Was dem Therapeuten anvertrauen und was nicht

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 57
Beiträge: 5135

Beitrag Mo., 10.07.2017, 08:01

Hallo Arbeiter,

gerne geschehen.

Vielleicht noch etwas aus eigener Erfahrung, aus der Verhaltentherapie.
Meine letzte Verhaltenstherapeutin, bei der ich die Therapie abgebrochen habe, liebte die Methode "Ich-Aktive-Sätze" und fiel mir bei jedem Satz, den ich sagte, ins Wort und forderte mich auf, meinen Satz in einer Ich-Aktiven-Form zu formulieren. Ich beklagte, dass sie mich dadurch jedes Mal, X Mal die Stunde, aus meinen Gefühlen rausreißen würde und mir vorschreiben würde, wie ich meine Sätze zu formulieren habe. Es war ihr wichtiger wie ich etwas formuliere als was ich sage. Sie war uneinsichtig, verstand mich und meine Kritik an ihr nicht, machte weiter mit ihren ständigen Unterbrechungen. Ich brach die Therapie ab. Ich brach sie ab, weil ich wusste (die Vorerfahrung hatte ich bereits), dass nicht alle Verhaltenstherapeuten so arbeiten, mit nur dieser einen Methode arbeiten. Ich wusste, dass das nicht "Verhaltenstherapeuten machen das so" ist, sondern "Sie macht das so". Andere Verhaltenstherapeuten arbeiten anders. Ich bin jetzt bei einer, die mich nicht ständig unterbricht, der es wichtiger ist was ich sage.
Du stehst leider vor dem Problem, dass nicht immer das drin ist was drauf steht. Therapeuten haben ihre Lieblingsmethode, sie haben ihre Vorstellung, wie Therapie ablaufen muss, sie arbeiten nachdem, was und woran sie selber glauben, ... Kurz: Sie sind in ihrer Therapie subjektiv. Subjektivität muss nicht zwangsläufig falsch und schlecht sein. Vielmehr muss es passen. Es muss passen zwischen Klient und Therapeut. Es gibt gewiss Klienten, denen die Ich-Aktive-Methode hilft. Mir hat es nicht geholfen, im Gegenteil. Die ständige Gefühlsunterdrückung hat bewirkt, dass es mir immer schlechter ging.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Arbeiter
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 42
Beiträge: 18

Beitrag Mo., 10.07.2017, 09:56

Hallo Jenny Doe,
kenne ich: Meine Ex hatte dass auch immer wieder an mir moniert,
daß ich zu oft " man " sagen würde und zu wenig " Ich ".
Mein Vater hatte den Stil drauf : " ...weil "man" das eben so macht "
dh. sich sozial ( bürgerlich ) konform zu verhalten.
Das hatte ich dann wohl unbewußt einfach so mit übernommen.
Mit der Änderung nach " Ich " kam dann die latente Frage auf:
Will ich das wirklich ? Warum ? Wer bin ich ? etc.

Sie hatte mir vorgehalten, mich hinter einem "man" zu verstecken,
und einen allgemeinen Verhaltenskodex als Rechtfertigung für eine
Ansicht, Absicht oder Handlung zu benutzen, ohne das zu hinterfragen.
Weil es so bequem wäre, keine Standfestigkeit erfordere
und Verantwortung auf die Gesellschaft abwälzen würde.
Und damals in den 90ern war schon noch ein Rest Linksopposition da,
die Eltern und Bürgerliches an sich in Frage zu stellen hatte,
sonst roch es nach bürgerlich angepasst, konservatives Establishment.

Heute denke ich, daß viele damit wieder etwas entspannter umgehen
und es nicht gleich zum politischen Dogma erheben.
Und hier meine Frage :
Wenn die 1. Person Singular rein kognitiv antrainiert wird,
von einer emsig darauf insistierenden Therapeutin oder Therapeut,
heißt das wirklich, daß es das langfristig zur zweiten Natur wird,
daß es authentisch mit tiefen Brusttönen von innen heraus kommt,
daß ein Mensch daduch mehr Selbstbewußstsein,
Selbstvertrauen, Auftreten, Verantwortungsbereitschaft etc. gewinnt,
oder bleibt es nur eine Schale, eine Fassade,
die nur zu noch mehr Sich - Hinterfragen führt,
als wenn jemand einfach beim gewohnten "man " bliebe ?

Das ist zwar nicht der Punkt, den ich in meiner Therapie
gleich zu Anfang thematisieren will, hier sozusagen " OT ",
nur als Antwort auf deinen Post gedacht.
Aber früher oder später kommt es in meiner Therapie sicher auch dazu.
LG
Carl
-


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 57
Beiträge: 5135

Beitrag Mo., 10.07.2017, 10:07

Hallo Arbeiter,
zwar OT, vielleicht kann man den Teil ja bei Zeiten abtrennen, wenn du es zum Thema machen magst?
Wegen OT nur kurz:
die nur zu noch mehr Sich - Hinterfragen führt,
Ich verwende so gut wie nie das Wort "man", schreibe und spreche immer in Ich-Form.
Sie meinte damit so Sätze von mir wie: "Ich werde reizüberflutet" und schrieb mir vor, dass ich sagen soll "ich lasse mich reizüberfluten". Doch den Satz so formuliert entsprach nicht meinem Empfinden. Drei Kneipen mit Biergarten vorm Fenster, einen direkt an meiner Wohnung angrenzender Kindergarten mit ca. 150 Kindern, ... würde fast jedem irgendwann an die Substanz gehen. Aber, um Deine Frage zu beantworten: Auf mich traf das Noch mehr sich selbst hinterfragen zu. Ich suchte durch die Satzumformulierung das Problem bei mir und dachte, ich sei nicht belastbar genug. Durch diese "Ich bin das Problem" Sicht wurde es mir erschwert meine Situation zu ändern und aus dieser Wohnung auszuziehen. Möglich wurde mir ein Auszug erst nach Therapieabbruch und Wechsel zu einer anderen Therapeutin. Als ich mit ihr telefonierte fragte sie mich "Was ist das für ein enormer Lärm bei ihnen?". Da begriff ich, dass sie mich durch diese Umformulierung meiner Sätze so manipuliert hatte, dass ich meiner eigenen ursprünglichen Wahrnehmung, nämlich "ich werde überflutet" nicht mehr getraut habe und begann das Problem bei mir zu suchen.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Arbeiter
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 42
Beiträge: 18

Beitrag Mo., 10.07.2017, 10:34

oh ok, jetzt ist es mir klar :
"sich überfluten lassen" enthält die Notwendigkeit,
etwas an sich zu ändern, z. B. sich besser zu panzern,
während "ich werde reizüberflutet" einen Leidenszustand und / oder
eine Aufforderung an die Umwelt darstellt, das gefälligst zu unterlassen.

Lärm ( in dem Fall Maschinen ) ist auch in meinem Beruf ein Problem,
ich nehme immer etwas in die Ohren. Anders gehts nicht.
Aber wenn ich im Lärm auch noch wohnen und schlafen müßte,
wär´s ganz aus.
Hier donnern bis 23 Uhr die Jets übers Haus. Einflugschneise !
Dann bis demnächst : Jetzt gehts ab zur Kundschaft ...

LG
Carl
-

Werbung

Benutzeravatar

sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Mo., 10.07.2017, 18:00

Was man vielleicht fairerweise schon sagen muss: PAs funktionieren in der Regel schon nach einem bestimmten "Muster", auch wenn es Spielräume gibt - ich meine nur, wegen der fehlenden Kommentare und Feedbacks. Ich hab diese Erfahrung regelmäßig - mal mehr, mal weniger - gemacht. Ich glaube, dass das schon auch ein bisschen daran liegt, wie Analytiker vorgehen, eben dass sie sich nicht festlegen, weil sie das für das Beste halten. Dieses Vorgehen resultiert aus dem Bild, wie sie die "Krankheit" und die Entwicklung ihrer Patienten sehen. Das lernen die vermutlich so in der Ausbildung. Ist nicht immer das Schlechteste, aber kann auch ganz schön frustrieren.
Das war mir jetzt einfach nochmal wichtig zu schreiben, auch wenn ich weiß, dass man nie verallgemeinern kann.

Aber was ich auch nochmal sagen wollte: Ich finde das eine sehr wichtige Idee, bereits zu Beginn diese Dinge beim Therapeuten zu klären (sofern man schon über den nötigen "Background" verfügt). Ich glaube, dass das nach wie vor die absolute Ausnahme ist, dass Patienten das tun. Vielleicht ändert sich das jetzt mit Einführung der Sprechstunde, die ja auch eine beratende Funktion innehat.


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 57
Beiträge: 5135

Beitrag Mo., 10.07.2017, 19:55

Hallo Sandrin,
PAs funktionieren in der Regel schon nach einem bestimmten "Muster", auch wenn es Spielräume gibt
Da hast du absolut Recht. Jedes Therapieverfahren hat sein eigenes Weltbild und Menschenbild, seine eigene Theorien , Modelle und Vorstellungen davon, wie Psychotherapie ablaufen sollte und wie man Probleme erklären sollte. Das ist vielleicht etwas zu kurz gekommen in der Diskussion hier. Es ist gewiss nicht verkehrt sich vor Therapiebeginn etwas mit dem Verfahren vertraut zu machen, um entscheiden zu können, ob das was für einen ist oder ob man etwas anderes braucht.
Aber wie Analytiker sind, das kann man genausowenig verallgemeinert sagen wie wie Verhaltenstherapeuten sind. Ich habe mal eine Analytikerin kennengelernt, die im Erstgspräch überhaupt nichts sagte, die ganze Sitzung nur an die Decke starrte. Eine andere Analytikerin hingegen interpretierte gerne und sprach entsprechend viel. Auch wenn sich beide im Verhalten unterschieden, so vertraten beide dennoch dieselben Theorien. Ist schwierig, da sich meiner Erfahrung nach viel mischt in einer Therapie, von Theorie eines Therapieverfahrens angefangen über subjektive Vorstellungen des Psychtherapeuten bis hin zu unterschiedliche Persönlichkeit des Therapeuten.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Arbeiter
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 42
Beiträge: 18

Beitrag Mo., 10.07.2017, 20:37

-
Während der letzten Therapie stand für mich
von anfang an eine Trennung von einer Partnerin im Raum,
wozu ich mindestens 2 Jahre gebraucht habe, um sie endlich zu vollziehen.
Die ganze Zeit hatte ich meine Sorgen dazu dem Therapeuten erzählt,
und er wußte, daß ich mich trennen will, es aber
nicht schaffe. Aus Angst. Aus falschen Schuldgefühlen heraus.

Er hatte nie die konkreten Eckdaten und Inhalte der Beziehung beleuchtet,
nie die Persönlchkeit meiner damaligen Partnerin,
nie erfragt, wo ihre / meine / unsere positiven bzw. hemmenden Seiten sind,
sondern nur immer meine Familiengeschichte und mich.

Es wurde nie mit mir gemeinsam eine Szenarienanalyse entworfen,
worst - case - assessments im Falle ( nach ) einer Trennung oder dgl.
Nie eruiert, worin genau die Angst besteht,
warum ich meine, mich im Falle einer Trennung schuldig fühlen zu müssen,
nie gefragt, ob ich sie liebe oder nicht.

Das alles aber wäre, so meine Ansicht heute, wichtig gewesen,
wie an so eine Krisenlage heranzugehen wäre.
So habe ich das Gefühl, viel Zeit verloren zu haben.
Und daß Leiden unnötig in die Länge gezogen wurde.

Deswegen ist liegt mir so viel daran, es besser zu machen als damals.
Gleich von Anfang an Klarheit schaffen, Ziele definieren,
Vorgehensweisen erörtern.

VG
Carl
-

Benutzeravatar

Lockenkopf
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 52
Beiträge: 2400

Beitrag Mo., 10.07.2017, 21:51

Arbeiter hat geschrieben: Mo., 10.07.2017, 20:37 -
Während der letzten Therapie stand für mich
von anfang an eine Trennung von einer Partnerin im Raum,
wozu ich mindestens 2 Jahre gebraucht habe, um sie endlich zu vollziehen.
Die ganze Zeit hatte ich meine Sorgen dazu dem Therapeuten erzählt,
und er wußte, daß ich mich trennen will, es aber
nicht schaffe. Aus Angst. Aus falschen Schuldgefühlen heraus.
Aus meiner Psychotherapieerfahrung herraus würde ich sagen, das Schuldgefühle ein lohnendes Thema sind.
Er hatte nie die konkreten Eckdaten und Inhalte der Beziehung beleuchtet,
Meine Psychotherapeut hat sich für diese interessiert. Allerdings habe ich keine Analytische Psychotherapie gemacht, sondern eine Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie.
nie die Persönlchkeit meiner damaligen Partnerin, erfagt

Konnte deine Psychoth. nicht, weil das nur Face to Face möglich ist
nie erfragt, wo ihre / meine / unsere positiven bzw. hemmenden Seiten sind,
Habe ich nie thematisiert. War kein Thema für mich. Wenn es ein Thema hätte werden sollen, hätte ich es thematisieren müssen.
sondern nur immer meine Familiengeschichte und mich.
Analytische Psychotherapie eben.
Es wurde nie mit mir gemeinsam eine Szenarienanalyse entworfen,
worst - case - assessments im Falle ( nach ) einer Trennung oder dgl.
Ist nicht Aufgabe der analytischen Psychotherapie.
Nie eruiert, worin genau die Angst besteht,
Es ist deine Aufgabe deine Angst zu benennen, sie zu thematisieren.
warum ich meine, mich im Falle einer Trennung schuldig fühlen zu müssen,
Auch wieder diene Aufgabe, deine Schuldgefühle zu thematisieren.
nie gefragt, ob ich sie liebe oder nicht.
Das hat mich noch nie ein Psychotherapeut gefragt. Meine Liebesgefühle kann nur ich zum Thema machen.
Das alles aber wäre, so meine Ansicht heute, wichtig gewesen,
Richtig. Aber es ist deine Aufgabe das Thema der Sitzung festzulegen.
wie an so eine Krisenlage heranzugehen wäre.
.. ist nicht Thema einer analytischen Psychotherapie, nicht mal eine tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie. Vielleicht einer Verhaltenstherapie.
Liebe Grüße
Lockenkopf

Benutzeravatar

sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Di., 11.07.2017, 04:03

Wenn ich mir deine Kommentare zu Arbeiters Aussagen so durchlese, Lockenkopf, dann wird mir klar, wie alleine, wie sehr im Stich gelassen man sich in einer solchen Therapie(form) doch fühlen muss, wenn es einem schlecht geht. Letzten Endes muss man schon ein großes Maß an psychischer Gesundheit mitbringen, wenn man sich dafür entscheidet. Nur dann kann man diese Eigeninitiative, die hier angesprochen wird, leisten.

Aber es ist vielleicht ja auch wichtig festzuhalten: PA (und meines Erachtens sogar auch teilweise tiefenpsychologisch orientierte Therapie) ist keine Therapie, die sich eignet, wenn man in einer tiefen Krise steckt (was du ja geschrieben hast). Ich fände es wichtig, das so zu benennen, weil vielen Patienten dadurch Leid erspart werden würde und sie sich adäquate Hilfe für ihre derzeitge Situation suchen könnten.

Wenn es einem gut genug geht und man sich mit Mustern auseinandersetzen möchte, dann ist eigentlich erst die Zeit, in der sich eine PA eignet.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Arbeiter
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 42
Beiträge: 18

Beitrag Di., 11.07.2017, 07:21

Hallo Lockenkopf,
ich gratuliere dir zu deiner überragenden Erfahrung und zu deinem
grandiosen Wissen über die Nicht - Aufgaben einer Psychoanalyse.

Ich nehme mal an, daß du das mit 18 auch schon alles wußtest.
Und daß dir in einer miesen Lage das auch alles so parat und präsent
war,
und daß du imstande gewesen wärest, einen Vorabcheck nach den
von dir genannten Gesichtspunkten so exakt durchzuführen,
daß du niemals in eine solche Falle hättest laufen können wie ich.

So wie du das beschreibst,
denke ich an die Meldung eines Schadensfalles bei einer Versicherung.
Niemand ist für nichts zuständig, dann heißt es
Sie hätten ... hätten... müssen, ja aber nur wenn,
und am Ende drehen sie es so daß man denkt ,
man ist am Schaden selbst schuld -.

Ich habe die Pannen meiner ersten Psychotherapie geschildert als
Erfahrung, und wie es in Zukunft nicht mehr laufen darf.
Und ich habe meine Vorgehensweise dazu erklärt.
Das könnte dir eigentlich den Hinweis geben,
daß ich seit jener Zeit auch etwas schlauer geworden bin,
wenn vielleicht auch nicht ganz so überragend schlau wie du.

Grüße
Carl
-

Benutzeravatar

sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Di., 11.07.2017, 17:41

Schade, offenbar wurde schon wieder jemand verscheucht :-(


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 57
Beiträge: 5135

Beitrag Di., 11.07.2017, 18:02

Das entspricht so überhaupt nicht meiner Psychoanalyse-Erfahrung. Ich bin mit meiner Analytikerin regelmäßig zusammengeknallt, weil sie die Themen meiner Sitzungen bestimmte. Wenn ich über meine Probleme reden wollte, über das, reden wollte, was mich belastet, dann unterstellte sie mir, ich würde den wahren Themen ausweichen, sie verleugnen und verdrängen. "Wahre Themen", oder besser gesagt "meine wahren Probleme" waren z.B. für sie meine "abnormale", "krankhafte", "behandlungsbedürftige" Homosexualität und mein "Verdrängen" sexueller Bedürfnisse für das männliche Geschlecht. Sie hat jede und jede Sitzung in die Hand genommen, die Themen und die Richtung bestimmt. Sie hat bestimmte, was behandlungsbedürftig ist und was nicht. Meine wahren Probleme, die mich zur Therapie bewogen haben, waren für sie irrelavant. wichtig war für sie, was sie als krank und behandlungbedürftig ansah. Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft ich mir die Worte "Verdrängung" und "Verleugnung" anhören musste.
Wie schon oben gesagt: Sie vertrat genauso ihre analytischen Ansichten wie die Analytikerin, die 50 Minuten lang an die Decke starrte. Doch sie verhielten sich unterschiedlich.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


montagne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 4609

Beitrag Di., 11.07.2017, 18:45

Arbeiter hat geschrieben:So wie du das beschreibst,
denke ich an die Meldung eines Schadensfalles bei einer Versicherung.
Niemand ist für nichts zuständig, dann heißt es
Sie hätten ... hätten... müssen, ja aber nur wenn,
und am Ende drehen sie es so daß man denkt ,
man ist am Schaden selbst schuld -.
Hey lass dich nicht vergraulen oder verrückt machen.
Ich finde, nachdem was du hier schreibst, dass du gut spürst, was du willst. Jetzt wirds drauf ankommen, dafür einzustehen, bzw. die einen Therapeuten und eine Therapierichtung zu suchen, bei dem du das bekommen kannst, was du brauchst.
Deswegen ist liegt mir so viel daran, es besser zu machen als damals.
Gleich von Anfang an Klarheit schaffen, Ziele definieren,
Vorgehensweisen erörtern.
Finde ich gut... gleichzeitig offen sein für das, was sich entwickelt. Vielleicht tun sich noch Themen auf, die du jetzt noch nicht wahrnimmst, vielleicht nicht. Es wird kommen.
Und vielleicht wird sich deine Meinung zum Vertrauen ändern oder nicht...

Ich erlebe es so in der Therapie, dass ich lange, lange selektiert habe, was ich erzähle und bestimmte Bereiche meines Lebens teils bewusst, teils unbewusst verborgen und geschützt habe. Mir ist schon klar, das das was mit meiner geschichte zu tun hat. Je mehr ich die verstehe und verarbeite, umso freier kann ich entscheiden, ob ich weiter selektieren will oder nicht. Das Vertrauen, was man im Laufe der Zeit in der Therapie entgegen bringt, ändert sich ja auch.

Ich denke wichtig ist nur, offen für diese Änderungen zu sein, zu werden... und du wirkst wie jemand, der in der Lage ist, sich zu ändern und sich dennoch treu bleibt. und das find eich, ist verdammt viel....

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Arbeiter
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 42
Beiträge: 18

Beitrag Di., 11.07.2017, 19:53

Hallo liebe Mitforisten, danke für eure Postings !
@sandrin :
ja, ich war erst stinksauer, daß ich so von oben herab belehrt
werden sollte, aber mein Zorn ist längst wieder verraucht ..
Ich gebe halt immer gleich raus, anstatt es lange in mir gären zu lassen ..

@Jenny Doe :
wow das hatte Pfeffer, hat mir erst mal die Kinnlade nach unten gedrückt.
Wenn jemand so autoritär kommt, wie die geschilderte Therapeutin,
fehlen ihm oft Argumente, die für den Anderen nachvollziehbar sind.
Daß Homosexualität behandlungsbedürftig wäre,
also im Sinne einer Umpolung zur Heterosexualität,
klingt eher nach 50er und 60er Jahren ... oder nach kath. Kirche.
Europa hat sehr lange gebraucht,
bis es zur Toleranz und Ehe für Alle kam,
auch die USA der 50er hätte ich, wäre ich Homo, nicht erlebt haben wollen.

Zum Streiten und Sich Fetzten mit dem Therapeuten hätte ich
momentan nicht die Kraft.
Es kann aber auch sein, daß es irgendwann dazu kommt,
und ich dadurch mutiger und freier werde.
Streiten in einem geschützten Raum als Trainung für das Leben draußen.

@montagne
Genial gut gesagt, hat mich sofort angesprochen:
Offen für Änderungen sein und dennoch sich selbst treu bleiben -
das ist genau auf den Punkt gebracht.
Das möchte ich sehr gerne. Danke dir !

VG
Carl
-


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 57
Beiträge: 5135

Beitrag Di., 11.07.2017, 20:07

Hallo Arbeiter,

ja, war krass. Zeigt aber auch, dass man individuelle Therapieerfahrungen nicht verallgemeinern kann. Meine Freundin ist auch lesbisch, klar :-> Ihr Analytiker hat damit keine Probleme. Ist vielleicht auch eine Frage des Alters und ob der Psychoanalytiker klassisch oder modern arbeitet. Inzwischen wurde die PA modifiziert, so dass allein schon deshalb keine Verallgemeinerung möglich ist.

Wie siehst au bei Dir? Hat sich was getan? Konntest Du schon mit deinem Therapeuten reden?
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag