tipsy hat geschrieben: Fr., 03.01.2020, 19:28
Wenn sie diese wieder beenden können und den Ausstieg schaffen, bin ich beeindruckt.
Tipsy, dass ist jetzt z.B. etwas, was ganz objektiv falsch ist. Es gibt Statistiken zur durchschnittlichen Dauer von Psychotherapien, die die Krankenkassen herausgeben. Informiere dich da mal. Ich habe da jetzt keine Lust, die aktuellen Zahlen rauszusuchen, aber die durchschnittliche Stundenzahl von Psychotherapien liegt bei unter 40 Stunden irgendwas um die 37 Stunden meine ich zu erinnern und bei vielen Patienten bleibt es auch bei einer einzigen Therapie.
Es ist also einfach schlichtweg falsch zu behaupten, die Patienten würden mehrheitlich in endlosen Therapie- und Patientenkarrieren hängenbleiben. Ich glaube, du unterliegst da einer Wahrnehmungsverzerrung und vielleicht trägt das Lesen in diesem Forum nicht unerheblich dazu bei. Lass dir gesagt sein, dass was hier an persönlichen Geschichten zu lesen ist, ist zwar teilweise erschütternd, aber alles andere als repräsentativ.
Du hast ja selbst die Frage, welche Leute hier schreiben. Ich würde sagen, das ist sehr unterschiedlich, aber ich habe so ca. 4 große Gruppen beobachtet:
Die erste Gruppe, sind diejenigen, die relativ neu hier sind und sich informieren und austauschen wollen, weil sie gerade selbst ein Problem haben und evtl. auch selbst in Therapie sind. Die sind meistens nach ein paar Monaten wieder weg. Daher liest man nur von deren Problemen, aber wenn es denen wieder gut geht, kriegt man es nicht mehr mit.
Die 2. Gruppe sind diejenigen, die mal hier waren während eines akuten Problems und dann hier "hängen bleiben", weil es eine Art Ritual geworden ist, hier zu schreiben, sei es als eine Art "Tagebuch" in den Blogs oder als eine Art von "Brieffreundschaft" mit anderen Usern. Die tummeln sich vor allem viel in den Blogs und sind bezüglich ihrer Meinung zu Therapie eher heterogen
3. Diejenigen, die einfach das Thema interessant finden und es mögen, sich hier über bestimmte Themen auszutauschen (so wie man es auch in andern Foren z.B. zu Politik oder bestimmten Hobbies tut) Diese haben meist eine eher positive Einstellung und eine Affinität zur Psychotherapie
4. Diejenigen, die tatsächlich in der Therapiekarriere hängen bleiben und deren Leben sich mehr oder weniger ständig um Therapie und ihre Therapeuten dreht. Diese nutzen das Forum oft zur "Überbrückung" bis zur nächsten Therapiestunde. Da geht meist viel um Klagen und um Suche nach Aufmerksamkeit. Das sind häufig - nicht immer! - User mit einer gewissen Tendenz zu abhängigem Beziehungsverhalten und da liest man besonders häufig von schlecht verlaufenden Therapien mit abhängigen Patienten und missbrauchenden Therapeuten.
Und da diese Berichte einen relativ großen Anteil hier im Forum ausmachen und auch besonders tiefen Eindruck bei den Lesern machen, wird die Häufigkeit im Verhältnis zu allen Therapien überschätzt und es entsteht der Eindruck, dass dies quasi der "Normalfall" sei. Aber das ist es nicht! Das wirkt nur so, weil in so einem Forum die Probleme, die in Therapien auftreten können - nicht müssen!" - quasi wie unter einem Brennglas in vielfacher Vergrößerung angeschaut werden. Unter einem Mikroskop wirkt auch ein Floh wie ein Elefant...
Fakt ist: Der "normale" Therapiepatient, der nicht gerade komplex traumatisiert ist oder an schweren Psychosen oder Dissoziationen leidet, wird wahrscheinlich nur höchst selten so lange in so einem Forum anzutreffen sein, dass man seinen Heilungsverlauf verfolgen kann. Wenn es diesen Patienten wieder gut geht, wollen die mit dem Therapiekram meist nix mehr zu tun haben...