Sind Borderliner schlechte Menschen?

sporadischer Gast 8 München W, 24

hallo an alle,

ich weiß, meine frage ist übertrieben und provokant gestellt, aber sie trifft doch irgendwie den punkt meines grübelns...

Ich bin schon seit zwei jahren in therapie, zunächst wegen schwerer depression, dann kam anorexie dazu und vor kurzem wurde jetzt endgültig die diagnose borderline gestellt. Mein therapeut hat mich zwar über borderline aufgeklärt, aber er neigt natürlich dazu alles in freundliche worte zu fassen, so dass ich nichts gegen mich richte. ich habe ein bisschen im internet rumgelesen (darunter auch artikel von fachleuten), und irgendwie hat mich da schon einiges ein wenig geschockt. vor allem die aussagen darüber, wie manipulativ und blendend borderliner sein sollen. es ist wohl nicht falsch zu sagen, dass jeder mensch bis zu einem bestimmten maße andere manipuliert oder blendet, aber bei borderline soll das ja entsprechend ausgeprägt sein. ich würde deshalb bestimmt auch lügen, wenn ich behaupten würde noch nie einer seele was zu leide getan zu haben - aber nach meiner diagnose jetzt hab ich irgendwie das gefühl, dass ich wohl ein abgrund tief schlechter mensch bin, der anscheinend gar nicht in der lage ist zu begreifen wie schlecht er mit anderen menschen umgeht. ich weiß nicht, wies euch da geht, aber mir war es eigentlich persönlich immer sehr wichtig, anderen menschen nicht zu schaden, und ich hatte von mir selbst eigentlich auch nicht den eindruck, als dass ich so furchtbar übertrieben andere manipulieren oder blenden würde. aber nun frage ich mich eben, ob ich einfach nicht in der lage bin zu erkennen, wie extrem ich das so mache. ich weiß nicht, ob ich das jetzt verständlich ausgedrückt habe, und mir geht es auch nicht darum irgendwelche schuldanklagen oder verurteilungen zu machen, denn man kann ja nicht wirklich was für seine BL-störung, aber irgendwie nagt diese frage sehr an mir. deshalb wäre ich froh über eure erfahrungen und meinungen dazu. danke.

Helferlein 30 Deutschland W, 45

Hallo Anne,

welche Reaktionen hast Du denn bisher von Deiner Umwelt bekommen ?

Seestern

[nicht mehr wegzudenken] 1030 münchen W, 35

AnneM wrote:

irgendwie hat mich da schon einiges ein wenig geschockt. vor allem die aussagen darüber, wie manipulativ und blendend borderliner sein sollen.

es ist wohl nicht falsch zu sagen, dass jeder mensch bis zu einem bestimmten maße andere manipuliert oder blendet, aber bei borderline soll das ja entsprechend ausgeprägt sein.

ich würde deshalb bestimmt auch lügen, wenn ich behaupten würde noch nie einer seele was zu leide getan zu haben

- aber nach meiner diagnose jetzt hab ich irgendwie das gefühl, dass ich wohl ein abgrund tief schlechter mensch bin, der anscheinend gar nicht in der lage ist zu begreifen wie schlecht er mit anderen menschen umgeht.

ich weiß nicht, wies euch da geht, aber mir war es eigentlich persönlich immer sehr wichtig, anderen menschen nicht zu schaden, und ich hatte von mir selbst eigentlich auch nicht den eindruck, als dass ich so furchtbar übertrieben andere manipulieren oder blenden würde.

aber nun frage ich mich eben, ob ich einfach nicht in der lage bin zu erkennen, wie extrem ich das so mache.

Hm, betrachte doch Dein Verhalten ganz ehrlich. Wie schauts denn so aus?

Ich glaube daß Boderliner oft aus ihrer inneren Angst heraus zu solchem Verhalten greifen. Als Schutz. Und daß es auch unter Borderlinern Leute gibt die skrupellos sind und welche die es eben nicht sind, genau wie bei allen anderen Menschen auch...

Frag doch die Leute mal diskret wie Du auf sie wirkst..

Moderatorin 1117 Wien W, 24

hallo annem,

ich kann dazu nur folgende frage stellen: Sind diabetiker schlechte Menschen?

Borderline ist eine "Krankheit" man kann nicht wirklich etwas dafür wie man sich verhält, aber man kann lernen seine krankheit zu kontrollieren, dazu muss man sie zuerst einsehen, dann erkennen und dann daran arbeiten.

viele abläufe und muster werden einem erst später klar, dinge die man jetzt vielleicht gar nicht so sieht, das fällt einem dann wie schuppen von den augen.

borderliner sind noch immer menschen, somit reifen sie auch, und sie können auch lernen die schlechten dinge zu unterdrücken oder zu kontrollieren.

aber um direkt auf deine frage zu antworten. Eindeutig nein.

wobei ich kann deine frage nachvollziehen, ich habe auch immer geglaubt borderliner sind schlechte menschen, bis ich am eigenen leib anderes erfahren konnte.

grüße fallen angel

Helferlein 102 Trier W, 26

Definitiv nein.

Aber ich habe so meine Probleme mit den Beschreibungen zu Borderline. Mir kommt es oft so vor als würde man es den Borderlinern absprechen dass sie fähig sind ihr eigenes Verhalten aus der Distanz zu betrachten, auf Borderline-Elemente zu analysieren und gegebenenfalls zu korrigieren.
Ich merke das bei diagnostizierten Borderlinern in meinem Bekanntenkreis, die glauben auch daran dass sie durch ihre Krankheit nicht grossartig etwas ändern können. Das geht dann soweit dass sämtliches Verhalten das sozial einfach, na sagen wir mal "grenzwertig" Wink

ist, mit : "Ja, ich habe eben Borderline, also kann ich nichts dafür und du musst es akzeptieren" entschuldigt wird.
Ähm, nein, muss ich nicht und die Betroffenen selbst müssen es auch nicht.

Naja, das ist meine bescheidene Meinung Smile

L.G,
Nita

Forums-Gruftie 536 BRD W, 39

Hallo Nita!

Quote:

Aber ich habe so meine Probleme mit den Beschreibungen zu Borderline.

Mir geht es auch so. Ich habe beim Lesen solcher Artikel das Gefühl, es gibt so eine Art Hirarchie und auf der untersten Ebene steht die Borderline-Persönlichkeit.
Ich beobachte auch, dass die Einstellung, die in solchen Artikel vertreten wird, auch zu einer gesellschaftlichen Einstellung geworden ist: "Borderliner sind grenzüberschreitend", "Borderliner kann man nicht heilen", "Borderlinr wollen nichts ändern", "Borderliner drohen mit Selbstmord, wenn man sie verlässt", usw. usw. sind die gängigen Stereotypisierungen.
Es gibt gewiss Borderliner, die sich so verhalten. Aber, so wie bei jeder Störung, so gibt es auch die Borderline-Persönlichkeitsstörung in verschiedenen Ausprägungsgraden. Ich habe in meinem Freundeskreis einige Borderliner. Doch die können sehr gut mit Grenzen umgehen und auch sehr gut bei sich selber bleiben.
Auch vor Klienten scheint die negative Einstellung Borderliner gegenüber nicht Halt zu machen. Im Internet habe ich schon mehrmals gelesen "Zum Glück habe ich Diagnose X und nicht die Borderliner-Diagnose".
Mir selber geht es da ähnlich. Auch ich habe die Borderline-Diagnose verpasst bekommen, doch zu Unrecht. Sie war eine Verlegenheitsdiagnose, weil Therapeuten mich nicht einordnen konnten. Ich kämpfe heute darum, dass die Borderline-Diagnose als Fehldiagnose anerkannt wird, da ich diese Diagnose als rufschädigend wahrnehme. Dass ich sie als Rufschädigend wahrnehme hat mit der Einstellung der Gesellschaft dieser Diagnose gegenüber zu tun.

Wenn Du im Freundeskreis oder anderswo mit solchen Stereotypisierungen konfrontiert wirst, mein Tipp: frag Deine Umwelt mal, ob sie auch dich so wahrnimmt, wie es in den Büchern steht, ob Du so bist, wie Borderliner pauschalisiert werden. vielleicht hilft ihr das, etwas mehr zu differenzieren und Dich so zu sehen, wie du wirklich bist.

Gruß
Jenny

Helferlein 88 Deutschland W, 42

Ich denke auch, unter der Diagnose Borderline verbergen sich ganz verschiedene Ausprägungen der Krankheit und ganz verschiedene Menschen. In der Fachliteratur liest man meistens von den ganz krassen Fällen, von Menschen, die aggressiv und manipulativ sind. Das dient wohl der Veranschaulichung... das sollte man, hat man die Diagnose Borderline bekommen, keineswegs auf sich selbst übertragen - man weiß ja selbst letztlich am besten, wie man ist... Einen wirklich wohltuenden, sehr verständnisvollen Beitrag über Borderliner habe ich in dem Buch "Schematherapie" von Young gelesen (der übrigens einen sehr interessanten Ansatz zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen hat). Das hat richtig gut getan, scheint aber leider bisher ein Einzelfall zu sein.

[nicht mehr wegzudenken] 1075 wien W, 24

hy- naja das hab ich mich auch schon oft gefragt.
einerseits JA! da ich leute die mir sehr nahe stehen manchmal ganz übel behandle und auch meine aggressionen nicht unter kontrolle habe. ich fühle mich wie ein schlechter mensch (aber diese schuldgefühle gehören zum bild des BL!!!)
andererseits NEIN, da BL eine krankheit ist die man einach nicht so im griff hat, die einem oft entgleitet...auch sind eigtl alle BL die ich kenn sehr sozial, sensibel und oft schwer von sich selbst enttäuscht. es reisst einen einfach hin und her- deswegen:
es gibt find ich kein eindeutiges ja oder nein. BL ist halt einfach so: blackwhite

[nicht mehr wegzudenken] 1030 münchen W, 35

Jenny Doe wrote:

Mir geht es auch so. Ich habe beim Lesen solcher Artikel das Gefühl, es gibt so eine Art Hirarchie und auf der untersten Ebene steht die Borderline-Persönlichkeit.

Jepp. Kann manchmal auch ganz lustig sein sich damit zu outen, die Blässe um die Nase der Leute... har har..

die dann standhaft versuchen sich das nicht anmerken zu lassen.
Hab ich zumindest schonmal bei einer Therapeutin bei der probatorischen Sitzung erlebt...

sporadischer Gast 26 WIen W, 27

Ich erlebe das Gegenteil.
In meiner Umgebung sagt jeder: " Sei endlich mal normal "Vergiss den Blödsinn mit der BL, das is nur Augenauswischerei"
Ich versuche krampfhaft meine Borderline nie anmerken zu lassen. Es geht keinen was an. Es hat mich 3 Jahre auf der Psychiatrie gekostet und 10 Jahre Therapie. Daher finde ich die Anonymität des Forums gut.
Bei mir wissen nicht mal gute Freunde, dass ich BL habe.
Sie halten mich eher für *putzsüchtig, überkonsequent, verschlossen und arrogant gegenüber Fremden (unnahbar)*
Meine Eltern schämen sich eine *gestörte Tochter* zu haben. Ich denke sie sind froh das ich im Heim aufgewachsen bin großteils, denn es passt nicht zu ihrem Image, da sie angesehn und sehr wohlhabend sind.
Ich habe gelogen, gestohlen, war magersüchtig, habe als Kind nicht gesprochen und habe mit 9 versucht mich selbst zu töten.
So etwa ist für Leute die es nicht verstehn peinlich und sie wollen damit nichts zu tun haben.

Manipulation und Lügen kenne ich zur genüge ich hab glogen das sich die Balken biegen als Kind, z.B wenn ich schlechte Noten hatte um nicht verprügelt zu werden oder so und ich tendiere heute noch sobald ich angegriffen werde zu lügen und sofort anzufangen mich zu verteidigen.

[nicht mehr wegzudenken] 1075 wien W, 24

hy neela das klingt echt schlimm. bei mir wissens die leute- grossteils- aber wenn ich ehrlich bin weiss ich oft nicht was das bringen soll das dies jetzt wissn, die wenigsten verstehen es (wie denn auch) und fast niemand macht sich die mühe sich zu informieren...das is schlimm. aber andererseits kann ich auch immer mit ihnen rechnen wenns mir mies geht...nur...wie BL so sind...unnahbar. gerade wenn ichs bräuchte lass ich nur 2 leute an mich ran alle andren sperre ich von meinem innersten aus...ich finde es furchtbar wie innerlich zerrissen ich oft bin...es kotzt mich an Evil or Very Mad

Helferlein 60 Wien W, 27

Hallo!

Hab mich erst seit kurzem mit dem Thema befasst. Also nur Artikel und so gelesen, nichts diagnostizieren lassen. Erkenne mich in vielen Beschreigungen wieder, wobei ja auch die Fachliteratur nicht ganz eindeutig ist und es einen großen Grenzbereich gibt...

Also von mir kann ich schon sagen, dass ich ziemlich manipulativ bin. Will gern die Kontrolle haben, sonst fühle ich mich unsicher... Bin auch schon paar mal in extreme Abhängigkeitsverhältnisse geraten: entweder war ich abhängig - oder ein anderer von mir. Was ist wenn ein Borderliner seine manipulativen Tendenzen nicht ausleben kann bzw. unterdrückt? Ist das dann ein Weg zur Heilung oder genau das Gegenteil, weil er seine Persönlichkeit nicht ausleben kann? Ach, bin wohl noch am Anfang mir ein Bild von der Sache zu machen...

Nachdem was ich bisher gelesen habe, soll ja die Einteilung in gut-schlecht an sich ja schon borderline sein und daher stellt sich deine Frage für nicht-borderliner vielleicht gar nicht so. Die sehen dann wohl eher Graustufen Laughing

fontana

[nicht mehr wegzudenken] 1075 wien W, 24

hy fontana- ich denke das ein BL gar nicht imstande ist was zu unterdrücken- zumindest nicht für lange...wann hast du denn vor deine thera zu starten? wie kommst du auf BL bei dir? wielang hast du das schon? hast du auch svv?

Helferlein 60 Wien W, 27

hallo anarchistin! danke für deine Antworten. was ist denn svv? denke ich hab noch eine posttraumatische Störung oder so - vielleicht eine Mischung aus bl und dem. Eigentlich hab ich schon das Gefühl ich sollte mal eine Thera starten, aber keine Ahnung wann/wie... Hab mal rumtelefoniert und da wollte/konnte niemand mehr auf Krankenkassa nehmen. War alles voll und privat geht gar nicht. Zu teuer. Außerdem hab ich wohl Angst mich auf einen Therapeuten einzulassen. Momentan lese ich halt selbst eine Menge. Wie lange ich schon bl habe? Also denke schon, dass man das im Kleinstkindalter verpasst bekommt, durch Reaktion auf Mutter. Hier im Forum hat mal jemand den Verdacht dazu auf meine Beiträge geäußert und nun hat mich sogar mein Freund drauf angesprochen. Wenn ich die Literatur so betrachte, denke ich es ist gar nicht ganz abwegig. Aber ich vertraue der Wissenschaft und u.a. solchen Einteilungen nicht. Manchmal ärgere ich mich, dass mein Freund alles mitmacht z.B. meine "Spinnereien" nicht einbremst... obwohl ich denke er hat sich nun auch schon mit dem Thema borderline beschäftigt. Kann man nicht lange unterdrücken meinst du. Ja, klingt plausibel, weil zumindest unter der Oberfläche fängt es bald mal zu brodeln an und das kann auch nicht lang unbemerkt bleiben. Noch eine Frage: bei der Wahl eines Therapeuten auf welche Zusatz-Ausbildungen sollte man da bei BL achten?

fontana

sporadischer Gast 26 WIen W, 27

Ich würde dir empfehlen mal in die Ambulanz im AKH zu gehen, für ein Gespräche die können dir da weiterhelfen.

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