Sex in der Ehe

Fragen und Erfahrungsaustausch über sexuelle Problembereiche wie Sexualstörungen, rund um gleichgeschlechtliche Sexualität und sexuelle Identität, den Umgang mit sexuellen Neigungen wie Fetischismus, S/M usw. - ausser Aufklärungs-Fragen.
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Platon
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Beitrag Fr., 20.06.2014, 09:13

Eremit hat geschrieben: Platon, kann es sein, daß Deine Frau ihren Körper seit der Schwangerschaft/Geburt des ersten Kindes ablehnt? Vielleicht, daß Du ihn seitdem auch ablehnst? Warum hattet ihr damals so lange keinen Sex?
Mein Frau ist beneidenswert schön. Ebenso beneidenswert hat sie es ohne sonderlich hohen Aufwand geschafft, dass ihr Körper nach zwei Schwangerschaften in besserer Form ist als bei vielen 20jährigen. Ich bin also weit entfernt, diesen Körper abzulehnen. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Auch meine Frau hat einen sehr lockeren und positiven Zugang zu ihrem Körper. Sie zeigt sich z.B. ohne jede Scheu nackt im Wellness-Bereichen etc.

Der Punkt war: die Geburt war sehr komplikationsreich und das was einmal das geliebte Lustzentrum war, wurde auf einmal zu einer entsetzlich klaffenden Wunde. In einer Metzgerei hätte es nicht schlimmer aussehen können. Diese Bilder bekam ich lange Zeit nicht mehr los. Ich kann mich heute noch über die Vorbereitungskurse aufregen, die diese auch für Väter mehr als herausfordernde Situationen nicht aufgreifen. Was der schönste Augenblick werden sollte, wurde zu einem ziemlich entsetzlichen Alptraum. Zumal mir irgendwann die Kleine in die Hand gedrückt wurde und dann wurden wir beide rausgeschmissen. Not-OP!!! Da saß ich dann in irgendeinem Vorraum.....hilflos!!!

Hinzu kam das Übliche: schlaflose Nächte, Kind im Schlafzimmer, Gewöhnung an eine neue Rolle - auch an die neue Rolle des Partners.... Sex war da kein Thema. Das war vielleicht die einzige Phase unserer Partnerschaft, in welcher meine Frau sich unbegehrt fühlte und Sex mehr vermisst hat als ich.

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Krang2
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Beitrag Fr., 20.06.2014, 09:40

Das freut mich, daß die Körperveränderungen bei euch nicht das Problem waren, denn ich kenne einige Frauen, bei denen das leider so war.
Viele Männer finden ihre Hilflosigkeit belastend, und auch ohne Komplikation ist eine Geburt eben kein Eierlegen. Die Geburtsvorbereitungskurse bereiten leider auch die werdenden Mütter nicht wirklich vor, weder psychisch noch praktisch.


chaosfee
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Beitrag Fr., 20.06.2014, 13:12

Krang2 hat geschrieben:Wenn Männern meist Sex und Beruf wichtiger sind, ist es doch ein schönes Gegengewicht, wenn Frauen meist Familie wichtiger ist.
Das sehe ich eher als anerzogene Präferenz. Bei mir und meinem Partner ist es umgekehrt. Und ich erlebe oft an den Reaktionen anderer Leute, dass mir unterstellt wird, auf Karriere zu sch...en und endlich Kinder haben zu wollen. Da wird man als Frau ab einem gewissen Alter ganz schön auf das Muttertier reduziert, und vorbei ist dann die wilde Leidenschaft im Kopf des anderen. Dann existiert man für die Außenwelt nur noch als die, "... die doch jetzt langsam mal auf ihre biologische Uhr hören müsste". Gutes Aussehen, sportlicher und beruflicher Ehrgeiz wird dann viel geringer geschätzt als der von anderen erwartete Familienwunsch. Auch so was kann einen frustrieren.

An den TE: Wier ist denn bei euch so die sonstige Rollenverteilung in der Familie? Wer kümmert sich um Haushalt, Kinder, Finanzen, Karriere?
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno


Eremit
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Beitrag Fr., 20.06.2014, 14:37

Platon hat geschrieben:Der Punkt war: die Geburt war sehr komplikationsreich und das was einmal das geliebte Lustzentrum war, wurde auf einmal zu einer entsetzlich klaffenden Wunde. In einer Metzgerei hätte es nicht schlimmer aussehen können. Diese Bilder bekam ich lange Zeit nicht mehr los. Ich kann mich heute noch über die Vorbereitungskurse aufregen, die diese auch für Väter mehr als herausfordernde Situationen nicht aufgreifen. Was der schönste Augenblick werden sollte, wurde zu einem ziemlich entsetzlichen Alptraum. Zumal mir irgendwann die Kleine in die Hand gedrückt wurde und dann wurden wir beide rausgeschmissen. Not-OP!!! Da saß ich dann in irgendeinem Vorraum.....hilflos!!!
Wurde das eigentlich therapeutisch aufgearbeitet? Ich kann mir vorstellen, daß sowas sehr traumatisierend sein kann.
chaosfee hat geschrieben:
Krang2 hat geschrieben:Wenn Männern meist Sex und Beruf wichtiger sind, ist es doch ein schönes Gegengewicht, wenn Frauen meist Familie wichtiger ist.
Das sehe ich eher als anerzogene Präferenz.
Sehe ich ebenso. Frauen werden ja (in der Regel) auf Gebärmaschine, Haushälterin und Sozialisiererin getrimmt, Männer (in der Regel) auf Arbeits- und Kampfdrohne. Beide Seiten werden durch Dressur ("Erziehung") partiell entmenschlicht, auf simple (gesellschaftliche) Funktionen reduziert.
chaosfee hat geschrieben:Da wird man als Frau ab einem gewissen Alter ganz schön auf das Muttertier reduziert (...)
Das kann ich bei meiner Freundin auch sehr gut beobachten. Ständig kommen diese idiotischen Fragen, wann wir denn endlich heiraten, wann wir endlich Kinder kriegen - Begründungen, warum wir uns gegen die Ehe und gegen Kinder entschieden haben, werden von fast jedem Menschen ignoriert.

Ich als Mann kenne das auch, in etwas abgewandelter Form. Ich werde wiederum nur auf mein monatliches Einkommen und sozialen Status (aufgrund der jeweiligen Position in der Wirtschaft) reduziert. Verdiene ich nicht genug und/oder übe ich keine Macht über Andere aus, bin ich nicht einmal ein Mensch zweiter Klasse, sondern gelte nicht einmal als Mensch.

Die meisten Menschen sind bezüglich der Rollenverteilung konservativ bis-zum-geht-nicht-mehr. Eben gut programmiert.

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Pitt
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Beitrag Sa., 21.06.2014, 09:22

@Platon

Ich hab's eigentlich immer noch nicht verstanden.
Du wünscht öfter Sex mit Deiner Frau als einmal die Woche.
Soweit richtig?
Ja, - an deiner Stelle sagte ich das dann einfach:
"Schatz, einmal die Woche Sex mit dir ist mir zu wenig"
Tja, und was sagt SIE dann? Z.B. :
"Tja, shit happens, mir reicht einmal, persönliches Pech für dich"
oder wie oder was?

Scherz beiseite, aber irgendwie gibt es doch in einer Beziehung immer irgendwiewas, was der Andere anders möchte oder sieht.

Irgendwo berührt dein Thema doch die Frage:
Ich hätte das gerne so, - und der Andere sagt: Ich hätte das gerne so.

Das hat man doch immer, - in jeder "Beziehung".

In asymmetrischen Beziehungen (Weisungsbefugter-Untergebener), (z.B. Berufsleben), - setzt sich der "Chef" durch, denn er "darf" ja sagen, wo es langgeht und wie er es "gerne hätte". Als Nachgeordneter darf man sich da nur denken: "Was für ein Vollidiot" und die Maßgaben allenfalls subversiv unterlaufen.
Aber eine Beziehung Mann-Frau ist ja in der Regel symmetrisch.
Da bespricht man die Problematik und findet Lösungen/Kompromisse.

Nur so Gedanken
Pitt

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Platon
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Beitrag So., 22.06.2014, 10:56

chaosfee hat geschrieben:
Krang2 hat geschrieben:Wenn Männern meist Sex und Beruf wichtiger sind, ist es doch ein schönes Gegengewicht, wenn Frauen meist Familie wichtiger ist.
An den TE: Wier ist denn bei euch so die sonstige Rollenverteilung in der Familie? Wer kümmert sich um Haushalt, Kinder, Finanzen, Karriere?
Ich habe das Glück, einen großen Teil meiner Arbeit von zu Hause erledigen zu können. Das gibt mir auch genügend Freiräume, hier im Haus zu helfen. Die Aufgaben sind - so glaube ich - ganz gut verteilt. Karriere ist uns beiden nicht besonders wichtig, wir haben ein gutes Auskommen und zudem Möglichkeiten Freundschaften und Hobbies zu pflegen.

Was für mich aus dem Thread sich ein Stück weit herauskristallisiert: Viele Frauen genießen Sex gleichermaßen wie Männer, es bedeutet für sie mitunter aber auch eine Form von Anstrengung, Konzentration etc., sodass im Alltagsstrudel der Kopf nicht mitspielt. Ganz konkret bei uns: Für mich ist es überhaupt kein Problem, bei unaufgeräumter Küche eine gute Flasche Wein zu öffnen, schöne Musik aufzulegen und zum gemütlichen Teil des Lebens überzugehen. Für meine Frau wäre dies undenkbar. Zudem habe ich ein sehr großes Vertrauen in die Entwicklung unserer Kinder, meine Frau ist hingegen oft in Gedanken / Sorgen. Auch dies ist ein Hemmschuh...

Es ist schon so, wie v.a. ROSENFÜCHSIN geschrieben hat, Reden ist der Schlüssel. Übrigens zu deiner Frage ROSENFÜCHSIN: ja, ich kenne meine Frau auch als sexuell genießenden Menschen. Aber wie gesagt: die Küche muss aufgeräumt sein, den Kindern muss es gut gehen, beruflich darf nichts im Argen liegen, ich darf mir keine Unachtsamkeit geleistet haben und .... ich muss fast selbst lächeln - es muss warm sein.....

EREMIT: die therapeutische Aufarbeitung der recht traumatischen 1. Geburt war die verhältnismäßig komplikationslose 2. Geburt.

PITT: Wir finden in der Tat immer wieder Lösungen / Kompromisse. Das ist unsere Stärke. Aber wir fallen einfach zu schnell in alte Verhaltensmuster zurück und nehmen - und hier wird es dann im Besonderen kritisch - das Verhalten des anderen als persönlich verletzend. Der Kopf müsste es besser wissen, ABER.....

Es könnte eigentlich alles so einfach sein..... IST ES ABER NICHT!!!

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Ayla
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Beitrag So., 22.06.2014, 11:16

Wenn euch Beiden daran gelegen ist, dann vereinbart doch ein Codewort, sobald einer merkt - die Spirale dreht sich wieder bergab.
Das größte Problem mit der Kommunikation ist die Illusion, sie sei gelungen
Alle großen Wahrheiten waren anfangs Blasphemien


Eremit
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Beitrag So., 22.06.2014, 17:37

Platon hat geschrieben:Ganz konkret bei uns: Für mich ist es überhaupt kein Problem, bei unaufgeräumter Küche eine gute Flasche Wein zu öffnen, schöne Musik aufzulegen und zum gemütlichen Teil des Lebens überzugehen. Für meine Frau wäre dies undenkbar. Zudem habe ich ein sehr großes Vertrauen in die Entwicklung unserer Kinder, meine Frau ist hingegen oft in Gedanken / Sorgen. Auch dies ist ein Hemmschuh...
Das liest sich, als würdest Ihr im Grunde in zwei verschiedenen Welten leben und gar nicht zusammenpassen.
Platon hat geschrieben:die therapeutische Aufarbeitung der recht traumatischen 1. Geburt war die verhältnismäßig komplikationslose 2. Geburt.
Das ist keine therapeutische Aufarbeitung.
Platon hat geschrieben:Aber wir fallen einfach zu schnell in alte Verhaltensmuster zurück (...)
Also in solche Verhaltensmuster, die jedem von Euch IN WAHRHEIT entsprechen.
Platon hat geschrieben:Der Kopf müsste es besser wissen, ABER.....
...aber vielleicht weiß er es eben doch besser.

Vielleicht habt Ihr Euch auseinandergelebt und entliebt. Passiert eben auch oft genug. Vielleicht wart Ihr auch nie kompatibel und habt Euch nur etwas vorgemacht. So viele Möglichkeiten...


chaosfee
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Beitrag So., 22.06.2014, 18:43

Platon hat geschrieben:Für mich ist es überhaupt kein Problem, bei unaufgeräumter Küche eine gute Flasche Wein zu öffnen, schöne Musik aufzulegen und zum gemütlichen Teil des Lebens überzugehen. Für meine Frau wäre dies undenkbar. Zudem habe ich ein sehr großes Vertrauen in die Entwicklung unserer Kinder, meine Frau ist hingegen oft in Gedanken / Sorgen. Auch dies ist ein Hemmschuh...
Aber genau das meine ich ja mit der Rollenverteilung. Allein schon, dass du deine Hausarbeit "helfen" nennst. Jmdm. helfen impliziert, dass der andere den Hut auf hat.

Wie sieht das deine Frau denn mit der Aufgabenverteilung? Mein Partner fand auch lange, dass der Haushalt gerecht verteilt ist, bis ich ihm mal aufgelistet habe, was ich alles mache.

Es geht bei der Rollenverteilung ja auch nicht nur darum, wer wie oft abwäscht, sondern wer sich für bestimmte Dinge verantwortlich fühlt. Ob sich beide gleichermaßen erlauben, ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Oder ob einer sich angehalten fühlt, "den Laden zusammenzuhalten" und deshalb freiwillig zurücksteckt. Auch das kann Rollenungerechtigkeit sein. Wenn man aber eben schon früh mitbekommen hat, dass man für Kinder und Küche zurückzustecken hat, dass erst die Arbeit und dann das Vergnügen kommt, dann erhebt man gar nicht mehr irgendwelche Ansprüche an eigene Freiräume.

Ich will nicht über deine Frau urteilen, aber dafür sensibilisieren, dass es nicht immer so einfach getan ist mit "ich wasche auch ab und sie macht sich halt einfach mehr Gedanken um die Familie".
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

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Pitt
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Beitrag Di., 24.06.2014, 00:55

@Platon

Ich weiss jetzt zwar nicht, ob das eine unmittelbar hilfreiche Antwort auf Deine Ursprungsfragen ist, - aber für mich ist/wäre entscheidend, wie eine Partnerin mit meinen Wünschen umgeht.
Ob sie auf meine Worte empathisch eingeht, oder eher abweisend und schroff reagiert:
Beispiel:
Er: "Schau, ich habe irgendwie das Gefühl und bedaure es, dass unser Sexualleben in der Ehe irgendwie einzuschlafen droht."

Darauf könnte sie reagieren:
"Ja, ich kann dich verstehen, finde ich auch irgendwie bedauerlich, ich habe irgendwie den Kopf nicht frei, die Kinder, der Job, der Haushalt usw. usf. ..."

-oder

"Sag mal, hast du eigentlich noch was Anderes im Kopf als Sex?? ..."

Kurzum,
ich finde es irgendwie wichtig, dass das Gegenüber Verständnis für die Wünsche des Partners zeigt. Irgendwie empathisch zugewandt reagiert.
Und sich nicht lustig macht und Wünsche verhöhnt.

2 cents from
Pitt

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Krang2
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Beitrag Di., 24.06.2014, 06:34

Deine Beschreibung klingt, als hättet ihr die besten Voraussetzungen, aber sie bekäme den Kopf nicht frei für Sex. Ist sie vielleicht sehr perfektionistisch?

Interessant, daß sich einige auf meine positiv gemeinte Bemerkung bezüglich Arbeitsteilung und Prioritäten hin gleich genötigt fühlen, sich über "anerzogenes Rollenverhalten" zu beschweren. Hat irgendwie nichts mit dem Thema hier zu tun oder?

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Rosenfüchsin
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Beitrag Di., 24.06.2014, 07:33

Krang2 hat geschrieben:Deine Beschreibung klingt, als hättet ihr die besten Voraussetzungen, aber sie bekäme den Kopf nicht frei für Sex. Ist sie vielleicht sehr perfektionistisch?
Für mich klingt es so, als wäre sie dabei, sich als eigenständige Person zu verlieren, um es drastisch auszudrücken.
Sich in Anforderungen (seien sie nun tatsächlich oder gefühlt) zu 'flüchten' - und darüber die eigene Mitte aus den Augen zu verlieren (die zentral ist für Beziehung und Sexualität).
Kann das sein? Wenn es so ist, dann wäre das 'was, was mit ziemlicher Sicherheit relativ bald bei den von mir beschriebenen Paargesprächen 'rauskommen würde, und sei es nur in der Form, dass du Platon, irgendwann feststellst: "Mir fällt auf, dass du im Wesentlichen von Aufgaben, Pflichten... sprichst und nur extrem wenig darüber, wie es eigentlich in dir aussieht. Darüber würde ich gerne mehr hören."
krang2 hat geschrieben:Interessant, daß sich einige auf meine positiv gemeinte Bemerkung bezüglich Arbeitsteilung und Prioritäten hin gleich genötigt fühlen, sich über "anerzogenes Rollenverhalten" zu beschweren. Hat irgendwie nichts mit dem Thema hier zu tun oder?
Falls du dich auf chaosfee beziehst: ich finde überhaupt nicht, dass sie sich "beschwert" hat, und auch nicht, dass das nichts mit der Sache hier zu tun hat, sondern im Gegenteil, dass das ein sehr wichtiger Aspekt in dem Ganzen ist.
Ich sehe es so, dass die gesellschaftlichen Erwartungen an Männer und Frauen weiterhin relativ deutlich und voneinander verschieden sind - und dass dieses Faktum Männern und Frauen unterschiedliche Wege eröffnet, auf gesellschaftlich akzeptierte Weise zu "flüchten". Männer gerne in Arbeit und Karriere, Frauen gerne in Familie und Haus.
Frauen, die sich gegen Familie und für Karriere entscheiden und Männer, die auf Familie setzen und nicht berufstätig sind: gibt es natürlich, aber sie müssen sich in der Regel (häufig) dafür rechtfertigen. Warum, wieso, was steckt dahinter, wäre es nicht anders doch besser, liegt es daran, dass...

Im "Normalfall" kann man schön auf eine Spur setzen, und wird selten von anderen unterbrochen, die sich irritiert erkundigen, was man da eigentlich tut.

Ich habe die Vermutung, Platon, dass es bei deiner Frau irgendetwas gibt, mit dem sie nicht wirklich 100%ig zufrieden ist. Irgendein "ich wünschte, ich hätte...", "Eigentlich wollte ich doch lieber..." -
wo auch immer das zu finden ist. Beruf? Freundschaften? Selbstbewusstsein? Paradoxerweise kann es auch eure Beziehung sein, die sie sich anders wünscht - was sie dann mit ihrem "Fluchtverhalten" gleichzeitig untergräbt.

Für mich war es so, dass das "Mutter-werden" jenseits von allen körperlichen Aspekten eine Menge Herausforderungen für meine Persönlichkeitsentwicklung mit sich brachte. Ich habe sehr deutlich gemerkt, dass ich keine "gute Mutter" war in dem Sinne, wie es gerne gewesen wäre/ sein würde. Ich wurde konfrontiert mit allen möglichen Dingen, die ich selber erlebt habe (auch durchaus aufgearbeitet) - und die ich trotzdem nicht völlig anders machen konnte bei meinen Kindern. Und nicht zuletzt sind es so viele Fragen, die mit Berufstätigkeit und Kinderbetreuung (und damit persönlicher Schwerpunktsetzung in gegebenen organisatorischen Rahmen) zusammenhängen, die das Selbstbild beeinflussen.
Alle diese Fragen können Männer genauso (be)treffen. Aber dadurch, dass die Gesellschaft immer noch so sehr auf "die Mutter" als Hauptverantwortliche für Kinderbetreuung und -erziehung setzt, ist diese Auseinandersetzung oft intensiver für Frauen (oder eben Männer, die von dem gängigen Bild und Modell abweichen).

Solange die Kinder klein und völlig auf einen angewiesen sind, kommt man/ frau ja oft gar nicht zum Nachdenken. Mit dem etwas freieren Kopf kamen dann bei mir auch drängender die Fragen "wer bin ich eigentlich, was will ich".

Und wenn diese Fragen einen beängstigenden Aspekt beinhalten, man/ frau auch nur von Weitem befürchtet und ahnt, dass da einige Änderungen anstehen würden: dann lieber "Flucht". Schön ab in die vorgesehene Rolle, brav die Erwartungen (über)erfüllen, sich bloß nicht fallenlassen...

Das ist das Bild, was ich von eurer Situation habe, wenn ich zu dem assoziiere, was du schreibst, Platon.

Rosenfüchsin
Wir alle brauchen die Liebe am meisten, wenn wir uns fühlen, als hätten wir sie gerade gar nicht verdient.
"the ones who are hardest to love, probably need it the most" -Dan Millman

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Sunny75
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Beitrag Di., 24.06.2014, 07:50

Pitt hat geschrieben: "Sag mal, hast du eigentlich noch was Anderes im Kopf als Sex?? ..."
Also Pitt, das hab ich mich bei dir aber schon oft gefragt!


chaosfee
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Beitrag Di., 24.06.2014, 09:03

Krang2 hat geschrieben:Interessant, daß sich einige auf meine positiv gemeinte Bemerkung bezüglich Arbeitsteilung und Prioritäten hin gleich genötigt fühlen, sich über "anerzogenes Rollenverhalten" zu beschweren. Hat irgendwie nichts mit dem Thema hier zu tun oder?
Genötigt habe ich mich nicht gefühlt. Aber es hat insofern mit dem Thema zu tun, dass der TE versucht seine Frau und die Dynamik ihrer gemeinsamen Beziehung zu verstehen, zumindest den Part, in dem es schlecht läuft. Das, was ich geschrieben habe, ist meine Idee dazu, meine Interpretation. Also: doch, es hat tatsächlich mit dem Thema zu tun. In der traditionellen Mutterrolle, nach der ich hier fragte, ist die Frau kein selbstbestimmtes sexuelles Wesen. Insofern hat es eigentlich ganz schön viel mit dem Thema zu tun.
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno


Eremit
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Beitrag Mi., 25.06.2014, 23:36

chaosfee hat geschrieben:In der traditionellen Mutterrolle, nach der ich hier fragte, ist die Frau kein selbstbestimmtes sexuelles Wesen.
Kommt auf den jeweiligen Bereich der Sexualität an.

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