Marlena hat geschrieben: Fr., 02.07.2021, 18:05
Ich habe wieder nachgedacht und glaube irgendwie, dass ich einfach diese Bindung zu ihm nicht aushalte. Es entsteht so viel Vertrauen und Nähe dass das in mir extreme Angst und Panik auslöst. Er gibt mir immer das Gefühl dass nix passiert und er da ist. Eigentlich glaube ich, dass es genau das ist was ich brauche, aber es macht eben auch so Angst.
Für mich macht das sehr viel Sinn, was du empfindest.
Aus meiner Sicht, was dein Therapeut richtig macht: er bietet sich wirklich an als Bezugsperson, er ist bereit, das alles mit dir durchzustehen, was im Lauf der Therapie an Gefühlen entsteht.
Nur sein Angebot löst intensive Gefühle aus und begreiflicher weise auch Angst, weil du spürst, wie verletzlich du dadurch wirst, und auch abhängig.
Und da bietet er dir für mein Gefühl viel zu wenig Skills, Übungen an, wie du mit diesen Gefühlen dann umgehen sollst.
Du solltest beides lernen:
Das Gefühl von Abhängigkeit und Nähe zulassen, aber gleichzeitig auch:
Freiheit und Unabhängigkeit.
Und da gibt es Übungen, die einem der Therapeut in der Stunde zeigen kann:
z.B. dass man einen kleinen Ball unter dem Fussballen bewegt um sich komplett ins Hier und Jetzt zu fokussieren, indem man sich nur auf das Spüren seines Fussballens konzentriert, wenn es zuviel wird.
Oder man macht eine Übung in der Stunde, wo man einen Kreis rund um sich herum mit einem Seil auflegt um seine eigene Grenze zu symbolisieren um ein Gefühl für den eigenen sicheren Raum zu entwickeln.
Es gibt Übungen zu Nähe - Distanz und so weiter.
Das sind nur einige von vielen Beispielen, diese Übungen klingen oft lächerlich einfach, können aber wirklich helfen.
Wenn man dann zu Hause ist, und das Gefühl von Angst wird zu intensiv, wendet man das Gelernte aus der Stunde an. Man kann das dann mit dem Therapeuten in der nächsten Stunde besprechen und so lernt man das immer besser.
Der Therapeut kann auch Anleitungen mit einfachen Schritten mitgeben, die man, wenn man in emotionale Nöte gerät, selbstständig zu Hause durchgehen kann.
Und dadurch lernt man immer mehr, mit seinen Gefühlen so umzugehen, dass sie nicht ZU intensiv, zu panisch werden.
Du solltest beides lernen: Nähe, Abhängigkeit - aber gleichzeitig auch, wie du Distanz, Unabhängigkeit selbst herstellen kannst.
Quasi so wie beim Autofahren: Aufs Gas steigen aber auch bremsen lernen.
Bei deinem Therapeuten lernst du quasi nur aufs Gas steigen - aber er zeigt dir nicht, wie du bremsen kannst.
Wieviel Angst würde es machen, wenn man SO Autofahren lernen würde!
Und Analytiker lernen in ihrer Ausbildung sowas nicht. Da ist nur das Gespräch und das Da-Sein.
Und ich glaube, dass du intuitiv spürst, dass du das Zweite auch brauchst.
Und wenn du das ansprichst, sagt er nur: Ja, das brauch Zeit und muss so sein. Er kennt es selber nicht anders.
Und analytische Therapien dauern deshalb so lange weil eben keine konkreten Übungen und Skills gezeigt werden.
Der Patient muss irgendwie selber draufkommen und das ist ineffektiv.