ich bin neu hier im Forum, habe mich nach langer Zeit endlich durchgerungen, mich anzumelden. Ich finde es toll, dass es diese Plattform gibt, und möchte erstmal ein freundliches Hallo in die Runde werfen.
Zu meinem Problem - ich habe zwischen 18 und 25 zweimal eine Gesprächstherapie von insgesamt 5 Jahren bei derselben Therapeutin gemacht, bis 2011. Ich litt damals u.a. an Dysthymie, habe hauptsächlich meine Kindheit aufgearbeitet (Misshandlung usw.).
Meine Therapeutin hat mir sehr geholfen, aber es gibt immer noch ein Problem. Ich bin homosexuell, dies war mir zum Therapiebeginn mit 18 bereits bewusst, es war kein Geheimnis und kein Problem in der Therapie. Ich fand meine Therapeutin von Anfang an sehr attraktiv, habe das jedoch anfangs nicht als problematisch eingestuft. Sie war Mitte 30, sah jünger und einfach toll aus, und da ich lesbisch bin, dachte ich mir nichts dabei, war wohl etwas naiv. Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut, ich fühlte mich stets gut aufgehoben.
Im Laufe der Jahre ist es aber so gewesen, dass wir über alles gesprochen haben, bis auf meine wahren Gefühle für sie. Unsere Beziehung war zwar oft Thema, aber ich konnte nicht wirklich ehrlich sein. Ich war lange Zeit heftig in sie verliebt, zum Schluss empfand ich es als starke Zuneigung, nicht mehr unbedingt Verliebtheit, aber verschwunden sind meine innigen Gefühle nie. Meine Therapeutin versuchte mehrfach, diesen Gefühlen auf den Grund zu gehen, sprach mich auch direkt darauf an, aber ich habe es aus Scham abgestritten. Wir konnten über oberflächliche Dinge sprechen, z.B. dass ich ab und zu mit ihr geflirtet habe, sie attraktiv finde, sie mag, aber in die Tiefe gehen war unmöglich. Ich denke, dass sie mich völlig durchschaute, aber ich konnte einfach nicht darüber reden. Übertragungsliebe ist mir ein Begriff. Ich bin mir sicher, dass das eine bedeutende Rolle gespielt hat. Keine Ahnung, ob es nur das war.
Wir haben während und nach der Therapie niemals irgendwelche Grenzen überschritten, hatten ausschließlich während der Stunden Kontakt. Nach Therapieende meldete ich mich jeweils einmal, um zu berichten, wie es mir geht, das war so abgemacht. Ich schrieb ihr also zuletzt vor 3 Jahren eine E-Mail, wie es mir geht usw., bedankte mich nochmal, erhielt darauf eine sehr nette Antwort, das war’s.
Ihr fragt euch jetzt vielleicht, was genau mein Problem ist. Ich kann nicht mit ihr abschließen, ich vermisse sie nach wie vor sehr, denke zu oft an sie, würde sie gern wiedersehen, mich vergewissern, dass es ihr gut geht, mit ihr reden - das belastet mich. Ich lebe in einer langjährigen, liebevollen Partnerschaft, habe einen Job, gute Freunde, mittlerweile ein stabiles Verhältnis zu meiner Familie. Aus schlechten Phasen komme ich heute allein wieder raus. Trotzdem ist sie ständig in meinen Gedanken, als hätte ich mich physisch von ihr verabschiedet, aber es versäumt, mich mental von ihr zu lösen, das macht mich fertig. Ich habe die große Gelegenheit damals verpasst, meine Gefühle für sie aufzuarbeiten. In meiner idealen Fantasiewelt haben wir ab und zu freundschaftlichen Kontakt, obgleich mir bewusst ist, dass das unangemessen wäre. Damals war ich emotional sehr bedürftig, das ist mir heute klar, das Problem allgemein hat sich eigentlich mit der Therapie aufgelöst, aber über die Therapeutin selbst komme ich einfach nicht hinweg.
Gestern, nach 7 Jahren seit Therapieende, war ich kurz davor, ihr alles zu schreiben. An dem Punkt war ich schon oft. Aber würde es helfen, diese letzte Wahrheit ihr gegenüber auszusprechen? Würde mir das helfen, endlich mit ihr abzuschließen? Oder würde es nur alles noch mehr aufwirbeln? Wäre es unangebracht oder gar unfair ihr gegenüber, nach so vielen Jahren? Ich weiß ja nicht mal, was ich von ihr erwarten würde. Therapie will ich nicht mehr. Auch bin ich niemand, der sich gern aufdrängt. Und dann kommt die alte Scham dazu, die mich letztendlich auch von der E-Mail abgehalten hat. Stattdessen bin ich hier gelandet.
Meine Therapeutin war immer professionell, freundlich, aber distanziert genug. Nur in meiner allerletzten Stunde hat sie mir etwas geschenkt, mich darauf hingewiesen, dass es nicht neu, sondern von sich war, mir gesagt, dass ich eine besondere Patientin für sie war und sie die Therapie zwischendurch fast abgebrochen hätte. Ich fragte nicht mal mehr, warum, worüber ich mich heute ärgere. Wie ihr euch vorstellen könnt, habe ich diese letzte Stunde nie vergessen und befürchte, dass sie mein Dilemma mit ihren letzten Aussagen womöglich noch begünstigt hat. Das war völlig untypisch für sie. Sie hat mir gewissermaßen in der allerletzten Stunde das gegeben, was ich insgeheim wollte, und mich dann entlassen. Was soll ich sagen, ich bin mit meinem Latein am Ende.
Falls es jemand geschafft hat, bis zum Ende zu lesen - vielen Dank, es tut mir leid, dass es ein halber Roman geworden ist.
Viele Grüße
LuceNatic
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