Was versteht man unter 'psychisch vollständig gesund'?

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.
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Thread-EröffnerIn
Kyo
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Was versteht man unter 'psychisch vollständig gesund'?

Beitrag Mi., 26.12.2007, 18:38

Die Frage ging mir schön des Öfteren durch den Kopf.

Wie würde ein Fachmann auf dem gebiet der Psychologie einen gesunden Menschen beschreiben?

Welche Eigenschaften und Verhaltensweisen würde man ihm zuschreiben?

Ich meine, es gibt ja für alle Störungen bestimmte Kriterien die erfüllt sein sollen. Gibt es auch Kriterien für den gesunden Geisteszustand?

Falls ich die Frage im falschen Bereich gestellt hab, einfach verschieben

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comus
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Beitrag Mi., 26.12.2007, 19:12

Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert Gesundheit so:
„Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht die bloße Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen.“
Gerade für den psychischen Bereich ist das eher unhaltbar, da es einen Zustand beschreibt der dem Menschen ohnehin nur sporadisch gelingen kann. Man kann nur versuchen dem Begriff der Gesundheit nahe zu kommen.
Gibt es auch Kriterien für den gesunden Geisteszustand?
Das fehlen von psychischen Störungen
Und für eine psychische Störung müssen gewisse Kriterien erfüllt sein, ein Leidensdruck vorhanden sein, ein Versagensgefühl, die Beziehung zu anderen Menschen ist beeinträchtigt, etc.

Daher m.E. psychisch gesund ist der, der sich gesund fühlt und auch von seiner Umwelt so wahrgenommen wird.

LG, comus

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heaven
Helferlein
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Beitrag Mi., 26.12.2007, 20:05

Jemand sagte mal:
"Nach der Therapie ist man genauso normal wie vorher nur man leidet nicht mehr darunter."

LG
heaven
Die Menschen sollen nicht von uns fasziniert sein sondern von dem der in uns wirkt.
Oswald Chambers

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expat
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Beitrag Do., 27.12.2007, 02:40

Psychisch gesund ist, wer keine Altlasten mit sich herum trägt,
wer daraufhin also in der Lage ist, auf die Gegebenheiten der
Gegenwart ohne die Belastungen der Vergangenheit sinnvoll zu
reagieren.
Das war's
Wo jeder Widerspruch gelöscht wird, scheint alles klar.

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luftikus
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Beitrag Do., 27.12.2007, 12:02

Eine spezielle Eigenschaft psychischer Gesundheit scheint zu sein, dass man sie zumindest offiziell nicht wieder zurück erlangt, wenn man einmal "psychisch erkrankt" war.

Jedenfalls wollte ich einmal an einer medizinischen Studie teilnehmen - Voraussetzung für die Teilnahme war psychische Gesundheit. Es genügte aber nicht, momentan gesund zu sein. Es wurden auch noch diejenigen aussortiert, die irgendwann einmal in therapeutischer Behandlung gewesen waren. Also: einmal therapiert - nie mehr gesund (zumindest aus Sicht dieser Leute).

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Gast
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Beitrag Do., 27.12.2007, 14:00

Ich weiß nicht mehr, wo ich das gelesen habe. Trägt vielleicht nicht gerade zur Erhellung bei. Gefallen tut es mir trotzdem: Der psychisch Kranke hat eine Geisteskrankheit. Der Gesunde alle.

Viele Grüße
Anastasius

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anarchistin
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Beitrag Do., 27.12.2007, 17:36

ich denke das ein psychologe keinen menschen als völlig gesund einstufn würde. jeder hat eine macke...absolut jeder.
Der Weg der Extreme führt zum Palast der Weisheit!

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stern
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Beitrag Do., 27.12.2007, 21:28

Ich meine, es gibt ja für alle Störungen bestimmte Kriterien die erfüllt sein sollen. Gibt es auch Kriterien für den gesunden Geisteszustand?
Ich hätte es negativ formuliert, d.h.: Liegt keine Krankheit vor (die sich anhand verschiedener Symptome/Kritierien diagnostizieren lässt) bin ich gesund. Um mich gesund zu fühlen, ist für mich ferner wichtig, dass ich keinen (bzw. bestenfalls erträglichen und mich kaum einschränkenden) Leidensdruck verspüre. Die Definition der WHO, welche Comus zitierte
„Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens
gefällt mir zwar ausgesprochen gut... ist aber (insbes. auch wegen des "vollkommen") eine hohe Messlatte. Demnach wären vermutlich viele Menschen als nicht gesund zu bezeichnen.

Freisein von wesentlichem körperlichen, psychischen und sozialen Leidensdruck kann jedoch auch schon ausgesprochen viel wert sein ... und gefällt mir persönlich als Anhaltspunkt für "Gesundheit" besser.

Ansonsten sehe ich es wie Anarchistin: Macken hat jeder... wer keine hat, der schreie bitte mal ganz laut hier . Manche Menschen leiden halt darunter (bzw. das Umfeld)... und manche nicht bzw. unwesentlich... und letztere würde ich als gesund bezeichnen.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

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expat
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Beitrag Fr., 28.12.2007, 09:11

stern hat geschrieben: Ansonsten sehe ich es wie Anarchistin: Macken hat jeder... wer keine hat, der schreie bitte mal ganz laut hier .
Eine "anständige" Neurose gibt dem Neurotiker das Gefühl, voll gesund und in Ordnung zu sein. Die Umwelt ist da leider oft anderer
Ansicht. Warum ist jeder neurotisch? Weil der Mensch ein neuartiger Versuch der Evolution ist. Da wurde uns zwar die Selbster-
kenntnis geschenkt, aber notwendiger Weise schon ab der Geburt, wenn nicht schon einige Zeit davor. Was wir da erfahren an
Schmerz, Entbehrungen und Frustrationen, das alles müssen wir als Selbsterkenntnisse verbuchen. Natürlich alles Fehlinformati-
onen, die aber immerhin so bedrohlich sind, dass sie - da hat die liebe Natur für uns einen Ausweg gefunden - verdrängt werden
müssen, um ein weiteres biologisches Leben zu ermöglichen. Die Verdrängungen sind aber mit dem Fortfall der Bedrohungen nicht
einfach rückgängig zu machen. sie halten sich wie eingebrannt am Leben. Nach Arthur Janov bringt nicht die Einsicht in frühe Ver-
letzungen (Traumata) die Heilung, sondern lediglich das Erleben - das trotzdem Erleben - des Verdrängten Materials.
Das war's
Wo jeder Widerspruch gelöscht wird, scheint alles klar.

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spätzündi
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Beiträge: 48

Beitrag Fr., 28.12.2007, 11:31

Ich habe mal irgendwo die folgende Definition gelesen:

"Gesund ist, wer in der Lage ist zu arbeiten und die Früchte seiner Arbeit zu genießen."

Also das Vorhandensein von Leistungsfähigkeit einerseits und Lebensfreude andererseits. Schon bei Fehlen eines der beiden ist man nicht mehr gesund. Die Definition klingt simpel, hat aber was für sich. In der Praxis gibt es vor allem in unserer Gesellschaft hier jede Menge Leute, die zwar A haben, aber nicht B. In der Reha habe ich sie getroffen: ausgebrannte, freudlose, kaputte Menschen, die sich grade noch so zur Arbeit geschleppt haben, weil man in Deutschland ja nichts wert ist, wenn man keiner (gut) bezahlten Arbeit nachgeht.

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