Vereinbarung mit Therapeuten?!

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Anna-Luisa
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:02

ExtraordinaryGirl hat geschrieben: Fr., 01.02.2019, 22:35 Ein Gehbehinderter, den man auf die Füße zwingt, läuft deswegen noch nicht.
Und eine Magersüchtige (die gerade in der Genussgruppe lernen sollte, ihre tatsächlichen Bedürfnisse zu achten) muss feststellen, dass man ihr genau das beim Essen nicht zutraut, sondern ihr automatisch Spielchen unterstellt. Sie leugnet das? Ihre Diagnose spricht dagegen, dass ihr Wunsch nach Salz, einfach nur bedeutet, dass sie ihr Essen gerne salziger hätte. Aber sie sollte schon dem Personal vertrauen, dass es ihr gar nicht um das Salz geht.... Hauptsache, sie lernt in der Theorie auf ihre Bedürfnisse zu achten....

Aber ich habe noch nicht von vielen Kliniken gehört, die derart absurd handeln.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:14

Mich würde ja interessieren, von wie vielen Kliniken du überhaupt schon gehört hast, Anna-Luisa. ;-)

Eine Magersüchtige, die ihr Essen salzen will, findet es vielleicht zu fade. Vielleicht will sie es aber auch als krankhaften Gründen salzen (nochmal: Wenn sie nicht krank wäre, hätte sie in einer psychiatrischen Klinik nichts zu suchen. Und ich nehme an, dass eine Mehrheit der Leute, die Psychotherapie beanspruchen, nicht dazu gezwungen wurde).

Ich kann das nicht entscheiden - besonders nicht aus der Ferne.
Zuletzt geändert von ExtraordinaryGirl am Sa., 02.02.2019, 00:17, insgesamt 2-mal geändert.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:16

Und wenn nicht viele Kliniken so handeln, wieso wurde es hier dann überhaupt thematisiert?

Ich dachte, wir wären bei Verträgen ... Und die scheinen ja nicht selten zu sein.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)


mio
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:25

ExtraordinaryGirl hat geschrieben: Sa., 02.02.2019, 00:16 Ich dachte, wir wären bei Verträgen ... Und die scheinen ja nicht selten zu sein.
Vielleicht ist es sinnvoll mal zu kucken, was Verträge in der Regel "verteilen"? Pflichten und Rechte.

Wenn ich eh nicht suizidal bin oder mir offensichtlich selbst schaden möchte (oder aber das einfach verschweige) dann muss ein Therapeut sich auch nicht "absichern". Wozu auch? Wenn ich es allerdings bin und offen darüber spreche, dann ist es nachvollziehbar, dass dann von mir verlangt wird, dass ich ihn in diesem Punkt offiziell entlaste.

Was ich dann wirklich MACHE steht ja auf einem ganz anderen Blatt Papier und bleibt meine Entscheidung. Nur sollte ich dann halt auch nicht so tun, als ob ich das "angebliche Problem" loswerden will wenn ich nicht mal bereit bin offiziell zu versichern, dass ich davon absehe das "Problem" weiterhin als meine "Priorität" zu sehen auf die ich auch ein Recht habe.

Das ist dann schon ziemlich "bigot".

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Montana
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:31

Es darf aber auf keinen Fall mehr "Zwang" in irgendeiner Form ausgeübt werden als nötig. Der völlige Abbau aller Maßnahmen ist ja das Ziel.
Mal als Beispiel: Alkoholverbot in der Klinik. Kontrollen möglich. Jeder willigt per Behandlungsvertrag ein. Trotzdem wäre ich aus der Klinik entschwunden, wenn die mich jeden Tag kontrolliert hätten mit der Begründung, bei meiner Erkrankung gäbe es eine gewisse statistische Wahrscheinlichkeit, dass ich trinke. Ohne jeden konkreten Anhaltspunkt. Und nein, mir kann das nicht egal sein, weil ich ja sowieso nicht trinke. Einen solchen Umgang mit mir akzeptiere ich nicht. Die müssen sich schon die Mühe machen, das individuelle Verhalten zu beobachten und danach ihre Intervention ausrichten. Gerade für Essgestörte muss doch das schrittweise Zurückerlangen ihrer Handlungsfreiheit entsprechend ihres Verhaltens gewährleistet sein. Die sollen nicht primär mit mehr Gewicht entlassen werden (das allein wäre wertlos), sondern mit dauerhaft gesünderem Essverhalten.

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Montana
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:34

Mio, ich war nicht suizidal als ich den Vertrag unterschreiben musste und habe mich auch nicht dahingehend geäußert. Ich habe einen Schicksalsschlag erlitten, der denen einen Suizid möglich erscheinen ließ. Mit mir hatte das wenig zu tun.


mio
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:40

Um ehrlich zu sein verstehe ich dann erst Recht nicht warum Du so ein Problem mit diesen Verträgen hattest Montana? Wenn es Dich eh nicht "juckt" dann kannst Du das doch auch ohne Probleme unterschreiben? Also so würde ich das zumindest sehen. Ich würde sowas eher dann nicht unterschreiben, wenn ich etwas für "mein gutes Recht" halten würde und mich dann auch nicht drauf einlassen. Aber ich würde schon verstehen, warum andere das dann von mir wollen würden.

Wenn ich zB. eh nicht suizidal bin, dann kann ich sowas doch locker unterschreiben. Warum auch nicht?

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Montana
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:48

Aus dem gleichen Grund, warum ich nicht jeden Tag auf verbotenen Alkoholkonsum getestet werden will. Ich bin ein Mensch und damit ein soziales Wesen. Ich lebe in und von Beziehungen. Wenn ich stattdessen in ein Korsett von Kontrollen gesteckt werde, dann geht es mir damit schlecht. Ich fühle mich nicht gesehen, nicht verstanden, nicht beachtet, nicht wertgeschätzt. Wer sich die Mühe macht, mit mir in Kontakt zu treten, der weiß, dass ich keinen Alkohol trinke und warum keine Gefahr besteht, dass ich jemals abhängig werden könnte.


mio
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:51

Ok, dann möchtest Du dass man Dir glaubt. Das ist ja auch verständlich. Und dann würde ich wohl auch sagen: Ok, wenn Ihnen das so nicht möglich ist, dann bin ich hier falsch. Und gehen.

Ist dann ja auch ok und steht jedem so frei.

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:54

Gehört zu den sozialen Fähigkeiten nicht auch dazu, anderen (wie dem Therapeuten) zu vertrauen oder zumindest ihren Standpunkt versuchen zu verstehen?
"Charakter zeigt sich in der Krise."

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mio
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 00:57

ExtraordinaryGirl hat geschrieben: Sa., 02.02.2019, 00:54 Gehört zu den sozialen Fähigkeiten nicht auch dazu, anderen (wie dem Therapeuten) zu vertrauen oder zumindest seinen Standpunkt versuchen zu verstehen?
Menschen scheinen ausgesprochen unterschiedliche Vorstellungen davon zu haben was angeblich "sozial" ist. Ich bin da bei Dir, aber ich weiss, dass das zwar die "statistische Normalität" ist aber bei weitem nicht die "komplette Realität" abbildet.

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Montana
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 01:01

Nein, tut es nicht. Hätte ich das nicht unterschrieben, dann wäre ich in Absprache mit der Vorgesetzten direkt von der Reha in eine Akutpsychiatrie verlegt worden. Die war sogar dabei, als ich die Nachricht mitgeteilt bekam. Da hab ich schon dumm geguckt und wurde auf meine Nachfrage über den Zweck ihrer Anwesenheit belogen. Später gaben sie das unumwunden zu. Sie war da, um anhand meiner Reaktion zu entscheiden, ob sie mich gleich abholen lassen. Ich erfuhr erst deutlich später, dass sie überhaupt nicht damit gerechnet hatten, dass ich dort bleiben könnte. Die hatten mich ganz extrem falsch eingeschätzt. Die Nachricht war sehr schlimm und ich habe sehr gelitten. Aber deren Umgang mit mir hat mich zusätzlich verletzt.


mio
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 01:07

Montana hat geschrieben: Sa., 02.02.2019, 01:01 Aber deren Umgang mit mir hat mich zusätzlich verletzt.
Klar ist es verletzend "falsch" gesehen zu werden. Aber Du hast ja auch einen Mund und kannst Dich mitteilen, zum Glück. Und Du hast die Möglichkeit dann zu gehen, wenn Dir sowas widerfährt und Du glaubwürdig versichern kannst, dass da nichts ist. Wäre es Dir umgekehrt lieber? Und Du wärst nicht der erste Mensch der in Extremsituationen extremes tut, was er bei "klarem Verstand" vielleicht nicht tun würde.

Ich finde das schon soweit nachvollziehbar.

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Montana
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 01:09

Aber nicht jeder, der einen Schicksalsschlag erleidet, muss automatisch so einen Vertrag unterschreiben.


mio
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Beitrag Sa., 02.02.2019, 01:11

Es ist auch nicht jeder der einen Schicksalsschlag erleidet vorher bereits in therapeutischer Behandlung. Mag sein, dass Dein Einzelfall da fehlerhaft beurteilt wurde, aber was erwartest Du? Dass die in Deinen Kopf reinschauen können? Und gerade wirklich ernsthaft suizidale Menschen tun oft einen Teufel statt darüber zu sprechen. Sie haben ja ein "klares Ziel".

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