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lavida
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Post Thu, 03.May.07, 20:04      So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

Ich weiß nicht, wie ich es schreiben soll. Mein Leben - eine einzige Katstrophe. 39 Jahre - und davon 29 mit SVV gelebt und in den letzten 10 Jahren nur noch knapp überlebt.

Wofür lohnt es sich, weiterzukämpfen? Immer neue Probleme, die sich jedes Mal übertreffen. Alles verloren - aber immer gekämpft. Für mein Leben.

15 Jahre Therapiezeit - ohne nennenswerten Erfolg.

Psychisch und körperlich immer kranker geworden. Angefangen bei Asthma bronch., Rls, Migräne, künstliche Herzklappe (d.h. Blutgerinnungshemmende Medikamente, bei SVV besonders "toll"!!. Unerfüllter Kinderwunsch. Arbeit verloren nach 10 Jahren in der gleichen Firma. Mitmenschen, die mein Leben verfolgen (müssen).

Und dann das SVV. Es kann nur noch schlimmer werden, wenn ich es eines Tages nicht mehr überlebe. Schon so oft gerade noch dem Tod entkommen. Zu erkennen an Narben, die absolut nicht zu übersehen sind. Ich traue mich nicht mehr unter die Leute. Ich schäme mich so. Und dann immer die Fragen...

Ich bin ein Wrack, auch wenn ich auf den ersten Blick nicht so aussehe.

WARUM???

So sollte mein Leben nicht werden. So hatte ich es mir nicht vorgestellt. Ich habe einen Punkt erreicht, an dem ich nicht mehr kämpfen will, auch wenn ich eine Kämpfernatur bin. Ich will nicht mehr kämpfen für mein Leben. Ich will nicht immer wieder alles zerstören, was ich mühsam erkämpft habe, um es dann wieder erkämpfen zu müssen.

Hat man das Recht, zu resignieren? Was soll man tun, wenn alles eine einzige Katastrophe ist? Wie soll man zu alldem stehen, wenn die Gesellschaft einen eben letzten Endes DOCH für "verrückt" erklärt? Denn genau so ist es. Und nicht anders. Ich habe das zu oft schon am eigenen Leib erfahren müssen. Das will ich nicht mehr! Soll ich mich also verstecken?

Die Höhen und Tiefen, die ein Leben so mit sich bringt, sind nun mal da. Damit kann man auch leben. Aber nicht so. Nicht so. Nicht so.

Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Wie soll ich mein Leben in den Griff bekommen? Über eine Therapie... haha. Ich bin so therapieerfahren, dass ich mir selbst eigentlich der beste Psychologe bin. Aber mein SVV heilt das leider nicht.
Zu lange schon, chronisch... Deswegen unheilbar? Zwangsläufig meine Todesursache?

Ich weiß nicht mehr weiter. Und das nach all den Jahren...

Weiß jemand Rat oder könnte mich jemand ein wenig aufmuntern? Oder mir Mut machen?

Ich weiß, das ist sehr schwer, aber vielleicht findet doch jemand ein paar Worte für mich...

Gruß
lavida
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comus
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Post Thu, 03.May.07, 20:30      Re: So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

Hallo lavida,

Herzlich willkommen im Forum. Very Happy Lass dich mal drücken. Image

Was und wie du es schreibst kann ich alles sehr gut nachempfinden. Es ist noch gar nicht so lange her, wo ich auch wieder auf diesem Punkt war, das Leben macht doch keinen Sinn mehr und die kurzen Momente des Glücks sind nur dazu da um danach noch viel schlimmer den Schmerz des Verlustes zu spüren.
Ja, ich kenn das sehr gut, dieses Gefühl ich hab keine Lust mehr, so ein Gefühl ich bin innerlich eh schon lange gestorben und nur mehr meine Hülle lebt weiter. Warum sich also dem Leben jeden Tag auf´s neue aussetzen ohne viel Sinn darin zu sehen. Das sind alles so Fragen die immer wieder in meinem Leben auftauchten.

Keine Ahnung was mir dann doch immer wieder einen Funken Hoffnung in mein Leben brachte, vielleicht wollte ich ganz einfach nie glauben, dass das schon alles gewesen sein soll. Ehrlich in einer total besch*** Lebensphase zu sterben wäre dann das Sahnehäupchen der Traurigkeit, nein das möchte ich nicht. Insgeheim hoffe ich dann wohl doch auf den Tod in einem glücklichen Moment Laughing Echt wenn ich schon mal sterben muss, dann soll´s mir doch ein wenig leid tun diese Welt zu verlassen. Wink

Insofern einen konkreten Rat kann ich dir nicht geben, den würde ich selbst oft brauchen, möchte dir nur ein wenig virtuelles Verständnis zu dir rüberschicken und sagen du bist nicht alleine.

LG, comus

_________________
„Wir werden füreinander einzig sein in der Welt“
Antoine de Saint-Exupery
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Post Fri, 04.May.07, 20:59      Re: So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

Vielen Dank für deine Antwort!

Ich weiß natürlich, dass mir niemand einen wirklichen Rat geben kann.

Mein schweres SVV, das mich schon so oft fast umgebracht hätte, ist durch die lebensnotwendige Einnahme von Medikamenten noch schlimmer geworden. Innere Selbstverletzung. Immer wieder treibe ich es auf die Spitze, obwohl ich genau weiß, dass ich daran ganz schnell innerlich verbluten kann. Dann kann auch kein Notarzt mehr helfen.

Meine Ober- u. Unterarme sind mit 10-20 cm langen, breiten Narben übersäht, längs und auch quer. Das sieht eindeutig nach SVV aus. Am Hals habe ich lange Narben, das sieht eindeutig nach Suizidversuchen aus. Die große Narbe von der Herz-OP sieht auch danach aus. Aber die große, lange Bauchnarbe sieht eindeutig nach Notoperation aus, weil alles aufgemacht werden musste.

Wie soll ich unter Menschen gehen? Im Privatbereich ginge das ja noch, was interessiert mich die Meinung anderer Leute. Aber im Berufsleben??? Es ist egal, wie lange das alles her ist, man wird trotzdem als "psychisch instabil" abgestempelt. Ein Mensch, der sich selbst verletzt, hat ein großes Problem, und genau das begleitet ihn sein ganzes Leben lang.

SVV ist heilbar? Das wäre schön. Nein, ich behaupte das Gegenteil. Ich spreche nicht von Jugendlichen, die SVV betreiben, um vor anderen besser dazustehen o.ä. SVV ist nicht heilbar, man kann "trocken" werden und bleiben, aber die Gefahr eines Rückfalles besteht IMMER. Ich habe das selbst erlebt. Nach mehr als 5 J. kam mein Rückfall. Ich wusste es nicht besser. Ich hätte vorher Stein und Bein geschworen, dass ich das niemals mehr tun würde. Ich konnte es nicht mehr nachvollziehen, wie und warum ich das mal getan hatte. Mich konnte nichts mehr umhauen, da war ich GANZ sicher. Und ich bin bestimmt nicht naiv oder dumm.

Aber dann mussste/sollte ich mich von meiner Lebensvorstellung verabschieden. Es war eine ganz normale Vorstellung und nichts Besonderes. Aber das haute nicht hin. Meinen Traum aufgeben, der mich immer vorangetrieben hatte? Nein, das konnte ich nicht. Ich konnte mich nicht damit abfinden, dass mein Leben nun nach 20 Jahren lebensbedrohlichem SVV und all den großen Problemen in Zusammenhang damit nun eben doch nicht in relativ normalen Bahnen verlaufen sollte.

Ich bin wieder die Angeschissene. Nun habe ich nicht nur meine körperlichen Krankh., sondern noch dazu mein schweres SVV. Und Letzteres wird mein Leben beenden, da bin ich mir inzwischen ganz sicher. Es ist ja so einfach in meiner Situation. Dann passiert es eben nicht hundertprozentig gewollt, sondern nur halb. Vielleicht ist es so das Beste. Es gibt keine Hilfe mehr für mich. Entweder ich lebe weiter und kämpfe gegen das SVV oder ich resigniere einfach. Meine Kräfte haben mich in den letzten 6 Jahren aber verlassen. Ich habe so viel durchgemacht, dass ich jetzt nicht mehr kann.

Was könnte noch helfen? Mir fällt nichts mehr ein. Meiner Ärztin auch nicht. Niemandem fällt etwas ein.

Und ich denke, ich bin intelligent genug, um zu wissen, dass ich es nur ganz allein schaffen kann bzw. muss. Nichts anderes ist wirkliche Hilfe. Eine Therapie kann hilfreich sein. Ich behaupte zumindest von mir, dass ich den ersten Absprung allein geschafft habe. Einen zweiten Absprung wird es nicht mehr geben, denn ein Ende des SVV gibt es ja nicht.

All diese Gedanken habe ich seit längerer Zeit und ich finde keinen Lösungsansatz. Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Sinnlosigkeit macht sich in mir so breit, dass ich nicht mehr dagegen ankomme. Obwohl ich ein Stehaufmännchen bin.

Ich habe Todessehnsucht und gleichzeitig Angst vor dem Tod. Die Sehnsucht hält mich im Sumpf des drohenden Todes durch lebensgefährliches SVV gefangen und die Angst vor dem Tod hält mich davon ab, endgültig Schluss zu machen. Ich spiele russisches Roulette.

--- !!! Was für ein Leben !!! ---

Mir fällt nichts mehr dazu ein. Leider. Traurig, traurig.

Gruß
lavida
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Post Fri, 08.Jun.07, 19:35      Re: So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

Hey lavida!

Es tut mir sehr leid, was du all die Jahre durchmachen mußtest und dass du so lange mit SVV leben mußtest und es noch immer musst. 29 Jahre ist wirklich viel.
Ich bin erst 16 und kann mir 29 Jahre noch gar nicht vorstellen. Ich hab keinen Begriff davon, was es heißt so lange an SVV zu leiden. Aber ich weiß, was es heißt den Großteil seines bisherigen Lebens damit verbracht zu haben. Meine ersten Erinnerungen sind vor etwa 10 oder 11 Jahren, das heißt im Alter von 5 oder 6. Damals dachte ich immer, dass sich selbst zu verletzen ganz normal ist, dass nur niemand davon spricht. Ich dachte, dass sich jeder Mensch nach Schmerz sehnt. Da war ich mir ganz sicher. Ich dachte, dass das halt jeder heimlich macht. Dass das halt so jedem sein Geheimnis ist. Mit den Jahren war ich mir dann nicht mehr ganz sicher, ob das andere Menschen wirklich genauso sehen wie ich. Plötzlich habe ich mich furchtbar allein gefühlt mit etwas, das ich nicht verstanden habe und dass auch kein anderer versteht, das aber unverhinderlich zu meinem Leben gehört. Vor etwa 3 Jahren fing es an, dass ich keinen Tag mehr ausgehalten habe, ohne nicht mehrmals zur Rasierklinge oder zum Messer zu greifen. Es wurde immer stärker. Ich fiel in starke Depressionen. Mit 14 wurde ich nach einen Suizidversuch für mehrere Monate in eine geschlossene Psychiatrie eingewiesen. Es ging mir dann auch besser (ob es an den Tabletten oder an der Therapie gelegen hat weiß ich nicht), doch das SVV war noch da.
Ich hatte mich unheimlich verliebt. Ich habe einen wundervollen Menschen getroffen und habe ihn so geliebt. Wir waren ein gutes halbes Jahr zusammen. Dann hat er mich verlassen. Wegen dem SVV!!!!!!!!!!! Er hat es nicht ausgehalten.
Ich werde mir das wohl nie verzeihen können. Ich war schuld. Weil ich so was dummes mache. Weil ich so dumm bin und mich SELBST verletzte.
Ich hatte dann ein ganzes Jahr aufgehört. Ich weiß nicht genau warum. Plötzlich habe ich damit aufgehört. Und, was du geschrieben hast kommt mir so bekannt vor: Ich war mir auch ganz ganz sicher, dass ich es nie wieder tun werde. Ich habe mir das gar nicht mehr vorstellen können so was zu machen und warum. Es war mir im Nachhinein peinlich. Wie konnte ich so etwas krankes machen?
Und dann... Nach ziemlich genau einem Jahr habe ich wieder angefangen. Das ist nun etwa 3 Monate her. Und es ist nicht schön.
Das was du schreibst über die Blicke und die blöden Fragen kommt mir so bekannt vor. Ich versuche wirklich immer langärmlig herum zu laufen. Aber im Sommer, wenn es sooo heiß ist geht das nun mal nicht immer. Röcke kann ich auch nicht anziehen, ohne dass man meine von Narben übersehten Beine sieht.
Die Menschen schauen. Machen dumme Bemerkungen. Stempeln dich als verrückt ab. Reden hinter deinem Rücken.
Wie sollte man denn da Lust haben aus der Wohnung zu gehen? Menschen zu treffen?
Wir sind doch auch nur Menschen, verdammt. Wir sollten auch Schwimmen gehen können und sich dabei frei fühlen können. Nicht ununterbrochen daran denken müssen, was andere über einen denken. Nicht die ganze Zeit darauf zu achten seinen Körper zu verdecken.
Ich ziehe mich wenn es mir schlecht geht vollkommen von den Menschen zurück. Lebe in meiner eigenen Welt. Vermutlich um mich selbst zu schützen. Denn ich bin so unheimlich empfindlich, wenn es mir nicht gut geht. Manchmal höre ich auf zu reden. Um nicht jemanden zu begegnen, der irgend etwas kritisierendes zu mir über mich sagt. Denn dass kann mich so sehr treffen, dass ich sofort wieder zu meinen Rasierklingen greifen muss.
(der Beitrg wird zu lang... ich höre hier auf und schreib dann weiter...)
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**gänseblümchen**
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Post Fri, 08.Jun.07, 19:38      Re: So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

(also..hier gehts weiter..)

Ich gehe niemals ohne Rasierklinge aus dem Haus. Ich bewege mich noch nicht einmal aus meinem Bett, ohne eine in einer Halskette versteckte Rasierklinge bei mir zu haben. Ich habe so viele aufgebaut und versteckt, dass ich weder weiß, wie viele es sind, noch wo ich sie alle habe. Ich habe teilweise welche in meine Kleidung und meine Habseligkeiten eingenäht. Aus Angst eventuell wieder eingewiesen zu werden und dann nichts bei mir zu haben (es wird einem zwar eh alles weggenommen... Aber wenn wenigstens im Schrank eingesperrt ist hat man Chancen irgendwie ranzukommen).
Ich habe oft Angst davor, wie das mit mir weiter gehen soll. Wird es irgendwann aufhören? Ich habe mich immer nach dem Schmerz gesehnt. Ich habe immer damit gelebt. Wie wäre ein Leben ohne SVV?
Die schweren Depressionen und das SVV sind nicht meine Einzigen Probleme. Ich habe Eßstörungen (die ich allerdings dabei bin zu beheben und ich glaube auch daran... Das rede ich mir jedenfalls Tag für Tag ein) und ich bin Zwanghaft. Der, wohl lebensbedrohlichste Zwang ist, dass ich manchmal nicht mehr trinken kann. Ich höre dann auf zu essen und zu trinken. Ich kann einfach nicht anders. Dabei wäre ich auch schon mal beinahe draufgegangen. Ich hatte 5 Tage nichts getrunken. Nach 3-4 Tagen tritt in der Regel der Tod durch verdursten ein. Tja, ich hatte verdammt “Glück”. Ich bin mir nicht sicher, warum ich das tue und ich kann durchaus nicht ausschließen, dass es mein Todeswunsch ist, der irgendwie unterbewusst durchkommt.
Naja... Ich habe viel erzählt. Vielleicht um dir zu sagen, dass du nicht allein bist. Ich mein: ich habe das nicht 29 Jahre, aber ja...
Ich denk mir immer, wenn ich am Ende bin: “Gib nicht auf ohne zu kämpfen!” und wenn dann wieder von mir kommt: “aber ich kämpfe doch schon die so lange” dann sag ich mir: “dann kämpfe weiter!”
Es hilft nicht immer, aber wenigstens manchmal. zwinkernd..

Ganz liebe Grüße,
Dein Gänseblümchen
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lavida
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Post Thu, 21.Jun.07, 23:34      Re: So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

Hallo Gänseblümchen,

ich habe deine private Nachricht gelesen, und dann deine Antworten hier. Ich war lange nicht mehr hier, weil ich das Gefühl hatte, die Leute hier können mit mir und meinen Problemen nichts anfangen.

Es tut mir leid, dass du so viele Probleme hast. Und du bist erst zarte 16!! Das macht mich wirklich sehr betroffen. Ich weiß nämlich, wie es ist, wenn man älter ist und das SVV immer noch da ist.

Ich bin 39 und denke oft an meine verlorene Kindheit und auch Jugend zurück. Mit Wehmut. Ich wünschte, ich wäre noch einmal 16 und bekäme eine zweite Chance. Ich würde kämpfen, kämpfen, kämpfen. Um das SVV zu besiegen. Denn ich bin mir inzwischen sicher, in so jungen Jahren hat man die besten Chancen, davon wieder ganz weg zu kommen. Besonders heutzutage. Damals als ich 16 war, war das etwas anderes. Kaum jemand kannte SVV und ich schämte mich zu Tode dafür. Heute gibt es so viele Hilfsangebote für Kinder und Jugendliche.

Ich möchte dir Mut machen und sagen, tu alles dafür, dass du es überwindest. Du hast noch alle Chancen auf ein normales Leben!! Ich habe diese Chance nicht mehr, für mich ist es zu spät. Der Karren sitzt so tief im Dreck bei mir, dass ich ihn nicht mehr herausbekomme. Je jünger man ist, desto größer ist die Chance, es aber zu schaffen. Ich weiß, dass es für mich vorbei ist, noch einmal ein normales Leben zu führen. Das war bisher zeitweise noch möglich. Aber jetzt, da es sich sogar in meinem Berufsleben auswirkt durch längere Fehlzeiten, wenn ich mich mal wieder fast umgebracht habe und länger ausfalle, ist das Ende nicht mehr aufzuhalten. Denn jetzt wird es so kritisch, weil meine soziale Existenz auf dem Spiel steht.

Lass es nicht so weit bei dir kommen! Bitte tu etwas. Und ich sehe, dass du in Therapie bist. Nimm sie bitte voll Ernst. Mach das nicht nur halbherzig. Wenn du es schaffen willst, dann musst du absolut dabei sein.

Stell dir vor, wie es mir ergeht. Es ist schlimm, all den verlorenen Jahren hinterher zu trauern. Die schönsten Jahre meines Lebens habe ich mir selbst zerstört. Heute weiß ich, was diese Jahre wert sind. Meine Jugend bekomme ich niemals zurück. Jetzt, wo ich älter werde und meine Jugend und Schönheit vergeht, könnte ich nur noch heulen, dass ich all die Jahre so im SVV gefangen war. Ich habe meinen Traum nach einem eigenen Kind begraben müssen. Es liegt zwar körperlich nicht an mir, aber es geht trotzdem nicht. Und damit komme ich nicht klar.

Ich komme überhaupt nicht mehr klar. Ich war immer eine Kämpfernatur, hätte nie einfach so aufgegeben. Aber ich habe genug gekämpft, ich kann nicht mehr. Soll ich noch mal 30 J. so kämpfen wie in den vergangenen 30 J.? Soll ich als alte Oma mit SVV leben? Alle werden über mich lachen, eine alte Frau, die sich selbst verletzt. Oh nein, das werde ich mir bestimmt nicht antun. Man kann vieles erreichen, aber im Leben nur ums Überleben zu kämpfen, das ist wahrlich kein Spaß. Schon gar nicht, wenn man jenseits der 40 ist.

Ich kann es nun mal nicht mehr verstecken. Es ist viel zu anstrengend geworden und meine Gedanken kreisen nur darum, wie stelle ich es an, dass es niemand sieht. Wenn es mal jemand sieht, werde ich prompt gefragt. Jeder Arzt fragt danach. Und den Stempel bekomme ich immer.

Liebe Gänseblümchen, wenn du Lust hast, schreib mir wieder. Vielleicht kann ich dir ein bisschen helfen. An Erfahrung mangelt es mir jedenfalls nicht. So lange ich noch da bin, bin ich auch gern für dich da.

Ich muss Freitag wieder zum Kardiologen wg. meines Herzens. Schon wieder ist was nicht in Ordnung. Auch das bringt mich noch um. Mein Körper funktioniert lange nicht mehr so wie früher...

Ich schaue am Wochenende mal wieder hier herein. Übrigens, die vielen Verstecke kenne ich auch... Ich weiß auch nicht mehr, wo ich meine Retter und mein Verderben überall im Hause versteckt habe. Habe auch immer eine dabei...

Liebe Grüße!
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**gänseblümchen**
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Post Sat, 23.Jun.07, 17:40      Re: So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

Hallo Lavida,

Es freut mich von dir zu hören. Du schreibst so oft, dass es bei dir schon vorbei ist. Dass du dich früher oder später unbringst. Dass du nicht mehr kämpfen willst. Es ist schlimm das zu hören, obwohl ich weiß, dass ich auch oft so schreibe. „Das wird alles wieder“, das sagen viele, ich selbst sage es oft zu anderen. Aber man glaubt es immer nur bei den anderen, nicht bei sich selbst.
Außer mein Heilpedagoge, bei dem ich schon am längstern bin und der mi am besten kennt, der sagt, dass ich es akzeptieren muss, dass es nun mal zu meinem Leben gehört und dass es vielleicht irgendwann mal vorbei ist.
Du warst sicher auch schon in einer Psychiatrie, vielleicht auch schon öfter. Wie lange warst du dort, falls du dort warst? Hast du mal eine stationäre Langzeittherapie gemacht? Wenn: hat es dir geholfen? Wolltest du dir helfen lassen? Bist zu zur Zeit in Behandlung? Und: Hast du andere Störungsbilder neben dem SVV? Ich weiß, das sind viele fragen und du musst sie nicht alle beantworten. Du kannst auch garnichts schreiben oder als private Messege oder an meine Mail adresse..wie du willst.
Das mit den verlorenen Jahren kenn ich auch, diese Gedanken. Ich habe mich seit dem ich mich erinnern kann selbst verletzt, immerfort an Schmerzen gedacht, mich hauptsächlich mit sterben, selbst verletzen und schmerz beschäftigt (es war mir sooooo peinlich...bin mir vorgekommen wie ein Mörder). Ich habe mein Leben lang geschwiegen. Ich war immer anders als die anderen, es hat mich nie intressiert die dummen spiele die immer alle gespielt haben, am liebsten war ich allein. Allein mit meinen Schmerzen. Ich habe mich durchs leben gequält.
Das was i jetzt schreib, an das glaub i a die meiste Zeit nicht, aber es gibt Momente an denen ich daran glaube. Egal wie lange etwas schon in einem ist, wenn du wirklich daran glaubst, dir helfen lässt und du es wirklich zulässt, dann kannst du wieder gesund werden. Auch du! Was ist, wenn du mal eine stationäre Langzeittherapie machst von einem Jahr oder so. Einfach sagen: dann geht halt ein Jahr in meinem Leben drauf, dann bin ich halt mal ein Jahr im einer Klinik. Aber dann könntest du ganz neu anfangen. Vielleicht in eine neue Wohnung ziehen, einen neuen Job ev. Und dir Hobbies zulegst. Vielleicht wird dann doch noch alles gut. Ich weiß, du kämpfst schon so lange. Aber was ist, wenn du alles veränderst. Vielleicht hast du auch Lust in eine andere Stadt zu ziehen. Hast du vielleicht irgendeinen Traum, den du dir immer erfüllen wolltest? Erzähl mal...vielleicht kannst du diesen erfüllen.
Bitte hör auf zu denken, dass dein Leben schon vorbei ist. Niemand kann dir helfen, wenn du so denkst, du brauchst Willen.
Hast du eine gute Freundin oder einen guten Freund? Hast du Hobbies? Gehst du öfter unter Menschen oder bist du meinst allein? Hast du jemanden, der deine Narben akzeptiert und ein noch immer vorhandenes SVV? Jemand der dir zuhört und mit dem du wirklich reden kannst?


(es ist mal wieder zu lang)
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Post Sat, 23.Jun.07, 17:43      Re: So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

Vielleicht erzähle ich jetzt, was bei mir so passiert ist.

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an ALLE: bin mir nicht sicher, ob das Kommende triggern könnte.
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Vor zwei Wochen. Am Samstag. Es ist mir schon ziemlich schlecht gegangen. Ich hab aufgehört zu reden uund war vollkommen abwesend. Am Abend habe ich mir meine ganzen Arme aufgeschnitten. Unter und Oberarm, innen und außen. Über alle Narben drüber. Ich wollte einfach alles zerstören. Stunden danach habe ich mir dann irgendwann meine Arme verbunden und bin vollkommen erschöpft eingeschlafen. Am nächsten Tag bin ich aufgewacht und der Verband war vollkommen durchgeblutet. Also habe ich neu verbunden. Und wieder ist alles durchgegangen. Ich habe genau gespürt wie ununterbrochen das Blut herrausrinnt. Nachdem ich 24 Stunden durchgehend geblutet habe und all meine Sachen schon voll waren, durch den Verband hat mich meine Mutter ins Unfallkrankenhaus gebracht, weil ich durch den Blutverlust schon sehr schwach war. Dort waren sie erschrocken und meinten, dass ich sofort kommen hätte sollen, da man nun nicht mehr nähen kann. Irgendwann habe ich die Augen zugemacht und einfach abgeschalten. Wage habe ich dann wahrgenommen, wie sie alles gesäubert haben, mir Strips überall druafgetan haben, damit es wenigstens etwas wieder zusammenwachst und mich dann mit der Rettung gleich die Nervenklinik gebracht haben.
Eine Woche später (letzten Montag) wurde von der Klinik wieder ins Unfallkrankenhaus gebracht und dort mit 24 Stichen genäht (also neue Schnitte).
Tja..so war das...
Jetzt überlegen die Ärzte (nicht nur wegen SVV, sondern auch den anderen Störungsbildern) wegen einem stationärem Langzeitaufenthalt mache, bis ca. Oktober halt. Bzw. wies dann halt ausschaut.
Naja..

Ich wünsche dir gaaaannnz viel Glück beim Kardiologen und überhaupt, dass es dir gut geht oder besser.

Ganz liebe Grüße,
würde mich freuen, wenn du mir zurückschreibst.
Dein gänseblümchen
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Post Sun, 24.Jun.07, 18:03      Reply with quoteBack to top

Liebes Gänseblümchen,

es tut mir leid, was da passiert! Ich kenne all das, was du geschrieben hast, genau so! Ich hoffe, es geht dir vielleicht inzwischen ein bisschen besser. Bitte gib niemals auf! Du kannst es schaffen, auch wenn es besonders tief sitzt bei dir, wie bei mir auch. Du hast ,noch alle Möglichkeiten. Nutze sie, so gut es geht.

Ich habe natürlich auch viele Therapien versucht, stationär und ambulant. Immer wieder. Immer wieder war ich voller Hoffnung und hatte den absoluten Willen, davon wegzukommen. Aber es ist sehr schwer, wenn man so jung (ich war 6 o. 7) schon damit angefangen hat, sich gedanklich mit Tod, Krankheit, Verletzung zu befassen. Sich danach gesehnt hat, ohne es zu verstehen. Sich selbst für verrückt erklärt hat. Niemandem etwas sagen wollte, damit man nicht für wahnsinnig gehalten wird. In einer Einsamkeit gelebt hat von klein auf, weil Freunde verboten waren. Das alles zog sich durch mein ganzes Leben weiter hindurch. Auch ich habe die Spiele der anderen für dumm gehalten und war lieber allein, oft jedenfalls. Und ich wurde immer einsamer. Meine Gedanken und Sehnsüchte wurden immer heftiger.

Meine längste Therapie dauert schon fast 16 Jahre, sie läuft ambulant. Sie hat mir manchmal geholfen, aber ehrlich gesagt, die schwersten Zeiten musste ich trotzdem ganz allein durchstehen. Was ich geschafft habe, das habe ich nur mir selbst zu verdanken. Ich war eben eine Kämpfernatur. Meine Güte, wenn andere auch nur einen kleinen Teil meines Lebens leben sollten, sie würden umkippen und es nicht schaffen.

Ich habe mich länger nicht mehr verletzt, abgesehen von den gelegentlichen Überdosen an Medikamenten, die ich wg. der künstl. Herzklappe nehmen muss. Das ist ein lebensgefährliches Spiel, denn es kann jederzeit zu einer Hirnblutung oder anderen inneren Blutungen kommen. Ich habe dann über lange Zeit gar keine Blutgerinnung mehr. Wenn ich mich dann auch noch verletze... Das kann sich wohl jeder vorstellen, was das bedeutet...

Aber das bedeutet gar nichts bei mir. Es passiert ja nie täglich oder wöchentlich, die Abstände sind viel länger. Also eines ist mir schon klar: WENN es passiert, dann stehen meine echten Überlebenschancen 50:50, eher sogar viel weniger, denn wenn nicht schnelle Hilfe kommt, die ich selbst aber nicht hole... Egal. So sieht es eben aus.

Die meisten werden wohl denken, naja, soll sie doch, sie weiß ja, was sie tut. Aber so einfach ist es leider nicht... Ich versuche natürlich, jeden Tag dagegen anzukämpfen. Aber ich werde wieder verlieren, wie immer. Und dann wird es schlimm für mich. Ich will das alles beenden. Aber es gibt eben nur diese eine Möglichkeit. Vor einigen Wochen war ich auf der Bahn. Aber ich konnte es nicht tun, ich konnte mich nicht zerfetzen lassen und ich musste an den Zugführer denken, was ich ihm antun würde. Seitdem weiß ich, dass es anders passieren wird. Eben beim SVV, eigentlich ungewollt, mehr wie ein Unfall. Das ist so einfach in meiner Situation.

Es gibt für mich nur ein Leben, in dem ich ums Überleben kämpfen muss, oder gar kein Leben. Da ich am Leben hänge, werde ich es nie bewusst beenden können. Also wird es eine Art Unfall sein.

Nach über 30 Jahren kann ich so reden. Unschön, wohl wahr. Aber ich sehe der Realität ins Auge. Ich weiß einfach, dass das SVV aus meinem Leben niemals verschwindet. All die Jahre hatte ich diese Hoffnung, aber die ist nun weg. Vielleicht besser so, ich mache mir wenigstens nix mehr vor.

Ich kann keine neue Therapie anfangen. Wo denn noch? Ich habe doch schon alles durch. Und meine neue Arbeit? Die wäre nicht so wichtig, aber mein Gehalt brauche ich schon. Ich habe Verantwortung, ich kann nicht einfach sagen, ich gehe jetzt in eine Klinik für das nächste Jahr. Und danach? Wie soll mein Leben aussehen? Ich würde alles verlieren, was ich überhaupt noch habe, nämlich meine Sicherheit zu Hause.

Nein, dieser Zug ist für mich abgefahren.

Gruß
l.
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Post Sun, 15.Jul.07, 9:46      Re: So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

Hallo Lavida und Gänseblümchen, habe mir eure erschütternden Geschichten durchgelesen. Frage mich vor allem, wodurch wurde das ausgelöst? Wurdet ihr als Kinder mißbraucht oder sonstwie mißhandelt? Oder kommt diese Krankheit einfach so?
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Arianrhod
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Post Sun, 15.Jul.07, 21:05      Re: So viele Jahre mit SVV, besser als gar nicht? Reply with quoteBack to top

Hallo @irmaladouce, hier ein link zu svV, der recht viel erklärt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstverletzendes_Verhalten
Ich habe das mal eine Weile getan; wenn auch längst nicht so intensiv und lange und viele Jahre wie @Gänseblümchen und @lavida.
Was waren meine Gründe?
Mich herausholen aus dissoziativem Zustand; Spannungsabbau; Angst vor psychotischen Symptomen und Gegensteuern, Selbstbestrafung.
Das heißt, es werden ganz viele Bedürfnisse zur gleichen Zeit erfüllt und das macht es so schwer, gegenzusteuern. Hinzufügen möchte ich noch, dass ich mich für das Ritzen schäme und es wirklich für immer lassen möchte!
Liebe Grüße Arianrhod
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