Neues Forum! [Info]
Post new topic Reply to topic    Print
Author Message
sonnewasser
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]


Posts 1265
Wohnort Niederbayern
W, 25


Post Thu, 30.Nov.06, 9:43      Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

Hallo,

ich habe im Forum ja schon mein Hauptproblem geschildert. Zusammenfassung: soziale Ängste, Existenzängste wegen Arbeit (vor der ich Angst habe), teilweise depressive Phasen mit Heulanfällen ...usw.

Wenn ich mich damit auseinandersetze, fallen mir immer wieder Dinge ein, die in meiner Familie nicht okay waren. Als mit 14 Jahren meine erste starke Depression anfing, wurde das von meinen Eltern nicht bemerkt. Als ich den Wunsch äußerte, einen Psychologen zu wollen, wurde das belächelt.

Mit 17 Jahren trank ich eine Weile sehr viel Alkohol und hing mit anderen kaputten Leuten rum, um meine Probleme wegzuspülen.
Als ich dann wegen sehr schlimmen Gedanken in die Jugendpsychiatrie musste, war natürlich der Alkohol schuld. Meine Eltern sagten, wenn ich raus komme, soll ich nicht mehr trinken... anstatt mal nachzudenken, WARUM es so weit kam.

Als ich dann mit 20 Jahren ein Suizidversuch unternahm, wirkten meine Eltern plötzlich ganz überrascht. Hatte ich nicht mit 14 Jahren schon gesagt, ich will eine Therapie machen? Confused War ich nicht mit 17 Jahren ne Zeit lang dauerbetrunken und hatte manische Phasen? Shocked Ach so, mit 14 war es wohl einfach der Druck in der Schule und mit 17 war es der böse Alkohol.

Sorry für den langen Text, davon könnte ich noch viel mehr erzählen. Das Ausmaß meiner Gefühle wird immer noch nicht ernst genommen.

Und jetzt meine Frage: Darf ich auf meine Eltern wütend sein?? Darf ich ihnen einen Teil der Schuld zuschieben, wo sie mich doch niemals geschlagen oder eingesperrt haben? Sind meine Eltern wirklich so kalt?
Ich verstehe sie nicht!! Dennoch habe ich das Gefühl, ich darf sie nicht hassen, weil sie es doch immer nur gut gemeint haben...

lg
sonnewasser

_________________
Menschen, die zu oft zwischen den Zeilen lesen, lernen sich selbst besser kennen Wink
Find all posts by sonnewasser
Werbung
thorn
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie


Posts 944
Wohnort BRD
W, 24


Post Thu, 30.Nov.06, 10:03      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend se Reply with quoteBack to top

Hey sonnewasser,

klar darfst du! Wahrscheinlich werden sich hier auch Leute melden, die darüber meckern werden, aber davon solltest du dich - meines Erachtens - nicht verunsichern lassen. Klar kann man rationalisieren und sagen, dass es in allen Familien Schwierigkeiten gibt, dass die Umwelt einen nun mal formt, dass man aber irgendwann erwachsen ist und auf eigenen Füßen stehen muss, selbst für sich verantwortlich ist oder gar, dass alles sein Gutes hat. Ich kann das alles unterschreiben, aber es zu begreifen, fühlend zu begreifen, das ist nicht so leicht. Ich selbst erleb(t)e das Wütendsein auf meine Eltern als Phase, die ich für meine seelische Gesundung brauch(t)e. Bei meinen Gefühlen für meine Mutter merke ich auch bereits, wie ich langsam aus der Wut und den Vorwürfen herauskomme, ihr zunehmend von Erwachsenem zu Erwachsenem begegnen kann. Uns nicht länger als Mutter und Tochter verstehe im Sinne von Abhängigkeit bzw. einer bestimmten Rollenkonstellation. Neben der Wut, die ich allerdings schon immer auf meine Eltern hatte, brauche ich auch Trauer, um die Schmerzen meiner Kindheit und Jugend aufzuarbeiten. Diese Gefühle wechseln sich bei mir ab, aber es wird beides weniger. Das braucht aber Zeit! Und ich denke schon, dass man sich in diese Gefühle hineinwagen darf, in ihnen baden darf, denn sie sollen ihren Platz haben wie auch die schönen Empfindungen. Ich denke, die Wut hat ihre ganz spezielle Funktion im Abnabelungsprozess und der "Selbstwerdung". Wer sie unterdrückt, läuft m.E. eher Gefahr, ewig in der Abhängigkeit stecken zu bleiben.

Ich setze mich übrigens wenig bis gar nicht "aktiv" mit meinen Eltern auseinander. Vielleicht noch nicht, vielleicht werde ich es auch nie brauchen. Davor, ihnen meine gesammelte Wut ins Gesicht zu klatschen, fürchte ich mich nach wie vor, aber ich brauche das irgendwie auch gar nicht (mehr) so sehr. Irgendwann während der Therapie hatte ich das Gefühl, als würde ich mich langsam dem Punkt nähern, wo die Konfrontation mit meinen Eltern möglich wäre - und ehe ich's mich versah, war ein ganz anderes Gefühl da, nämlich das der inneren Ruhe. Ich schätze, es wird für mich drauf ankommen, was ich von der Beziehung zu meinen Eltern überhaupt noch erwarten kann. Wenn ich glaube (was derzeit der Fall ist), dass da nie eine wirklich innige Verbindung existieren können wird, dann brauche ich meine Wut auch nicht zu zeigen, sondern kann das mit mir selbst ausmachen. Aber ich schau mal, wohin das noch so läuft Wink.

Meinst du denn eine "offene" oder eine "verborgene" Wut, die du dich nicht so recht zu fühlen traust? Also geht es darum, deine Eltern zu konfrontieren, oder überhaupt erst mal die Wut in dir zuzulassen?


Liebe Grüße an dich,

thorn
Find all posts by thorn
pregunta
Helferlein
Helferlein


Posts 133
Wohnort Wien
W, 30


Post Thu, 30.Nov.06, 10:48      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend se Reply with quoteBack to top

Hallo Sonnewasser!

Mein Therapeut meint, auch der Wut sollte man sich bewußt sein. Wenn Du wütend auf sie bist, dann ist das Dein gutes Recht. Ich weiß nicht, wie es bei Deinen Eltern ist, aber meine haben noch ein Bild von einem Therapeuten als komischen Heini, der Freudmäßig die seelisch "kranken" Menschen heilt. Vielleicht hatten sie Angst, es würde herauskommen, daß sie in der Erziehung Fehler gemacht haben?
Ich habe mal, nachdem das Verhältnis zu meinem Vater besser geworden ist, darüber gesprochen, daß ich Ohrfeigen und an den Ohren ziehen nicht für ein gutes Erziehungsmittel halte. Er hat gemeint, es sei doch nicht so schlimm gewesen, und wenn er dieses Erziehungsmittel nicht verwendet hätte, wäre sicher nichts aus mir geworden.
Darauf bin ich sauer, denn bei meinen jetztigen Problemen mit meinem Ex, bei sämtlichem Streit mit ihm waren das die Wunden, die bei mir wieder aufgeklafft sind. Schmerzen von einer Person zugefügt bekommen (bei meinem Ex verbal und durch die Gefühlskälte), die ich eigentlich gern habe und liebe.
Meine Reaktion damals wie heute, war weiter zu provozieren und auf mich "einschlagen" zu lassen, damit mein Gegenüber merkt, daß es absurd ist.
Ich wollte auch schon lange in Therapie gehen und auch meine Eltern haben das belächelt, aber auch Freunde.

LG,
p.
Find all posts by pregunta
pregunta
Helferlein
Helferlein


Posts 133
Wohnort Wien
W, 30


Post Thu, 30.Nov.06, 10:51      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend se Reply with quoteBack to top

Nachtrag: Ich habe meiner Mutter gestern erzählt, daß ich in Therapie bin und es schien sie zu beruhigen (meine Eltern wohnen weit, weit, weg).
Find all posts by pregunta
Werbung
LeonardoD
sporadischer Gast
sporadischer Gast


Posts 22
Wohnort Planet Erde
M, 47


Post Thu, 30.Nov.06, 10:57      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

Hallo Sonnewasser,
irgend jemand hat mal gesagt: Depression ist nach innen gerichtete Wut!
Von daher würde ich sagen, dass du nicht nur auf deine Eltern wütend sein darfst, sondern vielleicht sogar musst!
Bei mir war es so, dass nach eine Phase der Wut irgendwann die Trauer über meine Kindheitserfahrungen einsetzte. Die nächste Phase ist hoffentlich das endgültige Loslassenkönnen.
Es gibt da m.E. keine Abkürzungsmöglichkeit, die da heißt "verzeihen".
Ein Buchtipp in diesem Zusammenhang: Josef Giger-Bütler: Sie haben es doch gut gemeint:
Gruß
Leo
Find all posts by LeonardoD
thorn
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie


Posts 944
Wohnort BRD
W, 24


Post Thu, 30.Nov.06, 11:23      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend se Reply with quoteBack to top

LeonardoD wrote:
Es gibt da m.E. keine Abkürzungsmöglichkeit, die da heißt "verzeihen".


Sehr guter Satz! Stimmt, Verzeihen kann man nicht abkürzen, obwohl man, zu der Ansicht bin ich nach langem Hin und Her gelangt, irgendwann auch diesen Schritt gehen sollte. Nicht für die anderen, sondern für einen selbst. Verzeihen kann aber m.E. nie bereits die erste Station sein, nachdem man verletzt worden ist.
Find all posts by thorn
Werbung
sonnewasser
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]


Posts 1265
Wohnort Niederbayern
W, 25


Post Thu, 30.Nov.06, 11:30      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

Hallo,

erstmal danke für eure Antworten.

@thorn,
Quote:
Meinst du denn eine "offene" oder eine "verborgene" Wut, die du dich nicht so recht zu fühlen traust? Also geht es darum, deine Eltern zu konfrontieren, oder überhaupt erst mal die Wut in dir zuzulassen?

Ich meine eher die "offene" Wut. Die Wut spüre ich immer wieder mal, sie wechselt ab mit Traurigkeit. Mich würde interessieren, ob ich meine Wut offen aussprechen darf Question Würden meine Eltern das überhaupt verstehen, wenn ich jetzt plötzlich damit komme, was sie vor 10 Jahren, vor 7 Jahren, vor 4 Jahren falsch gemacht haben? Und wenn ich ihnen vorwerfe, dass sich all das auf meine Psyche und mein Leben negativ ausgewirkt hat? Kann ich ihnen das sagen? Ich weiß, dass ich es fühlen darf, aber es ihnen direkt als Vorwurf machen... ich habe Angst, dass ich ungerecht wäre!

Quote:
Ich schätze, es wird für mich drauf ankommen, was ich von der Beziehung zu meinen Eltern überhaupt noch erwarten kann. Wenn ich glaube (was derzeit der Fall ist), dass da nie eine wirklich innige Verbindung existieren können wird, dann brauche ich meine Wut auch nicht zu zeigen, sondern kann das mit mir selbst ausmachen. Aber ich schau mal, wohin das noch so läuft .

Hm, das klingt einerseits logisch, andererseits kann ich das mit meinem Fühlen nicht so recht vereinbaren. Ich erwarte mir nicht mehr viel, ich würde nur gerne meinen Frust los werden und ich WILL, dass meinen Eltern bewusst wird, dass sie auch eine Teilschuld haben!! Aber haben sie das wirklich?

@all,

ich habe über diese Wut vor kurzem mit meinem Therapeuten gesprochen. Er meinte, ich hätte nie gelernt, jammern zu dürfen und die Kleine zu sein. Ich sollte mir gedanklich immer wieder klarmachen, dass ich die Kleine bin und mein Vater der Große! Nur ist das nicht so einfach, denn ich habe meinen Vater schon vor langem von seinem Thron geholt.

Mein Therapeut meinte, genau das ist der Feher: Durch das, dass ich meine Gefühle verberge, schütze ich meinen Vater. Er erfährt dadurch nicht, dass es mir schlecht geht und somit muss er sich auch keine Gedanken drüber machen, ob er als Vater vielleicht versagt hätte.
Tja, und was heißt das jetzt? Soll ich ihn jetzt anschreien und ihm sagen "Du hast versagt?", oder soll ich vor ihm losheulen und jammern? Ich kann das beides nicht!

Verwirrte Grüße
sonnewasser

_________________
Menschen, die zu oft zwischen den Zeilen lesen, lernen sich selbst besser kennen Wink
Find all posts by sonnewasser
Nachtvogel
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie


Posts 517
Wohnort Ex-Norddeutsche:)
W, 30


Post Thu, 30.Nov.06, 23:06      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

Also, wenn ich stark enttäuscht war ueber die Gefuehlskälte meines Vaters, habe ich ihm das generell gesagt. Oft haben wir uns auch regelrecht gefetzt. Ich will Erklärungen, reden. Er sagt nur: "Ok, du hast recht, ich bin an allem Schuld." Nach dem Motto "Shut up". Dabei geht es nicht um die Schuldfrage sondern ums Verstehen und ums Verarbeiten von Geschehenem.
Mein Vater hat sich eigentlich nie richtig wie ein Vater verhalten, eher wie ein kleiner Bruder, der zu meiner Mutter rannte, wenn er mit mir nicht klarkam. Meist ueberliess er die Erziehung völlig meiner Mutter, spielte aber mit mir und lies mir vor - daran habe ich gute Erinnerungen. Gab es aber mal Probleme, war er nie zu sprechen, war immer nur meine Mutter Ansprechpartner.
Auch nach dem Tod meiner Mutter war kein Reden möglich, nicht einmal sozusagen ein sich gegenseitiges Unterstuetzen. Er hat immer nur gejammert, dass er ja schon alt ist und sicherlich auch bald stirbt. Wie sich das auf meine Depression ausgewirkt hat, kann sich sicherlich jeder vorstellen.
Psychologen hält er fuer Unsinn. Sowas hat man frueher nicht gebraucht und braucht es auch jetzt nicht. Dabei hätte er selbst frueher einen gebraucht - dann hätte er es viel leichter im Leben gehabt und wäre jetzt nicht so alleine. Ich möchte gerne einen normalen Kontakt mit meinem Vater haben. Ich möchte, dass er mir auch mal väterliche Ratschläge gibt, mir zuhört und fuer mich da ist. Genauso kann ich ihm auch zuhören, habe ich ja auch bei meiner Mutter getan. Blockt er aber immer nur total ab, wenn's um Gefuehle oder Probleme geht, kann ich auch nicht mehr.

Ich weiss nicht wie es bei dir ist, ich kann jedoch das Verhalten meines Vaters nachvollziehen, weil ich von seinen traumatischen Kindheitserfahrungen weiss. Ich weiss, dass bei ihm was nicht in Ordnung ist und dass sein Verhalten nicht gegen mich gerichtet ist, sondern dass er einfach nicht anders kann, nicht besser weiss.
Das macht die Sache allerdings nur teilweise besser, weil ich mir trotzdem alleine gelassen vorkomme und wir sozusagen zwei verschiedene Sprachen sprechen und uns gar nicht verstehen, es sei denn wir reden uebers Wetter oder etwa ueber die Technik einer Kamera.
Ich nehme gewisse Beleidigungen, Angriffe oder Ignoranz von ihm nicht persönlich (er ist alles andere als Feinfuehlig; damit hatte selbst meine Mutter Probleme). Es gibt aber auch oft Zeiten, in denen ich sowas einfach nicht ertragen kann und in denen dann halt kein Kontakt zwischen uns besteht, obwohl es mir im Prinzip darum auch leid tut. Ist jetzt aber leider so, wie es ist Sad

Um zu deiner Frage zurueckzukommen Wink - also, ich denke, so ein Aussprechen der Sache kann fuer dich auf jeden Fall befreiend wirken. Was du allerdings nicht unbedingt erwarten kannst, ist eine Entschuldigung oder ein Einsehen der Geschehnisse/Fehlern von Seiten deiner Eltern aus. Sie haben offensichtlich eine bestimmte (altmodische?) Einstellung zu Psychologen gehabt und haben dieselbe Einstellung vermutlich immernoch. Vermutlich haben sie damals nicht kapiert was los war (oder es nicht wahrhaben gewollt) und werden es auch jetzt nicht kapieren. Vielleicht geht es einfach ueber das hinaus, was sie sich vorstellen können, weil sie mit einer anderen Vorstellung zur Psychologie aufgewachsen sind als wir. Zumindest bei meinem Vater und sämtlichen anderen Verwandten waren "Aufklärungsversuche" meinerseits wie Reden gegen die Wand. Nix verstehen - dabei hätte ich mich so gerne verstanden gefuehlt und wäre gerne nicht nur "eigenartig" und "schwierig" gewesen.
Find all posts by Nachtvogel
sonnewasser
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]


Posts 1265
Wohnort Niederbayern
W, 25


Post Fri, 01.Dec.06, 13:55      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

Hallo Nachtvogel,

Quote:
also, ich denke, so ein Aussprechen der Sache kann fuer dich auf jeden Fall befreiend wirken. Was du allerdings nicht unbedingt erwarten kannst, ist eine Entschuldigung oder ein Einsehen der Geschehnisse/Fehlern von Seiten deiner Eltern aus.

Ja, ich kann mir auch vorstellen, dass das befreiend wirken würde. Nur finde ich den Mut nicht. Ich wohne wieder bei meinen Eltern und wenn ich da einen Streit vom Zaun breche... da hab ich ja nur noch Stress.

Mein Vater ist jemand, der redet nicht. Nichts von Bedeutung! Er kommt nachmittags von der Arbeit, trinkt sein Kaffe, geht an PC, dann vorn Fernseher... ich kann mich nicht erinnern, dass er sich ab und zu mit der Familie zusammengesetzt hätte. Er hat deshalb auch wenig mitbekommen von mir und war irgendwann enttäuscht von mir, weil ich ihm nichts erzähle. Und dabei hätte er einfach mal fragen müssen. Aber das hat er nicht. Mein Therapeut meint ja, er hätte aus Angst nicht gefragt. Das stimmt! ER wollte und will die Wahrheit nicht hören. Dabei müsste er sich doch damit auseinandersetzen, wenn er mein Vater ist... er hat die Wahrheit jeden Tag vor sich und sagt kein Wort!!

Ich habe während Therapien schon ein paar mal versucht, auf meinen Vater zuzugehen. Aber er versteht es einfach nicht. Er kam einmal damit, dass es ihm auch oft nicht gut geht und ich ihn doch bitte verstehen soll. Ich antwortete ihm: Nein, das ist nicht meine Aufgabe! Ich bin die Tochter und DU bist der Vater. DU musst versuchen mich zu verstehen und nicht umgekehrt!
Da schaute er ganz schön blöd aus der Wäsche. Naja, geändert hat sich durch kein Gespräch was. Er tut immer noch, als wäre die Familie eine ganz tolle, die super funktioniert... das macht mich so wütend.

Denn ICH bin diejenige, die mit Ängsten und Depressionen alles auf sich nimmt, vor dem mein Vater die Augen verschließt...

_________________
Menschen, die zu oft zwischen den Zeilen lesen, lernen sich selbst besser kennen Wink
Find all posts by sonnewasser
münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]


Posts 1030
Wohnort münchen
W, 35


Post Fri, 01.Dec.06, 14:30      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend se Reply with quoteBack to top

Hallo Sonnenwasser,

ich glaube es ist nicht die Frage, ob Wut "dasein darf" oder nicht.

Es haben Dinge stattgefunden die wenn man sie nciht unter den Teppich kehrt emotionale Reaktion hervorrufen.

Die Frage ist eher wie gehe ich mit der Wut dann konstruktiv um.

Bei mir sah das dann so aus daß ich den Kontakt abgebrochen habe weil ich das nicht mehr schlucken wollte und das Geheuchel mich angekotzt hat.

Was Du persönlich mit Deiner gerechtfertigten emotionalen Reaktion tust, naja, da musst Du schauen.

Wenn sich jemand absolut nicht auf ein Gespräch einlassen will ist eigentlich nur möglich, es zu vergeben, weil man die schwierige Situation und Probleme des Menschen sieht, oder daß man sich mit nicht länger damit konfrontiert und Gelegenheiten aus dem Weg geht wo das ganze wieder so auffällig wird...

Liebe Grüsse,

Petra
Find all posts by münchnerkindl
Werbung
sonnewasser
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]


Posts 1265
Wohnort Niederbayern
W, 25


Post Fri, 01.Dec.06, 14:40      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

hallo münchnerkindl,

ja, es stimmt, es geht darum, wie ich mit der Wut umgehen soll.
Wenn ich eine eigene Wohnung hätte, dann würde ich den Kontakt auf so wenig wie möglich mit meinem Vater beschränken und gehe davon aus, dass ich dann die Wut nicht mehr so spüren muss.
Leider hab ich z zt keine Möglichkeit von daheim wegzugehen. Und ich spüre jeden Tag, das etwas in der Luft liegt und fühle mich beobachtet und kontrolliert. Das ist nicht schön.

Ich hoffe, dass ich meine anderen Probleme so weit in den Griff bekommen werde, dass ich mein eigenes Geld verdienen kann und somit endlich ausziehen kann. Damit wären einige Probleme um vieles leichter.

lg

_________________
Menschen, die zu oft zwischen den Zeilen lesen, lernen sich selbst besser kennen Wink
Find all posts by sonnewasser
Nachtvogel
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie


Posts 517
Wohnort Ex-Norddeutsche:)
W, 30


Post Mon, 04.Dec.06, 0:30      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

sonnewasser wrote:

Er kam einmal damit, dass es ihm auch oft nicht gut geht und ich ihn doch bitte verstehen soll. Ich antwortete ihm: Nein, das ist nicht meine Aufgabe! Ich bin die Tochter und DU bist der Vater. DU musst versuchen mich zu verstehen und nicht umgekehrt!


Den Satz finde ich gut und muss ihn mir mal merken ... .
Eltern sind auch Menschen und haben ihre Probleme. Ihre Aufgabe als Eltern ist jedoch, halt Eltern zu sein. Sie sollten ihre Probleme miteinander oder mit anderen besprechen, jedoch nicht als Ausrede benutzen, niemals was zu dem Problemen ihrer Kinder zu sagen.
Ich durfte mir als Kind leider zuviele "Erwachsenenprobleme" anhören und bin nicht sicher, ob mir das gutgetan hat. Mein Vater schweigt auch gerne meine Probleme aus, um mich dann aber mit seinen eigenen (noch zusätzlich) zu beladen.

Ich denke auch, dass sich vieles bei dir bessern wird, wenn du erst einmal deine anderen Probleme in den Griff bekommen hast. Mit manchen Menschen kommt man einfach nicht so gut klar, bzw. es erfordert Anstrengungen von beiden Seiten. Ich habe leider auch nicht soviel Kontakt zu meinem Vater, obwohl es nach dem Tod meiner Mutter durchaus schön gewesen wäre. Ich habe mir viele Vorwuerfe gemacht, warum ich ihn da sozusagen alleine sitzen lassen habe. Doch wenn wir nicht miteinander kommunizieren können und alles meist frueher oder später in Streit ausartet - was will man machen? Ich habe es schon so oft mit Erklären versucht, aber wir finden einfach keine gemeinsame Sprachebene. Anscheinend muss man manchmal einfach akzeptieren, dass manche Dinge so sind und bleiben wie sie sind.
Find all posts by Nachtvogel
Maxie
Helferlein
Helferlein


Posts 53
Wohnort Deutschland
W, 40


Post Mon, 04.Dec.06, 1:04      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

Hallo!
Nachdem ich jahrelang noch versucht hatte , meinen Eltern trotz aller Gefühlskälte ihrerseits ein " gutes Kind" zu bleiben und mich dabei immer zerrissener fühlte, habe ich irgendwann meinen Mut zusammengenommen und meinem Vater in einer passenden Konfliktsituation meine wahren , innersten Gedanken mitgeteilt.
Er reagierte wie erwartet außer sich vor Wut ohne auch nur selbst die geringste Reflektion über die vergangenen Geschehnisse zu zeigen.

In diesem Augenblick wurde mir bewusst , dass ich seine Art mit mir umzugehen nicht länger tolerieren wollte und ich für menen Begriff genug gelitten hatte.
Ich zog die Konsequenzen und brach den Kontakt zu ihm vollständig ab.

Ich kann nicht sagen , dass mir in den folgenden Jahren ohne ihn etwas fehlte. Vielmehr fing ich an mich frei zu fühlen. Ich musste endlich nicht mehr um seine " Gunst" buhlen.

Mittlerweile habe ich wieder den nötigsten Kontakt. Aber er ist nicht zufrieden mit meiner Art der Zuwendung.
Ich habe eigentlich gerade so ein Level mit ihm , dass es reicht sich nicht aus den Augen zu verlieren , jedoch tiefere Verletzungen damit für mich auch vermieden werden können. Im Prinzip ein Kompromiss , denn ich weiß wie wenig ein erneutes Gespräch mit ihm fruchten würde.

Liebe sonnewasser : du kannst wohl deine Gefühle und Gedanken und auch deine Wut äußern , aber rechne nicht damit , dass es dich weiterbringen wird.
Ich selbst erlaube mir durchaus von Zeit zu Zeit die innere Wut auf ihn.
Auf weitere Konfrontationen verzichte ich jedoch. Ich muss mir meine Energie einteilen und es macht für mich keinen Sinn sie derart negativ zu verbrauchen.

LG Daggi

_________________
".....du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast...."
Find all posts by Maxie
Werbung
sonnewasser
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]


Posts 1265
Wohnort Niederbayern
W, 25


Post Mon, 04.Dec.06, 10:29      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

Hallo,

Nachtvogel wrote:
Anscheinend muss man manchmal einfach akzeptieren, dass manche Dinge so sind und bleiben wie sie sind.

Ja, wahrscheinlich ist das so. Traurigerweise! Mir fällt das wirklich nicht so leicht. Ich habe das Gefühl ich lasse jemanden davonkommen, der etwas schlimmes getan hat. Gut, mein Vater hat mir nie direkt was getan, aber dieses Kühle, das merkt er noch nicht einmal Sad

@Maxie,

in welcher Situation hast du es geschafft deinem Vater deine Wut mitzuteilen? Findest du, es hat dich nicht weitergebracht?

Quote:
Liebe sonnewasser : du kannst wohl deine Gefühle und Gedanken und auch deine Wut äußern , aber rechne nicht damit , dass es dich weiterbringen wird.
Ich selbst erlaube mir durchaus von Zeit zu Zeit die innere Wut auf ihn.
Auf weitere Konfrontationen verzichte ich jedoch. Ich muss mir meine Energie einteilen und es macht für mich keinen Sinn sie derart negativ zu verbrauchen.

Wenn es mich nicht weiterbringt, dann ist Schweigen wohl wirklich besser. Hast du dich nicht besser gefühlt, als du deinem Vater damals alles gesagt hattest?
Sind meine Energien echt negativ verbraucht, wenn ich meinem Vater alles an den Kopf knalle? Geht die Energie dann nicht an die richtige Adresse? Ich weißt nicht, ich bin echt verzweifel. Ich wünschte, ich müsste nicht mehr bei den Eltern wohnen... Sad

lg

_________________
Menschen, die zu oft zwischen den Zeilen lesen, lernen sich selbst besser kennen Wink
Find all posts by sonnewasser
Maxie
Helferlein
Helferlein


Posts 53
Wohnort Deutschland
W, 40


Post Mon, 04.Dec.06, 10:51      Re: Psychische Probleme - darf man auf Eltern wütend sein? Reply with quoteBack to top

sonnewasser wrote:

in welcher Situation hast du es geschafft deinem Vater deine Wut mitzuteilen? Findest du, es hat dich nicht weitergebracht?


Es gab eine Situation , in der mein Vater von mir Zuwendung einforderte.
Also er machte mir Vorwürfe , dass ich ihm nicht mehr entgegenkam in diesem Moment. Daraufin habe ich ihm gesagt , dass ich es nicht kann aus eben den und den Gründen und ich es nicht mehr bringe , die ganze Zeit über so zu tun als wäre alles in Ordnung zw. uns. Es gab eine längere Diskussion , in der er mir weitere Vorwürfe machte , jedoch bei sich selbst keine Schuld sah.
Es brachte mich insofern weiter , dass ich es ausgesprochen hatte , was mich Jahre lang bedrückte.
An unserem Verhältnis änderte es jedoch gar nichts , da wie gesagt er keine Einsicht hatte oder auch nur mal darüber nachdachte , was ich vorbrachte.


sonnewasser wrote:

Wenn es mich nicht weiterbringt, dann ist Schweigen wohl wirklich besser. Hast du dich nicht besser gefühlt, als du deinem Vater damals alles gesagt hattest?
Sind meine Energien echt negativ verbraucht, wenn ich meinem Vater alles an den Kopf knalle? Geht die Energie dann nicht an die richtige Adresse? Ich weißt nicht, ich bin echt verzweifel. Ich wünschte, ich müsste nicht mehr bei den Eltern wohnen


Wie gesagt : doch ich fühlte mich befreit , aber es änderte nichts an der eigentl. Sache. Stattdessen fing es nach einiger zeit an mich zu belasten , dass wir keinen Kontakt mehr hatten. Ich quälte mich damit , was wäre , wenn er stirbt und wir uns vorher nicht versöhnt hätten.
Ich lasse es jetzt ruhen , da ich von ihm keine Veränderung mehr erwarte. Manchmal denke ich , ich laufe in der Mitte über einen dünnen Balken. Unter mir auf der einen Seite Feuer und auf der anderen Wasser.
Es gilt in der Mitte auf dem dünnen Pfad zu bleiben. Nur so kann ich es einigermaßen unbeschadet ertragen.

Also , ich denke schon , dass du dich indem du es aussprichst , von einigen Dingen befreien kannst.
Nur erwarte nicht all zuviel Verständnis.
Für mich wäre Energie deshalb negativ verbraucht , weil ich weiß , es kommt nichts von meinen Worten bei meinem Vater an.
Vll. wäre das bei dir ja auch anders.

LG Daggi

_________________
".....du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast...."
Find all posts by Maxie
Display posts from previous:      
Post new topic Reply to topic