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Insektenspray
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Post Wed, 25.Apr.07, 19:17      Klinik kennt die Verdachtsdiagnose(AS) nicht,was nun? Reply with quoteBack to top

Hi!

Ich befinde mich seit 8 Jahren in psychiatrischer Behandlung, allerdings konnte sie nie wirklich fruchten. Nun bin ich nach intensiver Beschäftigung zu sowas wie Gewissheit gekommen, dass ich eigentlich nur am Asperger-Syndrom leiden kann. Ich habe schon viele, widersprüchliche Diagnosen (Sozialphobie, ängstlich-vermeidende und emotional instabile Persönlichkeit, schizoide Persönlichkeit, schizotype Persönlichkeit, Hebephrenie, Depressionen, schizoaffektive Störung)
erhalten, keine hat wirklich gepasst und wenn dann vielleicht für den Moment. Das Asperger-Syndrom erklärt mir mein Leben und vieles fällt mir mittlerweile leichter, sehe ich anders. Darüber hinaus scheine ich jeden Tag dazu zu lernen.
Ich weiß, dass aus Selbstdiagnosen nicht viel gegeben wird. Allerdings beschäftige ich mich jetzt seit einem Jahr intensiv mit mir und mit den mir diagnostizierten Krankheiten, wie auch den Krankheit. Ich hab ganz offensichtliche Symptome, die nur auf das autistische Spektrum schließen lassen (beispielsweise schaukel ich mich stets im Bett hin und her) und bin mir einfach sehr sicher. Es fällt mir schon schwer, dies den Ärzten begreiflich zu machen, deshalb versuche ich es hier nicht wirklich.
Wer Fragen hat, darf sie trotzdem gerne stellen.
Nun habe ich einige Fragen:
Ich befinde mich seit vorgestern in wieder tagesklinischer Behandlung - Einweisungs-Diagnose "Verdacht auf Asperger-Syndrom". Mein behandelnder Ansprechpartner hat mir aber gleich gesagt, sie hätten das Syndrom erst im ICD nachschlagen müssen und kennten sich nicht wirklich damit aus. Sie meinten aber, was sie lasen, würde schon auf mich zutreffen. Sie stellen nun als Differentialdiagnose Depressionen und Zwangserkrankung in den Raum, wobei Sie beim letzten Aufenthalt eine Hebephrenie -die sich nicht bewahrheitete - diagnostizierten.
Was nun?
Macht es überhaupt Sinn? Kann mir die Diagnose dort überhaupt gestellt werden, wenn sie sie noch gar nicht richtig kennen?
Wäre es nicht sinnvoller in eine Spezialklinik zu gehen, beispielsweise nach Rostock, Köln oder Freiburg.
Parallel besteht noch die Möglichkeit ein Autismus-Therapie-Zentrum aufzusuchen. Aber diagnostizieren die auch, wenn ich in tagesklinischer Behandlung bin. Vielleicht sagen die auch, dass wäre deren Aufgabe, da mischen wir uns nicht ein.
Und was wenn die TK aufgrund der Unwissenheit ausschließt oder ausschließen muss und ein Facharzt sie mir bestätigt. Die TK schreibt ja nicht in den Bericht, sie könnten das nicht beurteilen, sondern ich hätte es einfach nicht.
Und etwas naiv vielleicht:
Ich hab Angst momentan zu viel auf einmal dazu zu lernen, wenn ich in der TK bin, sodass ich Angst habe, die Störung ginge soweit zurück, dass sie nicht mehr diagnostizierbar ist und mir wirkliche Hilfe verwehrt bleibt.

Wäre für Ratschläge echt dankbar.
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r.l.fellner
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Post Wed, 25.Apr.07, 21:04      Re: Klinik kennt die Verdachtsdiagnose(AS) nicht,was nu Reply with quoteBack to top

Lieber 'insektenspray' Wink,

ich bezweifle sehr, daß letztlich aufgrund eines Asperger-Syndroms eine 8-jährige psychiatrische (!) Behandlung erforderlich war. Häufig ist es allerdings so, daß bei Persönlichkeitsstörungen auch Symptome anderer Störungsbilder feststellbar sind (worauf ich beim Selbsttest auf Asperger-Syndrom auf meinen Seiten ausdrücklich hinweise).

Ich hielte es deshalb zwar für prinzipiell gut, wenn Ihre behandelnden Ärzte bzw. Therapeuten über Erfahrung mit autistischen Störungsbildern verfügten, ob deshalb allerdings auch gleich ein Aufenthalt in einer Spezialklinik optimal für Sie wäre, sei dahingestellt. Am besten kontaktieren Sie zur Abklärung einen Psychotherapeuten oder Arzt, der auf dieses Gebiet spezialisiert ist - denn nach einer derartig langen Behandlungszeit sollte zumindest eine verläßliche Diagnose feststehen...

Freundlichen Gruß und alles Gute
R.L.Fellner

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Post Wed, 25.Apr.07, 21:36      Re: Klinik kennt die Verdachtsdiagnose(AS) nicht Reply with quoteBack to top

Hallo Herr Fellner,

Vielen Dank für Ihren Rat. Ich muss mich ein wenig korrigieren. Ich war nicht 8 Jahre lang in psychiatrischer Behandlung, sondern bin vor 8 Jahrn Jahren erstmalg psychiatrisch behandelt worden. Für ein halbes Jahr leider wurde mir dort nie eine Diagnose mitgeteilt und auch kein Abschlussbericht verfasst (ein Gutachten für die Bundeswehr wurde verfasst - laut meines Vaters gibt es viele Anzeichen, dass dies eine Gefälligkeit war - ich sollte mich auf keinen Fall dort vorstellen). Anschließend behandelte man mich dort ambulant ein, zwei Jahre ambulant weiter. Bis 2004 war ich zwar nicht symptomfrei, aber ohne Behandlung und nun seitdem dauerhaft (verschiedene Richtungen, ambulant, stationär, psychiatrisch, psychotherapeutisch. Die Diagnosen scheinen sich zu überschlagen, niemand weiß so recht weiter. Allerdings war auch einmal F89G dabei (nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung).
Mit den Persönlichkeitsstörungen hab ich mich eine zeitlang sehr ausgiebig beschäftigt - ich kann immer nur vereinzelnd Parallelen ausmachen und die auch nicht wirklich über konstanten Zeitraum. So bin ich teils sehr schüchtern(AVP), aber in anderen Momenten sehr offen, sogar zu offen - auch Fremden gegenüber. Und innerlich fühle ich mich anderen eigentlich eher überlegen, als unterlegen. Die emotional instabilen Anteile wurden in einer sehr instabilen Zeit diagnostiziert - und es ist auch eher so, dass mir das Zeigen von Gefühlen seit jeher große Schwierigkeiten bereitet.
Und vor allem leide ich nicht wirklich unter meiner Persönlichkeit, manchmal sogar eher im Gegenteil. Auch diese Gegensätzlichkeiten finde ich paradox. Schizoid vs. emotional instabil, Ängstlich-vermeidend vs. narzisstisch.
Aber ich verlange von Ihnen hier auch gar keine Ferndiagnose. Wollte das nur erwähnen. All die gestellten Diagnosen und die damit einhergehenden Sorgen haben dazu geführt, dass ich mich ein Jahr lang wirklich fast Tag und Nacht mit diesem Thema beschäftigte und wie ich finde doch über etwas Faktenwissen verfüge. Viele Ärzte scheinen dies aber nicht gerne zu sehen, wenn man nach Diagnosestellung Punkte aufführt, die diesen widersprechen. Viele Ärzte waren in meinem Fall auch offen oder verdeckt ziemlich ratlos.
Beim Selbsttest erziele ich zwischen 38 und 44 Punkten, teilweise fällt mir die Beantwortung einzelner Fragen nicht wirklich leicht, aber den eigentlichen Verdacht habe ich auf anderem Wege erlangt.
Ich werde Ihren Rat befolgen und mich an einen Experten wenden. Nur, habe ich mich seitdem ich davon ausgehe Asperger zu sein, ziemlich verändert. Vieles, was damit in Verbindung gebracht wird, ist bei mir seitdem ein wenig abgeklungen. Auch werde ich dem Autismus-Therapie-Zentrum antworten und um einen Diagnostik-Termin bitten - dort kann man beim Feststellen einer solchen Diagnose dann auch eine Therapie machen. Mache mir auch immer wieder Notizen, weil mir immer mehr Dinge dazu auffallen. Mittlerweile komme ich schon auf 6 PC-Seiten.
Teilweise war ich sehr verzweifelt und hab tagelang an nichts anderes mehr denken können, zumindest in der Hinsicht ist die Tagesklinik hilfreich.

Vielen Dank,
Insektenspray.
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Post Wed, 25.Apr.07, 23:24      Re: Klinik kennt die Verdachtsdiagnose(AS) nicht Reply with quoteBack to top

Eine grundsätzliche Frage habe ich dann allerdings doch noch:
Wenn ich eine chronische Störung der Wahrnehmung oder des Verhaltens - in dem Fall würde das eine ja das andere bedingen - habe und dieses selber feststelle, ist es doch möglich, dass dies ein wenig zurückgeht oder nicht?
Um Ihnen ein Beispiel zu geben:
Natürlich war ich nicht 23 Jahre blind und sah so einiges an Körpersprache. Nur habe ich das Gefühl diese nie wirklich ernsthaft gedeutet zu haben. Wenn mir nun bewusst wird, dass ich da ein Problem habe - ich sage damit jetzt nicht, ich sei Asperger - achte ich doch automatisch verstärkt auf diese Anzeichen. Ich las übrigens auch mal ein Buch zu dem Thema (Körpersprache).
Wenn ich weiß, ich habe bisher nie Ironie verstanden, habe so gelebt, als gäbe es sie gar nicht - dann führt das doch automatisch dazu, dass ich nun verstärkt darauf achte.
Merke ich, der Weg dahin ist ja eigentlich unbedeutend, dass es zu Misverständnissen in zwischenmenschlicher Kommunikation kommt, werde ich doch automatisch wachsamer. Bedenke meine Wortwahl besser. Höre intensiver zu, konzentriere mich stärker auf Gesagtes.
Wenn ich feststelle, dass gewisse Dinge unhöflich waren, achte ich mehr auf mein Verhalten.
Wenn ich Naivität an mir feststelle, werde ich krititscher oder?

So ist das in vielen Dingen.

Kann einem solch eine Form der Selbsterkenntnis womöglich die Diagnose verbauen?

Diese Selbsterkenntnis muss ja nicht formulieren mit: Ich bin Asperger. Man kann sie auch formulieren: Ich habe folgende Probleme und dann alles aufführen, was man an sich feststellte. Nur leider deckt sich das sehr stark mit dem Begriff und deswegen empfinde ich die Nennung von diesem als einfacher.

Und letztlich glaube ich schon, dass eine Diagnose sehr wichtig ist. Allein um den Schmerz einer flaschen Einschätzung seiner Psyche, seines Verhaltens, seiner Selbst zu vermeiden.
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