Heucheln Psychotherapeuten Sympathie?

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Lockenkopf
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Beitrag Fr., 23.06.2017, 22:32

Harmonia hat geschrieben: Fr., 23.06.2017, 08:36 Mir fällt zudem gerade auf, dass man besser hätte fragen können: heucheln PT Empathie?
Empahie ist Technik. Die kann man lernen.

Wenn du einem Th. privat begegnest, dann ist er nicht im Arbeitsmodus. Er verhält sich wie jeder andere auch und lästert vielleicht über dicke oder doofe. Er muss den dicken Menschen dann nicht verstehen wollen. Er darf sich von diesen und seinem Leid oder Wesen vollkommen abgrenzen, so wie jeder andere auch.

Begegnet ihm aber dieser Dicke in seiner Praxis, dann ist es seine Aufgabe diesen Menschen zu verstehen, ein Stück weit in dessen Schuhen zu wandeln, empathisch zu sein.

Das ist der Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit!!!
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Lockenkopf
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Beitrag Fr., 23.06.2017, 22:40

Philosophia hat geschrieben: Fr., 23.06.2017, 08:47 Hmm...hängen Sympathie und Empathie nicht doch ein bissl zusammen? Heißt, kann ich überhaupt empathisch sein, wenn ich nich wenigstens etwas Sympathie spüre? Ohne Sympathie könnte ich wirkliche Empathie wohl nur heucheln.
Bei Antipathie ist Empathie nicht möglich.
Etwas Sympathie oder wenigstens ein neutrales Gefühl sollte schon da sein.
Durch Empathie kann übrigens auch Sympathie entstehen.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Harmonia
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 04:02

Lockenkopf hat geschrieben: Fr., 23.06.2017, 22:32 Empahie ist Technik. Die kann man lernen.

Wenn du einem Th. privat begegnest, dann ist er nicht im Arbeitsmodus. Er verhält sich wie jeder andere auch und lästert vielleicht über dicke oder doofe. Er muss den dicken Menschen dann nicht verstehen wollen. Er darf sich von diesen und seinem Leid oder Wesen vollkommen abgrenzen, so wie jeder andere auch.

Begegnet ihm aber dieser Dicke in seiner Praxis, dann ist es seine Aufgabe diesen Menschen zu verstehen, ein Stück weit in dessen Schuhen zu wandeln, empathisch zu sein.

Das ist der Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit!!!
Hi Lockenkopf,

sorry, das sehe ich völlig anders. Empathie ist keine Technik, sondern ist eine Haltung. Und die habe ich dann sowohl im Arbeitsleben, als auch in der Freizeit. Das macht mich dann auch zum Menschen, und nicht zu einer technikbeherrschenden Maschine. Wer nicht allumfassend Empathie mit beispielsweise Dicken oder was auch immer hat, der hat sie dann auch nicht im Berufsleben. Es ist dann eben gespielte Empathie, eben HEUCHELEI!!!
Herzliche Grüße
Harmonia

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Harmonia
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 04:10

Jenny Doe hat geschrieben: Fr., 23.06.2017, 08:58 Ohne Wissen gehr es nicht. Man benötigt Wissen um einen Job ausüben zu können. Eine Therapeut könnte dir nicht helfen, wenn er nicht gelernt hätte wie. Er könnte Dir nichts erklären, wenn er nicht studiert hätte "wie Mensch funktioniert". Und einem Therapeuten mit mangelhaften Wissen gegenüber zu sitzen, ist auch nicht lustig, wie ich selber aus eigener Erfahrung weiß.

Zum Roboter wird man dadurch nicht. Wenn man eine Psychotherapeutenberuf geeignete Persönlichkeit hat, dann hat man diese auch dann noch, wenn die Prüfungen vorbei sind und man nicht mehr pauken muss.

Wohl aber sollte die Persönlichkeit des Bewerbers auf eine Therapeutenausbildung mehr Berücksichtigung finden, so wie auch andere Berufe Eigenschaften wie Teamfähigkeit oder Stressresistenz fordern und voraussetzen. Die persönliche Eignung findet derzeit zu wenig Berücksichtigung, da die Ausbildung zum Psychotherapeuten in privaten Ausbildungsinstituten erfolgt, die sich über jeden Bewerber freuen, der bereit ist 30.000 - 60.000 Euro zu zahlen.
Hallo Jenny,
ich sehe es leider etwas anders. So ein Lernpensum macht etwas mit deinem Gehirn. Und den meisten Müll wirst du niemals anwenden und schon gar nicht zwischenmenschlich benötigen. So ist es aber ehrlich gesagt bei ganz vielen Berufen. Du brauchst eben einen Abschluss, damit du überhaupt einen Beruf ausüben darfst. Die eigentliche berufsbezogene Arbeit beginnt doch ehrlich gesagt erst nach der Ausbildung. Studenten geht es um super Abschlüsse, sie lernen für die Prüfung bis zum Umfallen, das Interesse muss hierbei auf der Strecke bleiben, ist ja gar keine Zeit dafür da sich in die eigenen Interessen zu vertiefen. Zudem ist das Gelernte auch wieder weg, es sein denn, du frischst es wieder auf. Deine Festplatte wird halt immer wieder überschrieben mal salopp gesagt.
Herzliche Grüße
Harmonia

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Harmonia
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 04:21

candle. hat geschrieben: Fr., 23.06.2017, 11:21
Harmonia hat geschrieben: Fr., 23.06.2017, 07:52 dass die Empathie von Therapeuten möglicherweise nur geheuchelt ist.
Kein Mensch kann durchweg heucheln, das wäre ja viel zu anstrengend. Dabei fände ich jetzt die Frage interessanter wieso dir das "dauernd" so vorkommt oder warum du Empathie nicht spürst.

Zu den Manipulationen kann ich nichts sagen, halte das aber generell für falsch im engeren Sinne. Therapie ist ja keine Sekte.
Hi Candle,
natürlich spüre ich Empathie. Empathie ist für mich persönlich aber eben nicht zweckgebunden. So wie Lockenkopf das Beispiel brachte, dass Beruf und Freizeit zwei verschiedene Dinge wären. Entweder bin ich ein empathischer Mensch oder ich bin es nicht. Psychopathen können z.B. das Empathieempfinden ohne weiteres an und auch wieder ausschalten. Es dient lediglich dem Zweck. Erschreckend....
Herzliche Grüße
Harmonia

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sandrin
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 05:12

Lockenkopf hat geschrieben: Fr., 23.06.2017, 22:32
Wenn du einem Th. privat begegnest, dann ist er nicht im Arbeitsmodus. Er verhält sich wie jeder andere auch und lästert vielleicht über dicke oder doofe. Er muss den dicken Menschen dann nicht verstehen wollen. Er darf sich von diesen und seinem Leid oder Wesen vollkommen abgrenzen, so wie jeder andere auch.

Begegnet ihm aber dieser Dicke in seiner Praxis, dann ist es seine Aufgabe diesen Menschen zu verstehen, ein Stück weit in dessen Schuhen zu wandeln, empathisch zu sein.

Das ist der Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit!!!

Also ich finde das gruslig. Mir ist schon auch klar, dass ein Therapeut ein Privatleben hat und sich in diesem anders verhalten mag. Nur was hab ich denn als Patient davon, wenn ich einen Menschen dafür (indirekt über die Krankenversicherung) bezahle, dass er mir WÄHREND der Stunden etwas ganz anders vermittelt, als er vielleicht wirklich (über mich) denkt? Ich würde das niemals akzeptieren können. Und ich möchte auch so viel Selbstwertgefühl haben, dass ich so etwas nicht tun muss. Dann würde ich lieber einen Menschen außerhalb einer Therapie suchen, der es wirklich ernst mit mir meint, der meine Werte im Allgemeinen teilt (und zu diesen gehört es, andere Menschen z. B. nicht zu beleidigen), auch wenn man vielleicht nicht immer einer Meinung sagen kann.


isabe
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 07:15

Empathie ist natürlich keine Technik, sondern eine Haltung. "Richtig" müsste es heißen: Es gibt Wege ("Technik" ist etwas anderes, weil "Technik" allein zweckgebunden ist und den Menschen damit zum Gegenstand degradieren würde, was wiederum der Entwicklung der Empathie im Wege stehen würde), die Beziehung zu einem Menschen zu fördern, wenn man als Therapeut (oder Erzieher usw.) merkt, dass da "irgendwas" feststeckt oder es ein Hindernis gibt, sich einem Menschen so zuzuwenden, wie er das verdient hat und wie er das im Rahmen der Beziehung erwarten kann.

Man kann dabei nicht die grundsätzliche Haltung erlernen; das wäre nicht authentisch und in einem solchen Beruf kontraproduktiv: Eine Therapie ist ja keine Zwangsehe. Man kann nur lernen, das richtige Maß zu finden zwischen dem Gefühl (positiv wie negativ) für den Anderen und dem Gefühl für sich selbst (also, man kann sich in einer bestimmten Situation in der Begegnung mit einem Menschen ekeln und kann DANN umschalten und in den "Empathie-Modus" wechseln, sich also in die Perspektive des Anderen versetzen und verstehen, WARUM man sich gerade abgestoßen fühlt usw.).

Ein guter Therapeut würde natürlich nicht außerhalb seiner Praxiszeit zu einem Unsympathen werden, der über Dicke oder Hässliche usw. lästert - man repräsentiert weiterhin seinen Berufsstand, und so kann auch ein Arzt nicht nach seiner Arbeit sagen: "Mich interessiert das Unfallopfer nicht" - nein, er ist verpflichtet, zu helfen, wenn er als Passant einen Unfall sieht. So ähnlich (wenn auch anders) ist das auch mit Therapeuten: Respektables Verhalten wird immer vorausgesetzt, und es ist keine Kunst, sich nicht wie ein Ar.sch zu verhalten! "Normalsein" reicht völlig aus.

Wer also feststellt, dass er außerhalb seiner Sprechstunde zum Ar.sch mutiert, kann ganz sicher davon ausgehen, dass er IN der Sprechstunde ein großes Problem hat, mit dem er nicht umzugehen weiß - was die Patienten ausbaden müssen.

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stern
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 08:10

Ich glaube nicht, dass ein Therapeut privat zwingend ein ganz anderes "Wesen" oder grds. Einstellungen hat als beruflich. So gibt es sicher Menschen (deren Beruf Therapeut ist), die nicht denken oder sagen: boa, schau' dir mal die Fette da an! Sondern evtl. auch privat eine wohlwohlende, mitfühlende oder neutrale Haltung haben, ganz natürlich. Diejenigen, die sich ansonsten abwertend äußern, sind dann höchstens die, die Empathie heucheln müssen, die für mich auch keine Technik ist. Denn wenn es an grundlegenden menschlichen Qualitäten fehlt, kann man Empathiedefizite höchstens eingeschränkt durch Techniken ausgleichen. Authentische Menschen können hingegen Qualitäten, die sie sonst auch als "Anlage" haben, auch beruflich nutzen. So meine Meinung.

Es besteht -eigentlich- auch kein Grund, sich über Fette auf der Straße aufzuregen... denn mit denen hat man ja nichts zu schaffen. Insofern stellt sich dann auch die Frage, ob man etwas eigene Ablehnungen in andere hineinlegt. Z.B.
Das für mich Heftigste, was ich mit einem Psychotherapeuten mal erlebt habe war: Wir gingen durch die Stadt. Plötzlich sagte die Therapeutin: "Boh, guck Dir mal diese Fettwanze da an. Wenn der läuft wackelt alles. Der kommt ja kaum die Treppen hoch. Wenn ich so aussehen würde, würde ich mich zu Hause einmauern". [Hervorhebung durch mich, stern]
Und hier hießt es ja auch: Wenn ICH so aussehen würde..., dann... würde es MIR so und so damit gehen. sprich: Der Fettwanze selbst geht es damit evtl. anders (in jedem Fall hat sie sich nicht eingemauert, was btw. eher ein zusätzliches Problem wäre und keine Lösung). Es handelt sich vielmehr um die Ablehnung der Therapeutin. Und ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Therapeut, der sich selbst einmauern und abwerten würde, Übergewichtigen vermitteln könnte, das nicht zu tun, und sich selbst wertschätzend zu begegnen - ohne etwas zu heucheln.

Jemand, der heucheln muss oder selbst etwas nicht auf die Reihe bringt, taugt nicht als Modell. Das sind dann eher die Typen, die etwas bei sich ablehnen (und sich ergo sogar einmauern würden), das aber bei anderen therapieren wollen. Ich denke, stärkere Gewichtsauffälligkeiten (nach oben oder unten) sind einer Therapie schon mal anzusprechen... und ich kann man mir kaum vorstellen, dass jemand, der im Privaten eine angewiderte Haltung hat, sobald er das Therapiezimmer betreten hat, eine andere Einstellung dazu hat. Er kann diese höchstens überspielen (heucheln). Aber das würde ich nicht zum Regelfall deklarieren... sondern es gibt auch Menschen, die es nicht nötig haben, ihren Empfinden einen Technik überzuziehen, weil sie gar nicht so abwertend empfinden. Diejenigen, die Abwertung wahrnehmen, sollten mMn den Patienten besser gleich ablehnen. Denn das kann man mNn nicht durch Abwertung wettmachen - ohne dass Patienten das merken würde (vielleicht nicht jeder, aber man sollte Patienten nicht unterschätzen). Und wenn ein Therapeut seine eigentlich abwertende Haltung noch nicht einmal wahrnehmen würde: noch schlimmer. Meine Sichtweise zu "Empathie als Technik". Ich glaube nicht, dass man von einem Therapeuten lernen kann, sich und anderen wertschätzend zu begegnen, wenn das jemand als Technik begreift. Das ist dann ein sehr technisches Verständnis. Menschen sind aber keine Maschinen.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Die Dummheit hat aufgehört sich zu schämen«
(Heidi Kastner)


montagne
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 08:46

Ich denke da sind schon große Abstufungen. Wenn man mal einen Therapeuten oder Arzt in privaten Umfeld lästern hört, heißt das nicht gleich, das die Person nun ein menschenfeindlicher Unsympath ist oder sonst wie für den Beruf ungeeignet.

Was ja hier nicht zur Sprache kommt, was für ein Bullshit sich Therapeuten tagtäglich geben müssen. Die meisten Klienten und auch hier, sehen sich ja erstmal als arme, bedürftige, liebenswerte Opfer. Es schwingt ein vermeindliches Recht auf zartfühlende, empathische Behandlung mit.
(Das macht in meinen Augen den Therapeuten zum Objekt und versperrt die Ebene des intersubjektiven Miteinanders, aber ist ein anderes Thema.)
In Wirklichkeit aber gibt es doch keine psychische Störung ohne dysfunktionale Beziehungsmuster und ohne negative Emotionen. Die harte Arbeit von Therapeuten besteht doch nicht (nur) darin, sich das Elend aus der Vergangenheit anzuhören, sondern eben Objekt der Projektion dieses Elends zu sein. Klar ist ihr Job! Die Frage ist, welche Ansprüche bestehen, wie sie diesen Job ausüben sollen.

Was ich sagen will, man hört jemanden lästern, aber weiß man, wie sein Tag war? An manchen Tagen läuft alles normal. An anderen Tagen ballt es sich für den/die TherapeutIN und sie/er muss sich Angriffen und unverschämten Reaktionsweisen von allen 6 Klienten aussetzen. Selbstverständlich darf erwartet werden, dass die Therapeutin damit auf professioneller Ebene korrekt umgeht.
Am Ende des Tages ist die Therapeutin erstmal genervt und schlicht runtergerockt und dann wird vielleicht mal am Abend im Biergarten was harsches, unfaires über Klienten oder eben ein bestimmtes Klientel geäußert.

Ich finde es nicht unprofessionell, wenn sowas mal passiert. Unprofessionell wäre es, das unreflektiert geschehen zu lassen, meiner Meinung nach. Profesionell wäre es, solche Reaktionsweisen an sich zu erkennen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Sei es, die innere Beziehung zu bestimmten Klienten zu verbessern, das Thema in der Supervisionsgruppe ansprechen, whatever. Wenn man es bemerkt und reflektiert, ergibt sich ja eine positive Veränderung.

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Harmonia
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 09:33

Es gibt ein weiteres Beispiel, weshalb für mich dieses Thema Empathie irgendwie problembehaftet ist. Zu einer Zeit, wo bei mir die völlige Resignation und damit wohl Depression ausgebrochen war, gab es aus dem von mir bereits erwähnten Freundeskreis jemanden, die sich sozusagen mir zugewandt hatte. D.h. wir hatten uns häufiger getroffen, meistens eben gequatscht und Kaffee getrunken. Und ich mochte sie auch, obwohl sie in ihrer Persönlichkeit immer sehr extrem war. Aber sie hatte inzwischen Familie gegründet etc., sie war eben inzwischen irgendwie ruhiger und mehr gesettled. Deshalb passte es vermutlich auch eine Zeit lang ganz gut. Für mich war es dann auch der Versuch eben eine verlässliche Beziehung aufzubauen. Was ich hingegen nicht erkennen konnte, dass ich für sie lediglich ein Mensch war, dem man helfen müsste. Also, meine Qualitäten hat sie im Grunde und ganz offensichtlich gar nicht geschätzt, stattdessen war ich in ihren Augen ein minderwertiges Wesen. Indirekt habe ich das wohl auch gespürt, auf der anderen Seite war sie immer nett zu mir. Zum großen Bruch kam es dann aber, als sie schamlos mein Vertrauen missbraucht hatte (weil sie eben eine Tratschtante war und ist), ich fragte sie noch, ob sie es auch für sich behalten könne. Fazit war, dass ich gänzlich in einer gewissen Öffentlichkeit blamiert wurde, und sie mir auch noch den Schwarzen Peter zuschieben wollte, nach dem Motto selbst Schuld, wenn man das erzählt etc. Zum gleichen Zeitpunkt bin ich mal in Tränen ausgebrochen und sie fing an zu lachen. Plötzlich wendete sich das Blatt, und sie zeigte ihre eiskalte unempathische Seite... Kurze Zeit später verstarb plötzlich ihr Bruder durch einen Verkehrsunfall. Wir hatten uns danach 6 Monate nicht gesehen, obwohl ich meine Unterstützung angeboten hatte. Ich fragte sie dann, wer ich für sie eigentlich wäre. Und sie antwortete schnippisch, dass ich nicht ihre beste Freundin wäre (was ich auch überhaupt nicht erwartet hatte). Das war dann der endgültige Schlussstrich für mich, diese Pseudo-Freundschaft zu beenden mit sehr klaren Worten, woraufhin sie auch noch meinte, dass ich es wohl wäre, die verletzend wäre (weil ich ihr die Meinung gesagt habe ...). Hinzu kam, dass sie mich für irgendwelche Tätigkeiten (beim Hausbau) immer gut gebrauchen konnte, währenddessen sie den Rest ihrer Freundinnen bei diesen Tätigkeiten immer schön ausgespart hatte. Ich habe mich seinerzeit gefühlt, als wäre ich der letzte Dreck und es wirkt leider noch bis heute nach. Was ich damit sagen möchte ist, dass es in Beziehungen zu anderen Menschen vielleicht doch nicht immer so leicht ist zu erkennen, wer es ernst meint und wer nicht. Ich glaube, wenn man jetzt eben über den Tellerrand der Therapie hinaus geht, dann ist dies eines der gravierenden Probleme für mich, mich auf andere Menschen einzulassen, da ich eben erwarte, dass ich wieder auf einen Menschen herein falle bzw. ich kein gutes Gefühl dafür habe, wer ernsthaft an einer Beziehung sowohl freundschaftlich als auch partnerschaftlich interessiert wäre.
Herzliche Grüße
Harmonia

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CrazyChild
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 09:58

@montagne - danke.Toller Beitrag. :-)
LG, CrazyChild

***stay strong***

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Broken Wing
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 10:16

Ich denke, jeder, der in einem Beruf gearbeitet hat, wo er viel mit anderen Menschen zu tun hatte, wird mir zustimmen.
Die meisten Leute sind echt zum Kotzen, aber sowas von.

Ich konnte keine Empathie heucheln, was vielleicht auch an dem geringen Verdienst gelegen haben mag. Zum Stundensatz meiner Therapeutin würde ich vielleicht auch mehr tun.
Und dennoch gibt es Menschen, wo einfach nichts zu wollen ist. Mit Psychos tue ich mir schwer, weil es die ganze Zeit um sie gehen muss. Ich, ich, ich, dann laange nichts und dann, nur ansatzweise, Gott. Bei meinem letzten Klinikbesuch ist mir so ein Multi begegnet, da war es am Schlimmsten. Vor mir stand nicht nur ein riesiges, aufgeplustertes Ich, sondern gleich eine ganze Sippe. Da bekommt man es als Laie schon mit der Angst zu tun, niedergetrampelt werden zu können.

Für einen psychisch halbwegs intakten Menschen, wovon ich bei Therapeuten jetzt der Geschäftsordnung vieler Ausbildungseinrichtungen wegen mal ausgehe, bräuchte es viel Aufwand, um ständig mit solchen Phänomenen klarzukommen.erst rechfür analytisch arbeitende Therapeuten, die den Pat. mehrmals die Woche sehen.

Ich denke, dass außerdem eine Abneigung gegen einen Menschen nicht dasselbe ist wie der Hass des anderen aufgrund eines Merkmals.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Scars
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 10:19

Dann liegt es aber vielleicht eher an dir, Harmonia, dass du etwaige Empathie nicht zulassen kannst.

Tut mir Leid für den unpassenden Kommentar jetzt, aber ich kann es mir nicht ersparen: die Therapeuten, Ärzte und sonstige Zugehörige "helfender" Berufsgruppen, die ich kenne, sind teilweise erheblich "gestört". :lol:
Nichtsdestotrotz (oder zuweilen gerade auch deshalb) machen sie einen tollen Job - und ich persönlich finde es überhaupt nicht schlimm, wenn man nach Feierabend auch mal die "andere" Seite raushängen lässt und bin da ganz bei montagne. Nicht zuletzt kann einem auch die Erwartungshaltung seitens der Patienten bezüglich der gewünschten Qualitäten zu schaffen machen. Auch der menschlichste Mensch kann sich (durch Verkettung ungünstiger Umstände) mal "falsch" verhalten. Und ich meine, dass das Leben des Therapeuten ausserhalb der Sitzungen den Patienten überhaupt nichts angeht. Wichtig ist, dass die Haltung währenddessen stimmt und die kann durchaus anders sein, als in der Freizeit, ohne dass es Heuchelei wäre.
Ärztliches Personal, dass sich im Zug nicht meldet ist auch nicht gleich unmenschlich oder berufsungeeignet - vielleicht gibt es in diesem Moment einfach Gründe nicht zu reagieren und die Sache an der nächsten Station die Kollegen im Dienst regeln zu lassen.
LG scars
Remember to leave pawprints on hearts.


montagne
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 10:25

Ich denke, jeder, der in einem Beruf gearbeitet hat, wo er viel mit anderen Menschen zu tun hatte, wird mir zustimmen.
Die meisten Leute sind echt zum Kotzen, aber sowas von.
Denkst du falsch.
Bzw. gehe nicht von deiner menschenfeindlichen Haltung aus und schließe davon auf alle. Wie war das nochmal mit dem ich, ich, ich?


candle.
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Beitrag Sa., 24.06.2017, 10:43

Hallo Harmonia!
Harmonia hat geschrieben: Sa., 24.06.2017, 04:21 Empathie ist für mich persönlich aber eben nicht zweckgebunden.
Empathie vielleicht nicht, das hat Mensch mehr oder weniger. Allerdings ist doch alles, wenn auch oft unbewußt, so ziemlich alles zweckgebunden, wenn man mit Menschen umgeht. Das kann man jetzt ganz pessimistisch sehen.

Du hast deiner Freundin sicher was gegeben, sonst hätte sie sich mit dir nicht getroffen, allerdings scheint dir das gar nicht bewußt gewesen zu sein. Und was du ihr angeboten hast, wollte sie nicht. So ist das mit den Erwartungen.
Es ist ziemlich selten oder passiert gar nicht, dass man da 100 Prozent zusammen paßt mit und ohne Empathie.

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