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crystalclear
sporadischer Gast
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Post Thu, 17.May.07, 22:46      Trauern und Tod Reply with quoteBack to top

Hallo!

Mein Opa ist vor zwei Jahren gestorben, und ich habe das Gefühl, dass ich das überhaupt nicht verarbeitet habe. Das ist mir vorher so richtig aufgefallen: Ich habe an ihn gedacht, und das Gefühl war fast so, als ob er noch da wäre. Ich weiß nicht, vielleicht war das nur eine komische Situation, aber trotzdem... Es ist so, dass ich eigentlich gar nicht weiß, wie das geht, zu TRAUERN. Wie macht man das?? Für mich war es furchtbar, zu erfahren, dass mein Opa gestorben ist, ich bin heulend durch die Stadt gelaufen, weil ich es nicht in meinem Zimmer ausgehalten habe, und hab mir immer ein paar ganz bestimmte Lieder angehört (wenn ich die heute höre, werde ich immer noch traurig). Das BEgräbnis war furchtbar, ich saß in der Kirche und da vorne war so ein kleiner Sarg, ich fand die Vorstellung so schrecklich, dass mein Opa da drin liegt, und ich dachte mir, wie kann der nur in so einen kleinen Sarg reinpassen?! die vorstellung, dass er so, wie ich ihn kenne, mit seinem ganzen körper halt, da drin liegt, aber eigentlich gar nicht mehr da ist, hab ich nicht ausgehalten. und auch nicht wirklich kapiert. In der Kirche musste ich immer versuchen,nicht laut zu schluchzen, und gleichzeitig hatte ich so einen Hass in mir auf dieses ganze christliche Gelaber von Jesus usw. (aber warum ich das nicht ertragen kann, ist wieder ein andees Thema..). Und dann, als wir alle zum Grab gingen und sein Sarg in die Erde gelassen wurde, habe ich nur noch geweint. Und ich hatte schon vorher die ganze Zeit Angst, wieder diese Szene zu erleben, wie meine Oma vor einem Grab steht und ganz laut und verzweifelt weint - das hab ich erst einmal vorher bei ihr erlebt, als ihre Mutter (= meine Uroma) gestorben ist. Da war ich noch ein Kind und hab auch furchtbar geweint, und ich glaube ich konnte schon damals nicht damit umgehen. Nach dem BEgräbnis hab ich natürlich auch zuhause sehr geweint, und hab versucht, so gut wie möglich für meine Oma dazusein, die ja einfach am Ende war.

Danach war ich wieder allein gelassen mit meiner Trauer bzw. wusste ich nicht, wie ich damit auf meine Familie zugehen sollte, die ja auch um meinen Opa trauerte. Also war ich halt allein damit, und ich wusste und weiß immer noch nicht, wie man damit umgeht, wenn jemand stirbt, der einem nahe steht und den man liebt. Ich habe keinen religiösen Glauben, obwohl ich natürlich hoffe, dass nach dem Tod nicht "Nichts" ist oder Hölle etc. Ich will das gerne verarbeiten, und ich will dass mir bewusst wird, dass mein Opa nciht mehr da ist. Vielleicht hatte ich damals zuviel Angst, mich mit so etwas Schmerzlichem zu beschäftigen, aber ich wusste ja auch nicht, wie. Es gibt eh Kurse für "Trauerverarbeitung" oder so, vielleicht sollte ich mir die mal ansehen:(

meine oma lebt noch, aber sie ist natürlich schon alt, und ich habe immer angst dass sie stirbt, und das wird natürlich irgendwann passieren. und wahrscheinlich werde ich nicht da sein, weil ich recht weit weg von ihr wohne. ich kann nur auf den gefürchteten anruf von meiner familie warten, um zu erfahren, dass sie gestorben ist. Sad zu meiner oma habe ich ein viel engeres verhältnis als ich es zu meinem opa hatte. wenn sie stirbt, wird mich der schmerz umbringen und ich werde wieder nicht wissen, was ich denken und fühlen soll und ich wie ich mit meinem schmerz und dem der anderen umgehen soll. ich habe angst davor, und ich habe auch angst, dass ich einfach "abschalten" werde und ich selber innerlich ein stück weit sterbe, oder mich "abgestorben" fühle.

Ich glaube, wenn ich eine richtige religiöse/spirituelle Überzeugung hätte, auch in Bezug auf eine Art von Leben nach dem Tod, dann hätte ich nicht dieses furchtbare gefühl, einen geliebten Menschen für immer zu verlieren... ich denk dann, wozu gibt es das Leben überhaupt, wenn alles Schöne und das was einem lieb ist, mit dem Tod endet??

das ist ja ein langer beitrag geworden... danke fürs Lesen!

traurige crystalclear Sad
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Post Fri, 18.May.07, 9:21      Re: Trauern und Tod Reply with quoteBack to top

Hallo crystalclear,

hm ... dein Beitrag passt irgendwie gut zu meiner eigenen Situation. Gestern nacht erst sind plötzlich Erinnerungen an meine Mutter hochgekommen und ich habe ziemlich geweint. Sie ist nun schon bald 2 Jahre tot und hat davor um die 2 Jahre mit ihrem Krebs gekämft, eine schwere und qualvolle Zeit. Wir haben uns sehr nahe gestanden, sie war wohl der Mensch, der mir bis jetzt am nähsten war.

Meine Trauer begann im Prinzip schon als ich ihren Anruf erhielt ... dass bei ihr Krebs festgestellt worden ist. Sie war da, als ich sie besuchen kam (wohne weit weg), auf unseren Spaziergängen, als sie so ausgemergelt und bleich wie eine alte Frau neben mir hertrottete - trotzdem aber mit eisernem Willen, wieder gesund zu werden.
Es war bei mir jedoch keine reine Trauer. Ich hatte auch noch andere Probleme, sowohl aus der Kindheit noch, als auch im jetzigen Leben. Darauf noch das Leiden meiner Mutter und die Angst, sie zu verlieren - das hat bei mir eine ernsthafte Depression ausgelöst, die in einem Selbstmordversuch gipfelte. Danach setzte Therapie ein - sowohl per Therapeut als auch medikamentös. Gleichzeitig das Abschiedsnehmen auf Raten von meiner Mutter. Ich habe sie nicht so oft besucht, wie ich es gewollt bzw. unter "normalen" Umständen getan hätte. Schon vor diesen Besuchen war ich immer total fertig, krankgeschrieben oder apathisch-depressiv. Beim letzten Besuch lag sie wie ein Häufchen Knochen mit loser Haut drauf im Krankenhaus, mit einem Schlauch im Bauch, der die Fluessigkeit, die aus ihren kaputten Organen in ihre Bauchhöhle floss, aus ihr rausleitete. Sie ist vorher am Ersticken gewesen, weil die Fluessigkeit auf ihre Lunge gedrueckt hatte. WIE kann einem solchen lieben Menschen, der zu allen Leuten nur gut war und so viel Wärme gegeben hat, fuer alle da war - SOWAS geschehen?
Es war einfach nicht mehr mit anzusehen. Sie starb etwa zwei Wochen nach meinem letzten Besuch. Und ich war - erleichtert, ja ich war erleichtert. Nun hatte sie ihre Ruhe, die Qualen waren vorbei.

Ich war danach irgendwie wie im Schock. Fragte meinen Vater, ob er alleine mit dem Beerdigungskram klarkäme oder ob er meine Hilfe brauchte. Als er letzteres verneinte, fuhren mein Freund und ich (wie geplant war) in Urlaub. Estland im Herbst - Regen, verfallene Häuser in ländlichen Gebieten, kahle Bäume. Ich war irgendwie wie erstarrt, fuehlte mich wie im falschen Film. Die Beerdigung hätte ich jedoch nicht ausgehalten, da bin ich mir sicher. Ich war auch immernoch nicht auf dem Friedhof. Vielleicht irgendwann, wenn ich mich dazu bereit fuehle.

Mir geht es ähnlich wie dir - auch ich kann das alles noch gar nicht fassen. Ich meide auch ehrlich gesagt Besuche dort: Ich möchte alles so in Erinnerung haben, wie es damals war. Mit meinem Vater komme ich nicht so gut klar - das ist noch ein anderer Grund fuer die seltenen Besuche. Wir haben eher E-mailkontakt. Bei mir kommt die Trauer in Schueben: Meinst fuehle ich mich "ganz normal" und lebe halt so meinen Alltag. Geburtstage, Muttertag - alles kratzt mich nicht sonderlich. Kommt dann aber ein bestimmtes Lied, fällt mir wieder ein alter Brief von ihr in die Hand, erinnert mich eine Situation an eine gemeinsam mit ihr erlebte, dann ergiesst sich die Sinnflut. Manchmal wuerde ich ihr auch so gerne was zeigen, was mir so in den Weg kommt, weil ich weiss, dass sie sich darueber gefreut hätte.

Ich frage mich auch manchmal, was alles eigentlich fuer einen Sinn hat, wenn alles eh endet. Im Grunde sind wir alle sehr alleine - wir können niemanden und nichts mitnehmen - nichts ist fuer immer. Vermutlich geht es aber darum, jeden Tag richtig zu leben, richtig zu geniessen, richtig zu wuerdigen. Unseren Lieben nahe zu sein und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.

LG, Nachtvogel
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