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Post Wed, 28.Feb.07, 11:34      Verliebtheit wirklich nur eine Übertragung? Reply with quoteBack to top

Hallo Zusammen!

Ich habe ein Problem und zwar mache ich seit fünf Monaten eine Verhaltenstherapie und habe mich total in meine Therapeutin verliebt. (Was scheinbar nicht selten vorkommt wie ich hier gelesen habe) Sie ist noch recht jung, also gerade mal drei Jahre älter als ich selbst und sieht recht gut aus. (Sie weiß dass ich bisexuell bin) Es ist nicht so, dass ich mich erst im Laufe der Zeit in sie verliebt habe, ich fand sie schon bei unserer ersten Sitzung toll und war spätestens in der Zweiten verliebt, was sich natürlich im Laufe der Zeit noch gesteigert hat. In der Therapie bin ich meist darum bemüht bin, sie zu beeindrucken oder vor ihr gut dazustehen, weshalb ein Vorankommen schwierig ist. Ich denke sie ahnt nicht, dass ich in sie verliebt bin und wenn sie es wüsste könnte ich mir nicht vorstellen die Therapie fortzuführen, weil es mir sehr unangenehm wäre. Ich habe schon oft darüber nachgedacht wie es wäre, wenn wir uns mal privat treffen würden oder auch privat kennen gelernt hätten und nicht in der Therapie. Da ich selbst Psychologie studiere und bereits ein paar Bücher über psychotherapeutische Themen gewälzt habe, ist mir der Begriff der Übertragung kein Fremdwort. Allerdings frage ich mich, ob es tatsächlich immer nur eine Übertragung ist, wenn sich ein Patient in den Therapeuten/in verliebt, oder ob es tatsächlich eine „echte“ Verliebtheit sein kann, die nur dieser Person gilt. Ich könnte mir vorstellen, dass ich mich auch in sie verliebt hätte, wenn wir uns irgendwo auf der Straße kennen gelernt hätten. Nun ist es so, dass es schon häufig vorgekommen ist, dass ich mich z.B. in Lehrer und Referendare verliebt habe, aber auch Sporttrainer oder Schauspieler. Es ist nicht die erste Therapie die ich mache und es ist ebenfalls schon ein paar Mal vorgekommen, dass ich mich in einen Therapeut oder eine Therapeutin aus einer Klinik verliebt habe. Von daher liegt die Erklärung einer Übertragung recht nahe. Es ist ein großes Problem für mich ist, dass ich mich immer in unerreichbare Menschen verliebe und somit fast mein ganzes bisheriges Leben lang dauerhaft unglücklich verliebt war, in verschiedenen Personen. Es ist selten vorgekommen, dass ich mich in einen „normalen“ Menschen verliebt habe, der mal kein Lehrer oder ähnliches vom Beruf her war. Ich habe mich aber nur einmal getraut, das vor ein paar Jahren bei meiner damaligen Therapeutin anzusprechen, da ich zu dieser Zeit in einen Referendar von meiner damaligen Schule verliebt war. Sie meinte natürlich dass dies aussichtslos sei. Ich habe damals einen sehr dummen Fehler gemacht und einen Selbstmordversuch unternommen, um diesen Referendar zu beeindrucken. Es war kein wirklicher Versuch, ich wollte nicht sterben, was aber um ein Haar passiert wäre, hatte noch mal großes Glück. Ich wollte einfach nur seine Aufmerksamkeit erregen. Das hat zwar geklappt, aber mehr ist daraus nicht geworden, da er eine Freundin hatte und kurze Zeit später auch Vater geworden ist. Neben Menschen wie Lehrern verliebe ich mich auch ab und an in hetero Frauen, z.B. bei der Arbeit oder auf der Uni, woraus dann natürlich leider auch nicht mehr wird. Ich hatte schon mal darüber nachgedacht es in meiner jetzigen Therapie anzusprechen, aber das könnte ich nur, wenn ich in meine Therapeutin nicht verliebt wäre. Wir kommen einfach nicht weiter, da wir immer nur über oberflächliche Probleme und Dinge sprechen, aber nie um die eigentlichen, weil ich damit nicht herausrücken möchte und das merkt sie auch. Ich habe aber echt ne riesige Angst davor das anzusprechen und kann es mir derzeit überhaupt nicht vorstellen. Vor allem wüsste ich auch nicht, was es ändern sollte, ich fände sie danach ja sehr wahrscheinlich noch immer toll und fände es dann umso schlimmer, wenn sie mir sagen würde, dass daraus nichts wird.
Jetzt habe ich aber sehr viel geschrieben und freu mich auf Antworten!
Viele Grüße
Linda
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Post Wed, 28.Feb.07, 16:57      Re: Verliebtheit wirklich nur eine Übertragung? Reply with quoteBack to top

Hallo Linda,

Ich hab da kürzlich eine Geschichte von einem Rundfunkmoderator gelesen, dessen Problem es war dass er sich ständig in seine Interviepartnerinnen verliebte. Für ihn war das so eine Qual, dass ihm diese Frauen tagelang nicht aus dem Kopf gingen, dass er schon daran dachte seinen Beruf an den Nagel zu hängen. Doch dann hatte er einen grandiosen Einfall.
Die Lösung kam für ihn überraschend: ihm fiel auf, dass er sich auch in Gemälde, Musikstücke oder schöne Bäume "verlieben" konnte. In solchen Fällen verwendete er aber nicht das Wort "verlieben", sondern 'fasziniert sein'. Er merkte, dass ihm "fasziniert sein" für sein Gefühl diesen Frauen gegenüber fast noch besser gefiel, es ihm aber kein Leiden verursachte. Nach und nach ersetzte er also den einen durch den anderen Ausdruck und hat seitdem auch kein Problem mehr damit.

Vielleicht geht es dir ja auch ähnlich, vielleicht bist du nicht verliebt sondern fasziniert von deiner Therapeutin.

Denk einmal genau darüber nach was du unter "Verliebtheit" verstehst, wie spürst du das genau.

Nachdem du geschrieben hast dich regelmäßig in "unerreichbare" Menschen zu "verlieben", wage ich mal zu behaupten, dass da mehr eine Schwärmerei bzw. Faszination im Vordergrund steht, ohne dass daraus mehr werden könnte.

Wenn du mit diesem Begriff was anfangen kannst, "Ich bin fasziniert von meiner Therapeutin" das Verliebtsein damit ersetzt und das ganze gefühlsmäßig dann noch passt hast du gewonnen.
Dann könntest du die Therapie problemlos weiterführen und das auch zum Thema machen was jetzt in dir vorgeht. Ansonsten wird es schwierig mit der Therapie und du kommst nicht weiter. Solange du das Gefühl hast dich nur von deiner besten Seite zeigen zu dürfen und die wichtigen Themen und das "weniger schöne" aussparst wird deine Therapie maximal wie ein Kaffeetratsch der niemanden wehtut, aber wo auch nichts weitergeht.

So wie es jetzt ist würde ich keinesfalls weiter machen, damit schadest du nur dir selbst. Entweder ansprechen oder die Therapeutin wechseln, obwohl ich ersteres für besser halte weil du so dein "Muster" vielleicht mal unterbrechen könntest und deine Therapeutin mit dem Begriff der Übertragung vertraut ist.

Ich hoffe ich konnte dir damit ein wenig weiterhelfen.

LG
comus

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„Wir werden füreinander einzig sein in der Welt“
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Post Thu, 01.Mar.07, 16:57      Re: Verliebtheit wirklich nur eine Übertragung? Reply with quoteBack to top

Hallo Comus!

Danke für deine Antwort.
Ja du könntest recht mit deiner Annahme haben, dass ich fasziniert von diesen Personen bin. Ich probiers einfach mal aus.
Ich hab morgen wieder Therapie und vielleicht werde ich ihr erzählen dass ich in sie verliebt bin, ich weiß es noch nicht. Meiner Schwester ist das ebenfalls mal passiert, sie hat auch ne Therapie gemacht und hat sich in ihren Therapeuten verliebt und es ihm auch gesagt. Er hat aber wohl ganz gut reagiert wie sie meinte, aber natürlich ist nichts draus geworden.

Viele Grüße
Linda
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Maura
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Post Mon, 05.Mar.07, 12:57      Re: Verliebtheit wirklich nur eine Übertragung? Reply with quoteBack to top

Hallo Linda,

als ich deine erste Beschreibung gelesen habe, kam mir vieles so absolut bekannt vor. Ich habe meine komplette Schulzeit damit zugebracht, immer in Lehrer und Lehrerinnen verliebt zu sein. Und auch danach gab es irgendwie diesen Hang, mich in Personen zu verlieben, die - ja was eigentlich? Autoritätspersonen sind? Die in der anfänglichen Beziehungshierarchie über mir stehen? Leute, bei denen ich mir Sicherheit erhoffe?

Bei meiner Therapeutin ist mir das natürlich auch passiert. Ich mache nun schon einige Jahre Therapie und die Verliebtheit ist bis jetzt nicht verschwunden. Und ich habe noch nie in der Therapie was davon erzählt. (Was natürlich nicht bedeutet, dass sie das nicht weiß...)
Es bedeutet nur, dass ich mich noch nicht dafür entschieden habe, dieses alte und ständig wiederholte Thema wirklich anzugehen, und zwar am denkbar geeignetesten Ort - in einer sicheren vertrauensvollen therapeutischen Beziehung.

Therapeutinnen passiert das häufig, denke ich mal. Sie sind, wenn sie gut ausgebildet sind, darauf vorbereitet und eingestellt, können damit umgehen und nehmen das nicht persönlich.

Für mich war in den letzten Jahren immer die Frage im Kopf, was ich eigentlich davon habe, mit ihr eine Traumbeziehung zu phantasieren, anstatt in der Lage zu sein, die reale und mögliche therapeutische Beziehung mir ihr zu leben.

Das ist ein persönliches MUSTER. Und wenn eine damit leben will, ist es ja o.k., aber wenn nicht, dann muss das bearbeitet werden.
Ich glaube, bei Verliebtheit hat eine IMMER das Gefühl, dass es um die PERSON geht. Manchmal ist es aber einfach nicht so, sondern es geht um die FUNKTION.

Hatte bereits 2 x eine in die Tat umgesetzte Beziehung zu "Autoritätspersonen" - das war in beiden Fällen ein absolut fieses Erwachen aus einem verschleppten Kindheitstraum(a) in eine erwachsene Beziehungsrealität, die ich so nicht gewollt hatte und kaum verkraftet habe.

Nachdenkliche Grüße
Maura
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Post Tue, 06.Mar.07, 11:36      Re: Verliebtheit wirklich nur eine Übertragung? Reply with quoteBack to top

Hallo Maura,

Quote:
Es ist nicht so, dass ich mich erst im Laufe der Zeit in sie verliebt habe, ich fand sie schon bei unserer ersten Sitzung toll und war spätestens in der Zweiten verliebt

Persönlich halte ich es für ausgeschlossen, dass man sich nach dem 2. Treffen in eine bislang unbekannte Person verliebt, von der man zumal wenig weiss. Vielleicht empfindest du Sympathie zu ihr... Verliebtheit mag ich das jedoch nicht nennen. Aber wie auch immer: Interessanter ist vielleicht ohnehin die Frage, welche Wünsche und Sehnsüchte du in sie projizierst.
Quote:
undIch denke sie ahnt nicht, dass ich in sie verliebt bin und wenn sie es wüsste könnte ich mir nicht vorstellen die Therapie fortzuführen, weil es mir sehr unangenehm wäre.

Und vielleicht hätte das Ansprechen deiner Empfindungen den Vorteil, dass
Quote:
Es ist ein großes Problem für mich ist, dass ich mich immer in unerreichbare Menschen verliebe und somit fast mein ganzes bisheriges Leben lang dauerhaft unglücklich verliebt war

ihr das Verhaltensmuster aufdecken könnt, dass dazu beiträgt, dass du dich schon so oft in unerreichbare Menschen verliebtest. Das kann beispielsweise Ausdruck von Bindungsängsten... und/oder heftigen Verlustängsten sein, wofür u.U. folgende spricht:
Quote:
Ich habe damals einen sehr dummen Fehler gemacht und einen Selbstmordversuch unternommen, um diesen Referendar zu beeindrucken.

Ich hoffe und wünsche dir, du lernst (z.B. mit Hilde deiner Therapie) andere Möglichkeiten kennen, jemanden zu beeindrucken... denn ein Selbstmordversuch oder die Androhung eines solchen über enormen Druck auf deine Mitmenschen aus, der regelmäßig dazu führt, dass man sich von seinen Mitmenschen entfernt anstelle die Anerkennung zu erhalten nach der du suchst.

Ich wünsche dir viel Mut, dass du deine Verliebtheit ansprichst!
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