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kleiner-krieger
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Post Fri, 27.Feb.04, 13:43      Psychoanalytisch orientierte Psychothera bei Borderline Reply with quoteBack to top

Hallo ihr,

im März beginne ich wieder eine Therapie. Meine erste richtige ambulante. Am 8. März stelle ich mich in einer Vermittlungsstelle vor, die recht zügig weitervermitteln.

Es stellt sich die Frage: was für eine Therapieform?
Eine tiefenpsychologische Gesprächstherapie möchte ich keine mehr machen, die habe ich stationär gemacht und aufgrund eines unerfahrenen Therapeuten war das mehr ein Gespräch als eine Gesprächstherapie.
Bleiben die Verhaltenstherapie - naja, die ist gut und schön, aber es dürfte auch ein wenig tiefer gehen. Wenn VT, dann eine DBT.
Für eine klassische Psychoanalyse fehlt es mir noch ein wenig an Stabilität.
Aber dann habe ich "Borderline" von Christa Rohde-Dachser gelesen und ihr Therapiekonzept der psychoanalytisch-orientierten Psychotherapie fand ich sehr gut. Hat jemand Erfahrung mit dieser Therapieform? Hat jemand dieses Buch gelesen?

Ich freue mich über jede Antwort, die mit Borderline und Borderline-Therapieformen zutun hat.

Alles Liebe,
der kleine Krieger
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Jutta35
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Post Fri, 27.Feb.04, 14:48      Re: Psychoanalytisch orientierte Psychothera bei Borderline Reply with quoteBack to top

Hi Kleiner-Krieger,

also, ich habe mehrere Jahre eine analytische Therapie gemacht. Mein Hauptproblem, so wie ich es damals sah, waren die Belastungen aus meiner Vergangenheit und meine Schwierigkeiten mit Menschen bzw. meine Angst/Unsicherheit vor ihnen. Das waren dann auch eindeutig die Schwerpunkte. Ich habe ein Jahr lang zweimal pro Woche erzählt und nur erzählt. Das war ganz wichtig, weil ich schon als Kind immer wußte, daß ich dies eines Tages tun müßte und würde. Mir hat jemand zugehört. Mir hat jemand geglaubt. Ich bin geachtet worden. Und das hat mir sehr gut getan. Andererseits bin ich mit all meinem Schmerz und meinem Nichtwissen, wie ich damit umgehen, was ich machen soll, furchtbar alleine gelassen worden. Das hat meine Abhängigkeit vom damaligen (ärztlichen) Psychotherapeuten unheimlich verstärkt. Ich war nicht stabil genug, das alles aushalten zu können. Naja, stimmt nicht, ich habe es ausgehalten, diese grauenhafte Hölle in mir, die sich in diesem aufgerührten Zustand noch potenziert hat. Irgendwann ging lange gar nichts mehr und ich bin in eine Klinik. Danach war diese Therapie irgendwie zu Ende. Er hätte mich behalten, aber ich spürte, daß er schon ganz weit von mir entfernt war und einfach nicht mehr weiter wußte. Wir haben uns dann 7 Jahre lang sporadisch geschrieben, bis ich mich innerlich von ihm trennen konnte. Einen Abschluß fand ich außerdem, indem ich ihn kurz (nach diesen 7 Jahren) besucht habe.
Also, das ist natürlich meine Geschichte und ich weiß nicht, inwieweit sie typisch oder wenigstens beispielhaft ist. Aber ich glaube, daß es bei Borderlinern zwei wichtige Punkte gibt: die Stabilität, die Du ja auch ansprichst, und die Beziehung bzw. das Problem der Abhängigkeit.
Übrigens hat mir der Therapeut damals eine Diagnose all die Jahre standhaft verweigert. Erst bei der Entlassung aus der Klinik habe ich den Kurzbrief an ihn aufgerissen, worin dann der für mich damals ganz schlimme Begriff Borderline stand. Erst über die Auseinandersetzung damit, für mich ist es eine Art Arbeitshypothese, habe ich begriffen, warum ich eine sehr oft gestellte Frage von ihm nie beantworten konnte, nämlich die nach dem Was meines inneren Zustandes. Ich konnte nie sagen, was das für ein grauenhafter Kampf auf Leben und Tod ist, dieses furchtbare Chaos. Heute kann ich es immer noch nicht benennen, aber spüren, wo es herkommt und daß es wahr ist, daß ich mir nichts einbilde.
Ich überlege mir manchmal, ob es nicht günstig wäre, zweigleisig zu fahren, da ich reine VT auch (?) zu oberflächlich, manchmal gar menschenunwürdig finde, weil es so viele Dimensionen ausblendet. Vielleicht kannst Du das Analytische abdecken und eine DBT-Gruppe finden?

Gruß und Bewunderung für das Lesen von Rohde-Dachser, war mir zu schwierig, obwohl ich merkte, daß da viel Wahres drinsteckt,
Jutta
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Post Sat, 28.Feb.04, 11:39      Re: Psychoanalytisch orientierte Psychothera bei Borderline Reply with quoteBack to top

Jutta35 wrote:

Aber ich glaube, daß es bei Borderlinern zwei wichtige Punkte gibt: die Stabilität, die Du ja auch ansprichst, und die Beziehung bzw. das Problem der Abhängigkeit.

Übrigens hat mir der Therapeut damals eine Diagnose all die Jahre standhaft verweigert. Erst bei der Entlassung aus der Klinik habe ich den Kurzbrief an ihn aufgerissen, worin dann der für mich damals ganz schlimme Begriff Borderline stand.

Vielleicht kannst Du das Analytische abdecken und eine DBT-Gruppe finden?

Gruß und Bewunderung für das Lesen von Rohde-Dachser, war mir zu schwierig, obwohl ich merkte, daß da viel Wahres drinsteckt,
Jutta



Hallo Jutta,

ich denke eine klassische Psychoanalyse ist nicht unbedingt das Mittel der Wahl für den ersten therapeutischen Kontakt eines BL-Patienten, aber wer kennt vor einem Erstkontakt schon seine Diagnose? Naja, ich finde, du hast dich gut aus der Thera-Beziehung mit deinem Ex-Analytiker gelöst und mit dem Besuch einen guten Abschluss gefunden.

Die Stabilität ist, glaub ich, ein zentrales Thema, dass man nicht vernachlässigen darf in der Thera. Mit der Abhängigkeit, da habe viele mit der Diagnose ein Problem, ich persönlich damit ganz gut klar. Generell neige ich auch im Leben nicht zu abhängigen Beziehungen und wenn fällt es mir nach ein oder zwei Monaten wie Schuppen von den Augen und ich muss diese Beziehung beenden.

Ich wäre froh gewesen, ich wäre nicht so schnell (nach 6 Stunden Therapie) mit der BL-Diagnose konfrontiert worden. Mit dieser Diagnose sollte man sehr sparsam umgehen und sich genau überlegen, wann man einen Patienten damit konfrontiert. Ich war damals ziemlich instabil und die Diagnose habe ich als Bestätigung gesehen: ja, ich darf so sein wie ich bin und wenn ich wollte noch viel schlimmer. Ich hatte damals kaum Ahnung von Psychologie (nur mal in der Kollegstufe nen Wahlkurs besucht) und dann habe ich Bücher zu dem Thema gekauft und mich darin wieder gefunden. Aber ich hatte damals kaum Identität und so ist BL für einige Zeit zu meiner Identität geworden.
Aber ich denke, der Patient sollte schon zu gegebener Zeit seine Diagnose erfahren.

Analyse und DBT-Gruppe die Kombination klingt interessant... werde in der Thera mal anfragen, wie es mit dieser Kombination aussieht... und auch selber noch darüber nachdenken.

Zur Rohde-Dachser: ich habe sicherlich auch vieles nicht verstanden, aber wie du schon schreibst: es steckt viel Wahres drin und wirklich zufriedenstellende Antworten auf viele Fragen.

Lieber Gruß
der kleine Krieger
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