Iatrophobie / Arztangst

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
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stern
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Beitrag Do., 31.07.2014, 23:57

Zuiop hat geschrieben:Ich WILL das alleine schaffen. Ich will da auch nicht die Hilfe eines Therapeuten in Anspruch nehmen, auf keinen Fall und ich will natürlich auch nicht die Hilfe eines Arztes in Anspruch nehmen müssen.
Also meine "Arztängste" (die andere als deine sind) habe ich einigermaßen in Bahnen lenken können - OHNE psychotherapeutische Hilfe. Das ist nicht weg..., also kann ich immer mal wieder entfalten (aber anders und seltener). Beigetragen hat dazu sicherlich, dass ich mit der Zeit auch bessere Erfahrungen machen konnte. Insofern kann das schon funktionieren, dass man das überwindet.

Nur was Zahnarzt, Gyn und chronische Erkrankungen, die Medis erfordern, angeht: Selbsthilfe ist normal begrenzt möglich... oder was machst du bei Zahnschmerzen?

Passiv-aggressiv lese ich eher nicht direkt heraus. Denn du beißt ja (notfalls) direkt zu => Stutenbissigkeit. Bzw. der Tiefenpsychologie machte dich aggro. Eher fällt mir z.B. eine Wippe auf aus "ich bin kompetent, groß und stark und schaffe das alleine" und "ich bin inkompetent" und "Ärzte sind imkompetent". Sowie natürlich Angst. Woher kommen die Inkompentenzgefühle bzw. Minderwertigkeitsgefühl? Mutter, wenn du z.B. (vgl. dein Bild) Fleisch schneiden wolltest? Bzw. wenn du irgendetwas nicht alleine geschafft hast?
Ja, aber ICH halte das nicht aus!
Ich habe definitiv ein Problem mit dienstleistenden Frauen. Ich finde mich schon bei meiner Frisörin unzulänglich und minderwertig und hasse mich selbst wegen meiner frizzeligen, nie zu bändigenden Haare.
Warum? Weil du dir die Haare nicht selbst schneiden kannst (Autonomie)... oder auch eher Kontrollverlust? Oder weil du deine Haare nicht so schön findest wie die der Frisörin?
Zahnarzt wurde für mich problematisch, als mein damaliger Zahnarzt eine permanente Stuhlassistenz einführte und die PZR nicht mehr selbst ausführte, sondern an eine Fachkraft delegierte. So Zahnarzthelferin sind meistens sch...hübsch, mit denen kann ich nicht konkurrieren, also muss ich sie hassen, weil ich das aber nicht darf, weil das ist ja auch irgendwie unmoralisch und falsch, vermeide ich sie.
o.k. Und wieso würde dich ein Arzt/PT (Mann) aggressiv machen?
Das gleiche bei Arzthelferinnen, Krankenschwestern, Ärztinnen, ja selbst bei Pfarrerinnen, selbst meine Kolleginnen kann ich nicht ertragen. Ich sollte vielleicht in Länder auswandern, in denen man Frauen einsperrt.
Wirkt eher so als hasst du Frauen, wegen derer du dich minderwertig fühlst. Wobei du Hass als unmoralisch verwirfst. Verschwinden die Hassgefühle daraufhin?
Zuletzt geändert von stern am Fr., 01.08.2014, 00:27, insgesamt 1-mal geändert.
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stern
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 00:05

Zuiop hat geschrieben:Ja und Freud hätte wahrscheinlich angenommen, dass das irgendwie damit zusammenhängt, dass ich am liebsten meinen Vater heiraten würde und 'ne gestörte Libido habe. Letzteres mag zutreffen, ersteres und die Angst vorm Tod nicht. Aber Dank für deine Bemühung und Hilfestellung.
Wobei Freud nicht die moderne Tiefenpsychologie repräsentiert...
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stern
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 00:23

Vielleicht ist ja auch manche projektive Vermischung dabei (?):
Zuiop hat geschrieben:Es ist ja nicht so, dass ich meine Macke auf einer Ebene nicht auch lustig finde. Vielleicht zu lustig in einem sonst freudlosen Leben... *heuuuuuuulllllll*.
Auf der einen Seite habe ich jedesmal das Gefühl, dass man meine Ängste bagatellisiert, dass man mich belächelt und das "lustig" findet, dass das jemanden wie mich erwischt.
Einerseits findest du deine Macke lustig (Humor ist eher Stärke, auslachen wäre es eher nicht)... andererseits befürchtest du belächelt zu werden und dass das jemand lustig finden könnte.
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Zuiop
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 09:56

stern hat geschrieben:Vielleicht ist ja auch manche projektive Vermischung dabei (?):
Zuiop hat geschrieben:Es ist ja nicht so, dass ich meine Macke auf einer Ebene nicht auch lustig finde. Vielleicht zu lustig in einem sonst freudlosen Leben... *heuuuuuuulllllll*.
Auf der einen Seite habe ich jedesmal das Gefühl, dass man meine Ängste bagatellisiert, dass man mich belächelt und das "lustig" findet, dass das jemanden wie mich erwischt.
Einerseits findest du deine Macke lustig (Humor ist eher Stärke, auslachen wäre es eher nicht)... andererseits befürchtest du belächelt zu werden und dass das jemand lustig finden könnte.

Ja, Stern, ich habe da ein Ambivalenz-Problem. Dieses einerseits... andererseits... rattert ständig in meinem Kopf, allerdings nie mit einer positiven Tendenz, sondern immer weiter abwertend. Um in deinem Bild zu bleiben, eine Waage, auf die immer mehr Gewicht gepackt wird und die wahrscheinlich irgendwann einfach in der Mitte brechen wird.

Ich kann über mich selbst lachen - möchte aber nicht, dass jemand anderes über mich lacht.
Ich will meine Autonomie behalten - lasse mich aber von so einer dummen Angst beherrschen.
Ich will die Kontrolle haben - in Wahrheit kontrolliere ich aber nicht einmal meine eigenen Gedanken.
Ich sehe, dass ich Hilfe brauche und in Anspruch nehmen sollte - möchte aber lieber hilflos bleiben.
etc.

Wenn dieses Chaos von Ambivalenzen nicht gegeben wäre, dann wäre ich ja auch schlicht nicht hier.
Sarkasmus ist meine Rüstung, Ironie mein Schild, Zynismus mein Schwert
und Galgenhumor das was übrig bleibt, nach verlorener Schlacht.

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Zuiop
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 09:57

candle. hat geschrieben:
Autonomie, Kontrollverlust, Intimität, Scham, das sind meine Themen.
Mich würde es nun brennend interessieren wie das in Verbindung mit Ärzten steht?candle
Ich empfinde die Begegenung mit einem Arzt deshalb als Eingriff in meine Autonomie, weil er z.B. einen Wissensvorsprung hat, derjenige ist, der mich diagnostiziert und damit bewertet/abwertet (ich sehe Krankheit als Defizit und meinen Körper überall als defizitär), der die Behandlung bestimmt, die mit mir was macht. Ohne dass ich auf Augenhöhe (und zwar auf seiner, nicht auf meiner) die Chance habe einbezogen zu werden, in vollem Umfang informiert zu werden und im vollen Umfang entscheiden zu können. Daran ändert auch ein Transparenzgesetz nichts.

Ich assoziiere Arztbesuche mit Kontrollverlust, weil nicht ich bestimmen darf wann was wie gemacht wird (Bspl. Blutabnahme - ich bin dick, meine Venen liegen tief und sind wohl eher feiner, trotzdem musste ich in der Vergangenheit jedesmal Kämpfe ausfechten, damit man Versuche in der Armbeuge unterlässt und mir aus dem wesentlich schmerzempfindlicheren Handrücken abnimmt, weil mich die durchschnittlich 5-13!!! Fehlversuche in der Armbeuge einfach mehr stressen, als wenn ich mit einem oder zwei schmerzhafteren Stichen schneller zum Erfolg komme; man signalisierte mir jedesmal, dass ich mich anstelle, keine Ahnung hätte...). Ich erlebe in der Arztpraxis eine hierarchische Struktur, in der ich nichts zu melden habe, Kommandos bekomme, die ich möglichst schnell und kommentarlos erfüllen muss, ohne mitzudenken, ohne nachzudenken, ohne zu fragen, denn das alles stört den Betrieb.

Ich erlebe Arztbesuche als Eingriff in meine Intimität. Trotzdem ich mich als sexuell aufgeklärt und offen bezeichnen würde, macht es mir durchaus etwas aus, mich in dem Umfang, den ich habe, nackt zu zeigen, mich berühren zu lassen, an Stellen wo ich mir selbst nicht mal hinfassen kann. Ich empfinde es auch als intim, wenn ich jemand Fremden gegenüber zeige, dass ich schwach und hilfsbedürftig bin, das kann ich einfach nicht bei jedem. Diesen Menschen möchte ich mir gerne aussuchen. Bei einem Hausarzt ist das möglich, bei Fachärzten oder Krankenhausärzten und /-pflegern wird das schon schwieriger.

Ich schäme mich. Ich schäme mich für mein Problem, dass ich überhaupt eins habe. Ich schäme mich für eine Krankheit. Ich schäme mich für meine Körperfülle, bei der man bei einem Arzt in der Regel tatsächlich den Stempel "fett, faul, gefräßig" bekommt, - zumindest habe ich das so bisher erlebt, obwohl ich tatsächlich zu den Menschen gehöre, die ihre Körperfülle einer Drüsenstörung verdanken (ich bin Vegetarier, habe Zöliakie und eine Fructosemalabsorbtion - ich MUSS mich also schon sehr bewusst ernähren; habe einen riesigen Garten alleine zu bewirtschaften und ein Pferd, also auch Bewegung).
Ich schäme mich insbesondere gegenüber Frauen. Ich habe gerade von sog. besten Freundinnen in meiner Jugend sehr viel Abwertung und Verletzung erlebt, das übertrage ich auf Arzthelferinnen, Krankenschwestern und Ärztinnen. Und natürlich vergleiche ich mich mit diesen.
Bspl. Zahnarzt: Ich habe keine Zahnbehandlungsphobie. Zahnarzt meide ich u.a. deshalb, weil mein ZA 2003 seine Praxis modernisierte. Während zur Zeit seines Vaters nur seine Mutter an der Rezeption saß und eine Helferin zwischen Labor und Stuhlassistenz hin und her flitzte, stockte er sein Team auf. Neben einer Rezeptionistin gibt es nun eine Prophylaxe-Assistentin, eine Labor-Assistentin und eine permanente Stuhlassistenz. Er veränderte auch seine Sitzposition. Sitzt nun nicht mehr seitlich neben dem Stuhl, sondern dahinter, so dass man fast auf seinem Schoß zu liegen kommt. Die Assistentin sitzt daneben. Sie sieht alles, sie sieht wie ich da liege, in dieser demütigenden Position, den Mund sperrangelweit auf, meine Lücken und Ruinen offenbarend... Das ist für mich einfach ein Moment in dem ich Scham empfinde. Ich komme mir in dieser Situation tatsächlich vor, wie bei einem erzwungenen Dreier.


Ich muss gestehen, dass ich jetzt an den Punkt komme, an dem mich mein eigener Thread anfängt zu stressen. Irgendwie habe ich das lauter werdende Gefühl, dass ich mich für meine Empfindungen rechtfertigen muss, dass ich auch hier diagnostiziert/kategorisiert/bewertet/abgewertet werde und nicht wirklich "gehört/gelesen" und "verstanden". Es ist sicher schwer bei all den Ambivalenzen, ich verstehe es ja auch nicht wirklich. Aber bei Durchsicht des Threads wurde mir übel und beim Schreiben kamen mir Wuttränen hoch. Ich würde den deshalb gerne für mich beenden.

Vielleicht bekomme ich ja aus anderen Threads hilfreiche Impulse.

Danke für eure Antworten.
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candle.
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 11:22

Viel dazu sagen, kann ich jetzt auch nicht, weil ich sehe, dass das sehr komplex ist.

Passiert während deiner Arbeit all das nicht?

candle
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Elfchen
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 11:50

Liebe Zuiop

Doch doch, ich kann das gut verstehen.

Wenn man ein Mutterproblem hat, kann man einfach mit Frauen allgemein ein Problem haben. Ich bin halt einfach der Typ, der sich den Ängsten und Phobien stellt. Ich mag Zahnarzt auch nicht, und gynäkologische Untersuchungen sind auch nicht mein Hobby. In diesen Situationen versuche ich, mich nicht so wichtig und ernst zu nehmen. Ich sage mir, der Zahnarzt sieht noch andere Münder, und die Gynäkologin auch.
Ich kann dir auch zu deiner Figur aus beruflicher Sicht sagen, dass man da keine Zeit hat, sich irgendwelche Gedanken zu machen. ich frage mich höchstens, ob den Leuten wohl gesundheitliche Schäden daraus entstehen. Wenn sie gepflegt sind, ist das kein Problem. Es kann der schlankeste Mensch kommen, wenn der stinkt weil er sich nicht wäscht, ist das für uns ekliger als ein fülliger Mensch. Zudem kann ich sogar sagen, dass mich frischer Schweissgeruch nicht stört, weil es einfach Situationen gibt, wo man nicht noch erst duschen kann. Nur wenn es eindeutig ungepflegt und gruusig ist, ist das für das Personal mühsam.

Ein wenig kenne ich das Problem auch aus anderen Bereichen. Zb. weiss ich nicht warum ich oft eher Schiss habe, in den Bus zu steigen, wenn eine Frau das Fahrzeug lenkt. Oder auch wenn ich an eine Pilotin denke. Wirklich keine Ahnung. Ist einfach so. Deshalb steige ich dennoch ein, versuche mich auf meine Atem zu konzentrieren.

Ich denke insgesamt, es wäre gut, wenn du dich mehr auf dich selber konzentrieren würdest in diesen Momenten. Als Theologin sagt dir sicher die Achtsamkeit etwas. Damit konnte ich mich schon oft am eigenen Schopf aus den Miseren ziehen.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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stern
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 12:42

Zuiop hat geschrieben:Ich muss gestehen, dass ich jetzt an den Punkt komme, an dem mich mein eigener Thread anfängt zu stressen. Irgendwie habe ich das lauter werdende Gefühl, dass ich mich für meine Empfindungen rechtfertigen muss, dass ich auch hier diagnostiziert/kategorisiert/bewertet/abgewertet werde und nicht wirklich "gehört/gelesen" und "verstanden". Es ist sicher schwer bei all den Ambivalenzen, ich verstehe es ja auch nicht wirklich. Aber bei Durchsicht des Threads wurde mir übel und beim Schreiben kamen mir Wuttränen hoch. Ich würde den deshalb gerne für mich beenden.

Vielleicht bekomme ich ja aus anderen Threads hilfreiche Impulse.
Nöö, Rechtfertigung soll es nicht sein... sondern vielleicht hätte sich ja eine Möglichkeit aufgetan, was du nun tun könntest, wenn es etwas greifbarer ist, was dich quält. Für mich (aber das sagt nichts ) hört es sich nicht nach "typ. Nur-Phobie" an, die man im einfacheren Fall durch bestimmte Techniken oder Konfrontation in ihrer Symptomatik abmildern bzw. beheben kann kann... sondern schon so, dass manches an Problematik dahinter steckt.

Ich habe mir lediglich die Mühe gemacht, mich einzudenken (ebenso wie andere user auch)... und finde es durchaus einigermaßen nachvollziehbar, was du schilderst, obwohl meine Ängste anders gelagert bin (natürlich bin ich kein PT. Und natürlich kann ich vielleicht nicht alles restlos verstehen... wer kann das schon... noch nicht einmal PT können das im Normalfall, da es normalsterbliche Gestalten sind).

Persönlich, verzeih, denke ich, dass ein Therapie schon hilfreich sein könnte. Denn wäre es für dich lösbar, wärst du vermutlich nicht hier. Es geht viel um Kontrolle/Autonomie und Kontrollverlust. Natürlich könnte man jetzt überlegen, wie du diese gegenüber Ärzten, etc. mehr herstellen könntest (im Kontakt)... die Frage ist: Reicht das wirklich aus, solche eher tiefersitzenden Muster zu korrigieren... ebenso wie deine Ambivalenzen und um viele Gefühle deinerseits. Eine Ambivalenz ist halt dann umso problematischer, wenn sie zur Falle geworden ist (in deinem Fall z.B. überspitzt): Hilfe geht nicht, Nicht-Hilfe aber auch nicht (bzw. ohne dich schlecht zu fühlen). In einer Therapie könnte man so etwas anschauen, falls der Therapeut eine Chance erhält.

Ansonsten bleibt ja noch, eine Entscheidung zu treffen, ob man zum Doc geht oder nicht (sofern die Gesundheit das noch hergibt)... und das zieht man dann straight durch (ohne hin und her zu überlegen). Absolut gleiche Augenhöhe wird sich in Behandlungssituationen vermutlich nicht immer herstellen lassen... aber wenn man einen guten Arzt hat, so kann TROTZDEM eine vertrauensvolle Beziehung entstehen (trotz manchen Ungleichgewichts... z.B. dass Diagnosen gut besprochen werden, du gut einbezogen wirst, usw.... aber natürlich wird der Arzt nicht sagen, erstellen sie mal ihren Behandlungsplan selbst).
Fehlversuche in der Armbeuge einfach mehr stressen, als wenn ich mit einem oder zwei schmerzhafteren Stichen schneller zum Erfolg komme; man signalisierte mir jedesmal, dass ich mich anstelle, keine Ahnung hätte...).
Ob man überall anzapfen kann, weiß ich fachlich nicht... aber wenn du hörst, dass du dich anstellst, wie reagierst du dann? Wenn ein Arzt blöde Sprüche platziert, muss ich halt abwägen, ob ich dort gut aufgehoben bin. Es gibt auch Helferinnen bzw. Ärzte, die verstehen, dass man Angst hat. Als ich einen Arzt mal wieder überzeugen wollte, von einer Blutabnahme Abstand zu nehmen , bot er sogar an, er könne das auch selbst veranlassen, wenn ich das besser finde (das ist bei mir nicht der Punkt... aber ich ich merke auch oft Entgegenkommen, was im Zweifel ja allen Beteiligten lieber ist, wenn das gut von der Bühne geht. Sicherlich nicht immer...).

Manche Situation lässt sich vielleicht verbessern, wenn man es anspricht (z.B. Sitzposition)... aber natürlich kann ein Forum dir deine Schamgefühle nicht einfach so nehmen. Und vielleicht hängt ja manches mit der Mutterproblematik zusammen. Das musst du halt abwägen, ob du dich alleine, mit Hilfe eines Forums, deiner Supervision oder Freunden/Bekannten oder mit Hilfe eines Profis oder überhaupt nicht auseinandersetzt.
Liebe Grüße
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pandas
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 13:34

Ich gehe auch ungern zum Arzt, jedoch hat sich dies glücklicherweise nie zu einer Phobie entwickelt in dem Sinn, dass ich über ein so lange Zeit NICHT zum Arzt gehen kann, wie sogar nicht zu mE recht sinnvollen (von der KK netterweise und fachlich notwendig bezahlten) Vorsorgeuntersuchungen wie Gyn und Zahnarzt.
Wobei ich in meinem Gesamtleben ab 19 Jahren ab und an Phasen hatte, wo ich auch über die Zeitabstände der Vorsorgeuntersuchungen gekommen bin, wie Zahnarzt und Gyn, aber das hatte sich nie so extrem eingeschliffen und heute ist es komplett weg.
Manche Sachen wie gute Orthopädie mit entsprechende Massnahmen habe ich dadurch auch leicht spät gefunden, aber nun ist das auch da.
Auch bin ich relativ spät in psychotherapeutische Behandlung gegangen, und hatte in dieser auch Irrwege bis ich bei meinem jetztigen (vierten) Therapeuten angekommen bin, bei dem alles sehr stimmig ist für mich.

Diese Suchen sind mir schwer gefallen und so auch jeder terminierte (und unterminierte) Gang zum Arzt, und ein wenig wird es öfter nach hinten geschoben, aber nie über das Zeitlimit.

Die Ursache liegt bei mir in der Angst vor körperlichen Nähe, als auch, eigentlich relativ knapp, aber möglichst präzise über den Körper Auskunft zu geben. Bei Ärzten Personen, die ich durchschnittlich einmal im Jahr sehe; und da ich, um das Problem anzugehen, optimale Ärzte gesucht habe (und mittlerweile) gefunden, mitunter auch völlig fremden Personen, die (-welche dann von mir aus der Lste gekippt sind-) auch mal eher barsch sind.
Für mich hat das was sehr intimes von meiner Seite; dies ist mir ausgesprochen unangenehm, faktisch zwinge ich mich zu den Arztbesuchen und bin danach auch sehr erschöpft (sie waren in der Regel nicht körperlich faktisch erschöpfend).
Was mir dabei hilft: Der Boni. Ich habe meinem Körper und mir dennoch damit etwas gutes getan. Und das ist ja auch spürbar.
Übrigens, diese Angst/Abwehr von Intimität betrifft bei mir keineswegs v.a. Gyn und ZA (wo es faktisch körperlich intim ist), sondern auch Augenarzt etc.
Bei meinem durchtrainierten, aber wunderbar brillanten Orthopäden kommt hinzu, dass ich mich vor ihm in der Tat etwas für meine körperliche Imperfektion und leichter Sportphobie (habe es ja nun endlich geschafft, seinen Tipp zu Rehasport zu befolgen) geniere;
auch hier hilft: Sich dessen bewusst sein, und mir sagen: Aber er hilft mir ja.

Zur Todesangst: Dies ist für mich eher ein Grund, ZUM Arzt zu gehen als nicht. Aber natürlich hinterher die Empfehlungen etc. kritisch zu reflektieren, nicht alles, was der Arzt empfiehlt, ist wirklich förderlich.
Deshalb gibt es auch eine Sorte Arzt, zu der ich wohl nimmermehr gehen werde: Den Psychiater.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Peonia
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 14:25

Hallo Zuiop,

ich hatte gelesen, dass Du Frauen gegenüber eine gewisse Stutenbissigkeit an den Tag legst, so dass ich mir gedacht habe, dass ich nun in diesem Forum die letzte bin, die Dir schreiben sollte. Da mich aber Dein Eingangspost sehr berührt hat und auch Dein letzter, in dem ich von Wuttränen gelesen habe, greife ich jetzt doch noch in die Tasten - hier in Deinem Thread, da Du anscheinend keine PNs bekommen möchtest.

Es liegt mir fern, Dich zu diagnostizieren, da mir dafür das Wissen fehlt. Ich habe mittlerweile einiges an Therapieliteratur gelesen, aber das hilft mir maximal mich zu verstehen und das, was in meiner Therapie passiert.

Ich habe vor über einer Dekade mit einer anderen Angst gerungen und auch ich konnte nur schwer Hilfe annehmen, bin heute aber froh, dass ich es gemacht habe, sonst wäre ich heute wohl nicht Mutter.Ich bin damals von jemandem, der mich sehr liebt, aufs Kreuz gelegt worden, um Hilfe anzunehmen und dafür konnte ich denjenigen heute noch schlagen - und küssen.

Wenn ich mir das durchlese, was Du schreibst, so sehe ich einen äußeren und einen inneren Konflikt. Mir wäre es wohl auch zu peinlich, als Pfarrerin zu den örtlichen Ärzten zu gehen - Schweigepflicht hin oder her. Wenn Du im ländlichen Raum arbeitest, dann ist schon der schlichte Besuch einer Arztpraxis durch die Frau Pfarrerin ein berichtenswertes Ereignis und dann will auch herausgefunden werden, warum. Die Mutter einer Freundin wusste vor dem Ehemann dieser Freundin, dass Nachwuchs unterwegs ist, weil die Praxis ein "Leck" hatte.
Dem könntest Du Dich durch entsprechend lange Anfahrtzeiten zu einem Arzt entziehen, nervig, aber möglich. So wie Du Dich liest hättest Du diese äußere Problem genauso gelöst, wenn es das einzige wäre.

Bleiben also die inneren Probleme, die Scham, das Misstrauen, der Wunsch nach Kontrolle und Autonomie, die Angst vor Intimität. Ersetze Scham durch Schuldgefühl, Misstrauen durch Stolz, Intimität durch Bedürftigkeit und den Wunsch nach Kontrolle und Autonomie kannst Du stehen lassen, dann hast Du meine Abwehrkette.
Ich bin damals zu meinem Glück gezwungen worden und war in der ersten Therapiezeit einfach nur eklig. Es hat meine Thera wenig beeindruckt, mir hat es schlussendlich geholfen. Ich wünsche Dir sehr, dass Du auch Hilfe findest und annehmen kannst. Auch eine Pfarrerin darf das.

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Beitrag Fr., 01.08.2014, 16:55

Als Dorfpfarrerin würde ich vermutlich auch nicht zum Psychotherapeuten in die Praxis neben meiner Pfarrei gehen... sondern etwas Fahrtweg in die nächstgrößere Stadt in Kauf nehmen, um anonymer zu bleiben (ich bin zwar keine Pfarrerin, aber ich wohne auch eeeher ländlicher, sag' ich mal ).

Und Schamgefühle: Na, klar, je nach Patient kann es die geben, keine Frage! Ist halt die Frage, ob man sagen kann: Augen zu und durch, dem muss/will ich mich jetzt stellen... oder ob man sich deswegen diverse Vermeidungsmöglichkeiten um sich herum aufbaut, obwohl es bereits brennt (und man keine andere Möglichkeit wahrnehmen kann)... oder ob man schaut, ob man sich helfen lässt... oder allein bzw. im Kontakt mit anderen nach Möglichkeiten sucht. Die Entscheidung wird dir niemand abnehmen können.

Öhm, ich möchte nicht behaupten, dass ich dzt. behandlungsmäßig gesehen up-to-date bin (also ich habe mir letztens auch mal eine Liste angelegt, was schlichtweg mal ansteht... anstehen muss, dass mal wieder alles auf dem Laufenden ist). Aber zu echt nötigen Untersuchungen/Eingriffen habe ich mich im Normfall bisher irgendwie durchringen können (ich denke mir dann halt: muss halt sein)... und bin sehr froh darum. Wie gesagt, anders gelagert als bei dir... aber ich wage zu sagen: Je länger man etwas umgeht, desto zunehmend schwerer wird der nächste Schritt im Normalfall. Ängste zu überwinden (Scham wohl genauso). Egal worum es geht. Nicht nur beim Arzt. Aber dort ist es dann vielleicht keine Mini-Füllung mehr, die ausgetauscht werden müsste. Sondern dann sind es vielleicht auf einmal gleich 2 Füllungen (zunehmende Tendenz je mehr Zeit verstrichen ist), was Ängste/Scham ja per se potenzieren kann. Man fragt sich dann vielleicht umso mehr, warum man nicht eher gegangen ist, usw. Oder man kommt dann vielleicht in Erklärungsnot, was denn vorher für Medikamente für chronische Krankheit xy verschrieben wurde bzw. Verwunderung, wenn man sagt dass man nicht in Behandlung war. Leichter wird es also nicht unbedingt, je mehr Zeit ins Land zieht.

Wie gesagt: Natürlich gibt es als Behandler auch schräge Vögel... aber es ist ja gar nicht gesagt, dass sich ein Behandler überhaupt großartiges denkt, wenn er ein Gebiss sieht. Er sieht den Tag nichts anderes... für ihn kann es genauso schlichtweg Routine sein, egal ob es um das Gebiss/Mund der Pfarrerin geht, um den Bankdirektor, den Schuldirektor, der Hausfrau oder den Hausmeister xy. Also für einen Arzt, der den ganzen Tag nichts anders sieht, ist ein Mund eher keine Sensation mehr, möchte ich annehmen.

Und als Patient kann man sich auch ein Bein stellen, wenn man eigene Befürchtungen auf den Behandler projiziert à la: Der Arzt denkt bestimmt, dass ich (...) Solange man nicht weiß, was der Arzt wirklich denkt, kann diese Befürchtung nämlich schlichtweg Projektion sein. Und je mehr man sich das ausmalt, um so mehr kann dann auch im Weg stehen, wenn man denkt: Der Zahnarzt denkt jetzt bestimmt ich bin inkompetent und lacht mich aus, usw. Und ich gebe daher zu bedenken: So muss es ja nicht kommen. Sondern das kann ja mitunter auch eher eigene Befürchtung sein.

Und wenn es mit Frauen so gar nicht funktioniert, dann eben schauen, dass man einen Arzt erwischt (ist natürlich mit mehr Bemühungen verbunden... aber so ist dann halt).
Liebe Grüße
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