Sind Selbstmörder/innen Egoisten?

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kokobiene
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Sind Selbstmörder/innen Egoisten?

Beitrag Mi., 01.07.2009, 07:53

Hallo liebe Forumsgemeinde,

ich möchte das Thema aus einem anderen Thread herausnehmen.

Dies war meine Meinung:
Was sagst du einem Selbstmörder, der auf der Brücke steht und in die Tiefe springen möchte?
Meinen vollsten und tollsten Respekt haben Selbstmörder - weil dies kein leichter Schritt ist und keine leichte Entscheidung!
Aber sie entscheiden sich wenigstens für ein Leben woanders. Klingt vielleicht jetzt makaber - aber ist doch so oder?
Dies war bereits eine Antwort:
Hmmm für mich sind Selbstmörder Egoisten und nichts anderes. Klar ist so eine Entscheidung die jemand in seinem Leben trifft hart, aber die hinterbliebenden, die Freund, alle Menschen die einen lieben die straft man am meisten mit so einem Schritt, aber ich denke da kommen wir jetzt sehr vom Thema weg.
Was ist eure Meinung?

Nein keine Sorge, ich bin im Moment sicher nicht selbstmordgefährdet.

Ich habe früher ähnlich gedacht, das Selbstmörder Egoisten sind. Aber heute (besonders nach einer Familienaufstellung) denke ich anders darüber.
Ich weiss auch nicht ob man alle in einem Topf werfen kann.

Was ich ganz bitter nicht mag, ist wenn ein Selbstmörder andere unschuldige Personen mit reinzieht.
Solche Menschen haben keinen Respekt mehr von mir.

Also kann man wieder nicht alle in einem Topf werfen oder?

Liebe Grüße
kokobiene

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metropolis
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 08:17

Hallo kokobiene,

Egoismus heißt ja in erster Linie, sich selbst und seine Bedürfnisse für wichtig erachten bzw. für zu wichtig erachten.

Und diese Art von Egoismus passt für mich nicht zu einem Selbstmörder. Ein Mensch der nicht mehr leben will, hat es aufgegeben, für seine Bedürfnisse zu kämpfen. Er fühlt sich gewissermaßen überflüsslig, entbehrlich. Er hat keine Kraft mehr sich selbst so wertzuschätzen um weiterzuleben (Lebensmüdigkeit, Verzweifelung, was auch immer der Grund sein mag).

Das trifft sicherlich nicht auf alle Selbstmörder zu. Es hängt auch immer von der Motivation für den Suizid ab. Es gibt wahrscheinlich auch solche, die sich mit ihrem Selbstmord rächen wollen, die ihrem Umfeld bewusst wehtun wollen, die Andere mitgefährden, die ihre kleinen Kinder allein lassen. Da mag man vielleicht schon von Egoismus sprechen, aber Ignoranz trifft es glaube ich besser.
Aber Menschen, die sich umbringen wollen kann man nicht über einen Kamm scheren

LG

metropolis

.
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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littlebuddha
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 18:57

Bravo! Metropolis hat es sehr sehr gut ausgedrückt!

Mir fiel dazu noch spontan etwas ähnliches ein: Nehmen wir an, es geschehe ein Flugzeugunglück und nur Vater und Tochter überleben und müssen nun durch die Arktis wandern und Vater trägt kleines Töchterchen auf den Schultern durch den Schnee, bis er nicht mehr kann und zusammenbricht. Er ist am Ende seiner Kräfte und gibt den Kampf auf. Er legt sich hin um für immer einzuschlafen, seine Tochter muss nun für sich alleine sorgen - wahrscheinlich wird sie bald erfrieren.

Ist nun der Vater ein Egoist, weil er sich um die Bedürfnisse seiner Hinterbliebenen nicht mehr weiter kümmern kann? (wahrscheinlich ist diese Frage suggestiv, aber wir sind ja nicht vor Gericht )

(Fast) keiner bringt sich aus egoistischen Motiven um.
Ich habe aufgehört, für mich alleine zu leben und angefangen, für uns alle zu leben.
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Larfa60
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 19:16

kokobiene hat geschrieben: Was ich ganz bitter nicht mag, ist wenn ein Selbstmörder andere unschuldige Personen mit reinzieht.
Solche Menschen haben keinen Respekt mehr von mir.
Aber vor Selbstmördern, die niemanden in den Tot mitreissen hast du Respekt? Nur um das mal zu hinterfragen?

Für mich haben solche Menschen keinen Respekt verdient.
Sie nehmen den einfachsten Weg.. ohne zu kämpfen.. geben einfach auf. Für mich ist das eine Flucht. Und auf dieser Flucht werden viele unschuldige Menschen verletzt.
Ja, auch ich halte Selbstmörder für egoistisch. UND schwach....
Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei und würd er in Ketten geboren. - Schiller

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Gärtnerin
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 19:58

kältezeit hat geschrieben: Sie nehmen den einfachsten Weg.. ohne zu kämpfen.. geben einfach auf.
Ich glaube, die meisten, die diesen Weg gehen, haben mehr gekämpft als andere in zehn Leben. Irgendwann können sie einfach nicht mehr.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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münchnerkindl
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 20:07

Selbstmörder sind insofern Egoisten, daß sie so sehr in sich selbst und ihren psychsichen Bedindlichkeiten feststecken (die meisten Leute bringen sich ja nicht aus objektiv nachvollziehbaren Gründen wie einem drohenden Siechtum am Krebs etc um sondern wegen rein emotionaler Schieflagen) daß sie überhaupt nicht mehr fähig sind, über den Tellerrand ihrer begrenzten inneren Wirklichkeit rauszugucken.

ZB dieser Firmenchef der sich umgebracht hat weil ein Teil seines Firmeninperiums pleite gegangen ist. Der Mann hatte sicherlich auch nach der Insolvenz genug Geld um ein ertragbares Leben zu führen. Sich deshalb umzubringen ist der pure Egotrip, sich so an eine Firma zu hängen und sich darüber zu definieren, daß das Leben wenn das wegbricht nicht mehr lebenswert erscheint.

Oder sich aus Liebeskummer umbringen. ICH kann nicht haben was ich will...

Ja, jemand der sich umbringt sieht in dem Moment nur noch sich-sich-sich. Nur wenn man so um sich selbst kreist kommt man auf die Idee seinem Leben ein Ende zu machen.


montagne
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 20:15

Ich glaube, die meisten, die diesen Weg gehen, haben mehr gekämpft als andere in zehn Leben. Irgendwann können sie einfach nicht mehr.
Ja, jemand der sich umbringt sieht in dem Moment nur noch sich-sich-sich. Nur wenn man so um sich selbst kreist kommt man auf die Idee seinem Leben ein Ende zu machen.
Ich denke beides stimmt.
Was mich allerdings wütend macht ist das viele Suizidanden andere Mensdchen psychisch beschädigen, manchmal sogar traumatisieren.
Die Hinterbliebenen, das ist nochmals heftig.
Aber auch andere Menschen, die den Suizid mit ansehen müssen, die den Suizidanden (der u.U. sehr gewaltsam gestorben ist) auffinden oder ungewollt zu seinem Tot beitragen (nicht wenige Bahnfahrer werden durch wiederholtes überfahren von Suizidanden arbeitsunfähig, weil sie damit nicht klar kommen).
Was dann so eine posttraumatische Stresbelastung auch fpr die Angehörigen bedeutet, von den Betroffenen ganz zu schweigen.

Das macht mich ehrlich sehr wütend und bringt mich imemr wieder auf. DAS finde ich maßlos egoistisch.

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münchnerkindl
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 20:26

vallée hat geschrieben: Was mich allerdings wütend macht ist das viele Suizidanden andere Mensdchen psychisch beschädigen, manchmal sogar traumatisieren.
Ich glaube daß jemand der im Begriff ist suizid zu begehen so in sich selbst und seiner Befindlichkeit feststeckt daß die Person in dem Moment garnicht mehr in der Lage ist, sich für irgendwen und dessen potentielles Leiden zu öffnen. Das ist in dem Moment wie ein Tunnelblick.

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Entwurf
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 20:28

hallo zusammen!

selbstmörder egoistisch... für einen selbstmörder verengt sich der blick auf die welt mit zeitlich geringer werdendem abstand zur tat. er ist mehr und mehr auf sich selbst bezogen. im augenblick der tat versucht er, obwohl er das leben verliert, es für sich zu gewinnen, indem er sich dieses seines lebens total bemächtigt. und in vielen fällen möchte er sogar dabei zeugen haben.

ja, ein selbstmord ist eine gänzlich aufs ich bezogene tat. und trägt damit automatisch egoistische züge.

grüße
entwurf

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metropolis
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 20:33

Oder sich aus Liebeskummer umbringen. ICH kann nicht haben was ich will...

Ja, jemand der sich umbringt sieht in dem Moment nur noch sich-sich-sich. Nur wenn man so um sich selbst kreist kommt man auf die Idee seinem Leben ein Ende zu machen.
Sie nehmen den einfachsten Weg.. ohne zu kämpfen.. geben einfach auf. Für mich ist das eine Flucht. Und auf dieser Flucht werden viele unschuldige Menschen verletzt.

Wer sowas schreibt, hat noch nicht mit Selbstmordgedanken zu kämpfen gehabt.

Ich habe drei Jahre lang mit meinen Selbstmordgedanken gekämpft und konnte sie unter Kontrolle kriegen, aber zu behaupten, dass Selbstmörder sich keine Gedanken mehr um andere machen oder feige flüchten, ist nichts weiter als oberflächlich und plakativ.

Warum maßt ihr euch an, die Gedankenwelt von Selbstmördern zu kennen.

Habt ihr eigene Erfahrungen, die zu dieser Erkenntnis geführt haben?

LG

metropolis
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montagne
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 20:37

@kindl: Ja ich denke da ist schon ein Tunnelblick.
Trotzdem finde ich es egoistisch und unfair und auch missbrauchend, wenn Menschen da involviert werden wie es mit Bahnfahrer der Fall ist.
Statistisch gesehen überfärt jeder Bahnfahrer 1 bis 3 Menschen in seinem Berufsleben. Das finde ich zum Kotzen, ehrlich.

Ich ich weiß von dem Tunnelblick, ich hatte ihn auch schon, aber ich finde es dennoch zum kotzen. Wenn, dann sollte man sich so umbringen, das man nicht noch mehr Unheil anrichtet, als man es eh schon tut, dadurch das man wahrscheinlich ja doch Menschen zurück lässt, die einen geliebt haben oder zumindest geschätzt.

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Entwurf
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 20:41

@vallée
deine ansichten in allen ehren, es werden sicher häufig weitere menschen involviert (z.b. auch geisterfahrt auf der autobahn in selbstmörderischer absicht). nur habe ich zweifel, dass man das einem selbstmörder vermitteln kann. zumal, wenn er schon einen gewissen tunnelblick hat.


montagne
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 20:48

@ Entwurf: Ich bin mir ziemlich sicher man kann es ihm nicht vermitteln. Trotzdem finde ich es verwerflich.

Ich hatte auch mal Suizidgedanken und vllt. kommen sie auch mal wieder. Aber ich habe mir das überlegt wie ich es tun kann, ohne das jemand, der nun wirklich nichts damit zu tun hat, dadurch geschädigt wird.

Je mehr ich drüber nachdenke, umso egoistischer finde ich einen Suizid. Ausnahme ist vllt. Bilanz-Suizid im Alter. Und auch Suizid um weiteres Leid durch Pflegebedürftigkeit (im Alter) zu verhindern.

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wert
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 20:52

Selbstmörder unter einen Hut zu bringen ist sicher nicht möglich weil es ja verschiedene Motive dazu gibt. Egoisten sind sie aber bestimmt nicht eher im Gegenteil weil sie diese armseelige Welt von ihren Anblick verschonen wollen.

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Sharona
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Beitrag Mi., 01.07.2009, 21:16

Also ich finde es erstmal nicht egoistisch.

Wäre ich Betroffene, ich bin sicher, es würde sich mir eine Vielfalt von Gefühlen offenbaren. Ohnmacht, Wut, die Frage der Schuld (habe ich etwas veräumt, nicht gesagt, getan, genug zugehört etc.) Trauer, Fassungslosigkeit, Entsetzen uvm.

Ich denke ein vollzogenener Suizid ist oft eine Verkettung unglücklicher Umstände.
Das Leben, das kostbarste, was es gibt herzugeben, die Hoffnung aufzugeben, gegen den Selbsterhaltungstrieb zu handeln kommt mir zu essentiell vor, als das ein Gefühl von Egoismus dazu passen würde.

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