DandyLion hat geschrieben: Mo., 06.12.2021, 11:12
Ich merke, wenn ich dann bewusst auf alles achte, dass ich mich öfter unwohl, angespannt, nervös und gereizt fühle. Wie ich damit umgehen kann und was ich dagegen tun kann, weiß ich trotzdem nicht. ENtspannung funktioniert dann kaum, ich kann mich nicht auf ein Buch konzetrieren und wenn ich spaziuerengehe kreisen meine Gédanken. Manchmal hilft laute Musik. Manchmal stresst die laute Musik mich plötzlich, aber ich möchte die Kopfhörer trotzdem gar nicht absetzen. Die negative Gefühle dominieren seit einiger Zeit.
Ich glaube, das geht vielen so, wenn sie anfangen (oft zum allerersten Mal überhaupt) mehr auf sich und ihre Wahrnehmungen und Gefühle und Bedürfnisse zu achten. Das ist wie eine Art innere Reizüberflutung, und ja, das kann auch stressen, weil es ja komplett ungewohnt ist und weil man ja auch nie den Umgang mit diesen ganzen Gefühlen udn Bedürfnissen gelernt hat.
Für mich war es wichtig, zu verlangsamen. Wenn es zu viel wird, mach einen Schritt raus und gönne dir die Pause-Taste. Das kann alles sein, von dem du weißt, dass es dir wirklich gut tut und dich nicht anstrengt. Bei mir ist es ein Spaziergang oder Schwimmen. Für andere sind es Comics oder Hörspiele oder Puzzeln. Oder mit einem Basketball ein paar Körbe werfen. Zu lernen was das *für dich* ist oder sein könnte (ist auch situationsabhängig) ist mindestens genauso wichtige wie zu wissen, was dir nicht gut tut und woran du das merkst.
Die Dinge einfach auszuprobieren ist gar nicht verkehrt finde ich. Und da gibt es auch nicht richtig/falsch. Und wenn du merkst, laute Musik ist es gerade nicht, dann merkst du ja ganz unmittelbar: Das tut mir (jetzt) nicht gut. Diese ganz unmittelbaren Mikroschritte sind total wichtig und sozusagen auch die Vorstufe dafür, damit du lernst, dich auch auf größerer Ebene von Dingen und Personen abzugrenzen, die dir nicht gut tun.
DandyLion hat geschrieben: Mo., 06.12.2021, 11:34
Ich frage mich nun ob es bei der Reha auch so ist. Oder ob ich mich in der Reha unwohl fühle und gestresst, weil ich Aufmerksamkeit bekomme für mich und meine Gefühle und das neu und ungewohnt ist. Oder stresst mich das über mich reden, wobei es eigentllich etwas gutes ist? Ich habe ständig das Gefühl das meine Therapeutin ein Problem mit mir hat, mich nicht mag, lächerlich findet und mich loswerden will. Täuscht das wegen meiner früheren Erfahrungen oder stimmt das und ich sollte mich wehren oder gehen? Sie sagte mir, dass sie den Eindruck hat, ich würde nicht sagen was ich will. Und das stimmt. Damit habe ich Schwierigkeiten. Ich weiß es oft selbst nicht und ich habe gelernt, mich den Bedürfnissen und Gefühlen anderer unterzuordnen. Meine eigenen Gefühle sind sehr leise und ich nehme vieles hin, aus Rücksicht auf andere, um niemanden zu verletzen schweige ich oder passe mich an, mache mich manchmal sogar klein und ärger und ekel mich später über mich selbst. Vordergründig befürchte ich das die andere Person mich aus Rache verletzt, wenn ich sage was ich denke und fühle und es der Person nicht passt.
Ich würde mal darauf tippen, dass es vor allem das Neue und Ungewohnte ist, was dich da innerlich stresst. Und auch die Tatsache, dass du über die Reha und die Übungen dort (Achtsamkeit etc) verstärkt mit dir selbst in Kontakt kommst.
Du hast durch frühe Bindungsprägungen gelernt, dass du dich möglichst zurücknehmen solltest, den anderen nicht "belasten" solltest, dass deine Gefühle und Bedürfnisse nichts zählen.
Um da raus zu kommen, musst du anfangen, dich selbst ernst zu nehmen. Schritt für Schritt, nicht alles auf einmal, denn das kann auch zur Implosion führen. Du nimmst schon eine Menge von dir selbst wahr, und kannst das auch in Worte fassen, das ist schon mal richtig viel. Der nächste Schritt wäre vielleicht, anzufangen, das mal in der Beziehung zur Therapeutin auszusprechen?
Alles Gute.