Wärme und Geborgenheit in der Therapie - welches Maß?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Herbstfrau
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Beitrag So., 21.10.2012, 19:16

Liebe Titus

Nein, vor mir machst du dich keinesfalls zum Affen mit der Feststellung: „Pour comprendre il faut aimer“. „Je suis absolument d’accord avec toi.“ Und ja, eine therapeutische Beziehung ist im besten Fall therapeutisch und echt.

Meine Therapeutin hat leider den Zeitpunkt etwas verpasst sich emotional zurückzunehmen. Aufgrund widrigster äusserer Umstände auf welche wir beide keinen Einfluss hatten, ist meine Ablösung sowohl für meine Therapeutin als auch für mich etwas plötzlich notwendig geworden. Am Schluss war ich es dann, welche die Flamme der Zuversicht weitergetragen hat! Das war schwierig für mich, aber da war auch noch meine Hausärztin, welche nüchtern festgestellt hat: „Sie hatten nicht viel Glück in Ihrem Leben!“ Dieses Feedback habe ich in dem Moment in genau der Form gebraucht.

Verrätst du mir wie das Geschichtsbuch, welches du gekauft hast heisst?

Alles Liebe, Herbstfrau

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leberblümchen
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Beiträge: 6034

Beitrag So., 21.10.2012, 19:34

Hallo, Herbstfrau,
ich bin - fast hätte ich 'leider' geschrieben, aber das ist natürlich Blödsinn!!!!!!!!!! - noch nicht so weit, dass wir uns um die Ablösung und das Sich-Zurücknehmen kümmern müssen. Obwohl das ja immer so mitschwingt. Ich hab im Moment eher den Eindruck, wir sind noch dabei, etwas aufzubauen. Ich hoffe es jedenfalls.

Das Buch ist das hier: ... 286&sr=8-2

Ich wollte eigentlich was ganz Anderes kaufen, aber irgendwie muss man sein Geld ja unter die Leute bringen

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Fast Forward
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Beiträge: 369

Beitrag So., 21.10.2012, 19:52

Herbstfrau hat geschrieben: Ich stelle euch mal eine Frage: Wie soll eine Therapeutin / ein Therapeut dieses Problem lösen?

Einerseits ist da ein Patient / eine Patientin welche in der Kindheit schwer depriviert war. Andererseits ist da das Bedürfnis eines jeden seriösen Therapeuten / einer jeden seriösen Therapeutin nach professionellen Distanz zum Patienten / zur Patientin.
Hallo Herbstfrau, ich gehe noch einmal von meiner Sicht aus auf diese Frage ein (ich bin nicht depriviert aufgewachsen, dennoch gab und gibt es familiäre und außerfamiliäre Belastungen, die mich so verletzlich und unsicher gemacht haben, wie ich bin)...
Ich weiß nicht, wie man es lösen kann, denke aber, wie viele andere hier, dass es nicht DIE Lösung gibt, und dass das an der besonderen Konstellation Therapeut/Patient liegt. Also; beide bringen ihre Voraussetzungen mit und daraus ergibt sich ein - eher noch mehrere - Weg(e), die eine Lösung darstellen. Aber es ist wohl eine der schwierigsten Fragen.

Mein Therapeut löst es in der Tat so, dass er mit verschiedenen Patienten nach Abschluss der Therapie in der Tat privaten Kontakt hält. Es kommt auf die Patienten an, auf die Art, wie die Therapie sich entwickelt hat, auf die Sympathie, die man füreinander hat oder nicht hat... Aber ab dem Moment ist er ja nicht mehr der Therapeut. Mit anderen ist es so, dass der therapeutische Kontakt insofern aufrecht erhalten bleibt, wie die Leute wissen, dass sie immer wieder auf ihn zurückgreifen können, er bleibt verfügbar. Und dann gibt es jene, bei denen es eine komplette Loslösung gibt.
Für mich ist es ein zweischneidiges Schwert, dies zu wissen. Einerseits denke ich, dass ich mir jetzt keine Sorgen machen muss, denn was nach Ende der Therapie wird, muss ich jetzt noch nicht wissen. Aber wenn ich will, wird es noch danach etwas geben, was uns verbindet. Allerdings weiß ich, dass ich jetzt keinesfalls bereit wäre, den therapeutischen Rahmen der Beziehung zu verlassen und auf eine private Ebene zu gehen. Auch, wenn wir oft viel Small Talk machen, was mir auch sehr wichtig ist. Es ist dennoch nicht genau dasselbe, ich zahle, ich habe Anspruch darauf, dass er mir zuhört und hilft, was ich später so nicht mehr könnte... Und ich muss nichts zurück geben.
Ein Teil von mir aber wünscht sich diese Verlagerung, diese Ausdehnung des Kontaktes. Hofft, dass wir irgendwann eine Art Freundschaft aufbauen können. Und ich muss mich immer wieder darauf besinnen, dass ich jetzt bei meinen Baustellen bleiben soll, dass wir an diesen arbeiten. Das ist nicht immer leicht, mit der Übertragung, mit dem Wunsch nach Nähe. Aber irgendwie geht es voran...
Jedenfalls frage ich mich hin und wieder ob es gut war, dass er mir davon erzählt hat, wie er es handhabt.

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Herbstfrau
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Beiträge: 4

Beitrag So., 21.10.2012, 20:37

@Titus
Danke vielmals für den Buchtipp. Ich habe schon gedacht, du hättest dir die Bibel gekauft. Diese ist nämlich auch ein wunderbares Geschichtsbuch!

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass die Umstände günstig sind, so dass du dich in deinem Tempo aus der therapeutischen Beziehung lösen kannst wenn die Zeit dafür einmal reif ist.

@Fast Forward
Meine Therapeutin trennt berufliche und private Beziehungen, weil sie das wichtig findet. Ausserdem hat sie die Erfahrung gemacht, dass ehemalige Patienten auch nach Jahren wieder seelische Krisen haben können. Dafür will sie da sein.

Ich habe mich jedoch irgendwann im Verlaufe der Therapie daran erinnert, dass ich mein Leben über Jahre hinweg mit weit weniger Ressourcen ohne regelmässige therapeutische Intervention bewältigt habe. Ausgelöst wurde meine schwere seelische Krise, welche schliesslich einen längeren „Wellnessaufenthalt“ in einer psychiatrischen Klinik notwendig machte durch äussere Umstände denen ich ausgesetzt war. Im Verlaufe der zwei Jahre andauernden Therapie bin ich dann nach und nach wiedererstarkt und habe schliesslich den Kraftakt, mich aus diesen widrigen Umständen zu befreien selber geschafft. Darauf bin ich sehr stolz!

Ich kann nicht sicher sagen, ob ich heute noch einen losen privaten Kontakt mit meiner Therapeutin pflegen möchte, wenn sie seinerzeit dazu eingewilligt hätte. Rückblickend gesehen war mein Wunsch, den Kontakt mit ihr auf loser privater Ebene fortzuführen Ausdruck davon, dass der Abbruch der therapeutischen Beziehung für mich schmerzhaft und auf emotionaler Ebene etwas verfrüht war, auf der Sachebene jedoch absolut zum richtigen Zeitpunkt vollzogen wurde.

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Wolfsmensch
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Beiträge: 272

Beitrag Mi., 24.10.2012, 07:02

Das mit der Nähe, zum Tera. Ist schon so eine Sache. Einerseits Brauch ich, und wünsch mier Nähe, andererseit´s Wird mier schon hier beim Lehsen über Nähe leicht übel. Ich kan es mier nicht erklähren, aber es ist leider so. Ich bin nicht Sexuel missbraucht worden. Aber Nähe, und Geborgenheit, (Die ich mier eigendlich so sehr wünsche) Beckom ich mit meiner Empartie nicht unter einen Hutt. Warscheinlich liegt es daran, das ich Nähe, nur in Verbindung mit Gewallt kennen gelernt hab. Das wahr alles zuviel für mich. Und jetzt bin ich hald so.
Ich hab mich ja jetzt für eine Sexuahl Pedagogig angemeldet. Die Arbeiten so weit ich weiss, mit Körpernähe. Aber das gantze ist so neu, das ich selber noch nicht sahgen kan wass da pasiert. Aber ich hoffe das ich mit hilfe von dieser Neuhen Tera. Form, es schaffe, das ich Sexualitäht, und Nähe, Wieder ungetzwungen zulassen, und Geniessen kan.
Aber ich muss auch Lernen, woh meine Grentzen sind, und wan Nähe für mich nicht in Ortnung ist. Und wie ich das füllen, und signaliesieren kan.
Naja. Es gibt noch viel zu tuhen, und ich werd euch berichten.
Punk ist der, der sich auch mahl traut Scheisse zu sein.

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Christine_Walter
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Beiträge: 515

Beitrag Mi., 24.10.2012, 20:09

ich fühle mich bei meiner thera IMMER geborgen. wir haben uns vielleicht viermal in den arm genommen (dreimal ich sie, wobei ich vorher gefragt habe, und einmal sie mich). aber bei ihr macht es einfach ihr wesen aus, dass ich mich geborgen fühle - auch wenn sie mir grade wegen irgendwas die meinung geigt, da ich weiss, dass sie mich deswegen nicht komplett verurteilt. sie ist einfach authentisch, wir können auch gemeinsam lachen - sogar über sie oder über mich. ich brauche das garnicht, dass sie mich zb jeden tag umarmen würde, mir ihre private handynummer gibt, mich nachts um drei zurückruft, mir 3 sondertermine im monat extra gibt, mir zusichert, ich sei ihre lieblingspatientin etc. dazu uss ich sagen, ich hab mir aber schon zu beginn der therapie geschworen, ich mache mich NICHT abhängig von ihr. aber wäre ich 10 jahre jünger, ich würde sie vermutlich volles rohr anhimmeln...


ziegenkind
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Beiträge: 3452

Beitrag Do., 25.10.2012, 08:40

ich hab das diffuse gefühl, dass es wichtig ist, schwer, aber eben auch wichtig, sich abhängig zu machen. ich hab mein leben lang angst vor abhängigkeit. ich will aber weniger angst haben und mehr leben!! und dafür, denk ich mir, braucht es das, sich einmal auf zeit abhängig machen von jemandem, von dem ich weiß, er will mir nichts böses. aus zwei gründen scheint mir das wichig: 1. um es zu tun und zu merken, ich werde nicht vernichtet, gedemütigt, verlacht, verletzt. 2. um die abhängigkeit selber wieder zu lösen. beides zusammen wäre grandios. ich kämpfe aber immer noch um 1. mich zwingt die zwischendrin auftauchende panik immer mal wieder in die distanz.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Elfchen
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Beitrag Do., 25.10.2012, 10:15

Liäbi Herbstfrau

Es gibt ja verschiedene Formen, sich auf eine Therapie einzulassen.
Bei mir war es immer so eine verkopfte Sache. Niemals wäre mir zB. in den Sinn gekommen, mich zu verlieben in die Therapeuten, oder kindliche Symbiosen zu suchen.
Was es aber regelmässig gab sind diese Momente. Diese Momente, wenn das Verstandensein so sehr im Raum steht, dass es einfach nur guttut, und dadurch ein Gefühl von Wärme entsteht. Das sind eben Momente. Seit langem überlege ich, ob ich mir selber nicht den Wert gebe oder beimessen, dass mich meine Therapeutin mögen könnte. Ich denke, sie hat unbequemere Patienten wie mich, ganz sicher. Aber mögen oder gernhaben.. ich weiss nicht.
Ich sah es von Anfang an mehr als Dienstleistung, so kalt das klingen mag. Vielleicht ist es auch nur ein Selbstschutz, ich weiss es nicht. Was auch immer da mitschwingen mag, ich bin ihr von Herzen dankbar, und ich kann dein Gefühl teilen, sie als emotionale "Mutter" zu sehen, mit allem Respekt und aller Distanz, die ich da empfinde. Ich hab auch seit über 20 Jahren keinen Kontakt mit meiner leiblichen Mutter.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Thalia
Helferlein
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Beiträge: 97

Beitrag Do., 25.10.2012, 14:49

Nun ja also ich find diese Nähe und Geborgenheit schon ziemlich wichtig in der Therapie. Alos natürlich ohne sexuelle Nähe, sowas gehört meiner Meinung nach nicht in eine Therapie. Aber es ist schon so, dass mein Thera so ein bisschen wie ein Papa ist. Auch körperliche Nähe ab und zu, dass er mich in den Arm nimmt wenn ich weine oder auch mal so wenn es mir nicht gut geht. Aber wäre er so ganz gefühlskalt und würde großartig raushängen lassen dass das nur seine Arbeit ist und er sich nur mit mir zusammen setzt weil er dafür Geld bekommt, dann würde das ganze auch nicht funktionieren. Man muss schon merken dass ihm seine Arbeit Spaß macht und er das gerne macht und das ihm was an dem einzellnen liegt. Ich denke schon das Therapeuten oftmals ihre Patienten auch wirklich irgendwie mögen. Also die Person an sich akkzeptieren und mögen und ihnen viel am Wohl und der Genesung von denen liegt.
ALso naja ich kann auch total falsch liegen.
Mein Thera meinte mal : "Auch wenn du manchmal alles boykotierst und rumzickst und kein Bock hast, bin ich trotzdem froh dass du hier bist." ALso ich denk schon dass Therapeuten auch viel an ihren Patienten liegt. Man darf ja nich vergessen dass hinter einem Therapeuten sich auch noch ein Mensch verbirgt.

lg Thalia

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Herbstfrau
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weiblich/female, 42
Beiträge: 4

Beitrag Do., 25.10.2012, 21:41

Hallo Elfchen

Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, mich in eine therapeutische Fachperson zu verlieben. Meine Therapeutin hätte jedoch schon rein vom Alter her meine Mutter sein können und so hat es sich ergeben, dass ich zu ihr emotional eine Beziehung eingegangen bin als wäre sie meine Mutter.

Der Beziehungsabbruch am Ende der Therapie war entsprechend hart für mich, obwohl ich den Zeitpunkt zur Beendigung der Therapie selber bestimmt habe.

Nach den sehr negativen Erfahrungen mit der Stigmatisierung von psychisch Kranken, kann ich mir zwar unterdessen fast nicht mehr vorstellen, während einer seelischen Krise die Unterstützung durch eine therapeutische Fachperson in Anspruch zu nehmen. Wenn ich jedoch in Zukunft wieder einmal einen therapeutischen Input bräuchte, dann kann ich mir das nur noch auf der Sachebene vorstellen. Deshalb würde ich mich am ambulanten psychiatrischen Dienst in einem Spital meiner Wohnregion melden. Auf eine länger dauernde Therapie würde ich mich wohl kaum mehr einlassen. Das einzige was ich mir noch vorstellen kann, ist dass ich punktuell die Beratung durch eine therapeutische Fachperson in Anspruch nehmen würde, wenn ich diese benötigen würde.

Herzliche Grüsse, Herbstfrau

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