Zwiespalt: Ausstieg aus der Prostitution

Fragen und Erfahrungsaustausch über sexuelle Problembereiche wie Sexualstörungen, rund um gleichgeschlechtliche Sexualität und sexuelle Identität, den Umgang mit sexuellen Neigungen wie Fetischismus, S/M usw. - ausser Aufklärungs-Fragen.
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leuchtturm
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Beitrag Fr., 14.08.2015, 16:21

ich würde auch dir den Tipp geben, deine Therapie weiterzumachen, bzw. sie wieder aufzunehmen. Job und Kind haben doch viele Menschen, und soweit ich das im Kopf habe, arbeitest du z.Zt. auch nicht Vollzeit (korrigiere mich, wenn es nicht stimmt). Und selbst wenn:
soviel Zeit sollte man sich selbst wert sein!

Alleine wirst du deine Vergangenheit weder ganz abstreifen noch verarbeiten können. Die Verdrängungsmechanismen sind ja schon fleißig im Gange

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Lidocain
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 08:03

Meine Abwehrhaltung einer Wiederaufnahme der Therapie verstehe ich zur Zeit selber noch nicht.
Der 450 €-Job kam mir als Grund erstmal sehr Recht.
Weiß nicht, was zur Zeit mit mir los ist.
Vllt wünsche ich mir einfach nur ein Ende dieser Erinnerungstortur. Die FB's waren während der Therapie besonders stark.


Vincent
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 10:31

Lidocain hat geschrieben:Vllt wünsche ich mir einfach nur ein Ende dieser Erinnerungstortur. Die FB's waren während der Therapie besonders stark.
Deinem Schmerz zu begegnen würde notwendig dazugehören. Aber dann bist du eben noch nicht bereit dazu. Noch betäubst du dich.
Es verhält sich doch verrückt und paradox mit diesen Schutzmechanismen: Sie wollen sich unbedingt erhalten, weil's ja (eine Zeitlang) so prima funktioniert. Aber etwas anderes in einem drängt danach, sie aufzuweichen. Ein innerer Widerstreit. Irgendwann wird dieses 'Andere', das aufweichen will, allerdings 'lauter' werden.
Nur jetzt ist's offenbar noch nicht an der Zeit.

Bist du denn an sich mit deinem Therapeuten klargekommen?
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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Lidocain
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 15:49

Vincent hat geschrieben:Bist du denn an sich mit deinem Therapeuten klargekommen?
Ja, soweit schon. Anfangs habe ich mich damals zwar schon quasi hingequält (er kam und kommt manchmal provokant rüber), aber dann fand ich ihn ganz okay in seiner Art. Er ist ziemlich alt und könnte mein Opa sein. Das hatte eine gute Distanz. (Eine Frau hätte ich niemals als Therapeutin akzeptieren können.)
In den Wochen vor dem Abbruch allerdings hatte ich das Gefühl, dass wir nicht mehr so gut klarkamen.
Er geht jetzt eh bald in den Ruhestand und ich fühlte mich iwie so ...hm... abgestempelt. Fast schon so, als wolle er mir später noch auf den Weg mitgeben wollen, dass ich es als eine seiner letzten Patientinnen nun doch nicht wirklich geschafft haben könnte, mein Leben aufe Reihe zu kriegen.
Und so erzählte ich ihm auch nicht mehr alles. ... Und hörte auch leider nicht mehr wirklich zu (ganz am Ende)...
Früher wollte ich gerade ihm vieles beweisen. Dass ich ein gutes und normales Mädchen bin bzw. werden kann. Dass ich stark bin usw..
Zum Schluss dieser Thera und dem Thematisieren meines (aktuellen) Sexualverhaltens, welches er ja bis heute nicht an ganzem Ausmaß kennt, kam er immer wieder damit um die Ecke, dass ich die Taten an mir durch bestimmtes gegenwärtiges Verhalten "ungeschehen" machen wolle.
Und ich... ich wollte es doch einfach nur geschafft haben und ein/e selbstbestimmte/s Mädchen/Frau sein!
Nichts sollte mehr auf meinen Schultern lasten.
Ich muss nur diese verdammten Flashbacks loswerden. Es kann doch nicht sein, dass diese sich in mein neues Leben mit reinschleppen.
Zudem reagiert mein Körper schon wieder mit Zusammenbrüchen in den ungünstigsten Situationen.
Meine Gasteltern vermitteln mir, dass ich eine "arme/kranke Seele" (das meinten sie aber angeblich nicht böse *neeeeeeeeiiiinnn* ) bin, die viel Heilungszeit benötigt.

Aktuell bin ich mit meinem Onkel und dem Kleinen allein. Das macht es auch nicht besser -.-

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ENA
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 16:13

Ich denke, die FB werden gehen, wenn Du stabilisiert und das meiste verdaut bzw. verarbeitet hast. Das kann noch eine Weile dauern. Es braucht Zeit. Ich glaube nur, dass die GB´s den Prozess eher aufhalten bzw. in die Länge ziehen. Einfach auch, weil sie nah an dem Thema dran sind. Sexualität, Härte, Kälte, etc. . ...und es sind viele Dinge wohl damit auch verknüpft: Wie geht man mit sich selbst um? Was will/braucht man wirklich? Wo sind Grenzen? Was lädt man sich auf, was lässt man sein?

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leuchtturm
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 16:15

dass ich eine "arme/kranke Seele" (das meinten sie aber angeblich nicht böse *neeeeeeeeiiiinnn* ) bin, die viel Heilungszeit benötigt.
damit werden sie nicht ganz unrecht haben. Bzw. den Nagel auf den Kopf treffen. Und ich stelle das auch ganz wertneutral fest. Wie kann so eine Aussage böse gemeint sein? Ich finde, daraus spricht Sorge und auch Rücksicht, denn natürlich brauchst du Zeit, um all das zu verarbeiten, was du erlebt hast. Viel Zeit. Sehr viel Zeit.

Du gehst zu deinem Therapeuten, damit er dir bei der Heilung und Aufarbeitung hilft. Denn das kann man nicht alleine schaffen, unmöglich.
Du gehst nicht zu deinem Therapeuten, um ihm etwas vorzuspielen.
Was für eine skurrile Vorstellung Stell dir vor, ich gehe zu einem Arzt, weil ich Beschwerden habe, sagen wir Gelenkschmerzen. Dann trete ich dort so auf, als sei ich voll beweglich, hüpfe, springe, verrenke mich und beiße die Zähne zusammen, auch wenn es sehr weh tut und mir schwer fällt, so als habe ich gar nichts?? Wozu das denn????


Du bist dabei, dein Leben umzukrempeln. Das ist ein starker Entschluss!
Du hast schon mehrere Schritte dazu getan. Noch besser!!
Du brauchst dazu Hilfe. Jaaaa, das ist so. Und das ist keine Schande!!! Es macht dich nicht schwach. Es macht dich stark, wenn du bereit bist, dir Hilfe zu holen. Dir Zeit zu geben. An dir zu arbeiten, auch wenn es oft schmerzhaft wird.
All das zeigt, dass du stark bist, weil du es dir wert bis
t
!

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Lidocain
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 17:51

Nein, so gesehen habe ich ihm ja auch nichts vorgespielt. Aber ich mochte später nicht mehr alles erzählen. Die ganzen Sitzungen über habe ich nie das Gefühl verloren, er sieht auf mich herab (und an mir herunter). Wie auf ein Kind quasi. Und trotzdem hatte er es geschafft, mich direkt zu "erreichen". Ich vertraute ihm.

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Sarana
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 20:01

Was eine gute Basis ist - Vertrauen. Hast du ihm das mit dem Herabschauen erzählt?
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Lidocain
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 20:20

Sarana hat geschrieben:Was eine gute Basis ist - Vertrauen. Hast du ihm das mit dem Herabschauen erzählt?
Nein, das habe ich ihm nie erzählt. War ja auch nur (m)ein Gefühl.


Vincent
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 21:03

Lidocain hat geschrieben:
Sarana hat geschrieben:Was eine gute Basis ist - Vertrauen. Hast du ihm das mit dem Herabschauen erzählt?
Nein, das habe ich ihm nie erzählt. War ja auch nur (m)ein Gefühl.
Ich denke, du weißt genau, was du da eigentlich sagst?! Auch wenn du es so aussehen lassen willst, dass nicht...
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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ENA
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Beitrag Sa., 15.08.2015, 21:41

Vielleicht wäre es gut gewesen, das zu thematisieren. Vielleicht war es Deine Vermutung, Deine Befürchtung. Vielleicht hast Du gedacht, "man" er kann nur auf Dich herabschauen? Denkst Du selber von Dir schlecht? Denkst Du, andere können Dich und Deine Vergangenheit nur schlecht finden? Wobei Vergangenheit ja nicht alles von Einem ist und ein Teil der Vergangenheit (Kindheit) ist von Außen gemacht bzw. beeinflusst. ...und manches davon trägt sich u.U. bis ins Heute.

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Lidocain
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Beitrag So., 16.08.2015, 03:32

Vincent hat geschrieben: Ich denke, du weißt genau, was du da eigentlich sagst?! Auch wenn du es so aussehen lassen willst, dass nicht...
Was meinst Du damit?

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Lidocain
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Beitrag So., 16.08.2015, 08:42

ENA hat geschrieben:Vielleicht wäre es gut gewesen, das zu thematisieren. Vielleicht war es Deine Vermutung, Deine Befürchtung. Vielleicht hast Du gedacht, "man" er kann nur auf Dich herabschauen? Denkst Du selber von Dir schlecht? Denkst Du, andere können Dich und Deine Vergangenheit nur schlecht finden?
Ja, das denke ich schon. Darüber würde doch fast niemand begeistert sein.
Ich weiß selber nicht wo ich stehe in dieser Gesellschaft. Ich weiß nicht, wer man sein sollte, damit man ein guter Mensch ist/wird. Auch dass ich meinem Kleinen keinen Vater bieten kann, macht mich traurig. Und dass auch er jmd werden könnte, der leiden muss. Oder schlimmstenfalls ebenso ein jähzorniger Choleriker wie sein Vater. Noch lächelt er viel und freut sich. Aber ein paar Jahre weiter...

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ENA
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Beitrag So., 16.08.2015, 08:55

Dann macht es wohl Sinn, wirklich nochmal nach Unterstützung zu gucken. Ich finde Deine Gedanken da gut, also darüber, dass der Kleine nicht auch so werden, leiden, etc. soll. Am Besten geht es Kindern meist, wenn die Eltern gesund und für einen da sein können.
Ich weiß nicht, wie die Situation bei Euch zu Hause ist. Es scheint derzeit nicht gut zu sein, wenn Du mit dem Kleinen und Deinem Onkel alleine bist. Magst Du sagen, warum?
Ich denke, dass ein paar Jahre Begleitung für Euch ganz gut wäre. Ich meine, der Ausstieg ist auch erst 1,5 Jahre her und wie gesagt: ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kontakt zu den Ex-Freiern derzeit "die Heilung" fördert.
...und mit Heilung meine ich jetzt nicht unbedingt von etwas Kranken, sondern von schlimmen Erfahrungen, Verletzungen, etc. .
Ich denke auch, dass Begleitung Euch auf einem Weg begleiten kann, einen Platz für sich in der Gesellschaft zu finden, ohne sich nur mit dem Alten identifizieren zu müssen. So, dass man mit all seinen Facetten sein kann, nicht nur mit der Vergangenheit. Du bist doch mehr. ...und je länger Du lebst, desto facettenreicher wirst Du...und das Alte ist immer weiter weg.
Im Moment ist das Thema Prostitution noch präsent, auch wenn Du nicht mehr voll drin bist. Von daher finde ich es verständlich, dass es auch in Therapie und Beratung Platz findet. Irgendwann wird es das nicht mehr sein. Wenn mehr Abstand da ist und Du einen anderen Platz für Euch im Leben gefunden hast.


Vincent
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Beitrag So., 16.08.2015, 11:18

Lidocain hat geschrieben:
Vincent hat geschrieben: Ich denke, du weißt genau, was du da eigentlich sagst?! Auch wenn du es so aussehen lassen willst, dass nicht...
Was meinst Du damit?
Du schriebst in deiner Antwort an Sarana: "War ja auch nur (m)ein Gefühl."
Ich 'höre' daraus, dass du eigentlich ganz genau weißt, dass du es beachten solltest, DEIN Gefühl. Du spielst es mit deinem 'nur' aber demonstrativ herunter. Oder etwa nicht?
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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