"Ungebildete" Leute

sporadischer Gast 27 Graz W, 33

Ich stelle zunehmend fest, dass ich mir sehr schwer mit schulisch nur wenig gebildeten Leuten tue. Ich habe ein Studium abgeschlossen und beschäftige mich mit ganz anderen Dingen. Wenn ich aber in "meine" alte Umgebung in meinem Heimatort mit den Leuten, die ich seit der Kindheit kenne, komme, fällt es mir schwer, mit ihnen zu kommunizieren. Ich weiß nicht, was mit ihnen reden. Viele ihrer Themen sind mir zu primitiv und meine Themen verstehen/ interessieren sie nicht. Oft macht es mich sogar aggressiv, wenn jemand nicht mal die Grundlagen von dem, was ich darlegen will, versteht. Geht es nur mir so? Ich hätte nie gedacht, dass sich Differenzen in der Schulbildung tatsächlich praktisch auswirken, aber sie tun es!

Forums-InsiderIn 438 NRW W, 29

Hallo Loni2005,

ich kenne das auch was Du schreibst.

Früher hatte ich nur wenig Selbstbewusstsein und habe mir immer Freunde gesucht, die mir "geistig unterlegen" waren. So hatte ich eine Freundin, die auf die Sonderschule ging. Ich ging aufs Gymnasium und verstand mich trotzdem super mit ihr. Wir waren die besten Freundinnen.
Nach dem Abi sahen wir uns eine zeitlang nicht mehr. Ich machte meine Ausbildung, machte Therapie, bekam mehr Selbstbewusstsein, traute mich auch mal mit Leuten zu reden, die geistig auf dem gleichen Niveau waren oder sogar auf nem höheren Niveau....und plötzlich gaben mir diese Gespräche viel mehr. Ich habe mich dann noch ein/zwei Mal mit dieser Freundin getroffen, aber wir hatten uns nicht mehr viel zu sagen.
Sie war auch Mutter geworden, verheiratet und somit sowieso mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Aber plötzlich langweilte sie mich und ich ließ den Kontakt abreißen.

Auch habe ich einen guten Freund, mit dem ich auch mal 2 Jahre zusammen war. Er konnte auch vieles von dem, was ich sagte, nicht nachvollziehen. Er war sehr lieb, ein herzensguter Kerl, und doch waren meine Gedanken oft zu hoch für ihn.
Es soll jetzt nicht eingebildet klingen oder von oben herab...aber ich habe deutlich gespürt dass es einfach zu hoch für ihn war. Er kann nichts dafür, das ist klar...aber dennoch hat mich das in unserer Beziehung oft sehr wütend gemacht, wenn er dann mal wieder ratlos neben mir stand.
Die Beziehung ging dann auseinander, und heute sind wir gute Freunde.
Für eine Freundschaft ist es ok, aber mein Partner muss schon geistig auf meinem Niveau sein, sonst klappt das nicht!
Mein jetziger Freund ist auf meinem Niveau....sogar noch auf einem höheren...aber das stört mich nicht, im Gegenteil.

Für mich persönlich ist es sehr wichtig, dass mein Gesprächspartner mir folgen kann.
Klar kann ich auch Small Talk, ist auch mal ok. Aber mit einer Freundin oder erst recht dem Partner sollte man über Gott und die Welt reden können.

Liebe Grüße

Sinja

[nicht mehr wegzudenken] 1075 wien W, 24

ja kommt mir bekannt vor- ich wundere mich manchmal über die interessenlosigkeit, die selbstzufriedenheit der leute. andererseits muss man sagen das nicht jeder die möglichkeit hat zu studieren!! und wenn ich dann mal mit wem rede der eindeutig mehr kann oder mehr weiss als ich fühl ich mich plötzlich ganz klein und schlecht. denkst du das den leuten dort viell. das "herz in die hose" rutscht aus angst das sie in deiner gegenwart was falsches sagen? bist du ein wenig so ein "oberlehrer" oder eher nicht?

Forums-InsiderIn 347 wo? M, 43

Hallo Loni,

dennoch kann man bei all den Unterschieden, die sich auf Grund unterschiedlich wahrgenommener Möglichkeiten etwas für seinen Horizont zu tun den Hausverstand oder Mutterwitz "Ungebildeter" unterschätzen. Es gibt genügend intelligente Menschen, denen ein Hochschulabschluß verwehrt blieb, die aber dennoch in der Lage sind komplexe Vorgänge zu erfassen oder gerne zu hören und sich Gedanken machen.

Für mich zählt auch das emotionale Niveau das mir entgegengebracht mindestens genausoviel und dann belasse ich es halt dabei mich nur in der Metaebene zu bewegen und freue mich über ein Gespräch in angenehmer Atmosphäre bei dem das Thema eher zweitrangig ist.

Dumpfbacken gibt es mit und ohne Bildung.

Forums-InsiderIn 317 München M, 41

Ich habe auch immer mit der Ahnungs- und Interesselosigkeit vieler Leute um mich herum zu kämpfen. Insbesondere in meinem beruflichen Umfeld beschäftigen sich viele meiner Kollegen hauptsächlich nur mit Themen wie Shopping, Autos, Fußball.

Auch bei der Partnersuche finde ich es nicht einfach, einen vielseitig interessierten Menschen zu finden. Ich selber finde es ungemein spannend, mich mit vielen verschiedenen Themen zu beschäftigen (aus den Bereichen Kunst, Kultur, Reisen, Technik, Wirtschaft, Gesundheit, Psychologie, Sport, Zeitgeschichte, usw.) Aber die meisten Leute mögen sich anscheinend nur mit einigen wenigen Themen auseinandersetzen. Und so fehlt mir in der Regel ein passendes Gegenüber, mit dem ich mich möglichst vorurteils- und vorbehaltlos über "Gott und die Welt" unterhalten kann.

Forums-InsiderIn 242 neben der Spur W, 27

Hallo Loni und alle,

mit meinen alten Klassenkameraden, die nicht studiert, sondern eine Ausbildung gemacht haben, weiß ich auch nicht mehr viel zu reden. Allerdings habe ich den Eindruck, dass es weniger am fehlenden Studium, sondern eher an desse Begleitumständen liegt: Der Lebensentwurf ist ein ganz anderer, meistens sind sie nicht aus ihrer Heimatstadt weggegangen, haben sich schon "niedergelassen", während der Student viel mehr kennenlernt, aber seinen Platz im Leben noch nicht so recht gefunden hat.

Andererseits finde ich aber doch, dass es eigentlich nur zweitrangig am Wissen oder sogar den Meinungen einer Person liegt, ob man miteinander kann und sich was zu sagen hat. Wie ja bereits erwähnt wurde, es gibt auch viele lebenskluge Leute ohne Studium und wenn man sich auf andere einlässt, dann wundert man sich oft, an unerwarteter Stelle auf Tiefsinniges zu treffen. Klar interessiert sich nicht jeder für Philosophie, aber über den Sinn des Lebens kann man eigentlich mit jedem reden, vielleicht nicht so explizit, aber da kann man sich ja anpassen.
Voraussetzung ist eben die Bereitschaft beider Gesprächspartner, sich aufeinander einzulassen. Ich denke, an der mangelt es öfter, weil beide Seiten Vorurteile haben oder eben die Startschwierigkeiten nicht überwinden wollen, weil sie mit anderen auf Anhieb besser können. Vielleicht muss man sich aber einfach auch nich mit jedem was zu sagen haben...
VG
Selene

Forums-InsiderIn 242 neben der Spur W, 27

@ Nick Shadow: Ich behaupte einfach mal, dass fast alle Menschen vielseitig interessiert sind, weil selbst,wenn man sich auf einige Interesensgebiete beschränkte, geht man automatisch differenzierter in die Tiefe und das ist auch eine Form der Vielseitigkeit. Große Unterschiede gibt es natürlich im Spektrum der Interessen. Du nennst da ja eher den, ich sag mal bildungsbürgerlichen:

Quote:

Kunst, Kultur, Reisen, Technik, Wirtschaft, Gesundheit, Psychologie, Sport, Zeitgeschichte

Daneben gibt es dann den "proletarischen": Stars, Soap-Operas, Flachbildschirme, Computerspiele usw. Das passt zwar nicht zu Deinen Vorstellungen, aber ist natürlich auch eine Art Bildungskanon.

Quote:

Und so fehlt mir in der Regel ein passendes Gegenüber, mit dem ich mich möglichst vorurteils- und vorbehaltlos über "Gott und die Welt" unterhalten kann.

Zu Gott und der Welt gehören aber eben auch diese Themen, bist Du denn vorurteils- und vorbehaltos genug, um Dich auch mal darüber zu unterhalten?
Ich denke, Du suchst eher nach Übereinstimmungen mit Deinen Interessen, was ich bei der Partnersuche auch wirklich gut verstehen kann. Allerdings kann einem eine Partnerschaft auch erst ganz neue eigene Interessensgebiete erschließen, weil man sich über sein Interesse am Partner auch für dessen Theme öffnet, an denen man dann unter Umständen selbst gefallen findet. Das ist eine sehr schöne Erfahrung und das Spannende einer Partnerschaft ist ja auch immer, dass der andere anders ist. Und wenn man in der Kommunikation auf einer Wellenlänge liegt, dann kann man sicherlich immer eine Schnittmenge an gemeinsamen Themen finden, denke ich.
VG
Selene[/quote]

Forums-Gruftie 517 Ex-Norddeutsche:) W, 30

Hm, ich bezweifle, dass so eine Interessenlosigkeit etwas mit der Bildung zu tun hat. Ich kenne einige Leute, die kaum schulische Bildung haben und auch noch nie eine Uni von innen gesehen haben, jedoch unheimlich viel an Wissen drauf haben. Die interessieren sich einfach für bestimmte Dinge - sei es nun Ornithologie, Geschichte, ... und haben sich aus eigenem Interesse einiges angelesen bzw. sind hobbymässig sehr aktiv. Die können es zum Teil wirklich mit Studierten in diesen Fachgebieten aufnehmen. Sind zum Teil sogar besser, weil sie auch praktische Erfahrungen einfliessen lassen können. Ein Student hat dagegen eher theoretisches Wissen - die Praxis kommt erst so richtig nach dem Studium. Andere sind einfach vielseitig interessiert und ziemlich aktiv, so dass man mit ihnen einfach über alles Mögliche reden kann. Oder man redet halt über andere Themen, z.B. über Zwischenmenschliches.

Dann hängt es natürlich auch viel mit den eigenen Interessen zusammen, mit was für Gesprächspartnern man auskommt. Meine drehen sich z.B. fast alle um Natur und Reisen. Ich kann z.B. überhaupt nichts mit einem IT Freak anfangen, der absolut hochgebildet sein kann, jedoch nichts über meine Interessensgebiete weiss. Umgekehrt weiss ich auch kaum was über IT - interessiert mich auch nicht. Trotzdem können beide den gleichen Bildungsstandard haben.

Dann gibt es aber auch wirklich diese "Interessenlosen". Davon sind mir auch schon viele begegnet. Die sind ein wenig wie Zombies: Gehen zur Arbeit, kommen heim, gucken TV. Am WE sind dann Parties angesagt, oder sie hüpfen in einer Disko herum. Mit solchen Leuten finde ich auch keine gemeinsamen Themen ..

LG, Nachtvogel

Moderatorin 2129 NRW W, 30

vb3rzm wrote:

Dumpfbacken gibt es mit und ohne Bildung.

Und es gibt erstaunlich viele "Dumpfbacken" in der höheren Bildungsschicht.
Mit diesen kann ich sehr viel weniger als mit ungebildeten Dumpfbacken, denn meistens halten sich gebildete für intelligent und anderen überlegen - und bemerken ihre Armut nicht. brain

Forums-InsiderIn 317 München M, 41

@selene:

Ja, ich kann mich schon auch über die von Dir genannten Themen unterhalten (soweit mein Wissen darüber halt ausreicht). Da ich im Sportstudio meistens vor den dort angebrachten Monitoren trainiere werde ich frei Haus mit den nötigen Infos zum täglichen Promitalk etc versorgt und kann mich auch hier ins Gespräch einklinken.

Hopfen und Malz sind allerdings verloren beim Thema Fußball. Denn das rangiert auf meiner Interessensskala soweit unten, dass beinahe sämtliche diesbezüglichen Informationen aus den Medien an mir abperlen.

Ansonsten versuche ich schon immer, mich soweit wie möglich auf meine Gesprächspartner einzulassen.

Dass es "gebildete Dumpfbacken" gibt erlebe ich auch gelegentlich. Ein weiteres Problem bei "gebildeten Leuten" ist ansonsten gelegentlich deren Dünkelhaftigkeit. Ich hatte schon Gesprächspartner, die mir ständig mit Worten, Mimik und Gestik signalisierten, dass sie mich (und genaugenommen fast jeden anderen Menschen ausser sich selbst) eigentlich für relativ blöd hielten.

Genau sowas versuche ich umgekehrt in jeden Fall zu vermeiden...

Forums-InsiderIn 242 neben der Spur W, 27

@ Nick Shadow: jetzt verstehe ich Deine Aussagen etwas besser, hatte wohl vorhin genau etwas von dieser Dünkelhaftigkeit bei Dir zwischen die Zeilen gelesen, aber wie gesagt, sehe jetzt Deine Position klarer.

Quote:

Hopfen und Malz sind allerdings verloren beim Thema Fußball. Denn das rangiert auf meiner Interessensskala soweit unten, dass beinahe sämtliche diesbezüglichen Informationen aus den Medien an mir abperlen.

Das ist lustigerweise genau ein Beispiel, bei dem ich mal die Erfahrung gemacht habe, dass man auch eines besseren bekehrt werden kann: Mein Freund wollte unbedingt Fußball-WM gucken, ich hingegen hätte mir wohl nicht mal das Finale angesehen. Da wir aber gerade zusammen gezogen waren, habe ich ihm zuliebe mitgeguckt. Und seine Begeisterung hat mich irgendwie angesteckt, er hat sich so auf die Spiele gefreut und ist so mitgegangen, dass ich das so "rührend" fand, dass ich selbst auch den Spielen interessiert folgen konnte, so dass sie mir auch wirklich spannend erschienen. Und es fühlte sich einfach schön an, dass wir das miteinander teilen konnten.
Das meinte ich vorhin damit, dass in einer Partnerschaft es nicht unbedingt auf 100% Interessenübereinstimmung von vornherein ankommt, damit man gemeinsam etwas teilen kann.

VG
Selene

Forums-InsiderIn 317 München M, 41

Zusammengefasst würde ich fast sagen: wichtiger ist mir nicht ein hoher Bildungsstand, sondern Aufgeschlossenheit und Offenheit gegenüber neuen und unbekannten Themengebieten.

Weniger gefällt es mir, wenn jemand ständig die meisten Themen abwimmelt oder als uninteressant abtut.

Forums-InsiderIn 242 neben der Spur W, 27

Genau, dem kann ich voll und ganz zustimmen!

Forums-InsiderIn 354 Deutschland W, 33

Hallo,

ich habe auch ein Problem mit ungebildeten Leuten. Ich verurteile sie zwar nicht, da diese Personen meistens ja auch aus bestimmten Familienkreisen kommen und sie nichts dafür können, da ihnen nichts anders vorgelebt worden ist. Wobei das Bildungsniveau, wie hier schon erwähnt wurde, nicht unbedingt vom Schulabschluss abhängt. Gibt halt genügend Personen, die gerne eine höhere Schule bzw. Studium besucht hätten, denen es aber durch das Elternhaus oder anderen Gründen verwehrt wurde. Confused

Bei mir steht demnächst ein stationärer Aufenthalt in einer Klinik an, da trifft man ja auch auf Leute aus allen möglichen Bildungsschichten.Wobei es bei psychischen Erkrankungen wohl doch eher so ist, dass eher gebildete Leute in eine Klinik gehen, um sich helfen zu lassen. Denn "Ungebildete" suchen sich ja oft nicht Hilfe, weil sie ihre Probleme nicht erkennen oder andere dafür verantwortlich machen. Auch muss für einen stationären Aufenthalt eine gewisses Maß an Reflektionsfähigkeit da sein, sonst ist man nicht gruppenfähig.
Na ja, jedenfalls richte ich mich schonmal darauf ein, dass ich in den ca. 6Wochen wohl nicht "meine" Fernsehsendungen im Gemeinschaftsraum sehen kann, sondern dass da eher Soaps, Gerichtsshows etc. laufen. Ist auch o.k., wenn es die Mehreheit sehen will. Nur ich gucke halt kaum Privatfernsehen, weil mich die meisten Sendungen nicht interessieren. Aber dort wird wohl kaum jemand sein, der auch gerne 3Sat oder Arte guckt.

Karola

Forums-InsiderIn 354 Deutschland W, 33

Mir fällt gerade ein, dass bei der Sendung Frauentausch (doch mal eine Sendung, die ich schonmal gesehen habe Wink

), ja auch immer sehr gegensätzliche Frauen ausgesucht werden. Meistens ist eine Frau intellektueller als die andere. Und trotzdem sieht man, dass diese Frauen auch voneinander lernen können.

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