Ausbildung ... ein Berg von Problemen

sporadischer Gast 14 Gone M, 55

Um es gleich vorweg zu sagen. Die Uni hat sich erledigt - seit dieses Jahr im April.
Nach meinem Abi 1998 hab ich ein Freiwilliges Ökologisches Jahr gemacht, anschließend angefangen zu studieren: erst Erziehungswissenschaft, dann Informatik, dann Sprach- und Kommunikationswissenschaft.

Es hat lange gedauert, bis ich mir eingestanden habe, dass studieren eine saublöde Idee war.
Studieren aus Interesse - ja, gerne, irgendwann mal wieder.
Studieren als Ausbildungsform - passt nicht zu mir.

Ich war mir über meine Fähigkeiten lange nicht im klaren. Zu vielfältig, um Prioritäten zu setzen.
Ich bin ein "Computerfreak", trotzdem war ein Informatikstudium die falsche Entscheidung.Ich liebe Sprachen. Sprachvergleiche, Angewandte Linguistik, Phonetik & Phonologie - ich war begeistert, ich lese heute noch Bücher zum Thema. trotzdem konnte ich das Studium nicht durchziehen. Ich liebe die Arbeit mit Kindern, verschlinge Artikel über Schulreformen, Lehrerausbildung, pädagogische Themen. Trotzdem war Erziehungswissenschaft ein Desaster und Lehrerin will ich wirklich nicht werden.
Ich bin kreativ. Bildbearbeitung, Webdesign, mein Ding. Trotzdem nervte mich das hochgradig langweilige KW-Studium.

Ich weiß genau, warum ich mich damals für die Uni entschieden habe. Kontaktschwierigkeiten, Angst vor Menschen. Die Uni war mit 20.000 Studenten eine größere Uni, wo ich in der Masse untertauchen wollte.

Das hat sich geändert, seit ich jobben musste. 2 Jahre habe ich im Call-Center gearbeitet, habe meinem schlimmsten Feind ins Auge geblickt - telefonieren.

Besonders seit sich die Uni gegessen hat, war das mein Job zum halbwegs überleben. Ich wurde grottenschlecht bezahlt, keinerlei Arbeitsschutz. Teilweise für nichtmal 2 € die Stunde 8-Stunden-Schichten schieben. Wer krank wird und nicht kommen kann, muss Ersatz finden oder bekommt Geld vom Lohn abgezogen.
Ständig bekam man noch eins schlechtes Gewissen eingeredet, weil die Chefin es doch nur gut mit einem meint. So gut, dass man selbstverständlich 24/7 Bereitschaft hatte - unbezahlt natürlich.
Im Januar habe ich dort 160 Stunden gearbeitet - für lächerliche 450,- €.

Nebenbei noch einige Stunden pro Woche Computerunterricht für Kinder. Besser bezahlt, aber auch 0 Rücksicht auf meine Bedürfnisse.

15-Stunden-Tage, um am Ende des Monats gerade mal die Miete zahlen zu können und vom letzten Toastbrot und Tütensuppen zu leben.
Ich hab Ende Juli dort aufgehört. Volles finanzielles Risiko.

Und dafür bekomme ich nun wieder die Quittung.

Ich wollte eine Ausbildung anfangen. Jahrelanges Selbststudium in Sachen Web- und Grafikdesign haben nicht gereicht, um als Mediengestalterin ausgebildet zu werden. Nur Absagen.

Ich gehe Kompromisse ein. Kaufmännischer Beruf, auch ok. Solange ich nur einen Berufsabschluss bekomme, Ausbildungsvergütung. Nur eine lächerliche Grundlage.
Praktische Arbeit hat immerhin Spaß gemacht, daran ändert auch beschissene Bezahlung nichts.
Warum also nicht eine Ausbildung für einen Bürojob?
Kauffrau für Bürokommunikation, Verlagskauffrau, Kauffrau der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, Bürokauffrau - immerhin stehen die Chancen doch gut, die Ausbildung mit Bestnoten abzuschließen. Das motiviert, darauf kann man aufbauen.
Mit Arbeitserfahrung im Kundenumgang, Arbeit mit Kindern, einen PC bau ich im Shclaf ausinander und wieder zusammen.

Jedoch nichts.

Führerschein hab ich nicht - hatte ich nie. Kein Geld dafür. Und nun ein Grund, dass ich mich wohl ewig ausbeuten lassen muss. Kein Führerschein, keine Ausbildung. Very Happy

Fast schon lustig.

Es wird immer besser. Seit August bin ich 25, also nicht mehr über meine Eltern krankenversichert. Sprich GAR NICHT mehr krankenversichert. Wovon sollte ich den Beitrag bezahlen?

sporadischer Gast 14 Gone M, 55

Ich hab mittlerweile noch 12,- € auf meinem Konto. Schreibe Bewerbungen wie besessen (passe diese an, perfektioniere - ich WILL eine Ausbildung!).

Seit 2 Monaten habe ich eine neue Beziehung. Ich bin von meinem Freund gerade finanziell ziemlich abhängig und wohne fast bei ihm. Das belastet mich zusätzlich, wo ich es gewohnt bin unabhängig zu sein. (Wer arbeitet sonst für so ein lächerliches Geld statt es sich mit Sozialhilfe bequem zu machen?) Ich würde ihn am liebsten weit weg schieben - damit ich ihm nicht weh tue, nicht abhängig bin. Ich bin einfach so fertig und mitleiderregend, dass ich mir gar nicht vorstellen mag, wie enttäuscht er sein muss. Er hat mich als selbstbewusste Frau kennengelernt. Kämpferisch, optimistisch. Ich hasse meine Heulerei, die sich mit Phasen des Selbstbewusstseins abwechselt.

Ich bin stocksauer auf alle diese verdammten Firmen, die Bewerber wie Dreck behandeln. Die meisten schicken nichtmal Absagen, stattdessen muss ich denen nachtelefonieren, um dann zu erfahren, dass der Platz vergeben ist.

Ich krieg nichtmal in Erfahrung gebracht, warum sie mich für eine Ausbildung bei Ihnen für ungeeignet halten.

Ich bin schlicht überfordert ... ich könnte Hilfe gebrauchen, wage mir aber nicht darum zu bitten. Langsam verliere ich die Hoffnung. Sad

Helferlein 106 Hessen W, 25

Skylar wrote:

Ich krieg nichtmal in Erfahrung gebracht, warum sie mich für eine Ausbildung bei Ihnen für ungeeignet halten.

Ich bin schlicht überfordert ... ich könnte Hilfe gebrauchen, wage mir aber nicht darum zu bitten. Langsam verliere ich die Hoffnung. Sad

Tja, da kann ich dir die Hand geben. Hab schon über 100 Bewerbungen geschrieben und rausgeschickt. Absagen über Absagen und bin auch noch in die Sozialhilfe reingefallen, weil mein Ausbilder 3 Jahre lang, während meine Ausbildung, keine Arbeitslosenversicherung bezahlt hatte.

Ich will dir sagen, dass die Wirtschaft unheimlich am kippen ist und da verlangst du noch von den Sozialhilfeempfänger, ich meine die die es nie werden wollten, dass sie ihren Arsch bewegen und arbeiten gehen sollen? Die können nichts dafür für die Wirtschaftliche Lage. Die Politiker haben schon vor 10 Jahren ihre Hausaufgaben nicht richtig gemacht und dafür müssen wir kleine Bürger gerade stehen. Hast du das gehört im Radio, dass Karstadt und noch ein Amerikanischer Betrieb schliessen müssen und Tausende Arbeiter kündigen müssen. Weißt du, ich hab mich schon daran gewöhnt arm zu leben. Viel Geld ist heute nicht mehr so wichtig, denn Hunger und Not wird kommen und wir sollten froh sein, wenn wir was zu drinken und was zu essen haben. Das ist heut zu tage wichtig.

Soziempfänger haben einen Geldbetrag von 279,- € und der rest ist Miete und heute sollen wir bequem leben? Ich weiß nicht was du dir vorstellst. Ich muss auch an allen Ecken und Kanten Knappern, dass ich überleben kann und bin auchnoch Krank und muss gegen meine Erkrankung tierisch kämpfen. Manchmal wünschte ich mir ich währe Tod und schiebe mein Leben Gott unter die Schuhe, aber er ist nicht schuld. Das weiß ich.
Schwarz weiß denken ist heute nicht mehr drinn!!!!

Frag doch mal den Caritas oder das Diakonischen Werk für eine Ausbildung, die können dir garantiert weiter helfen. Vielleicht konnte ich dir weiter helfen, was ich auch hoffe.

Liebe Grüße
Idefix12

Helferlein 106 Hessen W, 25

Was ich noch sagen wollte, die meisten Ausbildungsplätze sind schon gestrichen worden, weil die Arbeitgeber nicht mehr ausbilden können. Das Thema ist ziemlich lange in den Medien gelaufen. Was ich dir vielleicht noch raten könnnte ist, dass du nach Bayern gehst und dort was Handwerkliches machst, weil dort hast du sollche Berufe wie Sand am Meer. Bürojob, da musst du 18 Jahre alt sein und Abitur haben. Sonstig kann ich dir nicht helfen, weil ich auch eine Beschwerde von einem Arbeitgeber bekommen hab, der meinte, dass viel Jugendliche ohne eine Ausbildung da stehen und zusätzlich weniger Ausbildungsplätze inzwischen haben. Das wird die ganze zeit in den Medien besprochen.

Ach ich bin froh, wenn ich auch für 1,- € in der Stunde arbeiten könnte.

Liebe Grüße
Idefix12

Forums-InsiderIn 150 Hamburg M, 22

Ich habe mir vor kurzem eine Ausbildung gesucht. Eigentlich wollte ich Jura studieren, habe aber in Berlin keinen Studienplatz bekommen (auch anderswo wäre das schwierig geworden). Eine Ausbildung habe ich letztlich nach ca. 30 Bewerbungen im öffentlichen Dienst gefunden (VErwaltungsfachangestellter im Bezirksamt, nicht mein Traumjob aber eine gute Grundlage).

In diesem Sinne könnte ich dir nur raten, es auch noch im öffentlichen Dienst zu versuchen. Die Bezahlung dort ist nicht überragend, aber für die heutigen Verhätnisse doch recht anständig. Ausgebeutet wirst du dort garantiert auch nicht.

Mehr kann ich dir leider auch nicht raten....

sporadischer Gast 7 NRW, Deutschland W, 29

Oje, da erkenne ich mich in einigem wieder... Sad

Hast Du Dich denn auch für Praktika beworben? Klar, da gibt es wenig bis gar nichts... aber vielleicht könnte das ein Einstieg in einen Ausbildungsplatz sein. Zur Überbrückung und für einen regelmäßigen Tagesablauf. Eine bessere Idee habe ich leider gerade nicht. Sad

Der öffentliche Dienst hat mich früher auch gereizt - leider haben die aber eine Altersgrenze von 27 Jahren (da wärst Du aber noch drin).

Studienmäßig habe ich übrigens auch viel zu vieles ausprobiert, zuletzt in England. Hab' auch keinen Abschluß, aber meine Eltern haben mich - leider, muß ich sagen - finanziell zu gut abgesichert. Doch sein Geld selbst zu verdienen, ist ein ganz anderes Gefühl; mir ginge es damit besser. Heute studiere ich übrigens Kulturwissenschaften, und das macht mir großen Spaß.

Ich weiß, es ist schwer einzusehen, aber ein fester Job ist heute schon ein Glückstreffer! Das mußt Du Dir immer sagen. Auch eine gute Qualifikation ist längst keine Jobgarantie mehr. Ich hab' auch immer nur Absagen bekommen, trotz Auslandsaufenthalten, PC-Kenntnissen, mehreren Sprachen... mir ging es genauso wie Dir. Sad

Liebe Grüße
Kirschkernchen

sporadischer Gast 14 Gone M, 55

Da hier mal einige reingeschaut haben und es andere evtl. noch tun, mal ein Update der Dinge, das anderen vielleicht auch Hoffnung macht.

Seit 1.11. habe ich einen Teilzeitjob 20h/Wo. bei IBM im User Help Desk (über Zeitarbeit). Ich bin wieder richtig krankenversichert, habe zum ersten Mal einen Job mit gewissen Rechten und einem richtigen Arbeitsvertrag.
Es kommt etwas Geld bei rum, so dass evtl. bald der Führerschein drin ist.
Mit meinem Freund, mit dem ich seit 1.12. offiziell zusammen wohne, klappt es wunderbar, er unterstützt mich, wo er kann und erträgt meine Macken tapfer.

Ich fühl mich schon etwas zu Hause, hab etwas Selbstbewusstsein getankt und schaue, wie es im nächsten Jahr beruflich aussieht. Very Happy

Mit etwas Glück kommt dank einem Arbeitszeugnis und noch mehr Joberfahrung auch eine späte Ausbildung dabei raus. Es wird nicht aufgegeben!

sporadischer Gast 5 germany M, 25

super Skylar

NIE AUFGEBEN !!!!!!!!!

dance

YOU CAN DO IT !!!!!!!!!!!!!!!!

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