Ich glaube nicht, dass ein Therapeut privat zwingend ein ganz anderes "Wesen" oder grds. Einstellungen hat als beruflich. So gibt es sicher Menschen (deren Beruf Therapeut ist), die nicht denken oder sagen: boa, schau' dir mal die Fette da an! Sondern evtl. auch privat eine wohlwohlende, mitfühlende oder neutrale Haltung haben, ganz natürlich. Diejenigen, die sich ansonsten abwertend äußern, sind dann höchstens die, die Empathie heucheln müssen, die für mich auch keine Technik ist. Denn wenn es an grundlegenden menschlichen Qualitäten fehlt, kann man Empathiedefizite höchstens eingeschränkt durch Techniken ausgleichen. Authentische Menschen können hingegen Qualitäten, die sie sonst auch als "Anlage" haben, auch beruflich nutzen. So meine Meinung.
Es besteht -eigentlich- auch kein Grund, sich über Fette auf der Straße aufzuregen... denn mit denen hat man ja nichts zu schaffen. Insofern stellt sich dann auch die Frage, ob man etwas eigene Ablehnungen in andere hineinlegt. Z.B.
Das für mich Heftigste, was ich mit einem Psychotherapeuten mal erlebt habe war: Wir gingen durch die Stadt. Plötzlich sagte die Therapeutin: "Boh, guck Dir mal diese Fettwanze da an. Wenn der läuft wackelt alles. Der kommt ja kaum die Treppen hoch. Wenn ich so aussehen würde, würde ich mich zu Hause einmauern". [Hervorhebung durch mich, stern]
Und hier hießt es ja auch: Wenn ICH so aussehen würde..., dann... würde es MIR so und so damit gehen. sprich: Der Fettwanze selbst geht es damit evtl. anders (in jedem Fall hat sie sich nicht eingemauert, was btw. eher ein zusätzliches Problem wäre und keine Lösung). Es handelt sich vielmehr um die Ablehnung der Therapeutin. Und ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Therapeut, der sich selbst einmauern und abwerten würde, Übergewichtigen vermitteln könnte, das nicht zu tun, und sich selbst wertschätzend zu begegnen - ohne etwas zu heucheln.
Jemand, der heucheln muss oder selbst etwas nicht auf die Reihe bringt, taugt nicht als Modell. Das sind dann eher die Typen, die etwas bei sich ablehnen (und sich ergo sogar einmauern würden), das aber bei anderen therapieren wollen. Ich denke, stärkere Gewichtsauffälligkeiten (nach oben oder unten) sind einer Therapie schon mal anzusprechen... und ich kann man mir kaum vorstellen, dass jemand, der im Privaten eine angewiderte Haltung hat, sobald er das Therapiezimmer betreten hat, eine andere Einstellung dazu hat. Er kann diese höchstens überspielen (heucheln). Aber das würde ich nicht zum Regelfall deklarieren... sondern es gibt auch Menschen, die es nicht nötig haben, ihren Empfinden einen Technik überzuziehen, weil sie gar nicht so abwertend empfinden. Diejenigen, die Abwertung wahrnehmen, sollten mMn den Patienten besser gleich ablehnen. Denn das kann man mNn nicht durch Abwertung wettmachen - ohne dass Patienten das merken würde (vielleicht nicht jeder, aber man sollte Patienten nicht unterschätzen). Und wenn ein Therapeut seine eigentlich abwertende Haltung noch nicht einmal wahrnehmen würde: noch schlimmer. Meine Sichtweise zu "Empathie als Technik". Ich glaube nicht, dass man von einem Therapeuten lernen kann, sich und anderen wertschätzend zu begegnen, wenn das jemand als Technik begreift. Das ist dann ein sehr technisches Verständnis. Menschen sind aber keine Maschinen.