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Daphnis
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Post Fri, 12.Oct.07, 13:28      Zentriertheit auf verstorbene Angehörige Reply with quoteBack to top

Hallo! Ich mache mir viele Gedanken um meine Mutter (Jg.32), die ganz und gar in der Vergangenheit lebt. Sie richtet ihr Leben danach aus, so zu handeln, dass ihr Großvater (verstorben 1942) und ihr Vater (verstorben 1976) mit ihr zufrieden wären. Sie hat einen Bombenangriff im Krieg erlebt, bei dem ihre Großmutter ums Leben kam. Meine ganze Kindheit hindurch hat mich belastet, dass sie immer nur von der Vergangenheit sprach, doch ich dachte mir, das ist sie eben. Mit zunehmendem Alter wird diese Vergangenheitszentrierung nur noch stärker, mich belastet das auch mehr als früher, weil ich inzwischen Kinder habe, die den Mittelpunkt meines Lebens bilden, und ich erwarte auch von meiner Mutter ein gewisses Interesse an meinen Kindern. Es hat mich schon heftige Anstrengungen gekostet, sie davon abzuhalten, sie auf den Friedhof mitzunehmen. Eigentlich denke ich mir, meine Mutter bedürfte dringend einer Therapie, doch bin ihc mir absolut sicher, dass sie demgegenüber gänzlich abgeneigt wäre. Wie kann ich meiner Mutter helfen, wie werde ich selbst damit fertig, dass nicht ich (Einzelkind) und meine Kinder, sondern ihre Vergangenheit im Zentrum ihres Interesses stehen?

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Carpe diem
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scherzkeks
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Post Mon, 15.Oct.07, 12:57      Re: Zentriertheit auf verstorbene Angehörige Reply with quoteBack to top

Hallo Daphnis!
Ganz spontan habe ich mich gefragt, warum du nicht möchtest, dass deine Kinder mit auf den Friedhof gehen.
Was ist dagegen einzuwenden?
Hat deine Mutter einen Freundeskreis ausserhalb der Familie, gibt es Ansprechpersonen? Oder lebt sie eher einsiedlerisch?

Zeigt sie keinerlei Interesse an deinen Kindern oder ist es eher so dass es in Relation zu den Verstorbenen kleiner ist?
Habt ihr schon über dieses Problem gesprochen?
Meine Großeltern zu denen ich ein sehr inniges Verhältnis hatte, haben auch oft mit mir über die Vergangenheit gesprochen und mit meiner Großmutter ging ich jeden Sonntag zur Grabpflege mit auf den Friedhof.
Ich habe die Zeit mit ihr und die Geschichten von früher genossen- vielleicht würde es deinen Kindern ähnlich ergehen.

Lg
scherzkeks
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candle
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Wohnort Lummerland
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Post Mon, 15.Oct.07, 15:31      Re: Zentriertheit auf verstorbene Angehörige Reply with quoteBack to top

Hallo Daphnis!
Im Moment scheint es eher Dein Problem zu sein als das deiner Kinder?
Daphnis wrote:
Mit zunehmendem Alter wird diese Vergangenheitszentrierung nur noch stärker, mich belastet das auch mehr als früher, weil ich inzwischen Kinder habe, die den Mittelpunkt meines Lebens bilden, und ich erwarte auch von meiner Mutter ein gewisses Interesse an meinen Kindern.

Wie empfinden es denn die Kinder, wenn sie auf ihre Oma treffen? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade Kinder ganz natürlich und spontan mit Menschen umgehen. Würde es ihnen bei der Oma nicht gefallen, würdest Du es deutlich zu spüren und hören bekommen.
Das Deine Mutter Interesse für Deine Kinder entwickeln soll, kommt mir eher vor als wolltest DU gerne im Mittelpunkt Deiner Mutter stehen. Ich meine das nicht böse und kann mir für mich diese Denkweise zu einer vergangenen Zeit auch genau so vorstellen.
Wie würdest Du Dir Deine Mutter denn wünschen? Was müßte sie tun damit Du "zufrieden" wärest?
Ansonsten sehe ich für deine Mutter keinen Handlungsbedarf. Nach deiner Schilderung lebt sie vielleicht in ihrer Welt, aber es scheint ihr damit nicht schlecht zu gehen. Und ändern wird sich auch nur was, wenn Deine Mutter es will.
Vielleicht magst Du noch näheres schreiben?

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Liebe Grüsse candle!
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Hiob
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Wohnort Berge
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Post Mon, 15.Oct.07, 19:36      Re: Zentriertheit auf verstorbene Angehörige Reply with quoteBack to top

Hallo Daphnis.

Ich fürchte, so lange wie diese beiden Todestage zurückliegen, wird mit ein paar Tipps nichts zu machen sein, ich vermute, sie kommt da nur raus, wenn sie dieses Leben selber für so unerträglich hält, dass sie aus eigenem Antrieb etwas unternehmen mag.

Was mir hier auffällt ist, dass es dich verletzt, wenn deine Mutter dir und deiner Entwicklung nicht genügend Aufmerksamkeit schenkt. Ich würde hier genau darauf achten, dass du durch dieses „schau endlich hin, dass ich jetzt lebe, Mamma!“ nicht ohne dass du es willst, die selbe Abhängigkeit und Verflechtung mit deiner Mutter eingehst und in Erwartung aufrechterhältst und dich davon steuern lässt, wie deine Mutter sich nach ihren Eltern/Großeltern orientiert.

Dass du sie beeinflussen kannst, glaube ich nach so vielen Jahrzehnten eingefahrener Gewohnheiten nicht. Du könntest aber die Kette durchbrechen, in der ihre Macken auf dich weitergegeben werden. Vielleicht achtest du einfach darauf, an welchen Stellen du von ihr etwas möchtest, was sie nicht geben kann oder wo du dich sonst irgendwie abhängig fühlst. Mit einem Handstreich geht es nicht, das zu durchtrennen, ganz will man es und kann man es (scheinbar) auch nicht, als Kind. Aber du könntest weiter aufmerksam verfolgen, was geschieht.

Jedes Kind ist diesen Sachen ausgesetzt, aber du siehst bestimmte Sachen bei deiner Mutter und kennst ihre Vergangenheit, die dir Hinweise auf dich geben. Direkt so ohne weiteres aus diesen Sachen rauszukommen oder sie zu ändern, scheint mir aussichtslos...aber ein Anfang ist bereits damit gemacht, dass du beschreibst, dass du es nicht magst, wenn sie deine Kinder mit diesen Sachen unnötig belastet und verunsichert. Wenns nicht anders geht, ich weiß nicht, wie sie so ist...könntest du kucken, dass du wenigstens dabei bist, wenn sie mit deinen Kleinen spielt. Aber ich vermute, dass das nicht genügt.

Möglicherweise mischt sie sich auch belastend in dein Verhältnis zu deinem Partner ein, es wäre nach deiner Beschreibung m.E. ungewöhnlich, wenn es nicht so wäre. Dort würde ich mit ihm in engem Kontakt nach und nach ihre „Einmischungen“ besprechen. Wenn es zu belastend wird und sie nicht bereit ist, dein heutiges Leben mit deinen heutigen Gefühlen, Wünschen, Zielen und heutigen Sorgen anzuerkennen, würde ich den Kontakt zu ihr meiden.

Sie selbst zu therapieren oder jahrelang dazu zu überreden und noch Verantwortung für die Resultate zu übernehmen, könnte ein ewiges Gewurschtel bedeuten...damit würdest du in gewisser Weise auch mit „der Vergangenheit“ beschäftigt sein. Wie sie. Das würde ich einfach nur beachten.

Alles Gute damit
Hiob
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Nachtvogel
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Wohnort Ex-Norddeutsche:)
W, 30


Post Mon, 15.Oct.07, 23:07      Re: Zentriertheit auf verstorbene Angehörige Reply with quoteBack to top

Hallo Daphis,

wenn deine Mutter selbst nicht unter ihrem "Leben in der Vergangenheit" leidet, dann denke ich eigentlich nicht, dass du sie umkrempeln kannst oder solltest. Vielleicht ist es ein Schutzmechanismus von ihr, vielleicht eine Art Tagträumerei, mit der sie sich in angenehme Situationen bringt.

Ich kann allerdings auch deine Trauer um deine eigene Kindheit verstehen: Du fuehlst dich vernachlässigt. Deine Mutter hat sich anscheinend nicht so als Mutter um dich gekümmert, wie sie es hätte tun sollen. Du warst vielleicht nicht (spürbar) das Zentrum in ihrem Leben - sondern sie hat selbst versucht, ihrem Vater eine gute Tochter zu sein ... und ihrem Grossvater. Obwohl die schon längst tot waren ... wie sinnlos ...
Solche Dinge sind nicht leicht zu akzeptieren. Man ist enttäuscht und wütend, möchte sozusagen sein Recht einklagen ... als Kind angenommen werden. Ich kenne ähnliche Gefühle aus der Beziehung zu meinem Vater.
Das Problem ist nur, dass man so alte Menschen (mein Vater ist Jg. 36) nicht mehr ändern kann. Eigentlich bleibt einem nicht viel, als sie so zu akzeptieren wie sie sind. Und ihre Verhaltensweisen nicht persönlich zu nehmen.

Lg, Nachtvogel
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