Ich will zu viel und dann geht alles schief

sporadischer Gast 6 NRW W, 25

Hallo zusammen!

Das ist ja klasse, dass ich jetzt doch noch einen Ort gefunden habe, wo ich vielleicht richtig bin mit meiner Angst.
Meine Situation sieht folgendermaßen aus:
Ich bin Sozialpädagogin und hab trotz meines "zarten" Alters von 25 schon ziemlich vielseitige Erfahrungen gemacht. Ich hab mich immer auf alles gestürzt, um möglichst viel dazuzulernen und hatte von Anfang an viel Verantwortung und Führungspositionen.
Meine letzte Stelle habe ich verloren, da ich nicht mehr finanziert werden konnte und ich selbst denke auch, weil ich nicht gut genug war.
Jetzt bin ich arbeitslos, habe aber nebenbei zwei Honorarjobs, die auch wieder einiges an Verantwortung mit sich bringen.
Allerdings habe ich so viel Angst, schon wieder etwas falsch zu machen, dass erst recht alles schief läuft. Heute und gestern habe ich zum Beispiel zwei wichtige Termine vergessen. Ich verschlunze Dinge, Fakten und Termine, weil ich das Gefühl hab, dass mir alles über den Kopf wächst! Dabei ist es gar nicht sooooo viel...
Und immer, wenn irgendetwas nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle - zum Beispiel wenn meine unmotivierten Teilnehmer über den Unterricht meckern - beziehe ich das sofort auf mich und denke, der Fehler liegt bei mir.
Dadurch habe ich eine Heidenangst, überhaupt irgendwas anzufangen. Ich verstehe das nicht, denn sonst bin ich ein selbstbewusster und engagierter Mensch und kann meine Fähigkeiten sehr gut verkaufen... Ich habe schon überlegt, die Brocken hinzuschmeißen, weil ich ja eh "nicht gut genug" bin. Vor Bewerbungen schrecke ich auch schon zurück, weil ich das ja eh alles nicht kann. Ich weiß nicht, was ich machen soll... Bitte schlagt mich mit Rat.....

Helferlein 135 irgendwo W, 50

Auch wenn Du sehr engagiert und verantwortungsbewußt bist - du bist doch noch sehr jung! Natürlich schaffst Du vieles nicht - aber schaffen es andere????? Es braucht seine Zeit bis man merkt, daß um einen herum nicht ein einziges Genie rumläuft, und es braucht nochmal Zeit bis man sich traut dieses Fakt einigermaßen gelassen zur Kenntnis zu nehmen. Dann kommt das nötige Selbstvertrauen von selbst. Mach einfach Schritt für Schritt was Du für richtig hältst und sieh Dich um wie andere es machen.
LG

Forums-InsiderIn 411 BRD W, 44

Hallo Fragglefrau,

Du schreibst, dass eigentlich selbstbewusst bist. Gibt/ gab es denn einen bestimmten Auslöser an dem es kippte?

Andere scheinen das anders zu sehen, denn sonst hätten sie Dir doch gar keine Verantwortung und Führungspositionen in Deinem Alter übertragen.
Was denkst Du denn in der letzten Stelle falsch gemacht zu haben? Kannst Du Beispiele nennen?

In den Honorarjobs hat man Dir wieder Verantwortung übertragen. Das kommt doch nicht von ungefähr. Ok, Termine vergessen. Das kann ja wohl jedem passieren, besonders wenn er viel Verantwortung trägt.

An welchem Punkt ist Dein Selbstvertrauen denn gekippt? Kannst Du den benennen?

Gruß
whoopie

sporadischer Gast 6 NRW W, 25

Hmm, wann ist es gekippt....?
Ich denke, als ich meine erste "richtige" Stelle hatte und da eigentlich gar nix lief. Ich bin ohne Einarbeitung angefangen und sollte trotzdem alles können. Klar lief dann nicht alles so, wie es sollte.
Insbesondere kam ich mit meiner Sekretärin nicht klar, die mich nicht als Vorgesetzte anerkannte. Woran das lag? Keine Ahnung. Vielleicht, weil wir relativ schnell zum "Du" übergegangen sind, vielleicht, weil sie altersmäßig fast meine Mutter hätte sein können, vielleicht habe ich auch zuwenig Autorität ausgestrahlt. Da kam wohl alles zusammen. Eigentlich war sie der Chef...
Da hat es angefangen, dass mir jeden Tag speiübel wurde, wenn ich an die Arbeit gedacht habe und mich nur noch hingeschleppt habe.
Die zweite Klatsche war dann der Rauswurf aus oben besagter zweiter Stelle aus dem Nichts heraus. Da ging es darum, dass ich eine Ganztagsschule zum Laufen bringen sollte, was den Eltern aber nicht schnell und perfekt genug ging. War natürlich Wasser auf meinen Perfektionistenmühlen...
Wenn es jetzt soweit käme, dass ich einen 1-Euro-Job machen müsste (momentan leite ich eine Qualifizierungsmaßnahme für ebendiese), würde ich, glaub ich, ganz abdrehen...

Forums-InsiderIn 411 BRD W, 44

Hallo Fragglefrau,

na, wenn Du nicht eingearbeitet wurdest, ist es doch klar, dass es nicht so reibungslos lief. Gut, dass Du das selbst erkannt hast.

Vielleicht hat Dich die Sekretärin nicht akzeptiert, weil sie älter war oder weil Du kürzer da warst wie Du selbst schon schreibst? Auch nicht Dein Fehler.

Trotz Deiner logischen Erkenntnisse wurde Dir speiübel. Es gab also eine Diskrepanz zwischen Deinem Gefühl und Deinem Verstand. Du wusstest, dass Du nix verbockt hast und hast Dich trotzdem schlecht gefühlt.

Ja, Deine Perfektion. Warum musst Du perfekt sein? Gab es dafür Gründe in Deiner Vergangenheit? Wem musst Du was beweisen (oder glaubst das tun zu müssen)?

Gruß
whoopie

sporadischer Gast 6 NRW W, 25

Jaja, das ist immer so. Mein Verstand sagt was anderes als mein Gefühl... Ich WEIß durchaus, was ich könnte, aber trotzdem hab ich Angst... Komisch, oder?
Oha, ja klar gibt es Gründe für meine Perfektion. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, glaube ich, dass es daran liegt, dass ich meiner Familie (insbesondere meinem Dad) immer beweisen wollte, das ich auch was kann und nicht nutzlos bin. Auch in der Schule war ich meist diejenige, über die hergezogen wurde. Ich hab mir einfach gedacht "Ich zeigs allen!"
Mittlerweile hab ich das so gedreht, dass ich MIR SELBST etwas beweisen will. Eigentlich müsste ich das ja gar nicht.
Aber ich weiß nicht, wie ich da rauskommen kann... Wenn ich versuche, es langsamer angehen zu lassen und mich selbst nicht strenger zu behandeln als andere, passieren gleich noch mehr Fehler und alles wird nur noch schlimmer.

Forums-InsiderIn 411 BRD W, 44

Hallo Fragglefrau,

dass Du trotzdem Angst hast, ist nicht komisch, sondern nachvollziehbar. Es ist ein altes Muster, das sich eingebrannt hat. Das wird man nicht so schnell los.

Du willst Dir selbst etwas beweisen, schreibst Du. Ja, Du hast die "Arbeit" Deines Vaters übernommen, hast (zu?) hohe Ansprüche an Dich selbst. Man übernimmt fast immer die alten Muster.

Ich weiß nicht, ob man ohne Therapie aus dem Muster kommen kann. Vielleicht ja, aber ich kenne für mich nur den Weg der Therapie.

Gruß
whoopie

sporadischer Gast 6 NRW W, 25

Ich hab auch schonmal eine Gesprächstherapie gemacht. Meion Vater war da durchaus auch Thema.
Aber ist denn so etwas Grund genug für eine Therapie oder werde ich da nicht komisch angeschaut, wenn ich mit so einem Problem ankomme? Ich hab da schlechte Erfahrungen gemacht mit einer Therapeutin, die sich nicht für mein Problem zuständig fühlte...

Forums-InsiderIn 411 BRD W, 44

Hall Fragglefrau,

Quote:

Aber ist denn so etwas Grund genug für eine Therapie oder werde ich da nicht komisch angeschaut

Ein Grund für eine Therapie ist es, wenn es Dich so belastet, dass Du Hilfe brauchst.

Quote:

wenn ich mit so einem Problem ankomme?

Wer Dich deswegen komisch anschaut, sollte sich nicht Therapeut nennen.

Quote:

Ich hab da schlechte Erfahrungen gemacht mit einer Therapeutin, die sich nicht für mein Problem zuständig fühlte

Ich habe auch zwei solcher Exemplare hinter mir. Nicht zuständig sein ist eine nettere Umschreibung von "keine Ahnung" haben.

Gruß
whoopie

sporadischer Gast 6 NRW W, 25

Hallo Whoopie!

Danke für Deine Antwort. Das macht schonmal ein bisschen Mut und bestätigt mcih in meiner Ansicht, dass ich mir vielleicht doch etwas Hilfe suchen sollte, wenn es so weitergeht.

Lieben Gruß,
fraggle

Forums-InsiderIn 411 BRD W, 44

Hallo fragglefrau,

wäre schön, wenn Du Hilfe fändest, aber dränge Dich zu nichts. Suche, wenn Du glaubst, dass es der richtige Zeitpunkt ist, sonst bringt es nichts.

Gruß
whoopie

sporadischer Gast 6 NRW W, 25

Danke!

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