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perfect smile
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Post Tue, 17.Jul.07, 22:10      Emotionaler Missbrauch – wohin kann ich mich wenden? Reply with quoteBack to top

Hi,

ich weiß nicht, ob ich in diesem Unterforum überhaupt richtig bin, aber irgendwie habe ich generell das Gefühl, mit meinem Problem nirgends hinzupassen.

Ich bin bei meiner allein erziehenden Mutter aufgewachsen, die ihrerseits Missbrauchsopfer war (emotional und sexuell; letzteres erfuhr ich allerdings erst mit 21) und mit ihrem Leben und meiner Erziehung völlig überfordert war. Sie hatte kaum bis keine Freunde und seit meinem zehnten Lebensjahr auch keinen Partner mehr, so dass ich während meiner Pubertät ihre einzige Bezugsperson war und für sie wahlweise Mutter, Ersatzpartner, beste Freundin und seelischer Abfalleimer spielen durfte, je nachdem, was sie gerade brauchte. Sie konnte zwar phasenweise durchaus liebevoll sein, aber wenn sie einen ihrer verzweifelten „Ausbrüche“ hatte, hat sie mich (und sich) gnadenlos abgewertet, nichts Gutes an mir gelassen und mir jeden „Ausweg“ versperrt. Egal, was ich antwortete, alles war falsch, und wenn ich schwieg, brachte sie das auch zur Raserei. Gerne drohte sie in solchen Phasen auch mit Selbstmord, um mich moralisch zu erpressen.

Ich will jetzt nicht allzu sehr ins Detail gehen. Ich bin erwachsen, meine Mutter seit Jahren tot, und ich habe auch schon 5 Jahre Psychoanalyse hinter mir, aber nicht wirklich das Gefühl, dass die Thera mir groß weitergeholfen hat. Noch immer leide ich an massiven Selbstzweifeln, fühle mich nicht in der Lage, Grenzen zu setzen und habe ganz allgemein das Gefühl, den Anforderungen des Alltags nicht gewachsen zu sein, wofür ich mich unheimlich schäme. Hinzu kommen eine unangemessene Schreckhaftigkeit, Ekel vor meinem Körper (obwohl ich nicht sexuell missbraucht worden bin!) und übertriebene Schuldgefühle wegen jeder Kleinigkeit.

Ich vermute, dass ich diese Probleme, die mein Leben momentan sehr einschränken, nicht alleine in den Griff bekomme, aber nach meinem letzten Therapiedebakel ist mein Vertrauen in Theraerfolge enorm gesunken. Ich kam gut mit meiner Thera aus und mochte sie auch gerne, aber wie gesagt habe ich das Gefühl, dass die Therapie im Grunde vertane Zeit war. Das einzige, was sie mir gebracht hat, ist, dass ich jetzt weiß, dass es „emotionalen Missbrauch“ gibt und dass ich wahrscheinlich traumatisiert bin (auch wenn ich mich in den gängigen Definitionen von „Trauma“ nur sehr begrenzt wieder finde). Wenn ich noch mal eine Therapie starten sollte, möchte ich mir einigermaßen sicher sein, dass ich die richtige Therapieform bzw. Therapeutin wähle. Da es für Menschen wie mich keine Anlaufstellen gibt, überlege ich, ob ich mich bei einer Beratungsstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs nach geeigneten Therapeutinnen erkundige. Aber ich bin mir so unsicher, ob ich dort wirklich richtig bin, schließlich ist diese Institution eigentlich nicht für Menschen wie mich gedacht. Die bieten dort zwar auch Beratung für Angehörige von Missbrauchsopfern an, aber explizit werden nur Eltern, Lehrer und Partner aufgeführt, so dass ich mich als emotional missbrauchte Tochter eines Opfers sexuellen Missbrauchs nicht wirklich angesprochen fühle und mir ein wenig wie eine Elendstouristin vorkomme, wenn ich dort um Rat frage.

Kurzum: Ich würde gerne etwas an meiner Situation ändern, aber ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Ich will es nach Möglichkeit vermeiden, wieder von Beratungsstelle zu Beratungsstelle bzw. von Thera zu Thera geschickt zu werden, jedes Mal aufs Neue mein Problem herunterzubeten und mich hinterher ausgequetscht, aber wieder nicht verstanden zu fühlen.

Sorry für mein langes Posting. Ich hoffe, es war trotzdem nachvollziehbar, obwohl ich nachträglich noch einiges kürzen musste. Confused

Gruß
perfect smile
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vita
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Post Fri, 20.Jul.07, 6:59      Emotionaler Missbrauch – wohin kann ich mich wende Reply with quoteBack to top

Hallo perfect smile,

da Opfer sex. MB meist auch Opfer von emotionalem MB sind, ist mir nicht ganz klar, welche Anlaufstellen es geben sollte.

Ich empfand die Organisation Wildwasser sehr gut, mit guter Beratung und vor allen Dingen sehr guter Hilfe bei der Wahl des richtigen Therapeuten. Diese Organisation hat mit Sicherheit auch ein offenes Ohr für Kinder von sex. MB-Opfern.

Ich selber war nicht nur Opfer von sex. MB durch meinen Vater, sondern auch Opfer von emotionalem MB durch meine Mutter. Meine Mutter war ihrerseits ebenfalls ein Opfer von sex. MB - und so konnte ich immer weiter in meine Familie zurückblicken und sah die gleichen Muster ablaufen, ohne dass jemand diesen Kreis durchbrochen hätte.

Nun, ich habe eine 3,5 Jahre Tiefenpsycholog. Therapie gemacht - sie hat mir sehr gut weitergeholfen. Jedoch bin ich jetzt nicht ein anderer Mensch geworden und habe noch immer mit gewissen Gefühlen und Verhaltensweisen zu kämpfen, die mich nicht glücklich stimmen, die mir (und vermutlich auch anderen) schaden. Ich weiß jedoch nun -durch die Therapie- woher sie stammen und versuche, mein Verhalten zu verändern. Dies geschieht jedoch nur sehr langsam.

Ich glaube auch nicht, dass ich jemals "ganz geheilt" werde - jedoch habe ich gelernt, mit meiner Geschichte besser umzugehen und das ist mehr, als ich ursprünglich erwartet habe.

Wahrscheinlich hinterfragen die meisten Menschen ihr eigenes Verhalten gar nicht und bekommen auch nicht die Chance dazu. Allein durch das Hinterfragen von mir selber und dem Ziel, für mich eine höhere Lebensqualität zu erreichen, empfinde ich mich als reich beschenkt.

Ich möchte dir Mut machen, dir in aller Ruhe zu überlegen (am besten aufzuschreiben) wo du jetzt stehst und was du gerne ändern möchtest. Wenn du das genau weißt, würde ich dir Wildwasser empfehlen, die dir weiterhelfen, einen geeigneten Therapeuten zu finden.

lg
vita
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bonnie78
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Post Wed, 01.Aug.07, 20:22      Re: Emotionaler Missbrauch – wohin kann ich mich wenden? Reply with quoteBack to top

Hallo,

mein Vater hat mich verbal fertig gemacht und sexuell belästigt. Mit 25 kam der Zusammenbruch, Therapie. Erst da wurde mir bewusst, dass es nicht normal war, was bei uns zu Hause passierte. Ich machte zwei Jahre lang eine Verhaltenstherapie. Mir hat sie sehr geholfen. Es ist erstaunlich, wie verfahren doch unsere Gedanken sind, wie sehr sie immer in die eine Richtung gehen. Dort lernte ich, dass man vieles anders interpretieren und bewerten kann und somit sich die Gefühle ändern. Manchmal verfalle ich in alte Denkweisen zurück. Aber zum ersten mal im Leben bin ich glücklich und frage mich nicht, warum ich überhaupt am Leben bin. Was die Wahl des Therapeuten angeht: Du kannst doch in ein paar Sitzungen herausfinden, ob es passt oder nicht und ggf. den Therapeute wechseln. Hauptsache Du fühlst Dich wohl. Wenn Du mehr über meine Erfahrungen zur Verhaltenstherpie wissen möchtest, schreib ich gern mehr. Ist Deine Entscheidung.
Viele Grüße und alles Gute.
Alexandra
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fontana
Helferlein
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Post Mon, 06.Aug.07, 22:16      Re: Emotionaler Missbrauch – wohin kann ich mich wenden? Reply with quoteBack to top

Hi, mich würd das auch interessieren. Da ich grad nach Österreich (Raum Wien) gezogen bin, würd mich interessieren, ob hier jemand einen guten Tipp hat wohin man sich wenden kann.

Meine Geschichte ist sehr ähnlich wie die von perfect smile. Hab aber noch nie eine Therapie versucht und hab auch irgendwie Angst davor. Vor allem wohl deshalb, weil ich mich da irgendwie einer Person 'ausgeliefert' fühlen würde. Wie beim (Zahn) Arzt oder dem Friseur. Also in dem Sinne, dass das ja auch nur EINE Person ist und, dass man vielleicht ganz anders behandelt würde, ein ganz anderes Ergebnis erzielen würde etc. wenn man nun an eine andere Person geraten würde... Also im Prinzip eh, wie es perfect smile schildert, dass es dann verlorene Zeit (oder vielleicht noch schlimmer...) ist.

Hab bisher immer versucht mich selbst über Wasser zu halten. Ist nicht leicht, fühle mich auch oft im Alltag überfordert. Von allen Seiten. Die selbe Geschichte: psychisch labile alleinerziehende Mutter die selbst beziehungsunfähig war/ist und mich als einzige Bezugsperson hatte. Sie hat alles an mir ausgelassen, Wutausbrüche, Beschimpfungen, die eigenen Unzulänglichkeiten auf mich reflektiert...... und als wenn das noch nicht genug wäre hatte ich durch meine ganze Kindheit/Jugend hindurch körperliche Langzeitprobleme...

Ach Mensch, hab schon öfter Gedacht, dass ich wohl doch HIlfe von außen brauchen würde... Ich weiß nicht. Brauche Unterstützung aber will wohl auch nicht dafür bezahlten. Nicht weil ich kein Geld oder Krankenkassa oder so hätte, sondern weil ich mir die Unterstützung die ich nie hatte eben auf zwischenmenschlicher Seite erwarte. Von meinem Lebensgefärhrten und Freunden... Leider gestalten sich so meine wenigen sozialen Kontakte noch komplizierter......
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