Thread durch mich angegriffen sehen - wir machen doch genau das, worum es geht: wir tauschen uns aus, von einer chron. Suizidalen zur anderen. Und ich erkenne, wie viel Individualität doch darin, also im Ende des Selbst-Seins durch eigene Hand, liegt. So unterschiedlich wie wir hier (alle) sind...... Schade, dass du nun partout mit mir in kein "wir" passen willst. DAS akzeptiere ich natürlich.
Hello darkness, my old friend...

Benutzeravatar

saffiatou
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 3624

Beitrag Fr., 05.02.2016, 12:44

Liebe Widow,

ich kann Deine Wut hier gut verstehen, die Wut, wenn der Thread zerredet wird, weil hier endlich eine
Möglichkeit ist/war sich auszutauschen, offen und daß ohne gleich gedroht wird das zu melden.

Mir ist der Austausch wichtig, weil der einzige, jedenfalls über dieses Thema.

SOS, sicher kann man offen diskutieren, in jede Richtung, nur das lenkt vom Thema ab und
ich habe manchmal wirklich das Gefühl, es soll ablenken, weil dann auf diese Weise das
böse Thema vernebelt ist und vergessen wird, sondern sich in religiösen und welchen Pfaden
auch immer, wiederfindet. Das ist auch ein Grund warum ich auf keine der anderen ablenkenden
(häufig interessanten) Einwürfe nicht eingehe, wenn ich das zulasse, helfe ich dabei, daß der Threa
irgendwie seine Pfade verläßt und das Thema dann nicht mehr wichtig, aber mir ist es wichtig!.
Wie Widow schrieb, dazu kann doch ein anderer Thread eröffnet werden und da bin ich ganz ihrer
Meinung, denn da könnte ich mir vorstellen auch an der Diskussion über Religio und Sünde teil-
zunehmen.

Grüße
Saffia
Zuletzt geändert von saffiatou am Fr., 05.02.2016, 12:51, insgesamt 1-mal geändert.
never know better than the natives. Kofi Annan

Werbung

Benutzeravatar

Candykills
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 31
Beiträge: 5106

Beitrag Fr., 05.02.2016, 12:48

Also ich persönlich glaube an Gott und hatte nicht den Eindruck, dass SOS vom eigentlichen Thema abgelenkt hat. Auch sowas gehört zu einem Austausch dazu. Das liegt aber vermutlich einfach daran, dass ich mich angesprochen gefühlt habe und ich mir teilweise ähnliche Fragen auch schon gestellt habe in Bezug auf meine Suizidalität.
Mir fällt es inzwischen schwer zu begreifen, was hier angesprochen werden darf und was zu weit vom Thema ablenken könnte, weswegen ich mich inzwischen aus dem Thread weitestgehend zurückgezogen habe.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

Benutzeravatar

saffiatou
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 3624

Beitrag Fr., 05.02.2016, 12:53

Ich denke schon, daß es dann vollkommen auf die Religion hinauslaufen wird und wir
uns in Thesen verstricken.

Suizidalität hat, denke ich nicht mit Glauben zu tun, Menschen aller Glaubensrichtungen
suizidieren sich, auch welche, die einen festen haben....
never know better than the natives. Kofi Annan

Benutzeravatar

saffiatou
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 3624

Beitrag Fr., 05.02.2016, 13:10

Hallo Widow,
Widow hat geschrieben:Ja. Das geht mir ähnlich. Bei mir "zu Hause", also in meiner Herkunftsfamilie, war Wut ein Zischen, ein ganz brandgefährliches leises Zischen. Nie, fast nie, wurde Wut laut, äußerte sich also nie, fast nie. Bis heute habe ich ein ähnlich gestörtes Verhältnis zu ihr wie Du, liebe Saffia:
das ist eine so treffende Bescheibung: "ein gestörtes Verhältnis zu Wut"! Manchmal merke ich wie der Kessel unter
Druck steht und dann? bsiher ritze ich nur, neulich bin ich einfach vor einem Auto auf die STraße gelaufen, der
Fahrer hat viel zu gut reagiert. Meine Freundin, die dabei war, schrieb mir gestern in einer mail, daß sie heute
noch (es ist 2 Wochen her) vor Angst Schweißausbrüche hat. Ich habe nicht nachgedacht, daß sie dabei war,
bin einfach weitergegangen....
Die Wut.... meine ganze Familie ist ständig wütden, jähzornig und es war überlebenswichtig, wenn ich mich
unter Kontrolle habe und auch unsichtbar mache. Ich durfte meine Wut niemals zeigen, daher habe ich alle
Gefühle so weit weggesteckt, daß sie sie in der Therapie lange suchen musste. Nur die Wut auf mich war
immer da und zeigte sich in massiven Essstörungen und SvV. Aber das hat niemand gesehen auch ich nicht.
Widow hat geschrieben:Mich macht auch so unendlich auf mich selbst wütend, zu sehen, dass alle anderen, die ich persönlich kenne, "es geschafft" haben. Trotz aller Scheidungen (genau besehen: wenige!), trotz der kiffenden Kinder (genau besehen: wenige!), trotz der Versetzungsprobleme (ja, davon einige), trotz der immer überlebten Krebse (der Eltern wohlgemerkt; von meinen Freunden und Bekannten hatte keiner selbst einen Krebs und auch kein Partner, immer nur "die Alten", und sogar die haben den bis heute überlebt, sind z.T. über 90). Alle leben. Alle sind mehr glücklich als unglücklich.
Mich macht das unendlich auf mich selbst wütend (weil es mich so unendlich auf diese Scheizzwelt wütend macht und auf meine Erzeuger, die mich in selbige reingewürgt haben, und weil ich es nicht schaffe, diese Scheizze einfach zu verlassen oder mit all dem irgendwie zurecht zu kommen und weil ich mir einbilde, dass alle anderen - wenn die damit zurecht kommen müssten, mit dem ich zurecht kommen soll, was die, die ich persönlich kenne, nicht müssen - das besser könnten).
Aber das, also wütend, darf ich ja nicht sein. Und ich habe auch nie gelernt, wie das eigentlich geht.
Genau das sehe ich auch immer wieder, alle anderen haben ihr Leben im Griff! Wie toll! Meine Mutter hat mir das auch
immer aufs Brot geschmiert, wie toll mein Bruder ist und sie meint gönnerhaft, daß ich ja auch ein wenig
geleistet habe. Mein Vater hält mein Leben für sinnlos, weil ich keine Kinder habe (das was ich wollte, weil ich
damit der Familie entkommen (da war ich 17) wollte (ich weiß nicht der beste Grund!) (sie haben tagelang
auf mich eingeredet damit ich der Ausschabung zustimme) gibt es nicht). Ich war bis zu meinem Zusammenbruch
erfolgreich im Job, sehr sogar, aber auch das wurde nur kleingeredet.

Wenn man von außenhört, daß alles doch sinnlos ist, und sieht, daß alle anderen ihr Leben so toll im Griff haben,
wozu dann noch weitermachen???
Widow hat geschrieben:Mittlerweile bin ich mir ziemlich sicher, dass der ganz begeistert wäre, wenn ich auf andere wütend werden könnte (was aus den erwähnten Gründen scheitert) - nur nicht auf ihn selbst und seine Analyse. (Aber es geht ja weder das eine noch das andere.)
Haben wir den selben ? Meiner wartet auch bei jeder Reaktion auf die Wut, hat mir geraten einen
Punching-Ball in die Wohnung zu stellen, immer wieder fragt er mich, wenn ich etwas erzähle, ob das mich
nicht wütend macht. Nein traurig!

Als Kind war ich immer alleine, meine Freunde, wenn ich denn welche fand, fanden in den Augen meiner
Mutter keine Gnade. So habe ich gelernt alleine klarzukommen, aber manchmal ist dieses immer alleinesein
einer Einsamkeit gewichen, die schmerzt, weil es eben niemand da ist, der bei dem ganzen "bösen" hilft.

Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Fr., 05.02.2016, 13:13

Ich persönlich halte es für einen Fehler zu glauben es gäbe nur den "einen" Typ von "chronischer Suizidalität" der immer auch dem "eigenen Typ" gleicht. Suizidalität (ob nun chronisch oder nicht - was heisst denn überhaupt "chronisch"? Selbst Widow als "bekennende" "chronisch Suizidale" war ja über die Jahre mit ihrem Mann frei davon und dachte nicht daran.) dürfte ebenso individuell sein und betrachtet werden wie alles andere auch.

Da dann alles ausgrenzen zu wollen, was nicht zu "100% ident mit dem Eigenen" ist und es als "Bedrohung" zu interpretieren dürfte eher zu noch weniger Raum dafür führen, nicht zu mehr. Und das beziehe ich auch mal wieder durchaus auf's RL.

Das nicht "drüber sprechen" können dürfte weniger an der Umwelt liegen, die mit solchen Themen ein "grundsätzliches" Problem hat, als an den Betroffenen, die erwarten eine "möglichst passgenaue" Reaktion zu erhalten auf eine möglichst "schonungslose" Selbstoffenbarung.

Nun jeden chronisch suizidalen Menschen der in irgendeiner Form "gläubig" ist und sich darüber selbst hilft als "OT" zu bezeichnen ist einfach nur ausgrenzend und polarisierend, nichts weiter.

Warum kann hier nicht einfach jeder seine eigene Sicht und seinen eigenen Umgang mit und auf das Thema haben ohne dass sich irgendwer davon gleich unverstanden fühlt oder den Eindruck gewinnt sich nun nicht mehr äußern zu "können"?

Da dürfte ein ganz anderes Problem vorliegen neben der eigenen chronischen Suizidalität. Es ist also streng genommen genauso "verwässernd" und Threadthemagefährdend hier nun wieder und wieder darauf abzuzielen, dass "abweichende" Meinungen die "eigene Meinungsäußerung" verunmöglichen. Das ist nämlich schlicht und ergreifend so nicht richtig und schafft damit erst Recht "Nebenschauplätze" die vom Thema ablenken, weil sich mehr auf einzelne Personen/Meinungen konzentriert wird als auf das eigentliche Threadthema.

Benutzeravatar

Krang2
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1691

Beitrag Fr., 05.02.2016, 14:56

Es tut mir leid, ich sehe mich da selbst in einer Mitschuld, daß diese "Esoterikdiskussion" entstanden ist. Wenn woanders eine eröffnet wird, könnt ihr mir gern einen Verweis per PN schicken. Für mich gehört das mit Suizidalität zusammen, es ist eine gewisse Neugier dabei.

@widow,
ich bin nicht sicher, ob du meine anderen bisher geäußerten Gedanken zum Thema nun als hier reinpassend empfindest oder nicht, zumindest scheint es da niemandem so zu gehen wie mir. Falls nicht, bitte um kurze Information, dann entferne ich mich hier, da es ja deine Diskussion ist (ich wußte nicht, daß chronisch Suizidale per Definition still und zurückhaltend sind, davon steht jedenfalls nicht bei Wikipedia).

P.S. Ein Buch, das geht doch Richtung meines Filmes, vielleicht weniger ... explizit

Benutzeravatar

Krang2
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1691

Beitrag Fr., 05.02.2016, 15:10

mio hat geschrieben: Das nicht "drüber sprechen" können dürfte weniger an der Umwelt liegen, die mit solchen Themen ein "grundsätzliches" Problem hat, als an den Betroffenen, die erwarten eine "möglichst passgenaue" Reaktion zu erhalten auf eine möglichst "schonungslose" Selbstoffenbarung.
Was aber an der Umwelt liegt, ist die weitgehende Unmöglichkeit einer ergebnisoffenen Diskussion. Ich kannte Leute, die gerade darunter litten, ihre Selbstmordabsichten vor ihrem sozialen Umfeld geheimhalten zu müssen, weil eine Offenbarung auch zu einer Stigmatisierung und teilweise zu unerwünschter "Hilfe" geführt hätte. Es ist natürlich auch ein rechtliches Problem, denn wenn ich von einem geplanten Selbstmord glaubhaft weiß und nichts dagegen unternehme, mache ich mich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig (zumindest nach deutschem Recht). Für Therapeuten und Amtspersonen ist das noch strenger, denen gegenüber DARF man nicht zu offen sein, und das nervt, weil es echten Austausch und Verständnis behindert. Ging euch das nicht auch schon so, nicht offen sein zu dürfen?


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Fr., 05.02.2016, 16:06

Krang2 hat geschrieben:weil es echten Austausch und Verständnis behindert.
Ich habe mich zu den von Dir angeführten Punkten schon ausführlich geäußert weiter vorn im Thread.

Was den "echten" Austausch angeht:

Nein, ich hatte noch nie in meinem Leben wirklich das Bedürfnis über meine Wünsche/Absichten derart "vollumfänglich" zu sprechen, es sei denn ich wollte darüber was "erreichen" (zB. nicht verlassen zu werden von jemandem) und das lehne ich mittlerweile klar als Motivation für mich ab.

Es reicht mir vollkommen so ich äußern kann dass es mir nicht gut (um nicht zu sagen: Sehr schlecht) geht in solchen Momenten und über meine "innere Befindlichkeit" als Lebende zu sprechen. Der Tod bzw. mein konkreter (!) Todeswunsch muss für mich in solchen Gesprächen nicht explizit vorkommen, da ich solche Äußerungen als wenig "hilfreich" für mich empfinde. Im Zweifel verunmöglicht mein Gegenüber mir nur den Plan, was ich gut nachvollziehen könnte, aber im Grunde dann gegen "meins" wäre, warum also derart konkret werden?

Der andere wird seltenst bereit sein mich in den Tod zu begleiten (so ich da nicht wirklich gute Gründe wie zB. eine unheilbare Krankheit dafür habe) und das kann ich nachvollziehen. Er kann mich nur im/beim Leben begleiten und für mich da sein, alles andere fände ich meinen Freunden und Angehörigen und auch meiner Therapeutin gegenüber nicht fair.
Wenn ich freiwillig sterben will, dann ist das meine Angelegenheit. Da muss ich andere nicht damit belasten um mich "verstanden" zu fühlen. "Mein" Tod braucht keine Legitimation von außen. Ebensowenig wie mein Leben eine solche braucht.

Offen darf ich ja schon sein, das "verbietet" mir ja keiner. Ich muss dann nur eben akzeptieren, dass das so ich zu "offen" bin sehr wahrscheinlich (für mich verständliche) Konsequenzen nach sich ziehen wird.

Benutzeravatar

Kathlea
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 27
Beiträge: 49

Beitrag Fr., 05.02.2016, 16:22

Krang2, mehrmals stand aufgrund meiner Äußerungen (zu Psychotherapeuten oder Psychologen) eine Zwangseinweisung in der Luft. Dabei habe ich nie eine konkrete Absicht geäußert, ich wollte einfach nur über meine Gedanken sprechen. Auf die Gedanken wird aber inhaltlich nie eingegangen, sie werden sofort abgeblockt mit den Worten "solche Gedanken dürfen sie nicht haben; solche Gedanken bringen sie nur in die Klinik etc". Dieses sofortige Abblocken macht mich traurig, da ich aufgrund dessen nicht gegen sie angehen oder lernen kann mit ihnen umzugehen oder sie zu mindern, stattdessen muss ich sie für mich behalten und steiger mich da unweigerlich weiter rein. Ich finde es schade, dass so ein "hochbrisantes" Thema sich nicht getraut werden darf in einer Therapie angesprochen zu werden und wenn doch direkt mit Zwangsmaßnahmen, welche weitreichende Folgen nach sich ziehen, gedroht wird.

Benutzeravatar

Nico
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 62
Beiträge: 12168

Beitrag Fr., 05.02.2016, 16:42

Ich überlege mir da gerade folgendes Szenario:
Jemand spricht in der Therapie oft und ausführlich mit seinem Thera über seine Suizidgedanken bzw. -absichten und eines Tages versucht er es in die Tat umzusetzen.
Es geht schief und danach sagt er " hab eh dauernd in der Therapie darüber geredet aber der Thera konnte mir auch nicht helfen.

Oder es gelingt und die Hinterbliebenen machen dann dem Thera die Hölle heiß ......


Szenario 2: Bei der Krebserkrankung meines Vaters machte ich die Erfahrung, dass bis zum Schluss kein Arzt die Eier hatte ihm zu sagen wie es wirklich um ihn steht. Und das obwohl wir alle es ja eh selbst schon gesehen haben.
Es wurde um das Thema Sterben ein weiter Bogen gemacht.
Vielleicht ist es bei Theras einfach auch Usus um dieses Thema einen Bogen zu machen um sich die eigene Hilflosigkeit im Falle eines Suizids des Patienten nicht eingestehen zu müssen ?
Zuletzt geändert von Nico am Fr., 05.02.2016, 16:55, insgesamt 1-mal geändert.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)


mio
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 9268

Beitrag Fr., 05.02.2016, 16:54

Nico hat geschrieben:Vielleicht ist es bei Theras einfach auch Usus um dieses Thema einen Bogen zu machen um sich die eigene Hilflosigkeit im Falle eines Suizids des Patienten nicht eingestehen zu müssen ?
Ich kann das so nicht bestätigen. Zum Einen habe ich mit meiner Thera über das Thema sprechen können - ich bin allerdings auch nicht wirklich "akut" suizidal gewesen zu dem Zeitpunkt sondern es haben sich einfach "suizidale innere Anteile" sehr stark "zu Wort" gemeldet was für mich sehr anstrengend zu "beherrschen" war und zu einem "Redebedarf" geführt hat, zum Anderen ist die Rechtslage klar: Ein Therapeut hat das Leben des Patienten zu schützen. Dh. ein Therapeut begibt sich auf einen ziemlich glatten Boden bei dem Thema der ihn im Zweifel beruflich zu Fall bringen kann.

Einem sehr wahrscheinlich todkranken Patienten nicht die Wahrheit zu sagen finde ich indes unverantwortlich.

Die "Vorbehalte" in Bezug auf die "Wahrheit" hierbei kenne ich allerdings leider auch. Ich hatte mit Anfang zwanzig mal eine "Verdachtsdiagnose" auf eine sehr ernsthafte Krebserkrankung, das hat mir damals auch keiner mitgeteilt. Ich selbst habe es geahnt, denn dass es plötzlich wohl "sehr ernst" genommen wurde, das war ja spür- und am Verhalten ablesbar, aber klar mit mir gesprochen hat niemand. Dass es wirklich so war weiss ich erst seitdem ich vor ein paar Jahren den OP-Bericht angefordert habe, da stand es dann drin. Für mich ist das allerdings eine andere "Sachlage" die sich nicht vergleichen lässt.


Vincent
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
männlich/male, 41
Beiträge: 1840

Beitrag Fr., 05.02.2016, 16:59

Interessant, wie hier bestimmte Ansichten des Lebens und des Todes einfach als religiös oder gar esoterisch abgetan werden.

Manche schlagen sogar einen Austausch über 'religiöse' Aspekte (zum Leben und Tod) anderswo vor, als sei es so leicht bestimmbar und trennbar, was in diesen Zusammenhängen religiös ist und was nicht.

Und ich unterstelle, dass diejenigen, die befinden, dass meine Ansichten vermeintlich religiös oder esoterisch seien, niemals einen bestimmten umfänglicheren Zugang zum Leben hatten, sondern eben lediglich kognitiven (und daher in gewisser Weise dissoziierten). Deshalb wundert es nicht, dass die TE gerne und bei jeder Gelegenheit - vielleicht nicht religiös, aber in jedem Fall ideologisch - für Jean Amérys "Hand an sich legen" wirbt. Ich kenne das Buch, und ich empfand es als eine auf rein intellektuellem Wege den Suizid verklärende Anleitung. Eine kognitive, höchst nihilistische Gebrauchsanweisung, das Leben Schritt für Schritt zu nichten; dem Leben jeglichen Sinn und Zweck zu nehmen, um letztlich 'frei' für den selbst herbeigeführten Tod zu sein.

Dass das gerade die Gebildeten und Belesenen beeindruckt, die anscheinend vor allem unter der Last der Widersprüche ihres intellektuellen 'Wissens' leiden, mag der Inhalt ja lindernd wirken.

Traurig aber, dass sie den Irrtum nicht erkennen!
Zuletzt geändert von Vincent am Fr., 05.02.2016, 17:02, insgesamt 1-mal geändert.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

Werbung

Gesperrt
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag