Keine körperliche Nähe wegen Angststörung meiner Partnerin

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AngstPartner
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Keine körperliche Nähe wegen Angststörung meiner Partnerin

Beitrag Mi., 22.10.2025, 09:46

Hallo zusammen,

ich bin neu hier im Psychologie-Forum und hoffe auf euren Rat. Ich befinde mich in einer schwierigen Situation mit meiner Frau und weiß langsam nicht mehr weiter. Wir haben seit fast drei Jahren keinen Sex und auch sonst so gut wie keine körperliche Nähe mehr. Ich vermute, dass das Problem mit ihrer generalisierten Angststörung zusammenhängt, aber ich bin unsicher, wie wir damit umgehen sollen – oder ob ich vielleicht selbst das Problem bin.

Meine Frau leidet an einer generellen Angststörung und ist seit dem Tod ihrer Mutter vor etwa 2,5 Jahren in therapeutischer Behandlung. Leider hat sich aus meiner Sicht bisher nichts Grundlegendes verändert, zumindest nicht was unsere Beziehung und besonders die körperliche Nähe angeht.

Wir haben natürlich darüber geredet. In einem der langen Gespräche im Bett hat sie mir versichert, dass nicht ich das Problem bin. Sie sagt, sie habe keine Gedanken an andere Männer oder das Bedürfnis nach jemand anderem. Das Problem liegt in ihr selbst: Wenn ich sie berühre oder ihr auch nur nahe komme, verfällt sie in eine Art Schockstarre. Sie friert regelrecht ein und verkrampft, als würde ihr Körper in Alarmbereitschaft gehen. Erst durch diese Gespräche habe ich verstanden, dass sie sich in solchen Momenten extrem unwohl fühlt und sogar Angst bekommt, einfach weil jemand, selbst ich als ihr langjähriger Partner, in ihren „Safe Space“ eindringt. Sie braucht offenbar einen großen körperlichen Abstand, um sich sicher zu fühlen.

Für mich persönlich ist die Situation sehr schwierig, denn die körperliche Nähe fehlt mir enorm. Gleichzeitig will ich natürlich nichts tun, was ihr Angst macht. Wir beide finden diese Einschränkung richtig blöd und belastend, aber bisher haben wir keinen Weg daraus gefunden. In unserem letzten intensiven Gespräch haben wir beschlossen, dass sie das Tempo vorgibt, in dem wir uns körperlich wieder annähern. Die Idee war, mit ganz kleinen Schritten anzufangen, damit sie sich sicher fühlt. Zum Beispiel hatten wir vereinbart, dass sie – wenn sie bereit dazu ist – mal von sich aus ihren Kopf auf meine Brust legt, einfach um langsam wieder positives Körpergefühl zwischen uns aufzubauen.

Doch inzwischen sind vier Wochen vergangen, und es ist schon wieder gar nichts passiert. 😕 Sie hat bisher keinen dieser kleinen Schritte von sich aus unternommen. Ich möchte sie nicht bedrängen, daher halte ich mich zurück. Ab und zu frage ich behutsam nach, ob sie vielleicht jetzt Lust hat, es mal mit dem verabredeten Schritt zu versuchen (z.B. ob sie ihren Kopf auf meine Brust legen mag, so wie besprochen). Leider stoße ich dann immer wieder auf Ablehnung. Sie blockt direkt ab. Ich merke, dass jede Initiative von mir sofort wieder Druck bei ihr auslöst, selbst wenn wir es vorher gemeinsam so abgesprochen hatten.

Vorgestern Nacht habe ich im Schlaf unbewusst meine Hand auf ihr Becken gelegt. Es war keine bewusste Aktion von mir – ich hab das im Halb/Schlaf gemacht, wahrscheinlich weil ich Nähe suche. Am nächsten Morgen hat sie es mir jedoch sofort vorgeworfen. Sie sagte etwas wie: „Wir haben doch erst vor kurzem darüber gesprochen, hast du schon wieder alles vergessen?“ Ihr Vorwurf hat mich getroffen. Dieser unwillkürliche Körperkontakt im Schlaf war für sie aber schon zu viel und hat quasi als „Rückfall“ gegolten.

Ehrlich gesagt bin ich langsam ratlos und auch verzweifelt. 😔 Ich liebe sie und wir verstehen uns sonst wirklich gut, aber die völlige fehlende körperliche Intimität belastet mich sehr. Ich fühle mich oft abgewiesen und einsam, obwohl wir ein Paar sind. Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass Umarmungen, Kuscheln oder Sexualität einfach gar nicht mehr stattfinden. Drei Jahre sind eine lange Zeit, in der sich in dieser Hinsicht nichts geändert hat. Ich hatte gehofft, dass ihre Therapie Fortschritte bringt, aber zumindest was unser Nähe-Problem angeht, sehe ich keine Besserung.

Gleichzeitig habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich dieses Bedürfnis nach Nähe habe. Ich frage mich manchmal, ob ich zu ungeduldig oder unfair bin. Schließlich kann sie ja nichts für ihre Angststörung. Ich versuche, ihr Freiräume zu geben und habe wirklich Geduld geübt. Es frustriert mich, immer zurückgewiesen zu werden, obwohl sie ja selbst sagt, dass sie die Situation auch doof findet.

Ist bei mir etwas falsch, das mich das Thema so sehr beschäftigt. Bin ich zu sehr fixiert darauf? Sollte ich einfach dankbar sein, dass wir uns emotional nahe sind, und das Körperliche komplett zurückstellen? Oder ist es legitim, dass mich das unglücklich macht? Diese Fragen lösen bei mir selbst Zweifel aus, ob ich nicht vielleicht selbst das „Problem“ bin.

Hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen in der Beziehung gemacht, vielleicht mit einem Partner/einer Partnerin, der/die unter Angststörung oder ähnlichen Problemen leidet? Wie seid ihr damit umgegangen, und gab es einen Weg, die Intimität langsam zurückzugewinnen?

Liebe Grüße

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Sinarellas
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Mi., 22.10.2025, 11:02

Hast du schon mal die unzähligen anderen Threads zu den immer gleichen Themen durchgelesen?
Was konntest du daraus ziehen?

Aus meiner Sicht:
Stell dich der Realität, dass es so ist und vermutlich auch so bleiben wird. Wenn du damit nicht zurecht kommst, überschneiden sich eure Wünsche und Bedürfnisse nicht und benötige Konsequenzen oder Kompromisse. Erzwingen kannst du nichts, der Realität musst du dich irgendwann stellen (maybe keine Intimität mehr) und dein Wunsch nach körperlicher Nähe ist zwar nachvollziehbar, aber eben kein kaputtes Rad, was man schlicht reparieren muss. Da is nix kaputt, sondern es ist eine gesunde Reaktion.

Aus ihrer Perspektive, da ich das so ähnlich kenne (Hintergrund sexualisierte Gewalt von Männern):
tl;dr: Bei mir lag es am Partner, es wurde nie besser, reden brachte gar nichts und ließ mich immer weiter entfernen, ich trennte mich und lebe jetzt happy mit der Art von Nähe die ich mag in einer Partnerschaft.
..:..

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Weltengänger
Helferlein
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Beiträge: 119

Beitrag Mi., 22.10.2025, 15:09

AngstPartner hat geschrieben: Mi., 22.10.2025, 09:46 Ist bei mir etwas falsch, das mich das Thema so sehr beschäftigt. Bin ich zu sehr fixiert darauf? Sollte ich einfach dankbar sein, dass wir uns emotional nahe sind, und das Körperliche komplett zurückstellen?
Hallo, Angstpartner!

Es wird wohl ein Zusammenhang zwischen der "Safe-Space-Haltung" und dem Tod der Mutter bestehen. Wenn wir geboren werden, tragen wir immer noch eine unsichtbare Mutterschutzhülle um uns herum, die mehrere Schichten hat und sich nach und nach abbaut. Mit etwa 35 Jahren, so heißt es, hat man theoretisch die letzte Hülle abgestreift. Es gibt aber Menschen, die meist eher Frauen sind, die sich an ihrer letzten Mutterhülle noch klammern wollen, ihren Schutz suchen und bedürfen. Ist die Mutter aber gestorben, wird das schwieriger. Es ist vermutlich so, dass deine Frau den letzten Schutz nun im eigenen Körperlichen sucht, quasi wieder im von der Außenwelt geschützten Mutterleib zu sein. - Ich würde empfehlen, lass' ihr weise die Zeit, die sie braucht, um aus sich heraus allmählich wieder den Halt zu finden, den sie braucht. Konzentriere dich fühlend mehr auf ihre Anwesenheit und ihr Dasein.

Viele Grüße von
Weltenwanderer


Entknoten
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Beiträge: 260

Beitrag Mi., 22.10.2025, 15:30

Vielleicht ist die Therapieform nicht die Richtige für Deine Frau.
Bist Du selbst in Therapie? Auf Dauer kann die ständige Ablehnung auch Dich traumatisieren, darauf solltest Du achten.
Dum spiro spero. Dum spero amo. Dum amo vivo.
Cicero

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Sinarellas
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Beitrag Do., 23.10.2025, 07:01

wtf Ablehnung soll traumatisieren? wenn das hier in die Richtung geht bin ich raus. Crazy human.
..:..

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chrysokoll
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Beitrag Do., 23.10.2025, 09:03

AngstPartner hat geschrieben: Mi., 22.10.2025, 09:46
Ist bei mir etwas falsch, das mich das Thema so sehr beschäftigt. Bin ich zu sehr fixiert darauf? Sollte ich einfach dankbar sein, dass wir uns emotional nahe sind, und das Körperliche komplett zurückstellen? Oder ist es legitim, dass mich das unglücklich macht? Diese Fragen lösen bei mir selbst Zweifel aus, ob ich nicht vielleicht selbst das „Problem“ bin.
Ihre Bedürfnisse sind genau so legitim wie deine und es ist sehr verständlich dass dir das alles fehlt.
Nur ist eine Therapie leider keine Autowerkstatt, in der rasch Dinge repariert werden. Es kann leider sein, dass die frühere Intimität nie mehr zurückkommt, dem solltest du ins Auge blicken und überlegen wie das dann für dich geht (oder auch nicht geht)

Vier Wochen sind gar nichts. Deine Erwartung ist sehr verständlich, nur übt das eben auch Druck aus. Du kannst da leider gar nichts anderes tun als ihr das Tempo zu überlassen und für dich sorgen. Und leider eben auch überlegen ob du genau so wie es jetzt ist auf Dauer leben magst und kannst.
Du bist nicht das Problem. Sie aber auch nicht.

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bigogib382
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Beiträge: 47

Beitrag Mo., 27.10.2025, 03:27

Vielelicht nicht gleich Kopf auf Brust, vielleicht Dinge, die harmloser sind. Z.B. ihr berührt euch über einen Gegenstand (fasst gemeinsam einen Ball an, wenn sie das aushält einen kleineren, dann Hände durch ein Blatt Papier getrennt), also kleinere Einheiten.

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