Psychotherapie, wieviel Verantwortung trägt der Klient?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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chandelle
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Psychotherapie, wieviel Verantwortung trägt der Klient?

Beitrag Mo., 14.03.2011, 16:20

Hallo zusammen!

Angelehnt an die häufig aufkommenden Themen über Therapie und den dort stattfindenden Abhängigkeiten, erstelle ich diesen Thread.

Das Problem ist wohl, weshalb ich mich auch nicht gerne in die „Abhängigen- Gemeinschaften“ hereinhängen mag, dass es ständig in unlösbaren Konflikten (hier im Forum) endet, so versuche ich mich eher zurückzuhalten, aber auch deshalb der Thread.

Interessieren tut es mich allerdings schon inwieweit sich Klienten verantwortlich fühlen für ihre Therapie?

Eine Therapie ist erstmal ein zeitlich begrenzter Rahmen einer besonderen Beziehung, aber auch einer Dienstleistung. Vielleicht machen sich das einige Menschen nicht klar? Nicht Bedürfnisse sollen gestillt werden, sondern erlernt werden wie man seine Bedürfnisse stillen kann, sei es, dass man sich da mehr oder wenig selber findet oder aber als Teil einer Gesellschaft verteilt auf sein Umfeld. Ich weiß auch, dass es geht.

Hier ist nun ein breit gefächertes Forum und darf mich vielleicht nicht wundern, dass geballt ein und das selbe Problem auftritt. Allerdings kenne ich es von Freunden, Familie und Bekannten und anderen Menschen, die sich in meinem Umfeld aufhalten und therapeutischer Behandlung waren und sind, NICHT!

Vielleicht ist es doch eher ein seltenes Phänomen mit den Abhängigkeiten in einer Therapie?

Würde mich freuen, wenn Ihr ungekränkt und einermaßen neutral dazu diskutieren mögt.

Ich bin nicht betroffen, würde aber gerne etwas verstehen.

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Tentatives
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Beitrag Mo., 14.03.2011, 17:25

Liebe chandelle,

danke Dir für Deinen Thread - ich sehe die Therapie als Therapieneuling ebenfalls eher als eine personenbezogene Dienstleistung. Nun hatte ich auch erst 2 Stunden und war vorher oft in diesem Forum unterwegs, um mich "vorzubereiten". Das Thema Abhängigkeit von der Therapie oder Therapeut ist hier wirklich omnipräsent, das hat mich sehr irritiert und auch beängstigt. Ich frage mich, welchen Sinn es haben soll in eine solche Abhängigkeit zu gelangen, ich will doch etwas ändern u. nicht bei jedem Schritt an meine Therapeutin denken oder ihre Impulse als "Goldene Regeln" internalisieren. Ich sehe sie eher als freundliche Begleiterin, die mir hilft, den Sinn meiner momentanen labilen Gefühlslage und negativen Gedanken zu erkennen u. auch darin eine Entwicklung zu sehen.

LG

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Frêle
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Beiträge: 11

Beitrag Mo., 14.03.2011, 18:29

Hallo!

Also ich muss sagen: Bevor ich in Therapie gegangen bin und mich hier zuvor informiert habe, konnte ich auch absolut nicht nachvollziehen, wie Leute in Abhängigkeiten rutschen. Ich hab das ganze ziemlich rational gesehen: "Ich gehe da hin und berichte über meine Probleme, wieso sollte ich Angst davor haben, was die Therapeutin denkt?"

Nach den ersten paar Stunden wars dann auch vorbei mit dieser Einstellung, ich bin zwar nicht in eine Übertragungsliebe gerutscht, hab aber doch trotzdem ziemliche Blockaden aufgebaut, Angst bekommen.. mir ist sehr wichtig geworden, was sie von mir denkt.

Ich denke mal die Abhängigkeiten entstehen schnell, weil man in seiner Therapeutin ja vor allem auch ein Symbol der Hoffnung sieht?

Liebe Grüße

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Mosaikbild
Helferlein
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Beitrag Mo., 14.03.2011, 18:49

Hallo chandelle,

ich denke, wieso dir das hier so gehäuft vorkommt, liegt daran, dass hier eben die Leute zumeist über ihre Probleme schreiben und weniger über das, was eh super läuft. Ich hab hier einige kennengelernt, die in einem Nebensatz schreiben, dass sie in therapeutischer Behandlung sind und sie scheinen da so zufrieden zu sein oder keine größeren Probleme zu haben, sodass es nicht weiter erwähnenswert ist.

Ein Therapeut ist aber auch jemand, der einem ja sehr sehr nahe kommt, mit dem man im Idealfall über alles reden kann. Wem andere bezugspersonen oder Menschen, mit denen man reden kann, fehlt, der gerät da schnell in eine bedürftige Haltung oder Abhängigkeit.

Bei meinem Therapeuten habe ich zum Beispiel auch das Gefühl, dass er gerne hätte, dass ich ihn brauche, dass ich die Termine brauche, da er öfter davon redet, dass ich ja ncihts von der Therapie erwarten würde und weil er ganz entsetzt war, als ich sagt, dass ich es nicht schlimm fände, wenn ich mal ne Woche kein Gespräch hätte. Für ihn gehört das Brauchen der Stunden wohl irgendwie dazu. Er meinte man würde in der Beziehung zum Therapeuten ja andere Beziehung nachspielen, bzw Probleme, die in anderen beziehungen auftreten, würden da eben auch irgendwann auftreten und damit könnte man arbeiten. Ich allerdings sträube mich sehr dagegen und kann nicht ganz nachvollziehen, wie ich eine so innige beziehung wie zu meinem Partner oder auch meiner Familie mit diesem Menschen aufbauen soll und zweifel auch daran, dass das sinnvoll wäre.

Liebe Grüße,
Mosaik

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Dannie
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Beitrag Mo., 14.03.2011, 18:50

Interessieren tut es mich allerdings schon inwieweit sich Klienten verantwortlich fühlen für ihre Therapie?
Hallo chandelle.

Was mich betrifft, würde mir meine Therapeutin gar keine andere Wahl lassen. Ich kann nicht genau beschreiben wie sie das macht, doch ich musste sehr schnell lernen, dass ich die Verantwortung und somit das Sagen habe. Zudem eine sehr schöne Erfahrung für mich, dass mir jemand der so kompetent ist, diese Verantwortung ohne Wenn und Aber zutraut.
Eine Therapie ist erstmal ein zeitlich begrenzter Rahmen einer besonderen Beziehung, aber auch einer Dienstleistung.
Ich muss sagen, ich habe gar keine Beziehung zu meiner Therapeutin.

Dannie

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chandelle
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Beitrag Mo., 14.03.2011, 19:32

Hallo, ich will gerne auf Eure Beiträge etwas eingehen. Letztlich geht es wohl immer um ein gesundes Mittelmaß der Sache denke ich. Übertragung würde ich auch gar nicht verurteilen, aber das Problem ist, dass "man" sie vielleicht nicht lösen läßt oder permanent einer eigenen falschen Interpretation unterliegt.

Tentatives, Willkommen im Forum!
Tentatives hat geschrieben:Das Thema Abhängigkeit von der Therapie oder Therapeut ist hier wirklich omnipräsent, das hat mich sehr irritiert und auch beängstigt.
Sicher hat es einen Grund weswegen Dich das Thema fesselt.
Ich frage mich, welchen Sinn es haben soll in eine solche Abhängigkeit zu gelangen,
Ich sehe insofern ein Sinn darin, dass ich dadurch das Erlebnis von "vertrauen fassen" erleben konnte. Ich war ja sehr mißtrauisch, aber gegen Abhängigkeit habe ich an sich eine ungute Einstellung. Das hatte sich zwar etwas gegeben, aber war dann doch etwas hilfreich. Reinrutschen würde ich da nicht, weil ich zu sehr meinen Kopf als Alarmsystem nutze.

Ich kann mir auch denken, dass gerade Verliebtheit schon auch ein förderliches Gefühl sein kann, für den, der es auseinanderhalten kann. Im anderen Fall kann es aber auch einfach das Therapiegelingen blockieren.

Frêle, bei Dir mag ich das etwas differenzierter sehen, weil Du ja noch der elterlichen Fürsorge unterstehst. Da erscheint mir es nicht ganz so abwegig sich an einen anderen Menschen zu binden.
Frêle hat geschrieben: Ich denke mal die Abhängigkeiten entstehen schnell, weil man in seiner Therapeutin ja vor allem auch ein Symbol der Hoffnung sieht?
Welche Hoffnung siehst Du?

Mosaikbild, da muß ich vielleicht etwas gegenreden.
Mosaikbild hat geschrieben: Ein Therapeut ist aber auch jemand, der einem ja sehr sehr nahe kommt, mit dem man im Idealfall über alles reden kann. Wem andere bezugspersonen oder Menschen, mit denen man reden kann, fehlt, der gerät da schnell in eine bedürftige Haltung oder Abhängigkeit.
Sicher, ein Therapeut kommt einem im gewissen Sinne nahe, weil man womöglich mit gar keinem über diese Themen spricht. Die Gründe sind da völlig unterschiedlich. Ich glaube nicht, dass es so zustande kommt, dass man keine anderen Menschen zum Reden hat und eine Therapie ist letztlich auch nicht zum Reden gedacht, sondern zur Heilung. Da wären vermutlich andere Personen einfach überfordert. Ja, das ist schon sehr sehr speziell. Manchmal redet man auch gerade nicht mit den Personen, die involviert sind.
Bei meinem Therapeuten habe ich zum Beispiel auch das Gefühl, dass er gerne hätte, dass ich ihn brauche, dass ich die Termine brauche, da er öfter davon redet, dass ich ja ncihts von der Therapie erwarten würde und weil er ganz entsetzt war, als ich sagt, dass ich es nicht schlimm fände, wenn ich mal ne Woche kein Gespräch hätte.
Woran liegt es denn bei Dir, dass es SO ist?
Er meinte man würde in der Beziehung zum Therapeuten ja andere Beziehung nachspielen, bzw Probleme, die in anderen beziehungen auftreten, würden da eben auch irgendwann auftreten und damit könnte man arbeiten.
Da hat er wohl Recht und muß wohl noch auf Dich warten bis Du überkochst? Vielleicht bist Du da noch etwas emotional lahmgelegt?
Ich allerdings sträube mich sehr dagegen und kann nicht ganz nachvollziehen, wie ich eine so innige beziehung wie zu meinem Partner oder auch meiner Familie mit diesem Menschen aufbauen soll und zweifel auch daran, dass das sinnvoll wäre.
Nenne es doch einfach "therapeutische Beziehung", denn etwas anderes ist es ja auch nicht.

Geht gleich weiter...

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chandelle
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Beitrag Mo., 14.03.2011, 19:45

Hallo Dannie!
Dannie hat geschrieben:
Ich muss sagen, ich habe gar keine Beziehung zu meiner Therapeutin.
Doch hast Du sicher! Warum empfindest Du es aber nicht so?

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Beitrag Mo., 14.03.2011, 20:17

Hallo chandelle,

vielleicht bin ich nur darauf gekommen, dass Abhängigkeit entstehenkönnte, weil man niemanden hat, weil ich selbst jemand bin, der sehr sehr offen mit anderen reden kann. Klar rede ich nicht mit allen über alles, aber jedes Thema das mich beschäftigt konnte ich bisher mit jemandem besprechen oder halt über's Internet. Ich hab festgestellt, dass ich mit meinem Therapeuten noch nie über etwas geredet habe, das ich noch nicht mit anderen besprochen habe.
Aber das liegt sicher an meinem komischen Verhältnis zu meinem Therapeuten. Mir ist der Sinn des ganzen noch nicht so klar und ich bestimme alleine über was geredet wird, bzw ich rede allein und er macht ab und an mal ne Bemerkung. Für mich ist es derzeit wirklich nichts anderes als Reden. Von Heilung bin ich meines Erachtens weit entfernt. Deshalb kann da vielleicht auch keine Abhängigkeit und nichtmal ne engere Beziehung entstehen.

Ich weiß nicht, ob ich emotional lahmgelegt bin.

Liebe Grüße

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Dannie
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Beitrag Mo., 14.03.2011, 21:15

Hallo chandelle.
chandelle hat geschrieben:Hallo Dannie!
Dannie hat geschrieben:
Ich muss sagen, ich habe gar keine Beziehung zu meiner Therapeutin.
Doch hast Du sicher! Warum empfindest Du es aber nicht so?
Ja warum eigentlich? Ich denke, weil ich ja gar nicht die Möglichkeit habe meine Therapeutin auch als Privatperson wahrzunehmen.

Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll, da es meine erste Therapie ist und ich bin auch erst ein paar Monate dabei.
Meine Therapeutin die kann mit fühlen, die kann mich trösten, aufbauen, mich loben. Sie ist emotional ganz bei mir. Und da ist sie auch wahrhaftig.

Aber gelichzeitig ist sie dahinter leer. Ich kriege nur ihre Tehrapeutenhülle mit. Die Privatperson dahinter, die scheint es gar nicht zu geben.

Ich denke wir haben ein super tolles Arbeitsverhältnis, wir können sehr offen miteinander sprechen und ich kann mich ihr vollkommen öffnen. Ich kann sie auch kritisieren oder ihr sagen wenn ich mich über sie geärgert habe. Was auch immer. Irgendwie ist alles willkommen und sie ist für alles offen. Ist das doch eine Beziehung? Wieso empfinde ich es dann nicht so?

Dannie

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chandelle
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Beitrag Mo., 14.03.2011, 22:25

Auf die Schnelle kann ich nur sagen, dass mir der Begriff "Beziehung" sehr zu schaffen gemacht hatte in der ersten Therapie. Eine Beziehung hatte ich nur mit meinen Ehemann- mal so plump gesagt.

ABER Beziehung beinhaltet wohl mehr- man hat wohl mit jedem eine Beziehung auf jeweils besondere Art, lang oder kurz mit wem man grad kurz spricht oder länger.

Schwieriges Feld.

Was die Beziehung aber für manche besonders macht, weiß ich nicht. Ich sehe das als helfende Hand, wie ein Arzt.

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today
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Beitrag Di., 15.03.2011, 15:52

Ich glaube, Abhängigkeit vom Therapeuten entsteht nicht viel anders als Abhängigkeit von Substanzen:
Letztlich ist/wird man nicht abhängig vom Therapeuten selbst, sondern von den "Belohnungen" (narzisstische Zufuhr, soziales Aufgefangenwerden ...), die der Therapeut so verteilt und auch noch recht einseitig, der Patient schuldet ja nicht viel an sozialer Gegenleistung.
Und je unterversorgter mensch damit im real life ist, desto höherer ist die Gefahr von Abhängigkeit zu einer Person/der Substanz, die solche Bedürfnisse erfüllt.

Ich glaube nicht, dass sich das rein rational unterbinden läßt, dass es nur eine Frage von Willen ist.
Ich glaube, der Weg aus so einer Abhängigkeit kann nur über das Auftun entsprechender Quellen im Alltag und maßvoller Frustration der Konzentration auf den Therapeuten als erfüllendes Objekt erfolgen.
Die dafür notwendige psychische Stabilität freilich immer vorausgesetzt.

Denn in Zeiten psychischer Instabilität und drohender Dekompensation kann mensch wohl kaum über die "üblichen" Strategien verfügen. Dass der Therapeut in solchen Situationen zum u.U. einzigen "schützenden" usw. Objekt wird, denke ich ist notwendig und richtig.
und tschüss, das ist mir zu viel wortzensur hier

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Gärtnerin
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Beiträge: 1162

Beitrag Di., 15.03.2011, 20:30

Liebe chandelle,

zur Ausgangsfrage "Wieviel Verantwortung trägt ein Klient?" würde ich antworten: "So viel oder so wenig Verantwortung wie er in seiner ganz individuellen Situation und zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt tragen kann." Da kann man nicht alle Klienten über einen Kamm scheren. Es macht einen Unterschied, ob sich ein Mensch mit einer halbwegs gefestigten Persönlichkeitsstruktur wegen einer "momentanen labilen Gefühlslage" (Zitat Tentatives) in Therapie begibt, oder ob jemand eine schwere Persönlichkeitsstörung hat.

Als ich im Alter von 29 Jahren meine erste freiwillige Therapie anfing (die Zwangstherapien meiner Kindheit lasse ich mal außen vor), war ich nach außen hin eine intelligente junge Frau mit eben erfolgreich abgeschlossenem Studium. Etwas schüchtern und ängstlich vielleicht, doch an sich ein gut angepasstes und einigermaßen funktionierendes Mitglied der Gesellschaft. Aber in meiner emotionalen Entwicklung war ich auf dem Stand eines Kleinkindes. Im Verlauf der Therapie brach die um einen hohen Preis antrainierte Fassade schlagartig fort. Dahinter existierte kein Erwachsenen-Ich, das noch reflektiert über irgendwelche Probleme hätte sprechen können. Drei Jahrzehnte lang hatte ich keine Gefühle gespürt und hatte dadurch auch nie gelernt, wie man Gefühle reguliert. Ich war in dieser Therapiephase in höchstem Maße abhängig vom Therapeuten. In meinem inneren Chaos war er oft das einzige, woran ich mich noch festhalten konnte.

So etwas ist eine völlig andere Ausgangssituation als beispielsweise der Manager mit Burnout oder das Überfallsopfer mit posttraumatischer Belastungsstörung, die beide vorher ein intaktes Erwachsenen-Ich besessen hatten.

Eine zeitweise Abhängigkeit finde ich in der Therapie grundsätzlich nicht verkehrt. Sie kann allerdings auch - so meine schmerzliche Erfahrung - gründlich in die Hose gehen, wenn der Therapeut nicht willens oder nicht in der Lage ist, die notwendige stabile Basis zu bieten. (Stabile Basis ist nicht gleichbedeutend damit, alle Bedürfnisse des Klienten zu stillen!)

Herzliche Grüße,
die Gärtnerin
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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Nachtauge
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Beitrag Di., 15.03.2011, 21:24

Ich finde Deine Frage sehr interessant, gerade vor dem Hintergrund, daß hier im Forum in letzter Zeit viel auch über die „Abhängigkeit zum Therapeuten“ geschrieben wird.

Ich fühle mich für meine Therapie ganz klar selbst verantwortlich. Mein Therapeut bietet mir eine Dienstleistung an, welche er mir in einem zeitlichen Rahmen und einem begrenzten Raum zur Verfügung stellt. Ebenso bietet er mir seine Erfahrung(swerte), eine gewisse Sicherheit, Schutz und dergleichen an. Natürlich gibt es auch eine besondere Beziehung zueinander, die nur bestehen kann, wenn beide Seiten daran beteiligt sind. Für mich bedeutet daß, das mein Thera mir als „Übungsfeld“ zur Verfügung steht und ich auch an ihm „ausprobieren“ kann/darf, wie es ist Gefühle zuzulassen. Im großen und ganzen ist die Therapie für mich eine Arbeitsbeziehung aus der ich Vorteile ziehen kann, wenn ich gewisse Anregungen nutzen kann und versuche diese anzuwenden.

Zum möglichen „seltenes Phänomen mit der Abhängigkeit in einer Therapie“ ist mir schon neulich etwas durch den Kopf gegangen als ich die entsprechende Beiträge gelesen habe. Vielleicht läßt es sich vergleichen damit, daß wenn man z.B. in der Unfallambulanz für Verkehrsunfälle tätig ist, denken mag es gibt nur noch Verkehrsunfälle. Dem ist natürlich gar nicht so, aber wenn man den ganzen Tag nichts anderes zu sehen bekommt, dann wird sicherlich die Sichtweise auf eine bestimmte Art und Weise eingeschränkt und man nimmt nichts anderes mehr wahr. Da sieht man nur noch die Verkehrsunfälle und z.B. nicht mehr die Leute welche mit anderen Beschwerden im Krankenhaus sind. Weiß nicht, ob man das so verstehen kann was ich damit ausdrücklich will, aber ich lasse es hier einfach mal stehen.

LG Nachtauge

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chandelle
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Beitrag Di., 15.03.2011, 21:35

Danke für Eure Beiträge. Leider geht es mir heute so schlecht, dass ich nur lesen mag.

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Sahra-Marie
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Beiträge: 347

Beitrag Mi., 16.03.2011, 07:14

Gärtnerin hat geschrieben: Sie kann allerdings auch - so meine schmerzliche Erfahrung - gründlich in die Hose gehen, wenn der Therapeut nicht willens oder nicht in der Lage ist, die notwendige stabile Basis zu bieten.
Liebe Gärtnerin ,

magst du etwas erklärendes über die dir fehlende notwendige stabile Basis schreiben ?

lg sahra-marie

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