Ist Psychotherapie eine Heilmethode? (aus: Emot.Entt.)

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max35
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Beitrag Di., 06.01.2009, 00:43

Gärtnerin hat geschrieben: In der Klinik, in der ich war, wurden im Rahmen der Qualitätssicherung bei der Entlassung Patientenfragebögen ausgeteilt, anhand derer man den Erfolg des Aufenthalts bewerten sollte. Leider hat man danach nie wieder von der Klinik gehört. Hätte man diese Befragungen nach einem halben Jahr oder einem Jahr wiederholt, wäre vielleicht ein wirklich objektives Ergebnis über die längerfristige Therapiewirksamkeit herausgekommen. Aber das schien wohl nicht erwünscht zu sein?
Wenigstens ist das irgendeine Form von Qualitätssicherung.
In einer PT gibt es zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Fragebogen. Und da wundert mich das wenig, weil das Ergebnis aufgrund der angewendeten Methodik bei Angst/Depression mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verheerend ausfallen würde.

Ich bin nach wie vor der Ansicht, daß hier einiges unter den Teppich gekehrt werden soll. Leider zum Leidwesen der meisten Klienten, die als Versuchskaninchen fungieren. Wenn es klappt, beschwert sich niemand und wenn es nicht klappt, dann hätte es nur Gewicht, wenn der Therapeut es kritisch sieht.

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max35
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Beitrag Di., 06.01.2009, 00:49

Aditi hat geschrieben:also reden wir nicht von fiktiven sachen, sondern klartext!
meine symtome z.b.:
schlafstörungen, sodbrennen täglich bis zum erbrechen, unerträgliche kreuzschmerzen bis zur bewegungsunfähigkeit, schweißausbrüche, appetitlosikeit, selbsthass, helfersyndrom . . .

welche symptombehandlung schlägt ihr vor?

aditi
Hast Du Dich schon mal körperlich durchchecken lassen ?
Und vor allem: Wie gehst Du mit Deinem Körper im allgemeinen so um (bzw. bist Du umgegangen ...) ?

Was ist ein Helfersyndrom genau ?
Mir wurde einmal in einer PT unterstellt, daß ich mit einem solchen keine Frau finden würde. Ein paar Monate nach dieser Therapie hatte ich eine Freundin.
Im Grunde genommen hat heute jeder ein Helfersyndrom, der nicht zum absoluten Egoisten mutiert. Es gibt Leute, die meinen, man könnte dazu auch sagen, daß man sowas wie Rückrat hat. Und daran kann ich eigentlich nichts Schlechtes findet, auch wenn einem bewußt sein muß, daß man nur helfen kann, wenn man sich auch selbst hilft.

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max35
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Beitrag Di., 06.01.2009, 01:16

MinaM hat geschrieben: Ich würde sagen es ist derzeit gar nichts anders möglich als Symptombehandlung.
Das ist jedenfalls in der Medizin so. Und wie es sich abzeichnet, wahrscheinlich aus in der PT, Eine grundlegende Heilung gibt es nicht. Andererseits kann man natürlich sagen, dass das lindern von Symptomen oder ihr vollständiges beseitigen, dass ist was „Heilung“ durchaus recht nahe kommt.

Und wenn du eine Allergie hast, ist das Vermeiden der allergieauslösenden Substanz quasi auch ein symptomatisch vorgehen. Warum ausgerechnet du auf etwas allergisch reagierst und ein anderer nicht, das ist ein Rätsel (die Ursache)
Aber die Lösung ist trotzdem einfach: die entsprechende Substanz meiden.

lg
MinaM
Naja, da muß ich schon ein wenig widersprechen .

In der Medizin ist schon einiges heilbar. Zumindest in dem Sinne, was man unter Heilung im allgemeinen versteht.
Früher wären z.B. Leute an durch Bakterieninfektionen enstandene Krankheiten gestorben - heute sind diese Krankheiten heilbar.
Bei Vireninfektionen gebe ich Dir z.B. recht - da gibt es bis heute fast nichts, außer symptomatische Behandlung.

Gerade das ist aber auch aus medizinischer Sicht ein gutes Beispiel dafür, daß sich der Körper und auch die Psyche schon in hohem Maße selbst helfen kann (wie hier schon angesprochen).
Doch auch da geht die Tendenz in den PTs in Richtung:
a) sie sind auf jeden Fall mal krank
b) sie brauchen einen Experten, sonst werden sie nie gesund
c) wenn sie nicht das tun, was der Experte sagt, dann können sie nie gesund werden

Gerade bei psychischen Problemen zeigt sich immer wieder, daß der Mensch oft schlimmste Erlebnisse selbst verarbeiten kann. Und wieder: Daß eben Beschäftigung damit sogar kontraproduktiv ist.
Für mich ist z.B. absolut nachvollziehbar, warum ich nach einem Flugzeugabsturz nicht jahrelange psychische Betreuung brauche.
Heute wird das überall zum Evangelium gemacht.
Die Fritzl-Kinder werden aus der Gefangenschaft befreit, damit sich kurz darauf wieder in psychologische kommen. Da wird dann von den Experten nur darüber diskutiert, wie lange es dauert, bis man alle wieder psychologisch "gerade" gebogen hat. Ob diese oder jene Methode gut oder schlecht ist, weiß aber heute in Wahrheit kein Mensch und die Leute werden auch nicht danach gefragt.
Wenn ich heute sowas lese, geht mir immer der Hutkragen hoch, weil die sogenannten Experten eigentlich nur wissen, daß sie genau gar nichts wissen. Niemand kann heute sagen, wie sich diese Kinder entwickeln werden, aber die Experten plustern sich alle auf und geben vor, was zu tun ist.
Genau daselbe mit sogenannten psychologischen Gutachten: Da gibt es Experten, die mit solchen "fundierten" Gutachten Leute unschuldig hinter Gitter bringen (Namen nenne ich hier keine, aber es gab in Österreich vor kurzem einen Fall, der genannte darf auch noch in den nächsten 10 Jahren weiter begutachten) und Straftäter, die wieder ihr Unwesen treiben dürfen, weil ein Experte befunden hat, daß wieder alles in Ordnung ist etc. etc.

Wie ich schon öfter sagte - ich finde sowas höchst bedenklich und vieles schreit förmlich nach Kontrolle.


Jenny Doe
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Beitrag Di., 06.01.2009, 06:40

Hallo Max,
Ich hatte irgendwie den Eindruck, daß es da - so kindisch es auch klingt - nur darum ging, recht zu haben. Um jeden Preis und auch um den, dem Klienten seine Empfindung abzusprechen.
Ich glaube, dass Therapeuten das, was sie in ihrer Therapie tun, sagen und anwenden, selber glauben und davon überzeugt sind, dass das der richtige Weg ist. Scheitert eine Therapie oder schadet die Therapie dem Klienten, dann liegt die Schuld in ihren Augen beim Klienten - nicht die Methode, von der der Therapeut überzeugt ist, ist falsch, sondern der Klient ist halt nur nicht therapiefähig, bemüht sich nicht genug, will gar nicht geheilt werden, ... (Und klienten glauben das, und vermitteln das auch so an andere Klienten weiter, die über iihre Therapie klagen).
Die Gefahr an einer solchen Überzeugung, und auch Selbstüberzeugung, ist, dass man Fehler bei sich selbst nicht sieht, dass man das, was man tut, die Methoden, die man anwendet und das, an was man selber glaubt, nicht hinterfragt, sondern die Schuld bei Klienten sucht.

Dass das so ist, hat mit meine eigene Therapiekarriere bei mehreren Therapeuten gezeigt. Ich habe sämtliche Therapierichtungen kennengelernt: PA, GT, VT, Tiefenpsychologisch fundierte sowie sämtliche nicht kassenzugelassene Therapienformen (wie Atemtherapie usw.). Obwohl sich die Theorien und Methoden der einzelnen Therapierichtungen zum Teil gravierend voneinander unterscheiden und sich auch widersprechen (z.B. hinsichtlich der Frage nach der Ursache der Symptome des klienten - man vergleiche da nur mal die PA mit der VT), waren alle Therapeuten von ihrer Methoden, ihren Interpretationen und von sich selbst fest überzeugt. Schon 1994 schrieb ich in mein Tagebuch: "Tausend Therapeuten, tausend Interpretationen" - und jeder Therapeut hält seine Interpretation für die einzig richtige.

Ich habe mich vor einigen Monaten mit einer Bekannten unterhalten, die gerade ihre Therapieausbildung abgeschlossen hat. Ich habe sie gefragt, warum sie sich zur Ausbildung zur Gespaltpsychologin entschieden hat. "Sie sei von dieser Therapierichtung überzeugt, sie hält sie für die effektivste", erklärte sie mir.

Viele Grüße
Jenny
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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Aditi
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Beitrag Di., 06.01.2009, 11:24

max35 hat geschrieben:Hast Du Dich schon mal körperlich durchchecken lassen ?
hallo max35!

aber freilich habe ich mich körperlich durchchecken lassen. die tbl., salben, mittelchen der schulmedizin blieben allerdings wirkungslos.
ich begab mich in therapeutische behandlung, machte ursachenforschung und alle meine symptome sind seither verschwunden.
ich möchte noch betonen, dass in meinem fall ICH es bin, die gerne die ursachen wissen will, nicht meine therapeutin.
mlg
aditi

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Gärtnerin
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Beitrag Di., 06.01.2009, 11:46

max35 hat geschrieben: Was mich bei allen Therapien erstaunt hat war, daß auf meine Entscheidung bezüglich des Therapieabbruches mit Verwunderung reagiert wurde. (...)
Ich hatte irgendwie den Eindruck, daß es da - so kindisch es auch klingt - nur darum ging, recht zu haben. Um jeden Preis und auch um den, dem Klienten seine Empfindung abzusprechen.
Diese Erfahrung habe ich auch schon gemacht, auch wenn es bei mir nicht um einen Abbruch ging, sondern nur um einen Therapeutenwechsel. Da wurde mir prophezeit, dass es bei einem anderen Therapeuten auch nicht besser laufen würde. Schließlich war ja nicht der Therapeut das Problem, sondern ich... Zum Glück hat sich diese Prophezeiung nicht bewahrheitet.

Um diese meine Erfahrung aber in den richtigen Rahmen zu stellen: Es war nur einer meiner fünf Therapeuten, der so reagiert hat. Die anderen vier haben mich immer dabei unterstützt, meinen eigenen Weg zu gehen.

Und um auf wieder den Titel dieses Threads zurückzukommen: Ist Psychotherapie eine Heilmethode? Ich weiß nicht, ob man damit weiterkommt, verschiedene Methoden in großen Studien auf ihre Wirksamkeit zu testen. Meine Erfahrungen gingen immer dahin, dass Therapie umso hilfreicher war, je weniger sie sich auf spezielle Methoden stützte. Daraus kann man aber auch nicht schließen, dass Psychotherapie in jedem Fall überflüssig ist, weil sich der Klient ohnehin selber heilt. Natürlich tut er das, aber manchmal braucht er dazu eben Begleitung, Unterstützung, evtl. vorübergehend auch Medikamente.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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max35
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Beitrag Di., 06.01.2009, 21:51

Jenny Doe hat geschrieben: Ich glaube, dass Therapeuten das, was sie in ihrer Therapie tun, sagen und anwenden, selber glauben und davon überzeugt sind, dass das der richtige Weg ist. Scheitert eine Therapie oder schadet die Therapie dem Klienten, dann liegt die Schuld in ihren Augen beim Klienten - nicht die Methode, von der der Therapeut überzeugt ist, ist falsch, sondern der Klient ist halt nur nicht therapiefähig, bemüht sich nicht genug, will gar nicht geheilt werden, ... Jenny
Meine ist sicher bis heute davon überzeugt, daß das, was sie tut, einen Sinn ergibt.
Wobei es Therapeuten gibt, die der Ansicht sind, daß die Methode bei dieser Indikation nichts bewirkt.
Wenn ich gewußt hätte, wie die Methode funktionieren soll, dann hätte ich die Therapie nie begonnen. Nur hatte ich das Problem, das viele zu Beginn haben: Sie hat es so erklärt, daß es ohnehin kein Mensch verstanden hat. Heute kommen mir diese Aussagen überhaupt wie ein Brocken von künstlich ins pseudointellektulle konstruierte Beschreibungen vor.
Wie auch immer: Mir hat sie eigentlich (jedenfalls nicht mir gegenüber und hochoffiziell) die Schuld gegeben. Das wäre allerdings auch schwer möglich gewesen, da ich ihr die Sachlage präzise und knapp ganz klar dargelegt habe (nämlich, warum ich abbreche) - und dem hatte sie argumentativ dann im Grunde nichts mehr entgegenzusetzen.
D.h. sie hat mir im Grunde zugestimmt, war aber andererseits offenbar doch dafür, daß man weitermacht. Was irgendwie ein wenig schizophren war.

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max35
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Beitrag Di., 06.01.2009, 21:53

Aditi hat geschrieben:
hallo max35!
aber freilich habe ich mich körperlich durchchecken lassen. die tbl., salben, mittelchen der schulmedizin blieben allerdings wirkungslos.
ich begab mich in therapeutische behandlung, machte ursachenforschung und alle meine symptome sind seither verschwunden.
ich möchte noch betonen, dass in meinem fall ICH es bin, die gerne die ursachen wissen will, nicht meine therapeutin.
mlg
aditi
Tut mir leid, dann habe ich Dich da wohl etwas mißverstanden.
Ich dachte, Du hättest die Symptome noch und fragst hier nach eventuellen Hilfemöglichkeiten.

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max35
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Beitrag Di., 06.01.2009, 22:16

Gärtnerin hat geschrieben: Meine Erfahrungen gingen immer dahin, dass Therapie umso hilfreicher war, je weniger sie sich auf spezielle Methoden stützte.
Warum das so ist kommentiere ich hier lieber nicht .
Ich sage es mal so: Wenn ich mir eine Therapie aussuchen würde, dann auch keine, die irgendeiner der aktuellen Methoden folgt (sprich die anerkannt sind).
Was allerdings NICHT heißt, daß diejenige, die ich aussuchen würde, keinem Grundprinzip folgen würde.
Konkret heißt das: Ich würde eine Therapie ablehnen, die Beschäftigung mit Angst bedeutet und nicht dem Grundprinzip folgt, sich nicht mit ihr zu beschäftigen. Das würde natürlich schon dem finanziellen Interesse der Therapeuten entgegenstehen. Was mir aber egal wäre, da es ja darum geht, daß geheilt wird und nicht, daß jemand finanziert wird (hier im Forum gibt es ja beinhahe täglich Beispiele, wo auf 10km Entfernung erkennbar ist, daß der Therapeut in erster Linie finanzielle Interessen hat - muß mich da immer sehr zusammenreißen, nichts zu schreiben, obwohl die Klienten diesbezüglich an Naivität (bzw. vielleicht schon Abhängigkeit) schwer zu übertreffen sind.
Es gibt da übrigens einige wenige Therapeuten, die da mittlerweile umdenken (hatte nämlich Gelegenheit, vor kurzem mit einer zu reden - die sieht da einiges ähnlich wie ich) - das finde ich erfreulich.
Stell Dir mal vor, eine Angsttherapie beginnt so:
1.) Beschäftigen Sie sich möglichst wenig mit ihrer Angst
2.) Schreiben sie in keinen Angstforen mehr
3.) Kaufen oder lesen sie keine Angstbücher mehr (ui -da würde ja der Umsatz der Verfasser wegbrechen.... )
usw. usw.
Gärtnerin hat geschrieben: Daraus kann man aber auch nicht schließen, dass Psychotherapie in jedem Fall überflüssig ist, weil sich der Klient ohnehin selber heilt. Natürlich tut er das, aber manchmal braucht er dazu eben Begleitung, Unterstützung, evtl. vorübergehend auch Medikamente.
In jedem Fall sicherlich nicht.
Aber so wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt wird (nämlich als notwendig und unersetzlich) ist sie sicher auch nicht. Dort verursacht sie nämlich in etlichen Fällen genau das, für dessen Heiling sie eigentlich angetreten ist (das Beispiel Angst und Depression will ich nicht mehr strapazieren - wie gesagt, ich bin der Überzeugung, daß es SO niemals klappen kann, was hier derzeit Standard ist).
Und für einen der Kernpunkte der Therapie hielte ich es, dem Klienten zu vermitteln, daß ER es in der Hand hat. Wenn ich hier oft so lese, dann habe ich aber den Eindruck, daß manche ohne PT nicht mal mehr alleine aufs Klo gehen können. Und das zu verhindern ist Sache des Therapeuten - das blöde daran ist eben oft, daß dieses Therapieziel nicht mit dem finanziellen Ziel des Therapeuten vereinbar ist.
Denn je kürzer eine Therapie ist und desto mehr ein Klient auf eigenen Beinen steht, desto weniger verdient er. Auch wieder so ein Argument für mehr Kontrolle ,

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DieNeugierde
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Beitrag Mi., 07.01.2009, 10:15

Hallo Max,
ich gebe dir damit grundsätzlich schon recht (finanzielle Absichten, ...), aber ich muss an dieser Stelle trotzdem anmerken, dass es nicht nur SOLCHE Therapeuten gibt.
Meine Therapeutin sagt mir beinahe jede Stunde, dass sie nicht mein Leben ändern kann - das muss ich alleine machen und vieles wird nur über ausprobieren funktionieren. Vieles wird nur klappen, wenn ich etwas versuche, was nicht meinen Mustern entspricht. Und bei allem, was sie mir vorschlägt, sagt sie immer dazu, dass im Endeffekt ICH entscheiden muss, ob ich es so machen will oder nicht - sie ist nicht der Chef in meinem Leben.

Und zum Thema Therapieende... ICH bestimme, wenn die Therapie vorbei ist - nicht die Therapeutin.
Und bzgl. "finanzielle Absichten": meine Therapeutin hat mich nach einigen Monaten Therapie gefragt, ob ich es mir zutraue, nur mehr alle 3 Wochen zu kommen... denn sie traut es mir zu. Das war ein Angebot von IHR, vollkommen ohne Drängen, entschieden hab es im Endeffekt ich - doch wäre sie nur geil aufs Geld, hätte sie mich wohl weiterhin jede Woche kommen lassen.

Nochmal: Max, ich geb dir PRINZIPIELL recht... ich wollte nur mal anführen, dass es auch andere Beispiele gibt.

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quovadis
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Beitrag Mi., 07.01.2009, 13:03

Jenny Doe hat geschrieben: Ich glaube, dass Therapeuten das, was sie in ihrer Therapie tun, sagen und anwenden, selber glauben und davon überzeugt sind, dass das der richtige Weg ist. Scheitert eine Therapie oder schadet die Therapie dem Klienten, dann liegt die Schuld in ihren Augen beim Klienten - nicht die Methode, von der der Therapeut überzeugt ist, ist falsch, sondern der Klient ist halt nur nicht therapiefähig, bemüht sich nicht genug, will gar nicht geheilt werden...
Mal ganz abgesehen von der Wirksamkeit verschiedener Therapieformen und deren richtiger Anwendung im individuellen Fall, kann ein Therapeut genau durch dieses Verhalten seinem Patienten erheblichen Schaden zufügen. Die Wirksamkeit einer Psychotherapie beruht doch auf der Grundlage von Vertrauen, ohne das kaum erfolgreich Einfluss auf innere Strukturen genommen werden kann. Wenn eine Therapie – aus welchen Gründen auch immer - nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hat, ist das für den Patienten schon hart genug. Da braucht es keinen Therapeuten, der sich beispielsweise aus Angst vor der eigenen Unzulänglichkeit und deren möglichen Folgen, Selbstüberschätzung, Ignoranz oder Eigensinn am Ende der Therapie gegen den Patienten wendet. Ein solches Verhalten ist nicht nur menschlich die totale Enttäuschung, sondern aus meiner Sicht hochgradig unprofessionell. Damit werden für mich als Patienten die während der Therapie erarbeiteten positiven Inhalte – die ja nur auf der Basis gemeinsamen Vertrauens entstehen konnten – auf einmal völlig in Frage gestellt.

Gruß
quovadis

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Beitrag Mi., 07.01.2009, 18:53

max35 hat geschrieben:
Gärtnerin hat geschrieben: Meine Erfahrungen gingen immer dahin, dass Therapie umso hilfreicher war, je weniger sie sich auf spezielle Methoden stützte.
Warum das so ist kommentiere ich hier lieber nicht .
Ich sage es mal so: Wenn ich mir eine Therapie aussuchen würde, dann auch keine, die irgendeiner der aktuellen Methoden folgt (sprich die anerkannt sind).
Oh, ich glaube, ich habe mich da falsch ausgedrückt. Ich meinte eigentlich nicht, dass in den von mir als hilfreich empfundenen Therapien keine Methoden angewandt wurden. Sicher hat jeder Therapeut in seiner Ausbildung verschiedene Methoden gelernt und arbeitet auch damit. Ich meinte nur, dass im Mittelpunkt immer der Klient stehen sollte und nicht die Methode, also dass der Therapeut flexibel genug ist, sich auch einmal von seiner Methodik zu lösen.
quovadis hat geschrieben:Die Wirksamkeit einer Psychotherapie beruht doch auf der Grundlage von Vertrauen, ohne das kaum erfolgreich Einfluss auf innere Strukturen genommen werden kann.
Richtig. Und auch wenn dieser Thread etwas anderes zu vermitteln versucht, gibt es sie tatsächlich noch, die guten Therapien, in denen genau diese Vertrauensbasis besteht. Zum großen Glück sind nicht ALLE Therapeuten geldgeile, ignorante, selbstherrliche A****löcher mit Helfersyndrom!
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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quovadis
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Beitrag Do., 08.01.2009, 11:08

Gärtnerin hat geschrieben: Ich meinte nur, dass im Mittelpunkt immer der Klient stehen sollte und nicht die Methode, also dass der Therapeut flexibel genug ist, sich auch einmal von seiner Methodik zu lösen.
Schön wär's. Das sollte man besonders denen sagen, die sich als Analytiker bezeichnen.
Gärtnerin hat geschrieben: Richtig. Und auch wenn dieser Thread etwas anderes zu vermitteln versucht, gibt es sie tatsächlich noch, die guten Therapien, in denen genau diese Vertrauensbasis besteht. Zum großen Glück sind nicht ALLE Therapeuten geldgeile, ignorante, selbstherrliche A****löcher mit Helfersyndrom!
Das Blöde ist nur, dass sich ausgerechnet meine Therapeutin am Ende meiner Therapie auf einmal wie ein gemeines Biest benommen hat. Da ich sehr lange bei ihr war, sie sich immer verständnisvoll zeigte und ich sie richtig mochte, kann ich das nicht einfach mal so wegstecken. Das wird durch meine innere Problematik leider noch erschwert.

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Beitrag Do., 08.01.2009, 11:57

max35 hat geschrieben:
Was ist ein Helfersyndrom genau ?.
Ein Helfersyndrom ist, wenn jemand hilft weil er zB den beholfenen emotional an sich binden will und ihn dazu benutzt seine eigene psychische Befindlichkeit zu stabilisieren.

also Helfen aus egoistischer Motivation, nicht weil es Befriedigung verschafft daß es dem ANDEREN besser geht.


Jenny Doe
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Beitrag Do., 08.01.2009, 12:21

Hallo quovadis
Die Wirksamkeit einer Psychotherapie beruht doch auf der Grundlage von Vertrauen, ohne das kaum erfolgreich Einfluss auf innere Strukturen genommen werden kann.
Das steht aber im Widerspruch zu einer kürzlich durchgeführten Studie zur Online-Psychotherapie:
Schneller zum Kern der Probleme

Schrieken hat mit demselben Therapieplan Traumapatienten sowohl übers Internet als auch im persönlichen Gespräch behandelt und festgestellt: "Bei "Interapy" kommen sie oft schneller auf den Kern ihrer Probleme als im Gespräch." Das Ergebnis beider Therapien sei etwa gleich, aber im Internet stelle sich der Erfolg schneller ein. Die Schwelle, die vor der Therapie überwunden werden muss, sei geringer als bei der Behandlung von Angesicht zu Angesicht. "Das ganze soziale Ritual, um Vertrauen aufzubauen, entfällt."
(...)
Quelle: Computer statt Couch
Psychotherapie übers Netz
Mittwoch, 19. März 2008
http://www.n-tv.de/936071.html

Zum anderen helfen bei diversen Störungen auch Kurzzeittherapien, also Therapien, bei denen gar keine Zeit für einen Vertrauensaufbau bleibt.
Also kann Vertrauen keine notwendige Vorraussetzung für den Erfolg für eine Psychotherapie sein.

Wenn in einer Therapie die falschen oder gar schädigende Methoden angewendet werden, dann erleidet der Klient Schaden, eine Fortschritt wird verhindert, ... , auch dann, wenn der Klient seinen Therapeuten über beide Ohren liebt und ihm vertraut.

Damit sind wir eigentlich wieder bei dem Thema, von dem dieser Thread abgetrennt wurde, nämlich beim Thema "Beziehung zum Therapeuten" und was daran alles fest gemacht wird, sogar ein Therapieerfolg.

Ich persönlich kann dieser Meinung nicht zustimmen. Bei mir war es nicht das Vertrauen, sondern die Methoden der Therapeutin, die mir geholfen haben. Die Beziehung zu meiner Therapeutin war für mich zweitrangig, eben weil für mich Therapie das ist, was sie ist, nämlich eine Arbeitsbeziehung und kein Liebesverhältnis.

Somit scheint auch hier zu gelten: Was dem einen hilft, hilft nicht zwangsläufig auch dem anderen.

Viele Grüße
Jenny
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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