Umgang mit Therapieende und Krise

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Griselda
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 08:19

Phoebe_Buffay hat geschrieben: So., 31.01.2021, 23:06 Vielleicht habe ich auch nur so Angst vor dem Therapieende, weil dann die enizige Person wegfällt, die mein ganzes Elend, meine Überforderung und meine innere Kämpfe sieht. Auch wenn es mir oft nicht gefällt, was sie sagt, ich dann häufig genervt und wütend reagiere, wäre das Gegenteil wohl noch schlimmer. Es ist gar nicht unbedingt die positive Zuwendung, die dann fehlen wird, sondern einfach die Tatsache, dass da kein Gegenüber mehr für Auseinandersetzungen (egal ob positiv oder negativ) da ist.
Ich kann dich gut verstehen. Ich würde am liebsten für den Rest meines Lebens alle 2 Wochen zum Therapeuten schlappen. Ich beneide Therapeuten sogar darum, dass sie sich ständig mit sich selbst auseinandersetzen können/dürfen/müssen.

Aber glaube mir, dieses Gegenüber für Auseinandersetzungen kann man auch so im realen Leben finden. Kleine Momente, aber dennoch wertvoll. Ich hatte in der letzten Zeit wenige, aber sehr schöne Begegnungen, die mir sehr viel gegeben haben.
Du wirst das auch schaffen und noch viel mehr. Weil du schon soviel geschafft hast. Schau mal wieviel du schon geleistet hast: Dissertation (!!!), eine Therapie durchgehalten (!), die Essstörung verbessert, Schmerz und Zweifel ausgehalten...Kopf hoch!

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ziegenkind
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 08:56

Phoebe,

ich verstehe die Angst vor der Klinik, wirklich. Aber da hast Du Struktur, da ist immer einer da, der Dich und deine Not sieht und Du kannst Dich intensiv damit beschäftigen, wie es für Dich weitergehen kann.

Hast Du Angst davor, dass die Flucht in die Sucht dann wegfällt?
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Shukria
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 09:13

Mir fällt auf das sich bei dir fast alles nur um die Beziehung zu Deiner Therapeutin dreht.

Ich erkenne keine konkreten (Therapie) Ziele an denen sich messen lassen würde ob du weiter gekommen bist.

Wie besser in Kontakt mit anderen Menschen kommen, Ideen entwickeln für die Zeit nach der Diss....

Lernen anderen Menschen zu vertrauen

Lernen auch im Alltag positive Abhängigkeiten zu erkennen und diese zulassen zu können

Alles dreht sich bei dir um die Person der Therapeutin, dabei wirst du alle Beziehungsprobleme die du mit ihr hast, auch im Alltag wiederfinden - sie steht als Person ja nur symbolisch für deine inneren Dilemmata.

Ich glaube auch das du das mit ihr nicht (mehr) gelöst bekommen wirst. Manchmal ist an solchen Stellen ein bewusster Cut und Neuanfang gut.

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Phoebe_Buffay
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 10:26

ziegenkind hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 08:56 Hast Du Angst davor, dass die Flucht in die Sucht dann wegfällt?
Ja, die Angst ist auch da. Das ist aber auch nicht der Hauptgrund, warum ich bei einem Klinikaufenthalt so zögere. Ich habe Angst, dass ich mich nicht verständlich machen kann, dass ich innerlich keinen Zugang zu den Therapieangeboten bekomme, dass ich das Gefühl, dass alles maximal für mich nutzen zu müssen, richtig mitarbeiten zu müssen. Es ist nicht so, dass ich das alles nicht möchte. Es klingt gut für mich, wenn ich mir den sicheren Rahmen vor Augen führe und ich möchte mich damit beschäftigen und brauche dafür auch Hilfe. Aber gerade erzeugt die Vorstellung einfach nur Druck, es dann endlich mal hinzukriegen. Nicht im Sinne von der Erreichung irgendwelcher Therapieziele... ich weiß gerade selber nicht, was ich mit diesem hinkriegen eigentlich meine. Mein Gefühl ist nur, dass ich es in meiner jetzigen Therapie nicht hinbekommen habe.
Shukria hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 09:13 Mir fällt auf das sich bei dir fast alles nur um die Beziehung zu Deiner Therapeutin dreht.
Ja, ich verstehe, was du meinst. Ich glaube allerdings, dass das nicht immer der Fall war, sondern erst seit einigen Wochen. Jetzt momentan eben extrem, weil mich die letzte Stunde und das drohende Ende so sehr beschäftigt.
Shukria hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 09:13 Ich erkenne keine konkreten (Therapie) Ziele an denen sich messen lassen würde ob du weiter gekommen bist.
Ich hatte auch keine konkreten Therapieziele. Ich hatte aber immer im Kopf, dass ich gerne etwas mehr verstehen wollte, warum ich mich immer wieder in diesen Abhängigkeiten verliere und Beziehungen für mich so schwierig sind, mit so viel Stress verbunden sind, ich das Gefühl habe, mich in Beziehungen immer anpassen zu müssen und Erwartungen von anderen zu erfüllen. Ich wollte mir das in Ruhe angucken ohne Druck, jetzt ganz schnell meine Essstörungen in den Griff kriegen zu müssen. Aber ich wollte natürlich trotzdem auch etwas verändern. Es hat sich da allerdings auch innerlich sehr viel bewegt, also da war in den letzten 2 Jahren kein Stillstand, es gab viel Veränderungen, aber eben auch sehr viel Chaos und Krisen. Der Stress bei der Arbeit war teilweise extrem, da fehlte einfach oft die Ruhe und dann kam es eben auch zu Konflikten in den Therapiestunden.
Shukria hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 09:13 Alles dreht sich bei dir um die Person der Therapeutin, dabei wirst du alle Beziehungsprobleme die du mit ihr hast, auch im Alltag wiederfinden - sie steht als Person ja nur symbolisch für deine inneren Dilemmata.
Darüber haben wir auch oft gesprochen und es hat mich auch zwischen den Stunden beschäftigt. Ich glaube nicht, dass sich alles um sie gedreht hat, ich habe immer versucht, in meinem Leben Verbesserungen herbeizuführen und mich nicht aus Beziehungen zu flüchten. Ich wollte absolut nicht, dass die Therapie mein Lebensmittelpunkt wird und mich von Stunde zu Stunde hangel. Ich habe immer wieder versucht, den Fokus auf mein Leben zu legen und mich nicht in diesen Beziehungsdynamiken zu verlieren. Deswegen ist das gerade auch nur schwer auszuhalten, dass sich das in den letzten Wochen so entwickelt. Vielleicht aucb dadurch, dass ich arbeitslos bin. Jetzt eich es noch exteremer, weil ich mit der Situation gerade überfordert bin und sie da gerade ein Ankerpunkt ist.
Shukria hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 09:13 Ich glaube auch das du das mit ihr nicht (mehr) gelöst bekommen wirst. Manchmal ist an solchen Stellen ein bewusster Cut und Neuanfang gut.
Ich möchte das auch nicht mehr lösen. Aber ich will so trotzdem nicht aus der Therapie gehen. Aber vielleicht muss ich mir wirklich nochmal überlegen, was ich von ihr noch möchte. Gerade will ich wohl einfach zu viel.

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Phoebe_Buffay
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 10:59

Griselda hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 08:19 Aber glaube mir, dieses Gegenüber für Auseinandersetzungen kann man auch so im realen Leben finden. Kleine Momente, aber dennoch wertvoll. Ich hatte in der letzten Zeit wenige, aber sehr schöne Begegnungen, die mir sehr viel gegeben haben.
Ja, das fehlt mir wohl gerade. Ich hatte die Hoffnung, dass ich das während der Therapie aufbauen kann. Ich kenne natürlich schon wertvolle Begegnungen, die mir auch viel geben. Aber ich hatte noch nie eine partnerschaftliche Beziehung und mache sehr viel mit mir selber aus.

Ich glaube meine innere Abwehr gegen Klinik und weitere Therapie kommt auch daher, dass ich das Gefühl habe, nur weiter in dieser bedürftigen Rolle zu verharren. Ich habe Angst vor diesen Bedürfnissen und der Abwärtspirale, die dann ausgelöst wird, wenn ich diese zu sehr zulasse. Diese Bedürfnisse tauchen tatsächlich nur in Beziehungen mit Machtgefälle auf (zum meiner ehemaligen Chefin z.B. auch extrem) und jetzt eben in der Therapie. Ich suche dann dort Orientierung und Halt, die mir einfach keiner geben kann. Ich traue mir dann selber nicht mehr, frage mich dann, ob ich mich vielleicht kränker und hilfloser mache, als ich bin, weil mein Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Zuwendung so groß ist.

Manchmal denke ich, dass es einfacher ist, es einfach zu akzeptieren, dass mir das keiner erfüllen kann und ich einfach alleine klar kommen muss. Das macht die Bedürfnisse zwar nicht weg, aber sie würden zumindest nicht noch angefeuert werden. Ich glaube, ich habe doch immer noch die Hoffnung, das irgendwie zu lösen. Ich habe habe Angst, mich wieder einer solchen Situation auszusetzten, mich weiter zu verlieren und dann am Ende wieder in diesem Chaos alleine zu sein.


ziegenkind
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 11:37

Phoebe, Du hast auch Versagensängste mit Blick auf die Klinik. Das ikann eigentlich nicht verwundern, weil es Teil Deiner Störung ist, oder?Diese Ängste sollten Dich vielleicht nicht hindern.

Ja, es gibt keine Garantie, dass das da klappt. Aber jetzt ist es auch nicht gut. Und dort musst Du nicht alles allein machen.

Noch Mal: Jetzt scheint mir eine gute Zeit zu sein - zwischen zwei Jobs. Stell Dir mal vor, Du hast einen geschützten Rahmen mit Unterstützung, in dem Du darüber nachdenken kannst, wie es jetzt weitergeht: beruflich, therapeutisch und privat.

In der Klinik achten Therapeut*innen auch viel mehr darauf, dass Du nicht in eine Übertragung kippst und Dich in der Beziehung verlierst. Schon weil die wissen, das ist ein zeitlich begrenztes Angebot.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


Wild Mustang
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 12:00

Ich lese hier, dass es keine Therapieziele gab.

Das scheint mir so die Ursache allen Übels zu sein. Ohne Ziele kann man nur ziellos umherirren. Man kann auch nie ankommen. Nichts erreichen. Das aber sind die Dinge, die alles ausmachen im Leben.

Was auch immer man tut und sei es nur eine Tasse Tee zuzubereiten: Ohne einen Erfolg ist es alles nur sinnlose Zeitverschwendung. wobei Erfolg ja nur heißt, dass man erreicht was man wollte. Also dass z.B. aus einem Teebeutel und etwas Wasser ein Tee wird. Das ist dann ein Erfolg.

Leider lassen wohl doch etliche Therapeuten zu, dass ihre Klienten ziellos umherirren und sich einfach nur jede Woche ihre Zuwendung und ihren Trost abholen. Oder sich austoben können. Nur das halt alles nur Placebos sind. Es wird bestenfalls verhindert, dass der Mensch vollkommen zusammenklappt. Aber langfristig erreicht man nicht nur nichts, sondern man kann sich dabei sogar immer weiter reinsteigern.

Ich weiß aber natürlich nicht, wieviel von dem Leid was hier berichtet wird real ist, oder "nur Psychodrama". Wenn nämlich Leidensruck einsetzt, der kein Ja, aber..." mehr zulässt, dann wirds für mich ernst. Alles was davor ist, darin kann man verharren bis zum jüngsten Tag.

Leider muss man dann als Außenstehender im Grunde für den anderen nur noch hoffen, dass er an den Punkt kommt, an dem das Leiden unerträglich wird. Ich kenne das selbst, ich habe lang genug "überlebt", aber ich konnte mir ausrechnen, wie lange das noch gehen würde. Wann die Kraft zu Ende geht und wann Rettung nicht mehr möglich ist. Vor diesem Zeitpunkt warne ich ausdrücklich.

Gruß

Mustang
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Scars
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 12:47

Phoebe_Buffay hat geschrieben: So., 31.01.2021, 22:40 Für mich bleibt dieses „um die Gesundheit kümmern“ auch ziemlich abstrakt. Auch in einer Klinik kann man mir ja nur helfen, wenn ich bereit bin, mich darauf einzulassen. Und auch wenn ich mir wünschen würde, dass es anders ist, ich habe Zweifel.
Kann es sein, dass es dich sehr verletzt hat, dass deine Therapeutin meinte, du würdest dich nicht drauf einlassen? Weil es deinem persönlichen Empfinden nach nicht so ist, du dein Möglichstes tust, aber das (scheinbar) nicht reicht?

Für mich klingt dein „hinkriegen“ wie ein: nicht mehr so sein, wie ich bin. Endlich normal sein. Vllt ein bisschen überspitzt: funktionieren, angepasst sein, Wünsche erfüllen... nicht mehr anstrengend sein, gut auf die Therapie einlassen, ohne Zweifel, ohne Ambivalenzen. Erfolgreich sein. Also genau das, wozu du eigentlich Therapie brauchst, erstmal hinkriegen.
Phoebe_Buffay hat geschrieben: So., 31.01.2021, 22:40 Mal fühlt es sich ganz gut an und am nächsten Tag, würde ich mir lieber ein Bein brechen, als mich einer stationären Therapie auszusetzen.
Ich weis nicht ob sich ein Klinikaufenthalt gut anfühlen muss. Vielleicht reicht auch ein rationales ‚notwendigerweise‘ und ‚grüner wird es nicht’...

Schau, wenn du es wirklich im ambulanten Setting nicht schaffst, was spricht denn dagegen? Spricht mehr dagegen oder mehr dafür? Du könntest dich ja auch erstmal erkundigen. Wenn du dann den Klinikaufenthalt doch nicht antreten willst, freut sich jemand von der Warteliste.

Es ist so schade, dass man nicht so richtig kommunizieren kann, was du verpasst! Wenn du wüsstest, wie sich leben auch anfühlen kann... vllt würde dir das bei der Entscheidung etwas helfen... ich geb das nicht mehr her. :lol:
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Phoebe_Buffay
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 12:52

ziegenkind hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 11:37 In der Klinik achten Therapeut*innen auch viel mehr darauf, dass Du nicht in eine Übertragung kippst und Dich in der Beziehung verlierst. Schon weil die wissen, das ist ein zeitlich begrenztes Angebot.
Ja, diese Sicherheit fehlt mir wohl. Eine Grantie gibt es da sowieso nicht (auch nicht, dass ein Klinikaufenthalt positiv wrd). Ich glaube aber momentan, dass ich da selber sehr aufpassen werde. Das ist wohl auch ein Teil des Druckes.

@ Wild Mustang
Ich habe überlegt, ob und wie ich auf dein Posting eingehe. Ich kann damit gerade wenig anfangen. Und zwar nicht, weil mir dieser Blickwinkel völlig fremd ist. Im Gegenteil, diese Einstellung hat mich lange Zeit durch das Leben begleitet und da gab es auch keine offensichtlichen Probleme. Ich hatte mein Leben im Griff, hatte „Erfolg“ (was auch immer das heißen mag), ich hatte Ziele und klare Vorstellungen, wo ich hinwollte. Ich hätte es zwar so nicht gesagt, aber ich fand es eher peinlich, dass manche Menschen ewig Terapie machen und ihr Leben so wenig auf die Reihe kriegen...

Das ist nur leider vor 3 Jahren gekippt und mein Leben steht seitdem Kopf. Es mag sein, dass das für andere schwer nachzuvollziehen und nicht verstehen, warum und womit ich eigentlich so kämpfe. Hätte man mir vor einigen Jahren gesagt, dass ich bei einer Therapeutin so innerlich zusammenklappe und einen solchen Auftritt hinlege, hätte ich das wohl nicht geglaubt.

Ich bin übrigens nicht jede Woche zu meiner Therapeutin gerannt, um mir Zuwendung und Trost zu holen. Das hat sie erstens nicht bedient und zweitens hatte ich durchaus auch den eigenen Wunsch, die Therapie für mich zu nutzen und wirklich an mir zu arbeiten. Ich will mich hier aber auch nicht rechtfertigen. Mir ist schon klar, dass meine Gedanken da auch widersprüchlich sind. Deswegen versuche ich ja auch gerade etwas sortiert zu bekommen, auch um nicht wieder in den "Funktionsmodus" zu fallen, der mir jahrelang beim Überleben geholfen hat.

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Phoebe_Buffay
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 13:12

Scars hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 12:47 Kann es sein, dass es dich sehr verletzt hat, dass deine Therapeutin meinte, du würdest dich nicht drauf einlassen? Weil es deinem persönlichen Empfinden nach nicht so ist, du dein Möglichstes tust, aber das (scheinbar) nicht reicht?
Ja, genau so fühlt sich das an.
Scars hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 12:47 Für mich klingt dein „hinkriegen“ wie ein: nicht mehr so sein, wie ich bin. Endlich normal sein. Vllt ein bisschen überspitzt: funktionieren, angepasst sein, Wünsche erfüllen... nicht mehr anstrengend sein, gut auf die Therapie einlassen, ohne Zweifel, ohne Ambivalenzen. Erfolgreich sein. Also genau das, wozu du eigentlich Therapie brauchst, erstmal hinkriegen.
Ja, das hast du ziemlich gut auf den Punkt gebracht. Damit kämpfe ich eigentlich schon seit Beginn der Therapie und hat wohl auch immer wieder zu diesen sinnlosen Kämpfen und zu viel Frustration.
geführt
Scars hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 12:47 Ich weis nicht ob sich ein Klinikaufenthalt gut anfühlen muss. Vielleicht reicht auch ein rationales ‚notwendigerweise‘ und ‚grüner wird es nicht’...
Das hat meine Therapeutin auch gesagt. Sie war da auch teilweise ziemlich hart und meinte, dass es nicht mehr darum geht, ob es sich gut anfühlt und sie nicht glaubt, dass ich da ohne Klinik rausfinde.
Scars hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 12:47 Schau, wenn du es wirklich im ambulanten Setting nicht schaffst, was spricht denn dagegen? Spricht mehr dagegen oder mehr dafür? Du könntest dich ja auch erstmal erkundigen. Wenn du dann den Klinikaufenthalt doch nicht antreten willst, freut sich jemand von der Warteliste.
Ja, das habe ich mir heute auch überlegt. Man würde ja eh erstmal zu einem Vorgespräch gehen. Vielleicht kann ich mich dem Thema auch etwas langsamer annäheren (also ohne gleich mit dem Anspruch, da jetzt eine klare Entscheidung treffen zu müssen). Ich habe da vielleicht auch Vorurteile bezüglich der Behandlung von Essstörungen in einer Klinik (Bevormundung bezüglich Essensmengen, Gewichtskontrolle, starke Fokussierung auf das Essverhalten). Aber vielleicht ist das nicht unbedingt die Realität. Ich habe auch das Proble, dass ich nur sehr schwer mit einer anderen Person in einem Zimmer schlafen kann (schon als Kind nicht). Das sind vielleicht alles Kleinigkeiten und vielleicht suche ich auch Gründe dagegen. Trotzdem beschäftigt mich das.
Scars hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 12:47 Es ist so schade, dass man nicht so richtig kommunizieren kann, was du verpasst! Wenn du wüsstest, wie sich leben auch anfühlen kann... vllt würde dir das bei der Entscheidung etwas helfen... ich geb das nicht mehr her. :lol:
Doch davon kommt schon was an :) Die Sehnsucht nach Leben (mit allen Facetten) ist immer noch groß. Und ich will die Hoffnung auch nicht aufgeben, dass das (auch für mich) noch möglich ist.

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Scars
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 13:31

Phoebe_Buffay hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 13:12 Ich habe da vielleicht auch Vorurteile bezüglich der Behandlung von Essstörungen in einer Klinik (Bevormundung bezüglich Essensmengen, Gewichtskontrolle, starke Fokussierung auf das Essverhalten). Aber vielleicht ist das nicht unbedingt die Realität. Ich habe auch das Problem, dass ich nur sehr schwer mit einer anderen Person in einem Zimmer schlafen kann (schon als Kind nicht). Das sind vielleicht alles Kleinigkeiten und vielleicht suche ich auch Gründe dagegen. Trotzdem beschäftigt mich das.
Naja, glaube schon, dass das oft die Realität ist... die ich persönlich nicht sehr erbaulich finde und was ich so gehört habe, Ernährungsprogramme auch eher als ‚durchschnittlich deutsch’ denn als gesund bezeichnen würde... aber das ist ein anderes Thema. Auf der anderen Seite ist intuitives Esssverhalten etc. ein Endziel (wenn es denn ein Ziel ist, kenne auch welche die dauerhaft mit Ernährungsplänen gut fahren und zufrieden sind) und diese ganzen therapeutischen Maßnahmen haben eine Idee dahinter, eine andere Idee als Schikane der Patienten (hoffe ich doch!). Deswegen würde ich mich auf jeden Fall gut mit der Klinik und deren Programm auseinander setzen, dir überlegen was du willst, aber auch ehrlich reflektieren, was du brauchst. Und ob es nicht eher wieder Angst ist, Abwehr, Gründe finden - als wirklich ein Gegenargument. Ist halt nunmal ein Krankenhausaufenthalt kein Urlaub.

Ich würde denken, dass man am Ende auch nicht 100% top wieder hergestellt sein muss/soll/kann, sondern „gut gebessert“ da raus kommen sollte mit einer Basis zum weitermachen. Und das Ergebnis ist individuell!

Vielleicht kann deine Therapeutin dich da ja auch unterstützen?
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 17:22

Scars hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 13:31 Naja, glaube schon, dass das oft die Realität ist... die ich persönlich nicht sehr erbaulich finde und was ich so gehört habe, Ernährungsprogramme auch eher als ‚durchschnittlich deutsch’ denn als gesund bezeichnen würde... aber das ist ein anderes Thema.
Nein, das ich finde ich auch nicht sehr erbaulich. Ich kann mich mit dem Standard-Ernährungskonzept auch nicht anfreunden (und auch nicht mit den Essenszeiten). Es wäre ja auch nur für einen begrenzten Zeitraum, aber ich habe mit festgesetzten Ernährungsplänen trotzdem Probleme.

Scars hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 13:31 Deswegen würde ich mich auf jeden Fall gut mit der Klinik und deren Programm auseinander setzen, dir überlegen was du willst, aber auch ehrlich reflektieren, was du brauchst. Und ob es nicht eher wieder Angst ist, Abwehr, Gründe finden - als wirklich ein Gegenargument. Ist halt nunmal ein Krankenhausaufenthalt kein Urlaub.
Ja, ich habe bisher nur so halbherzig nach Kliniken geguckt. Was ich dann bezüglich der Therapiekonzepte und Ernährungsplänen gelesen habe, fand ich dann schnell ziemlich abschreckend. Aber ich weiß eben auch nicht, inwieweit ich dann doch auch an meinen bisherigen Bewältigungsmechanismen festhalte. Eine ehrliche Reflexion gelingt mir manchmal, aber nicht immer. Das schwankt auch je nach Krankheitsphase. In Bulimiephasen ist der Leidensdruck und meine Hilfsbedürftigkeit deutlich höher. Wenn ich das dann durch Hungern, Restriktion und Sport wieder in den Griff kriege, ist es für mich richtig schwierig zwischen „wollen“ und „brauchen“ zu unterscheiden. Ich versuche es dann manchmal auch pragmatisch zu sehen, dass ich ja bei einer schweren physischen Erkrankung auch keine Wahl hätte und ein Klinikaufenthalt dann einfach notwendig ist. Dieser Blickwinkel gelingt mir aber auch nicht immer.
Scars hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 13:31 Vielleicht kann deine Therapeutin dich da ja auch unterstützen?
Ja, da werde ich mit ihr am Freitag besprechen, bisher sind wir da leider immer ziemlich schnell aneinander graten. Ich war ja erst unsicher, ich möchte den Termin aber jetzt unbedingt wahrnehmen.

Ich glaube, das Klinikthema ist für mich auch deswegen so schwierig, weil ich mich damit auch meinem Umfeld offenbare. Es weiß keiner von meiner Erkrankung (bzw. kennt keiner das wahre Ausmaß). Ich weiß, dass mir das eigentlich egal sein sollte und das meine persönliche Entscheidung ist. Es ist da zum einen die Scham, aber auch die Angst, dass es meine Freunde oder Familie nicht nachvollziehen können oder übertrieben finden. Ich bin da selber so ambivalent und dadurch in alle Richtungen sehr empfindlich.

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Griselda
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 18:01

Shukria hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 09:13 Alles dreht sich bei dir um die Person der Therapeutin, dabei wirst du alle Beziehungsprobleme die du mit ihr hast, auch im Alltag wiederfinden - sie steht als Person ja nur symbolisch für deine inneren Dilemmata.

Ich glaube auch das du das mit ihr nicht (mehr) gelöst bekommen wirst. Manchmal ist an solchen Stellen ein bewusster Cut und Neuanfang gut.
Soweit ich es verstanden habe, basiert das Therapieverfahren, das Phoebe gewählt hat darauf, dass eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung entsteht und dass der Therapeut als Resonator für die Gefühlswelt des Patienten auftritt und seinem Patienten hilft sich seiner Gefühle achtsam zu werden.
Das ist ja gelungen. Nun ist es so, dass man da von sehr vielen Gefühlen überwältigt werden kann, diese auch teilweise unbewusst abwehrt oder "falsch" zuordnet. Mir ging es auf jeden Fall so und ich finde es nach wie vor schwierig meine eigenen Projektionen, die mit meinem Seelenzustand zu tun haben, abzutrennen von der reinen "Arbeitsbeziehung" und der mir gegenübersitzenden Person.

Ich versuche das jetzt zwar im Nachgang so gut es geht zu verstehen, aber trotzdem fühlt sich das Ende wie ein unfreiwilliger, überwältigender Abbruch einer Beziehung an. Solche Beziehungsenden, bei denen Konflikte nicht aufgelöst werden, weil der Partner zum Beispiel unerwartet verstirbt oder die Trennung einseitig war, oder man das Gefühl hat etwas verpasst zu haben, gären sehr lange in einem.

Deshalb meine ich schon, dass es jetzt die Aufgabe der Therapeutin wäre, zu versuchen diese Beziehung etwas wieder ins rechte Licht zu rücken und zu versuchen die Projektionen, die ja nur was mit dem Inneren des Patienten zu tun haben aufzudröseln und richtig einzuordnen.

Gleichzeitig kann Phoebe sich überlegen ob ein Ritual ihr den Abschied erleichtern würde.
Mir zum Beispiel hätte es was gebracht, wenn wir einen gemeinsamen Therapierückblick gemacht hätten. Vielleicht bin ich da geprägt von meinem Beruf, aber zu jedem Projekt gibt es einen Abschlussbericht oder ein Abschlusstreffen. Nochmal gemeinsam rückzuschauen hätte mir geholfen das Ende zu akzeptieren und diese Therapie als Etappe im Leben zu betrachten.

Dass die Therapeutin jetzt die Klinik so in den Vordergrund stellt, kann ich zwar verstehen (ich vermute, sie macht es auch für sich selbst um sich selbst von der Verantwortung zu entlasten), aber was da real passiert ist, sind eben die 3 Jahre Therapie und die gehören bei einem Abschied auch gewürdigt.


ziegenkind
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Beitrag Mo., 01.02.2021, 18:02

Vielleicht kannst Du auch mit Deiner Therapeutin darüber reden, ob eine auf Essstörung spezialisierte Klinik grad das richtige ist oder wo es Kliniken gibt, in denen das ein Aspekt von anderen ist. Ich würde denken, dass es vielleicht auch nicht hilfreich ist, nur das Symptom anzugucken.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Beitrag Mo., 01.02.2021, 18:03

Phoebe_Buffay hat geschrieben: Mo., 01.02.2021, 17:22 Ich versuche es dann manchmal auch pragmatisch zu sehen, dass ich ja bei einer schweren physischen Erkrankung auch keine Wahl hätte und ein Klinikaufenthalt dann einfach notwendig ist.
Theoretisch hat man bei einer schweren körperlichen Erkrankung auch die Wahl, praktisch macht das nur eher niemand (sofern die Erkrankung gut behandelbar ist), dem sein Leben was wert ist, weil du womöglich auch sterben könntest. Das ist leider heimtückisch, wenn es dir körperlich noch zu gut geht. Aber deine Essstörung kann dich auch umbringen oder körperlich krank machen, entweder langsam oder auch plötzlich so.

Leider sind somatische Behandlungen gesellschaftlich auch akzeptierter, das kann ich gut verstehen, dass du dich nicht mit einem stationären Aufenthalt „offenbaren“ willst. Aber du musst es ja auch nicht an die große Glocke hängen. Notfalls bleibt eine kleine Notlüge, Reise o.ä.

Was wäre denn so schlimm daran, wenn Freunde und Familie das nicht nachvollziehen können oder übertrieben finden? Haben die mehr Ahnung als deine Therapeutin?
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