Verbale Beleidigung durch Therapeuten

Helferlein 71 österreich W, 26

Hallo ihr Lieben,

gibt es jemanden unter euch der schon mal von seinem Thera beleidigt wurde bzw. sich verletzt gefühlt hat durch eine best. Aussage.
Ich hatte heute Stunde und irgendwie ging es darum in best. Situationen einfach nur weglaufen zu wollen und dies aber nicht zu tun weil es nicht möglich wäre. Meine Thera meinte dann, das wohl jeder normale Mensch in so einer Situation weglaufen würde. Erst als ich sie unterbrach und sagte ob das heissen würde das ich nicht normal sei, kam dann eine mir eher unglaubwürdige Erklärung. Hätte ich nichts gesagt wär ich warscheinlich gar nicht aufgefallen das sie mich damit getroffen hat. Zum Schluss der Stunde meinte sie nochmal ob sie mich heute irgendwie verletzt hat, und das es nicht absichtlich gewesen wäre.
Eigentlich sollte es damit also für mich erledigt sein, aber irgendwie macht mir dieser vermerk auf "normale menschen" schon zu schaffen.

Ich weiss das ich das eigentlich mit ihr besprechen sollte, aber vielleicht hab ich das auch nur falsch aufgefasst und es war wirklich nicht so gemeint. Andererseits, was ist schon "normal" ?? Und was nicht.

Vielen dank im voraus für mögliche Denkanstösse

Helferlein 84 Voralberg M, 20

normales verhalten - richtiges verhalten
du verhältst dich in bestimmten situationen nicht richtig
deswegen bist du dort um dieses falsche verhalten zu beheben
solange du dich nicht normal verhätst bist du kein normaler mensch

ich habe eine hautkrankheit - ich bin kein normaler mensch

das heißt, in dem bestimmten bereich unterscheidest du dich von deinen artgenossen die normalität-perfektion besitzen
heutzutage wird normal dazu gesagt - das wort perfekt triffts besser

wenn du es als annormal im sinne von durchgedreht interpretierst, ist das deine schuld

kein mensch ist normal, sei froh das die annormalität behoben werden kann das ist nicht immer möglich

[nicht mehr wegzudenken] 1030 münchen W, 35

Hm, ich würde sagen es kommt sehr darauf an WIE das gesagt wurde.. Abwertend? Oder interpretierst Du es nur abwertend?

Ich meine Normal setzt das Vorhandensein einer Norm voraus. Ist etwas wenn es die Mehrheit tut, oder nicht tut, normal oder nicht normal?

Und auch wenn sagen wir mal in einer Situation 90 Leute davonlaufen würden und 10 bleiben. Dann ist weglaufen wohl die "normale"Verhaltensweise und bleiben die aussergewöhnliche. Sagen wir es mal so.

Du kannst es ja auch so sehen daß in einer gefährlichen Situation 90 Leute weglaufen und sich in Sicherheit bringen und 10 bleiben um auch die verletzten zu retten. Ist "normal" dann gut?

Ich denke daß "Durchschnittlich sein", also im Verhalten der Mehrheit zu entsprechen kein Kriterium für den Wert eines Menschen darstellt.

Wenn der Therapeut das in der Tat abwertend gesagt hat im Sinne "die tickt nciht richtig" weil.... dann wäre das eine Beleidigung.

Ich habe bei Therapeuten schon definitiv beleidigendes Verhalten erlebt bei Erstgesprächen. Eine hat mich nachgeäfft als ich einen Heulanfall hatte um mir bildlich vor Augen zu führen wie unpassend ich gerade überreagiere. Ein anderer hat mich ziemlich rüde rausgeschmissen als sich rausgestellt hat daß ich doch nicht das geeignete Versuchtskaninchen für seine Biofeedback-Experimente bin. Eine andere hat mir, als ich gemeint habe daß ich an Karma und Wiedergeburt glaube ziemlich angewiedert aan den Kopf geschmissen "daß ich mir ja dann gleich für alles die Schuld geben kann".

Da ist Dein Erlebniss ja noch moderat dagegen Wink

Grüssle,

Petra

sporadischer Gast 29 Berlin W, 34

Hallo honeymoon28,

zunächst einmal - ich kenne das Gefühl - einfach weglaufen zu wollen, aber zu wissen, dass das nicht geht. Dies ist in gewisser Weise auch mein Thema in meiner Therapie. Habe einfach eine Menge Probleme. Ich musste auch Situationen schildern, in denen ich mich am liebsten verkrochen hätte, aber trotzdem gekämpft habe.
Indirekt (zwar mit anderen Worten) sagt er mir auch, dass jeder "normale" Mensch hier verzweifeln bzw. weglaufen würde!

Dies ist doch aber nur ein Zeichen für sein Verständnis, seine Empathie. Er stellt sich damit auf meine Seite und versucht die Situation mit seinen und meinen Augen zu sehen und mir zu helfen.
Es ist doch eben der Ausspruch "jeder "normale" Mensch hätte genauso gehandelt - wie Du! Gräme Dich nicht Deiner Gedanken und Gefühle, weil diese alle anderen "normalen" Menschen - wie Du und ich - auch haben!

Fazit: Du bist ok. - ich bin ok. !!!!

Das Gefühl "wegzulaufen", aber, weil dies ja nicht richtig ist, anders zu handeln, sich dabei im Zwiespalt zu befinden - löst ein "ich bin nicht ok." Gefühl aus.

Dies hast Du - meiner Meinung und Erfahrung - ohne Dir zu Nahe zu treten, Deiner Therapeutin durch Deine Einwendung,

"sagte ob das heissen würde das ich nicht normal sei"

gesagt. Du fühltest Dich nicht ok. und fühlst Dich angegriffen und verletzt.

Wenn alle anderen Menschen genauso handeln würden wie Du in dieser Situation, denn nichts anderes hat Deine Thera gesagt, wer ist denn dann Deiner Meinung "normal" und wer nicht?

Denk' einfach mal darüber nach.

Liebe Grüße

schmusesuse

sporadischer Gast 12 NRW W, 36

hallo honeymoon28

ich schließe mich @schmusesuse an und meine auch, dass der ausspruch das jeder normale mensch in so einer situation weglaufen würde, besagt, dass dein impuls als der regel entsprechend bewertet werden kann. das DU dann nicht weglaufen kannst/möchtest wird bestimmten hintergründen zugrunde liegen. auch wenn ich nicht weiß welche das sind, in der therapiesitzung ist es, meiner erfahrung nach, mut und der wille zur gesundung. und das sind doch wohl positive abweichungen von der norm.

Quote:

Zum Schluss der Stunde meinte sie nochmal ob sie mich heute irgendwie verletzt hat, und das es nicht absichtlich gewesen wäre.

das zeigt , meiner ansicht nach, das deine thera dich auf keinen fall verletzen wollte.
verbale verletzungen passieren in der PT immer wieder. teils unbeabsichtigt, teils provozierend um uns weiter zu bringen. manchmal leider auch entwürdigend. als ich mal ganz zaghaft von meiner essstörung versuchte zu erzählen (was mich viel überwindung kostete) war die sichtlich genervte antwort von meinem thera "schon wieder eine frau mit ner essstörung" innerlich wurde ich ganz klein und sagte um nicht ganz so abnorm zu erscheinen Rolling Eyes

"um diese jahreszeit hat doch fast jede frau eine essstörung". daraufhin mutierte mein thera zu einem geringschätzenden teeny und sagte in so einem äffenden sing-sang tonnfall " uuhh, ich habe keine bikinifigur". seitdem ist das thema für mich mit ihm durch. das er mich verletzt hat, hat er gesehen. jedoch nicht, wie deine thera, nochmal was dazu gesagt/nachgefragt.

also, wenn wir hier schon vergleichen norm=abnorm, dann vergleiche ruhig auch das verhalten deiner thera mit dem von anderen. Wink

und halte es mit dem was @schmusesuse einbrachte:

Quote:

Fazit: Du bist ok. - ich bin ok. !!!!

liebe grüße ???

[nicht mehr wegzudenken] 1896 unwesentlich W, 30

Quote:

Ich hatte heute Stunde und irgendwie ging es darum in best. Situationen einfach nur weglaufen zu wollen und dies aber nicht zu tun weil es nicht möglich wäre. Meine Thera meinte dann, das wohl jeder normale Mensch in so einer Situation weglaufen würde.

Ich würde die Aussage deiner Therapeuten so interpretieren, dass sie versteht dass du am liebsten weglaufen würdest. Die Mehrheit der Menschen würde in einer solchen Situation am liebsten weglaufen. Sprich: Ihre Formulierung war insofern etwas unglücklich gewählt, weil das Wort "normal" mehrere Bedeutungsinhalte hat - und dementsprechend auch die jeweiligen Umkehrungen... sprich: Du interpretierst "normal" als "nicht der Norm entsprechend / abnormal"... sie verwendet das Wort "normal" vermutlich im Sinne von "die Mehrheit der Menschen"... und wollte ihr Verständnis zum Ausdruck bringen, dass es eine angemessene Reaktion wäre, wegzulaufen. Aber spreche es am besten nochmals bei ihr an, denn dann verdeutlicht sie dir bestimmt nochmals, wie sie das meinte.

Kann es sein, dass es dich deswegen so verletzt, weil du von dir das Gefühl hast, anders als andere / "unnormal" zu sein?

Helferlein 71 österreich W, 26

hallo an alle,

danke erstmal für eure ideen und beiträge!

@dreifragezeichen

ich denke auch das sie mich nicht wissentlich verletzen od. beleidigen wollte, aber dennoch kam es in diesem momemt für mich so rüber.

@sternenmeer

Quote:

Kann es sein, dass es dich deswegen so verletzt, weil du von dir das Gefühl hast, anders als andere / "unnormal" zu sein?

ich denke damit hast du es auf den punkt gebracht. es gibt so viele situationen wo ich mir bzw. wo mir meine gedanken "unnormal" vorkommen.

LG an alle

[nicht mehr wegzudenken] 1071 Bayern W, 32

Ich versteh das auch eher so dass sie Dich beruhigen wollte. Du wolltest weglaufen aber Du dachtest Du kannst nicht. Für mich klingt das als wollte sie Dich beruhigen dass Dein Drang wegzulaufen sehr "normal" bzw verständlich ist, bzw dass diesen Drang wohl die meisten Menschen nachvollziehen könnten.
Und Du bist nicht weggelaufen, obwohl Du wolltest. Dass kann man entweder als sehr mutig beurteilen oder als eine "Unfähigkeit" sich genug zu schützen bzw dass Du nicht auf Deinen Instinkt hörst.

Das find ich aber alles nicht verletzend.

Mit Beleidigungen ist das so eine Sache. Wenn man sich durch etwas getroffen oder verletzt fühlt hat das meistens nicht mit dem Aussprecher der DInge zu tun sondern mit einem selbst. Hast Du Angst DU könntest nicht "normal sein"? Haben DIr andere Leute oft gesagt Du seist irgendwie anders oder unnormal. Wenn man das oft gesagt bekommt reagiert man vielleicht sehr sensibel auf bestimmte Schlüsselworte. Da brauch vielleicht nur "normal" fallen und man fühlt sich gleich angegriffen.

Meine Mutter reagiert auf alles was irgendwie mit dem Aussehen zu tun hat, als hätte man ihre Figur kritisiert. Auch wenn man was über ihre Haare gesagt hat, sie schafft es das als Beleidigung für ihren Hintern zu verstehen. Weil sie so drauf fokusiert ist.

neu an Bord! 1 Vechta M, 24

Nur mal so als schleichender Nebengedanke,

man sollte auch bedenken, dass der Satz "dies würde jeder normale Mensch tun" fast schon ein Sprichwort ist. Ich denke, es war gar nicht ihre Absicht, das Wort "Normal" zu benutzen, doch Sprachtechnisch muss dieses Wort in diesen Satz nun mal hinein. Ich denke, jeder von uns hat dieses Satz schon mal verwendet, ohne darauf zu achten, ob man damit gleichzeitig jemanden als "abnormal" abstellt.

Versucht mal, dieses Satz ohne das Wort "normal" auszusprechen. Es ist möglich, aber die meisten von euch werden das Gefühl haben, das dem Satz irgendetwas fehlt.

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