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carrier82
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Post Sat, 31.May.03, 19:26      Die Zeit nach der Psychose Reply with quoteBack to top

Hallo,
heute schreibe ich zum ersten Mal etwas zu einer Krankheit, die mich völlig unerwartet getroffen und mich doch sehr verändert hat:
Seit Dezember 2002 litt ich unter einer paranoiden Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, bis ich dann erst 2 Monate stationär und nochmals zwei Monate tagesklinisch behandelt wurde. Seit einem Monat bin ich draußen, habe aber keinen, mit dem ich wirklich über meine Krankheit sprechen kann. Es ist für Außenstehende fast unmöglich nachzuvollziehen, was sich während der Krankheit abspielt und ich hoffe, hier auf "meinesgleichen" zu stoßen.

Kurz zur Einführung, was geschah:
Ca. einen Monat vor dem Ausbruch stellte ich fest, dass sich mein Interesse an der Außenwelt zunehmens verstärkte. Vorher habe ich viel gekifft, doch im November änderte sich vieles. Schule lief auf einmal ziemlich locker, obwohl ich vor dem Abitur stand. Trotz hohem Canabiskonsums wurde ich aktiver im Freundeskreis und der Familie, sprach offener über meine Gefühle. Alles in allem eine subjektiv recht gute Veränderung.
Ich schlief nur noch sehr wenig: zwei Stunden pro Nacht waren das Maximum. Vielmerh träumte ich mit offenen Augen, erlebte die Träume aktiv mit. Immer mehr lebte ich in der Welt in meinem Kopf.
Das Fernsehen strahlte verschlüsselte Nachrichten aus, irgendeinen Code, der in meinem Zimmer, der Schaltzentrale, zusammenlief-
das habe ich bisher nur meinem Therapeuten erzählt. Einem "normalen" Menschen würde ich das nicht erzählen und ich glaube, wer selbst betroffen ist, weiß, warum.
Jedenfalls steigerten sich die Wahnvorstellungen: es war, als wäre die ganze Welt vernetzt. Medien wie TV, Tageszeitung oder Radio übermittelten die ganze Zeit Codes, die ich dann verarbeitete. Es ging "inhaltlich" um den Kampf gegen das Al- Queida Terrornetzwerk. Nachts glaubte ich dann, per Gedanken gegen bin Laden zu telepathieren, weil dieser durch einen Gesang Mitglieder aufrief, um mich zu finden und zu entführen. Dadurch hatte ich panische Angst vor jedem Menschen, der einen Vollbart trug. Nur per GPS- Navigationssystem glaubte ich, dem Feind auszuweichen. Awax- Flugzeuge halfen mir dabei, indem ihc mit ihnen immer per Gedanken in Verbindung stand(-->akustische Halluzinationen).
Zum Schluss war ich dann soweit, dass ich hinter jedem Autokennzeichen eine Nachricht, hinter jedem Telefonanruf einen Anschlag vermutete. Ich ging dann und wann nach draußen, hin zum Friedhof, um dort mit Gott zu sprechen. Gott sollte mir helfen. Er sprach dann auch zu mir durch Jesus, der am Kreuz vor mir hing. Alles sei Kunst, sagte er. Die ganze Welt bestehe aus Kunst. Jede Form auf dieser Welt gehöre zu einem Puzzle und ich könnte es mir betrachten, jeden Tag und jede Nacht. Danach sah ich nur noch Formen in der Welt: Straßenasphalt wurde zum Weltmosaik, Grashalme zu Landkarten von Wäldern, Ackerschollen zu Gebirgen und ich als Koordinator über all dies.
Irgendwie war das ein verdammt krasses Gefühl- so ein allwissendes, allüberblickendes, alles sehendes Gefühl...

Dann fur mich meine Mutter zum Arzt. Ich wies mich selbst ein in die geschlossene, weil ich mir nicht bewusst war, dass dies eine Psychiatrie war, sondern glaubte, dass ich in ein Trainingscamp käme, in dem mir die Welt in all ihren Bereichen erklärt würde...
Da ballerten sie mich voll mit Haldol und Valium. Eine Woche blieb ich da, danach eben noch ca. zwei Monate vollstationär.

Nur wenige meiner Freunde wussten überhaupt, dass ich eine Psychose hatte, doch richtig darüber reden konnte ich mit keinem. Zu abgehoben würde es in ihren Ohren klingen.
Jetzt bin ich draußen und habe stark mit Depris zu kämpfen. Der Antrieb fehlt, am Wochenende rauszugehen und Party zu machen. Unter der Woche gehe ich in die Schule, doch mache auch häufig blau. Abends kiffe ich zwar nicht mehr, dafür trinke ich oft Bier. Ich komme mit der ganzen Sache nur so klar, dass ich nicht an sie denke. Verdränge sie. Und dann kommen wieder plötzlich all die Erlebnisse über mich und das Bedürfnis, mit jemanden darüber zu reden, zu schreiben. Ich habe verdammte Angst davor, dass ich nochmals psychotisch werde. Angst, wieder monatelang abgeschieden zu sein, die Schule wieder kurz vor dem Abitur hinschmeißen zu müssen.

Vielleicht gibt es ja hier Menschen, mit denen ich über den ganzen Scheiß reden kann...

Carrier82
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tears
Helferlein
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Post Sat, 31.May.03, 23:16      Reply with quoteBack to top

Hallo liebe Carrier,

ich denke Du kannst hier im Forum drüber reden / schreiben was Dir Angst macht...

Quote:
Ich habe verdammte Angst davor, dass ich nochmals psychotisch werde.

Du hast bei Deiner Vorstellung erwähnt, was die Ursachen sein könnten für das Psychotische. Diese Ursachen aufarbeiten wäre vielleicht ne Möglichkeit den Grund zu finden.... und nicht mit Bier, Canabis zu überdecken. Bist Du noch in psychotherapeutischer Behandlung?
Ärzte können Dir vielleicht sagen, wie die Prognose für Dich aussieht und Dir damit etwas Ungewissheit nehmen?

VG tears Wink
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carrier82
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Post Sun, 01.Jun.03, 10:03      Reply with quoteBack to top

Ab nächster Woche mache ich eine Verhaltenstherapie bei einer Psychotherapeutin. Hoffe, dass die CXhemie stimmt und ich mich mit ihr über diese Themen austauschen kann...
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freche_hummel
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Post Sun, 01.Jun.03, 14:08      Reply with quoteBack to top

...bin ganz neu: hier und auch auf das thema psychose etc bezogen.

kann mir bitte mal einer erklären wie man zu soetwas kommt bzw. was es ist?!
habe angst, dass ich auch "krank" bin (siehe beitrag) und weiß nicht, wie das alles weitergehen soll...

und sonst carrier: ich finde dich sehr stark. stark in der beziehung, dass du von einer therapie zur anderen "rennst" und nicht aufgibst!!!
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Time
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Post Sun, 01.Jun.03, 15:31      Reply with quoteBack to top

Hallo hummel,

eine psychose ist eine wahnhafte störung, die mit realitätsverlust einhergeht.
es gibt anhaltende sowie vorübergehende psychosen, deren diagnose und behandlung vorrangig in den händen der psychiater liegt.
das wichtigste krankheitsbild dieser gruppe ist die schizophrenie - die wichtigsten psychopathologischen phänomene sind gedankenlautwerden, gedankeneingebung oder gedankenentzug, gedankenausbreitung, wahnwahrnehmung, kontrollwahn, beeinflussungswahn oder das gefühl des gemachten, stimmen, die in der dritten person den patienten kommentieren oder über ihn sprechen, denkstörungen und negativsymptome.


vielleicht wäre es besser du diskutierst erst dann mit, wenn du weißt worum es sich jeweils handelt, was sicher auch im sinne des hilfesuchendes wäre, weil nur das einen austausch im eigentlichen wortsinne ergeben kann.

dein beitrag über selbstverletzung wurde ins dafür passende forum " gewalt und aggression" verschoben.

alles liebe

Time
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Sternenstaub
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Post Mon, 03.May.04, 16:28      Psychose vorbei und dennoch bin ich nicht wie früher... Reply with quoteBack to top

Hallo, ich bin auf Euer Forum gestoßen und das ist mein erster Beitrag:
Endlich habe ich den Mut zu reden. Vielleicht kurz etwas über mich: Ich studiere Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis im Bereich Schauspiel/ Regie und Kunst- Eigentlich war ich immer eine selbstbewußte, glückliche Person, die in ihrem Studium aufging, doch seit dem Sommer 2004 ist irgemdwie alles anders. Ich hatte plötzlich eine Psychose, die mein Leben schon sehr verändert hat. Ich war schon immer sehr sensibel und verletzlich, aber die Krankheit hat mich noch verletzlicher und sehr viel unsicherer werden lassen. Ich war im Sommer 6 Wochen im Krankenhaus, habe Medikamente genommen und bin zum Glück wieder gesund geworden. Ich hatte schlimme Verfolgungsängste, irrige Überzeugungen und habe plötzlich den Bezug zur Realität verloren. Meine Familie und Freunde wußten nicht was mit mir passiert und haben nicht verstanden oder gwußt, dass ich krank geworden bin. Es hat Monate gedauert bis ich mich für eine Therapie im Krankenhaus entschieden habe. Ich war körperlich völlig heruntergehungert und habe dennoch mein sehr stressiges und zeitaufwändiges Studium weiterverfolgt, bis es nicht mehr ging. Nach dem Krankenhausaufenthalt habe ich ein halbes Jahr mein Studium unterbrochen und habe jetzt vor zwei Wochen wieder angefangen, aber mir fehlt der Mut. Ich habe Ängste Referate zu halten, mag gar nicht mehr so gern Theater spielen, bin so schrecklich verletzlich und oft traurig. Keiner kann diese Veränderung verstehen. Auslöser der Psychose war die Tatsache, dass ich ein Erlebnis aus meiner Vergangenheit immer nur verdrängt, aber nicht verarbeitet habe und mich Jahre später erst mit einem Freund über dieses Erlebnis ausgetauscht habe und plötzlich alles wieder gegenwärtig wurde und mein Vater auch noch schwer erkrankte zu diesem Zeitpunkt. Ich fühlte mich plötzlich von allen Menschen nur angegriffen und habe ein schreckliches Mißtrauen entwickelt und fühlte mich fürchterlich allein. Jetzt habe ich die Tabletten abgesetzt,aber bin unsicher ob es ausreicht einfach nur Tabletten zu nehmen und nie wirklich Gespräche über die Ursachen zu führen. Vor allem schlimm empfinde ich die Tatsache, dass ich mich nach dieser Krankheit so verändert habe, dass ich nicht mehr die Person bin, die ich einmal gewesen bin. Mein Freund, mit dem ich seit Jahren zusammen bin, kommt mit meiner Veränderung nicht klar und irgendwie habe ich das Gefühl, dass mich die Menschen die mich lieben und die ich liebe, mich nicht verstehen können und alle schrecklich ungeduldig sind. Ich fühlte mich im Sommer so allein und jetzt noch immer. Es ist das erste Mal, dass ich so offen Eüber meine Ängste und über die plötzliche Krankheit reden kann: Das tut gut!
Vielleicht könnt ihr mir erzählen, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt oder ob meine Probleme ganz normal sind. Ich würde mich über Antworten Freuen.
Liebe Grüße, Sternenstaub
Smile
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nele
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Post Mon, 03.May.04, 21:33      Re: Psychose vorbei und dennoch bin ich nicht wie früher... Reply with quoteBack to top

Hallo Sternenstaub,

Quote:
Vielleicht könnt ihr mir erzählen, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt oder ob meine Probleme ganz normal sind.


Ja, ich habe 1990 ganz ähnliche Erfahrungen gemacht, wie du (war auch damals ungefähr in deinem Alter) – und ich denke, dass deine Probleme nach einer überstandenen psychotischen Episode normal sind.

So selten ist das gar nicht, dass so etwas in dem Alter passiert – ich weiß nicht, ob du das weißt?

Quote:
Meine Familie und Freunde wußten nicht was mit mir passiert und haben nicht verstanden oder gwußt, dass ich krank geworden bin.


Ja. Das ist, glaube ich, auch ganz schön schwer nach zu vollziehen, für jemanden der das nicht kennt. Es macht Freunde und die Familie oft auch unsicher.

Quote:
Mein Freund, mit dem ich seit Jahren zusammen bin, kommt mit meiner Veränderung nicht klar und irgendwie habe ich das Gefühl, dass mich die Menschen die mich lieben und die ich liebe, mich nicht verstehen können und alle schrecklich ungeduldig sind.


Das kann man nicht brauchen, mit der Ungeduld. Es braucht wirklich seine Zeit um das ganze zu verarbeiten und wieder Sicherheit zu gewinnen.
Hast du denn das Gefühl, dass du „funktionieren musst“ oder so?
Druck ist nicht besonders gut, gerade wenn du deine Tabletten abgesetzt hast (abgesprochen oder auf eigene Faust, übrigens?).
Machst du dir selbst vielleicht auch etwas Druck und kannst du dir den ein bisschen verringern?

Ich habe damals ein halbes Jahr nach der Psychose meinen ersten Job angetreten und es war manchmal viel!
Wenn ich gemerkt habe, dass ich „ins schwimmen komme“, habe ich mir z.B ein ganz ruhiges Wochenende verordnet, mit viel Schlaf, gut essen, baden, alle Aufregung weglassen – quasi so „kurz-Urlaub“ mäßig.half

Das Problem, dass andere Menschen manchmal nicht nachvollziehen können, wie das ist nach so einer Psychose kenne ich auch.
Gut waren einfach so normale Sachen, wie z.B ins Kino gehen mit Freunden, oder schwimmen, in die Sauna. Einfach was mit anderen mitmachen und nicht so sehr Problemgespräche.

Mit der Unsicherheit z.B bei Referaten, beim Studium kannst du erst mal stolz sein, dass du es in Angriff genommen hast und schaffst und dir, wenn es dann doch mal zuviel wird, auch mal zugestehen, dass du eben ab und zu noch ein bisschen Schonraum brauchst.
Wenn`s mal wirklich zuviel zu werden droht, lieber rechtzeitig eine Arbeit lassen und eben später machen.

Eine große Hilfe ist es, wenn es einen Lehrer gibt, der über deine überstandene Krankheit Bescheid weiß und auch mal Verständnis wecken kann, wenn andere Lehrer Stress machen.
Hast du so jemanden oder wüsstest du jemanden, der das eventuell machen könnte?

Quote:
... dass ich nicht mehr die Person bin, die ich einmal gewesen bin.


Doch, du bist schon noch die Person, die du gewesen bist.
Ganz sicher! Wink
Im Moment bist du noch etwas „angeschlagen“, wie nach einer schweren körperlichen Krankheit auch.
Da stehen eben andere Facetten im Moment im Vordergrund.

Ich würde dir dringend empfehlen eine Psychotherapie an zu fangen – selbst wenn dir eventuell gesagt wurde, dass es nicht nötig oder sogar gefährlich sei.
Es stimmt zwar, dass es passieren kann, dass du, vor allem bei zu raschem Vorgehen und Überforderung, riskierst, noch mal in Psychose Nähe zu kommen,
aber auf lange Sicht, lohnt es sich das Risiko ein zu gehen und langfristig wird das Risiko durch die Begleitung eines erfahrenen Psychotherapeuten auch wieder wesentlich geringer!

Es ist aber wichtig, dass du jemanden findest, der dich auf längere Zeit begleiten kann und auch Erfahrung damit hat.
Ebenso wichtig ist auch, dass deine Sicherheit erste Priorität hat und aufdeckende Maßnahmen zwar wichtig, aber der Sicherheit untergeordnet sind.

Eine Therapie bietet dir viele Chancen, möglicherweise auch welche, die du ohne die Psychose nie gehabt hättest. Wink

lieben Gruß

Nele
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Post Tue, 04.May.04, 13:44      Re: Psychose vorbei und dennoch bin ich nicht wie frühe Reply with quoteBack to top

Smile Liebe Nele, ich habe mich sehr über Deine liebe, lange Antwort gefreut und sie hat mir sehr viel gebracht. Es tut gut zu wissen, dass ich nicht die einzige Person auf dieser Welt bin, die eine Psychose hatte. sondern, dass es auch andere Menschen gibt, die diesen Zuustand durchgemacht haben. Ich wußte nicht, dass es in meinem alter häufiger dazukommen kann. Die angesprochene Ungeduld meiner Freunde und Verwandten belastet mich schon, insofern, dass alle soviel von mir erwarten. Manchmal denke ich an diesen Zustand zurück und noch immer kann ich nicht begreifen, wie es dazu kommen konnte, dass ich eine Zeit lang die Welt so verändert wahrgenommen habe, so fern der Realität war und so fürchterliche Angst täglich hatte. Es kann schon sein, dass ich mir sehr viel Druck mache, aber mir fehlen zB zwei Scheine aus dem Semester,wo ich nur halbherzig studieren konnte, weil ich schon krank war und ich möchte jetzt gern nach dem nächsten Semester mein Vordiplom machen, denn meine Kommilitonen, die mit mir angefangen haben, haben das Vordiplom schon gemacht. Ja, ich habe dieses Gefühl "funktionieren" zu müssen, denn alles um mich herum erwartet das so. Hier an dieser Uni habe ich das Gefühl, dass für eine psychische Erkrankung nicht so viel Verständnis entgegengebracht wird, aber wenn ich ehrlich bin habe ich mich einfach nicht getraut mit einem Prof. darüber zu sprechen. Ich spreche nur sehr selten mit meinen Freunden über die Krankheit, denn sie wirken eher verunsichert und wissen nie was sie dazu sagen sollen. Von einer Psychotherapie hat man mir damals im Krankenhaus abgeraten, weil es wie Du schon sagtest "zu gefährlich" sein könnte. Mein Arzt hier in Hildesheim dagegen hat mir sogar eher dazu geraten, aber bisher hat er mir noch keinen Psychotherapeuten empfehlen können, weil er meinte, dass sich dieser auch mit Psychosen auskennen müßte. Ich habe die Tabletten ganz langsam reduziert und schon mit meiner Ärztin in Hamburg, da komme ich eigentlich her, abgesprochen. Ich war die letzten Monate die ganze zeit im Kreise meiner familie in hamburg und bin jetzt wieder hier allein in Hildesheim, wo ich studiere, was schon am anfang eine Umstellung für mich war, aber es ist auch schön wieder auf eigenen Füßen stehen zu können und mein altes Leben wieder aufnehmen zu dürfen. was mir in letzter zeit auffällt, immer wenn ich das Gefühl habe mir könnte etwas nicht so gut gelingen, was vielleicht gar nicht wirklich stimmt, breche ich in Tränen aus und das war früher ganz bestimmt wirklich nicht so, aber vielleicht hast Du recht, wenn Du meinst, dass ich noch etwas angeschlagen bin. Ich hoffe, dass das bald wieder vergeht. Nochmals danke, dass Du Dir Zeit genommen hast, meine Worte zu lesen und sogar noch etwas dazu zu sagen.

Liebe Grüße,
Sternenstaub
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Post Tue, 04.May.04, 14:50      Re: Psychose vorbei und dennoch bin ich nicht wie frühe Reply with quoteBack to top

liebe Sternenstaub,

vielen Dank auch, dass du zurück schreibst!

Quote:
ich wußte nicht, dass es in meinem alter häufiger dazukommen kann.


Doch ist so. Ich habe das früher auch nicht gewusst.
Ich weiß nicht mehr, die ganz genaue Zeitspanne innerhalb der sich psychotische Episoden
bei Jugendlichen häufen, aber du lagst ziemlich genau in der Spitze – der größten Häufigkeit.
(Ich damals auch). Bei männlichen jungen Erwachsenen liegt das Durchschnittsalter der größten
Häufigkeit etwas niedriger.

Auf jeden Fall ist es enorm wichtig, dass du wenn es irgend geht, möglichst keinen
Rückfall bekommst. Ich hoffe, es ist Ok, wenn ich das so sage.
Es kann die erste Zeit sein, dass man manchmal das Gefühl hat, es wird ein wenig „wackelig“.
Das ist Ok und bei einem Drittel aller Leute die so was mal hatten, bleibt es bei diesem einen Mal.
Aber es ist ganz wichtig, dass du schaust, falls es in die Richtung geht, dass du nicht reinrutscht.
Verstehst du?
Das hat wirklich erst mal oberste Priorität, vor Scheinen im Studium und so.
Und auch vor Erwartungen anderer Leute.

Es ist dein Leben und wenn du aus dem kritischen Alter raus bist und längere Zeit kein Rückfall kommt,
wird so schnell auch nichts mehr passieren, zumal, wenn du Therapie machst.

Quote:
Manchmal denke ich an diesen Zustand zurück und noch immer kann ich nicht begrifen, wie es dazu kommen konnte, dass ich eine Zeit lang die welt so verändert wahrgenommen habe


Ja, das war bei mir auch so.
Ich habe es für mich dann erst mal „einfach so stehen gelassen“, mich darauf konzentriert
gut auf die Beine zu kommen und im Laufe der Therapie habe ich mit der Zeit dann besser verstanden,
wie das kam.

Mir persönlich war wichtig zu verstehen, dass die Psychose damals zwar „wie aus heiterem Himmel“ kam,
aber dass es im Grunde doch eine längere Entwicklung war.
Ich habe auch ein Studium gewählt, dass nicht gerade das „allerbodenständigste“ war.
(Musik).
Ich war nicht wirklich gut in meinem Körper, war auch „völlig runtergehungert“ und so.
Durch die Körperpsychotherapie habe ich gelernt, wenn ich wirklich gut in meinem Körper bin,
kann ich auch nicht psychotisch werden.
..Aber das war mein Weg, weiß nicht, wie es bei dir ist.

Mir ist übrigens damals auch im Krankenhaus von einer Psychotherapie, und erst recht Körperpsychotherapie,
abgeraten worden.
In jedem Fall braucht man einen erfahrenen Psychotherapeuten, der auch mal eine Krise mit
einem durchstehen kann.

Das mit dem in Tränen ausbrechen, wenn einem etwas nicht geling, hat bestimmt damit zu tun,
dass du noch ein kleines bisschen angeschlagen und psychisch „dünn“ bist.
Vielleicht hilft es dir, wenn du versuchst, es dir einfach zuzugestehen und mit dir selbst vorsichtig
umzugehen?
Du hast ganz schön was hinter dir! Das war ja keine Kleinigkeit.
Und du kannst stolz auf dich sein, dass du jetzt wieder an deinem Studienort bist,
das geschafft hast, selbstständig bist.
Im nachhinein finde ich, und könnte mir vorstellen, dass es bei dir ähnlich sein kann,
lernt man halt ganz andere Sachen in dieser Zeit, wie bewusst für sich sorgen und so.
Das sind total wichtige Qualitäten! Selbst wenn es im Studium erst mal ein kleines bisschen
langsamer geht.

Lieben Gruß Very Happy

Nele
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Post Wed, 05.May.04, 21:00      Re: Psychose vorbei und dennoch bin ich nicht wie frühe Reply with quoteBack to top

So, jetzt habe ich endlich Zeit mich erneut für die Antwort zu bedanken:
Ich wußte wirklich nichts über die Krankheit und es beruhigt mich, dass ich nicht die einzige bin, die daran erkrankt ist, auch wenn es mir manchmal so vorkommt. Ich habe fürchterliche Angst vor einem Rückfall, denn ich möchte das nie wieder erleben. Als ich krank war, habe ich fast gar nicht geschlafen und die letzten Nächte hat das schon wieder angefangen. Erst habe ich die Tabletten abgesetzt und hatte daher Schlafstörungen und dann habe ich gut geschlafen und jetzt plötzlich wieder: Das macht mir Angst und ich hoffe, dass es bald vergehen wird. Leider ist mein Arzt jetzt für längere Zeit im Urlaub und ich hätte gern noch einmal über eine mögliche Psychotherapie mit ihm gesprochen...Ja, ich sehe das plötzliche Auftreten auch bereits als eine lange Entwicklung, denn ich war schon lange angeschlagen und mein Zustand hat sich immer mehr verschlechtert. Ich möchte gern die Ursachen herausfinden. Schön, dass Du Musiklehrerin geworden bist.) Ich spiele auch seit jahren klassische Giitarre und hätte beinah Musik hier im Nebenfach studiert, aber Gehörbildung und Chorleitung hat mich abgeschreckt.))
Was genau ist denn Körpertherapie? Ich kann mir darunter nicht soviel vorstellen.
Du hast recht, wenn Du sagst, dass man viele wichtige Dinge nach einer Psychose lernt: Ich passe zur Zeit auch gut auf mich auf und vor allem bin ich noch sensibler geworden und reagiere auch noch sensibler wenn Freunde Kummer haben.
ja, ich habe das Gefühl zur Zeit psychisch dünn zu sein und hoffe, dass ich irgendwann meine alte Stärke zurückerlange. Hast Du eigentlich nur eineinziges mal eine Psychose bekommen und bist nie mehr rückfällig geworden?

ich bin müde und sitze im rechenzentrumder Uni und werde jetzt mal besser heim fahren: Nochmals Danke für die Beratung und die aufbauenden Worte,

gute Nacht,
Sternenstaub
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Post Sat, 15.May.04, 4:26      Die Überschrift hat mich magisch angezogen... Reply with quoteBack to top

Liebe Sternenstaub,

Ich befinde dich momentan in einer vergleichbaren Phase. Genau genommen wollte ich gerade einen Thread aufmachen und mich über ähnliches zu beklagen.
Ich habe seit ein paar Wochen nun wirklich das Gefühl wieder "normal" zu werden. Aber vieles was vor einem Jahr brennend aktuell war plagt mich noch immer. Ich war ein nderer.. und dieser andere, den ich nicht verstand, mit dem ich nichts anfangen konnte, den spüre ich heute noch. Ich war solange anders, dass ich gar nicht mehr weiß wie ich früher war. Er war immer da und ich hab die Befürchtung "er" (ist nur eine Metapher, ich bin kein Multipler) wird immer da sein. Bei mir hat es zwei Jahre gedauert bevor ich überhaupt in Behandlung gegangen bin. 1 1/2 Jahre habe ich versucht, dass es niemand merkt. Obwohl ich eigentlich die ganze Zeit das Gefühl hatte alle sehen es... 1/2 Jahr war dann Schule schwänzen und absolutes Absinken in die Isolation, eine Welt aus Lügen Angst und Verzweiflung. Dann begann die Therapie. 1 Jahr absolut erfolglos. Es wurde immer schlimmer und wieder besser - ein ständiges Hin und Her - (mit Hoffnung auf Gesundung) aber tendenziell schlimmer. Ich wurde immer mehr von allen als Kranker behandelt, als Außenseiter, als Sonderling. Die Krankheit erreichte dann vor drei Monaten den Höhepunkt. Mein Gefühlsleben war absolut außer Kontrolle. Ich war konstant am Ausrasten. Hochhimmeljauchzend und zu Tode betrübt. Und es war noch viel viel mehr nicht in Ordnung.
Aber ganz plötzlich war es irgendwie vorbei. Mir kam es vor als hätte ich die letzten Jahre nur geträumt. Als wäre nichts wirklich passiert. Jetzt rede ich wieder. Habe Kontakte, habe Interessen usw. bin gerne wach. Bin nicht zwiegespalten. Meine Gefühle passen zu den Situationen u.ä. Aber ich habe die Erinnerungen, die Gewohnheiten, die Automatismen der letzten Jahre. Und jetzt hab ich das Gefühl dass ich mitten in eine Identitätskrise steuere. Ich wusste jahrelang nicht wer ich bin. Mir kam nichts echt vor. Ein bitterer Nachgeschmack blieb. Wenn mir jahrelang nichts echt vorkam, wieso sollte es dann nicht wirklich irreal sein? Ich reagiere wie die letzten Jahre. Wenn irgendeine Situation belastend für mich wird, schalte ich einfach komplett ab. Nur mal als Beispiel.
Mir ging es übrigens wie dir... ich war eine äußerst glückliche und selbstbewusste Person - bis ich krank wurde.
Naja hilfreich ist das für dich bestimmt nicht.
Ich wollt mir auch mal was von der Seele reden grinsend.

Ich wünsch dir jedenfalls mal alles Gute
Glg
D.K.
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Post Sun, 16.May.04, 18:56      Re: Psychose vorbei und dennoch bin ich nicht wie frühe Reply with quoteBack to top

Salut D.K,

schönen Dank für den Kommentar. Es tut wirklich gut zu wissen, dass es auch andere Menschen gibt die eine soche Zeit durchgemacht haben oder noch durchmachen.

"Aber ganz plötzlich war es irgendwie vorbei. Mir kam es vor als hätte ich die letzten Jahre nur geträumt."

Ja, ganu dieses Gefühl habe ich zur Zeit auch. Ich habe das Gefühl, als hätte ich ein jahr meines Leben weggeschmissen, denn in dieser Zeit habe ich einfach nicht gelebt. Ich bin glücklich, dass alles vorbei ist. Leider habe ich zur Zeit nicht viel zeit, sonst würde ich viel mehr schreiben, aber ich bin sehr mit der Uni beschäftigt. Ich wollte Dir bloß alles Gute wünschen und ganz viel Kraft und vor allem Glück!!!

liebe Grüße,

Sternenstaub
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Post Sun, 16.May.04, 19:23      Re: Psychose vorbei und dennoch bin ich nicht wie früher... Reply with quoteBack to top

Salut Sternenstaub,

Ist 'n cooles Gefühl, dass es endich vorbei ist, ja. Ich genieß grad so richtig die einfachen Dinge des Lebens... wow, dass man das wieder kann... danke für die Kraft grinsend. Ich schick dir im Gegenzug ... Pralinen Very Happy ?
Nochmal alles Gute
glg D.K.
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Sternenstaub
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Post Sun, 16.May.04, 19:34      Re: Psychose vorbei und dennoch bin ich nicht wie frühe Reply with quoteBack to top

Hmmmmmm Pralinen, da sag ich doch nicht nein love1
Jetzt hast Du mich wieder vom Arbeiten abgehalten!!

Gruß,
Sternenenstäubchen
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Post Sun, 16.May.04, 19:45      Re: Psychose vorbei und dennoch bin ich nicht wie früher... Reply with quoteBack to top

.... ooooh, jetzt hab ich alle aufgegessen Rolling Eyes ...







Very Happy
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