Sichtweise von Freud auf weibliche Sexualität u Schmerz

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haluro
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Beitrag Do., 08.01.2015, 20:48

Zur ursprünglichen Frage:

Freud hat sein Privatleben derart strikt von der öffentlichen Person getrennt, dass nichts über seine Ansichten zur Sexualität und seine Praxis bekannt ist.

Mfg
haluro

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Quatsch
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Beitrag Do., 08.01.2015, 21:11

Freud hat gelehrt, dass Privatperson und Beruf getrennt werden müssen - daran gehalten hat er sich aber nicht!!!

Sein Frauenbild ist - ähm, gruselig!!!

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haluro
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Beitrag Do., 08.01.2015, 21:16

Kann schon sein, dass er das gelehrt hat. Ich war ja nicht dabei.

Was kann man denn zu Freuds Frauenbild sagen - ist er da selbst dafür verantwortlich?

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Quatsch
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Beitrag Do., 08.01.2015, 21:25

Ich war auch nicht dabei, bin aber in der Lage seine Schriften zu lesen.

Ob er für sein Handeln verantwortlich ist - die Antwort liegt bei dir selbst.

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leberblümchen
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Beitrag Do., 08.01.2015, 21:27

Jeder Mensch ist auch ein Produkt seiner Zeit, und ich finde es ziemlich langweilig, jemanden aus seiner Epoche herauszuholen, um mit heutigen Maßstäben zu sagen: "Was hatte der denn für ein Frauenbild!" - ach nee.

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Quatsch
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Beitrag Do., 08.01.2015, 21:34

Leberblümchen, auch in der damaligen Zeit, sein Benehmen seiner Frau gegenüber war ungehörig!

Was nicht seine Kulturschriften und psychoanalytischen Ideen schmälern soll!

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haluro
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Beitrag Do., 08.01.2015, 21:38

Habe in der Zwischenzeit gesurft und fand einen Artikel vom Stern. Da steht natürlich auch nix drin, außer, dass seine Schwiegermutter ihn vier Jahre lang auf die Heirat warten ließ - er war ihr nicht gut genug.
Das passt.

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Möbius
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Beitrag Mo., 20.07.2015, 17:49

Auch wenn der thread schon etwas älter ist, möchte meinen Senf dazu absondern:

Im Kern des Freudschen "Frauenbilds" stehen m.E. zwei Aufsätze von 1925: "Das ökonomische Problem des Masochismus" und "Einige psychische Folgen des anatomischen Geschlechtsunterschieds" - letzterer scheint mir der grundlegende zu sein.

Das Shibboleth liegt in dem, was seither "Penisneid" genannt wird. Damit ist keineswegs gemeint, daß "die Frau von heute", auch nicht die erwachsene Frau zu Freuds Zeiten einen Neid auf den Penis des Mannes empfände, sondern einen Komplex, der in der Kindheit entsteht und "irgendwie" verarbeitet wird. Er wird i.d.R. nicht bewußt erinnert, unterfällt der "Amnesie der Kindheit".

Mädchen und Jungs masturbieren in der oftmals nur sehr kurzen Blütezeit infantiler Sexualität zusammen - und stellen dabei diesen anatomischen Unterschied fest: das Genital der Mädchen ist ja viel kleiner, als das des Jungen, worauf die Mödchen dann Neidgefühle entwickeln, wie Kinder halt untereinander neidisch sind, wenn das eine ein größeres Eis bekommen hat, als das andere.

Nicht bei Freud steht, aber von mir sehr stark vermutet wird: die Mädchen werden wegen seines kleineren Genitals von den Jungen häufig diskriminiert. Das sich Clitoris und Penis funktional entsprechen, die Clitoris sogar weitaus leistungsfähiger sein kann, viel dauerhaftere und intensivere Orgasmen "produzieren" kann, als der Penis - das wissen die Kinder nicht, woher auch ? Es dürfte auch heute noch sehr selten sein, daß sie es erklärt bekommen.

Die Folge: das Mädchen stellt seine clitorale Masturbation ein - viel früher, als der Junge, und dann gibt es - wieder streng nach Freud - 3 Möglichkeiten:

a) das Mädchen bleibt mehr oder weniger assexuell, wird zu dem, was man zu Freuds Zeiten einen "Blaustrumpf" nannte,
b) das Mädchen hält trotzig an seiner Clitoris und ihrer Masturbation fest, und beschreitet einen Weg, der allzuhäufig zu dem führt, was man heute "Kampflesbe" nennt, oder schließlich
c) das Mädchen entwickelt eine eher vaginal zentrierte, "masochistische" Sexualität im Zuge der Pubertät, wenn es die Erziehung Sozialisation der Latenzzeit über sich hat ergehen lassen (müssen).

Aus heutiger Sicht würde ich zur zweiten Alternative - dem "Festhalten" an der Clitoris durch das Mädchen noch andere Entwicklungsmöglichkeiten hinzufügen, nämlich die Transsexualität (die Frau entwickelt eine männliche Identität, wechselt irgendwann auch das soziale Geschlecht, unternimmt medizinische Schritte zur Angleichung des Körpers an diese Identität) oder schließlich die Entwicklung einer eher männlich wirkenden Sexualität. Diese Vermutungen entstammen meiner Lebenserfahrung, insbesondere mit den "schwulen Frauen", die ich in der promiskuitiven Szene kennengelernt habe: sie bewegen sich mit der gleichen Selbstverständlichkeit und -sicherheit in der harten Szene von Parkplätzen, Pornokinos, Baggerseen usw., wie die homo- oder bisexuellen Männer um sie herum und verkehren mit ihnen auch sexuell "auf Augenhöhe".

Es ist nicht die Anatomie der Frau, die zur Ausbildung eines weiblichen Rollentypus führt, den Freud nicht sonderlich schätzte, sondern die Art des Umgangs mit dieser Anatomie durch Eltern, Geschlechtsgenossinnen und Männer. Das ergibt sich für mich schon aus den o.g. Texten von Freud, die man übrigens hier nachlesen kann. Sie sind nicht sehr lang - es handelt sich um kürzere Artikel:

http://gutenberg.spiegel.de/autor/sigmund-freud-182


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pandas
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Beitrag Fr., 24.07.2015, 13:20

Möbius hat geschrieben: Das Shibboleth liegt in dem, was seither "Penisneid" genannt wird. Damit ist keineswegs gemeint, daß "die Frau von heute", auch nicht die erwachsene Frau zu Freuds Zeiten einen Neid auf den Penis des Mannes empfände, sondern einen Komplex, der in der Kindheit entsteht und "irgendwie" verarbeitet wird. Er wird i.d.R. nicht bewußt erinnert, unterfällt der "Amnesie der Kindheit".
Ja, eben! Das ändert aber nichts daran, dass somit "der Frau" ein Penisneid zugeschrieben wird, so wie Du es auch weiter ausführst. In einer entsprechenden PA geht es dann u.a. darum, in Deutungen der Patientin diesen angeblichen Neid bewusst zu machen. D.h. es wird die Kompetenz abgesprochen, sich selbst wahrzunehmen: Nach obiger Thesik hat jede Frau dies so in der Kindheit erlebt.
Das ist aus den Gesamterkenntnissen nicht mehr haltbar. Freud hat hier eine eigene Phantasie in seine Therorie geschrieben und unterstellt diese nun jedem Kindheitsprozess.
Möbius hat geschrieben:Mädchen und Jungs masturbieren in der oftmals nur sehr kurzen Blütezeit infantiler Sexualität zusammen - und stellen dabei diesen anatomischen Unterschied fest: das Genital der Mädchen ist ja viel kleiner, als das des Jungen, worauf die Mödchen dann Neidgefühle entwickeln, wie Kinder halt untereinander neidisch sind, wenn das eine ein größeres Eis bekommen hat, als das andere.
Genau, sie stellen fest, dass Mann und Frau biologische Unterschiede aufweisen. Welche auch Lust erzeugen. (Wobei ich bestreite, dass Kindern ein sexuelles Lustempfinden ähnlich von Erwachsenen zugeschrieben werden kann. Gerade dieser Teil wurde auch von den Odenwaldschultätern als Legitimation von sexuellen Missbrauch benutzt. Hat ja auch, wie mittlerweile bekannt, andere namhafte Personen negativ beeinflusst.)
Was hier aber fehlt: Mädchen haben aber einen Busen, auf welchen Jungs ebenso neidisch sein könnten ... sie sind eben unterschiedlich. Beides kann jeweils Anlass zu Neid geben (oder auch nicht, vielleicht findet das Kind es auch gut, so wie es ist. Was hier hervorscheint ist auch, dass nunmal in diesem Kulturraum zu Beginn des letzten Jahrhunderts nicht mit Anderssein umgegangen werden kann: Freud glaubt offensichtlich, der Mensch wolle gleich sein und müsse sich für eine Variante entscheiden, was das Kind noch nicht so kann und es so zu einem Dilemma käme. Nun ist aber erwiesen, dass es ebenso sein kann, dass der Mensch Anderssein als Bereicherung schätzt. Biolgisch gesehen ist das Kind doch wohl eher froh, dass es das andere Geschlecht auch gibt ).
Möbius hat geschrieben:Nicht bei Freud steht, aber von mir sehr stark vermutet wird: die Mädchen werden wegen seines kleineren Genitals von den Jungen häufig diskriminiert. Das sich Clitoris und Penis funktional entsprechen, die Clitoris sogar weitaus leistungsfähiger sein kann, viel dauerhaftere und intensivere Orgasmen "produzieren" kann, als der Penis - das wissen die Kinder nicht, woher auch ? Es dürfte auch heute noch sehr selten sein, daß sie es erklärt bekommen.
Naja, in der Tat ärgern und necken sich Kinder untereinander. Dass hat aber nicht unbedingt etwas mit Geschlechtlichkeit zu tun.
Es könnte ja auch sein, dass "die Jungen" die Erkenntnis, die Brust für ihr Überleben zu brauchen, damit kompensieren, dass sie versuchen, zu diskriminieren. Wobei das so nicht beobachtbar ist. Im Gegenteil, ohne Beeinflussung fühlen sich auch Kleinkinder gegengeschlechtlich voneinander angezogen und bauen Freundschaften auf.
Geschlechtertrennung wird ja eher "von oben", von den Erwachsenen bestimmt.
Und zu Deiner Vermutung: Ein positives Gefühl zum eigenen Geschlecht brauchen Mädchen ebenso wie Jungen nicht erklärt zu bekommen. Dies ist veranlagt und entwickelt sich gut, insofern es nicht von außen gestört wird.

Und ... aus Deinem Text scheint ja nun ein Clirorisneid hervor.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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stern
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Beitrag Fr., 24.07.2015, 16:28

Möbius hat geschrieben:Die Folge: das Mädchen stellt seine clitorale Masturbation ein - viel früher, als der Junge, und dann gibt es - wieder streng nach Freud - 3 Möglichkeiten:
mag ja manchmal ganz interessant sein, wie man das früher gesehen hat... aber die Auffassung von der Frau als kastriertes, penisloses Mangelwesen wird heute nicht mehr allzu oft vertreten. Und dass sozusagen die Penetration die reife Form der Sexualität ist, mag zwar den Zeitgeist getroffen haben (bis der Femininismus kam), unterschreibt man aber heute SO auch nicht mehr.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Die Dummheit hat aufgehört sich zu schämen«
(Heidi Kastner)

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Möbius
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Beitrag Sa., 25.07.2015, 10:32

Genau diese Sichtweise, die Frau sei ein "penisloses kastriertes Mängelwesen", die (durchaus nicht nur) von feministischer Seite Freud vorgeworfen wird, und zu einem gewissen comon sense geworden zu sein scheint, halte ich für falsch, aus den Texten Freuds nicht herzuleiten. Auf die Gefahr der Wiederholung hin: der "Penisneid" (ein etwas unglücklicher Ausdruck, wie ich finde) entsteht nicht durch den schieren Größenvergleich zwischen Clitoris und Penis, sondern durch die Diskriminierung der Clitoris durch Gleichaltrige, Erwachsene und die patriarchalische Kultur schlechthin - wobei ich aber zugestehe, daß sich dieser "Diskriminierungsvermutung" nicht aus den von mir genannten Texten Freuds selbst ergibt. Ich gebe auch gerne zu, daß ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen mit der Psychoanalyse nach Freud ebenso positiv voreingenommen bin, wie viele es in negativer Weise sind.

Den Einwurf hinsichtlich der weiblichen Brust kann ich so nicht nachvollziehen, weil diese in dem fraglichen Alter normalerweise allenfalls in Ansätzen vorhanden ist. Natürlich wissen die Kinder in diesem Alter schon, daß weibliche Kinder irgendwann einmal Brüste haben werden - aber die Prozesse, um die es Freud geht, sind Prozesse die nicht auf der rational-intellektuellen Ebene ablaufen, sondern im Unbewußten.

Infantile Sexualität wird bis heute immer noch bestritten - meiner Meinung nach ist es eine Verleugnung. Sie scheint regelrecht unter einem Tabu zu liegen, und wer ihre Existenz bejaht, findet sich nur allzuleicht in pädosexueller Gesellschaft wieder. Freuds Vorstellung von Sexualität ist eine sehr weite. Wir unterscheiden heute wie damals nur allzugerne zwischen einer "normalen" Zärtlichkeit zwischen Eltern und Kindern, Verwandten usw, der wir jede sexuelle Komponente absprechen, und einer "eigentlichen" Sexualität, die wir an der wahrnehmbaren, "meßbaren" Erregung festmachen. Diese Unterscheidung halte ich - mit Freud -für falsch. Der Unterschied ist kein qualitativer, sondern ein quantitativer. Freilich kommen noch qualitative Unterschiede hinzu, von denen der wichtigste wohl derjenige ist, daß die infantile Sexualität nicht "genitalisiert" ist, dh die Genitalien und die Penetrationen noch lange nicht den Stellenwert haben, den sie in der adulten Sexualität meist einnehmen. Bejaht werden muß aber auf jeden Fall, daß die infantile Sexualität mit der "eigentlichen" Sexualität der Erwachsenen nicht kompatibel ist, die Befriedigung eigener sexueller Bedürfnisse von Erwachsenen an Kindern nicht nur ein Verbrechen gegen das Gesetz und die Ethik darstellt, sondern vor allem auch: gegen die psychische Integrität der Kinder.
Zuletzt geändert von Möbius am Sa., 25.07.2015, 10:53, insgesamt 1-mal geändert.


leberblümchen
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Beitrag Sa., 25.07.2015, 10:42

Es ist ja auch kein "Brustneid", sondern ein "Gebärneid".

Ich leide - wenn man das Wort verwenden mag - auch unter einem Penisneid, wobei ich auch irrtümlicherweise annahm, das sei etwas Naturgegebenes und daher eben hinzunehmen. Jetzt weiß ich natürlich, dass dieser Penisneid den Frauen eingeredet wird. Ich gehe mal davon aus, dass Freud nicht Judith Butler gelesen hat (haha), aber ich würde auch nicht sagen, dass sich beide unbedingt widersprechen müssten. Den Frauen WIRD ja nun mal eingeredet, sie seien minderwertig. Insofern hat Freud ja Recht, insofern als die Wirkung dieselbe ist: Das Mädchen beneidet den Jungen. Wenn es denn in einem entsprechenden Umfeld aufwächst.

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Möbius
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Beitrag Sa., 25.07.2015, 11:13

Ich stimme Leberblümchen voll zu - zwischen Freud und Butler (von der ich nur "gender trouble" kenne) besteht kein unüberbrückbarer Widerspruch; Butler bezieht sich sogar recht häufig auf Freud. Meine eigene Intention ist hier keineswegs, die partriarchalischen Positionen zu verteidigen, die man (oder eher: frau) Freud gerne in die Schuhe schieben will. Ich wende mich dagegen, daß Freud als Frauenfeind-bild aufgebaut bzw. gepflegt wird, und man sich damit den Zugang zur Psychoanalyse verstellt, und dem, was es für die emanzipatorische Position dort zu gewinnen gibt.

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changnoi
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Beitrag Sa., 25.07.2015, 13:26

leberblümchen hat geschrieben:Den Frauen WIRD ja nun mal eingeredet, sie seien minderwertig.
wer redet denn bitte Frauen in Mitteleuropa ein, sie wären minderwertig?


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pandas
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Beitrag Sa., 25.07.2015, 13:28

Es hat ja auch keiner geschrieben, dass es um einen unüberbrückbaren Widerspruch zwischen Freud und Butler gehe. Jedenfalls nicht in dem Post, der sich auf Dich bezog, Möbius.

lb scheint die Eigenschaft zu haben, Schwarz-wiß-Kontraste zu zeichnen anstatt es um Inhalte gehen zu lassen.
Wobei ich es auch eher so sehen würde, dass Butler sich - zumindest zum Teil - auf Freud bezieht, da sie einen Diskurs skizziert. D.h. sie bezieht sich mitunter auch auf Freud, um seine Grundannahmen zu widerlegen.

Möbius, Du gehst in Deinem Post eindeutig von Biologismen aus, so wie Du Penis und Clitoris beschreibst. Wenn Du sagt, die Clitoris erlaube diese und jene Gefühle, aber das Mädchen erfährt in seinem sozialen Rahmen anderes, und deshalb würde sie das, wie Du die Clitoris erlebst, nicht wahrnehmen. Aber schon damit bestimmst Du, wie das Mädchen die Clitoris wahrnehmen sollst, weil Du der Ansicht bist, so sei die Biologie. Und das ist tatsächlich sehr nahe bei Freud.
Butler hingegen sagt, dass solche Biologismen sozial konstruiert sind, unter anderen durch die Rezeption von Freud.

In Deinem Post leitest Du - in Interpretation von Freud - drei "Fehlentwicklungen" ab, die aus dem angeblichen "Penisneid" entstehen. Dies ist verurteilend.

Butler geht es u.a. gerade darum, zu dekonstruieren, dass die unterschiedlichen subjektiven Konstruktionen, wie jemand seine Geschlechtlichkeit entwickelt und sieht, alle mögliche Varianten sind und es keine "Fehlentwicklungen" gibt, sondern dass es möglich ist, seine biologische Ausgangsbasis zu jeder Art von Geschlechtlichkeit zu entwickeln. Wenn davon einige Varianten als "Fehlentwicklungen" dargestellt werden (wie auch von Freud, der Homosexualität als psychische Abnormität sah, die aber heilbar ist, wenn man seinen Deutungen folgt). so ist dies etwas, was Butler durch ihre Thesen dekonstruieren möchte: Es geht hier um gegenseitige Toleranz für Differenzen und deren Annahme. Schon allein, eine Art von Geschlechtlichkeit als "Kampflesbe" zu bezeichnen, ist dann nicht mehr möglich.

Möbius, Du schreibst ja selbst, dass Du von Butler nur "Gender trouble" kennst. Dann kannst Du Aussagen in dieser allgemeinen Art über Butler gar nicht treffen.

Auch lb unterstellt gerne anderen Leute, Literatur nicht gelesen zu haben. Im selben Zuge behauptet sie dann, dass sie aber genau wisse, wie die Autoren ihre Thesen und Belege gemeint haben - wodurch aber oft hervorgeht, dass lb selbst nur selektiv liest und ihre eigenen Vorannahmen hineinlegt anstatt dass sie diese durch die Lektüre hinterfragt und erweitert als auch die Thesen zunächst unabhängig von ihren Vorannahmen zu verstehen versucht.
. Meine eigene Intention ist hier keineswegs, die partriarchalischen Positionen zu verteidigen, die man (oder eher: frau) Freud gerne in die Schuhe schieben will.
Das habe ich ja auch nicht behauptet. Ich bin sehr dicht an Deinem Text geblieben und habe aufgezeigt, wo er widerlegbar ist und wo ich ihn hinterfragen möchte.
Dazu gehört auch, aufzuzeigen, wozu diese Thesen und Positionen genutzt werden.
Das hat nichts damit zu tun, dies dem toten Freud in die Schuhe zu schieben - vielmehr geht es darum aufzuzeigen, wie solche Annahmen Menschen diskriminieren. Und es ist eine Diskrimination, wenn bspw- behauptet wird, jede Frau hätte in ihrer Kindheit eine Phase des Penisneides erlebt.
Anstatt Freud zu interpretieren, wäre hier eine qualitative Forschung angebrachter (bzw. die es auch schon gibt - wie entwickeln Menschen ihre Geschlechtlichkeit im Spannungsfeld von Individium und Gesellschaft). Und hier ist es ein Fakt, dass es erwiesen ist, dass Freud seine Erkenntnisse nicht aus qualitativen Forschungen nach heutigen Standards gewonnen hat, sondern sehr davon ausging, was er selbst wahrnimmt - deswegen ist sein Begriff des Unbewussten auch streitbar, weil dies auch eine Zuschreibung ist: Er, Freud, weiss, was im Anderen vor sich geht, unabhängig davon, was der Andere selbst wahrnimmt, denn das Sprechen des Anderen sei Widerstand, wenn es nicht damit übereinstimmt, was Freud selbst über den Anderen spricht. Butler hat gerade dies aufgezeigt, um Freud als Teil eines Diskurses zu verstehen, der bestimmte Auswirkungen auf die westliche Gesellschaft hatte. Damit positioniert sie sich, wenn man es zuammenfassen will, gegen Freud. Nicht weil sie das gerne tut, sondern um die Polarität in der sozialen Konstruktion von Geschlechtlichkeit aufzubrechen. Damit erlöst sie eben auch davon, bestimmte sexuelle Entwicklungen von Geschlechtlichkeit per se als psychisch krank zu begreifen.
Zuletzt geändert von pandas am Sa., 25.07.2015, 13:33, insgesamt 1-mal geändert.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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