Betroffenheit meiner Thera .....

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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rowi
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Betroffenheit meiner Thera .....

Beitrag Di., 19.01.2010, 16:21

Liebe Mit-LeserInnen!
Ich möchte mich gerne darüber austauschen, ob auch IHR mit der eigenen Betroffenheit eures/ eurer Thera schon ´mal konfrontiert wurdet, und auch darüber, wie es euch SELBER damit ergangen ist!
Meine gestrige Therapiestunde war gefüllt mit meinen ganz aktuellen (Lebens-) Themen, da derzeit gehäufte belastende Probleme von verschiedenen Seiten zu bewältigen sind...
Die Zeit reichte kaum, um alles auszu-xxxxxxxx!
Die Thera war ungewöhnlich still dabei (Gesprächsthera seit 1 Jahr), seufzte zwischendurch laut auf, rief einmal "Was, wirklich?", dann "Nein!", hatte mittendrinnen Tränen in den Augen, und die Einheit wurde zeitlich ziemlich überzogen durch ihre Beiträge !
Dann meinte SIE sehr bewegt: "Frau xxx, es darf sie nicht wundern, dass es ihnen gerade so schlecht geht bei all den Belastungen, die sie ertragen müssen....."
Nun ist mir die Lebenssituation meiner Thera ja in groben Zügen auch bekannt, und mir ist bewußt, dass SIE selber (genau wie ich) mit einigen Problemsituationen konfrontiert war (ist?)...
Einerseits war ich darüber sehr glücklich, da ich SIE mir bewußt ausgewählt habe und finde, dass Sie gut für mich "passt", andererseits war ich hin- und her-gerissen zwischen meiner Begeisterung über IHRE Betroffenheit und der Befürchtung, IHR würde dazu ... nichts einfallen, oder ich sollte achtgeben, denn SIE könnte überfordert sein !
Verwunderlich war für mich auch, dass mich DIESE Stunde -genau aus dem Grund- ganz, ganz stark bewegt und mir sogar ziemliche Kraft gegeben hat !
Kennt ihr solche Thera-Reaktionen vielleicht auch? Wie seid ihr denn damit umgegangen?
LG, rowi
Zuletzt geändert von rowi am Di., 19.01.2010, 16:27, insgesamt 1-mal geändert.

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Xanny
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Beitrag Di., 19.01.2010, 16:26

Das habe ich auch schon so erlebt. War eine schwierige Situation für mich, weil ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Mein Therapeut fragte mich dann auch deutlich, ob ich seine Betroffenheit spüren könnte und dabei wurde mir ganz unwohl. Für mich sind einige Begebenheiten der Vergangenheit ja normal, aber er war schon sehr erschüttert und hat das auch deutlich zum Ausdruck gebracht, das mir Dinge passiert sind, die auch zeitweise seine Vorstellungskraft überschreiten.
*Ein Freund ist jemand, der Deine Vergangenheit versteht, an Deine Zukunft glaubt und Dich so akzeptiert, wie Du bist*

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rowi
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Beitrag Di., 19.01.2010, 16:40

Danke XANNY,
... Irgendwie fühltest du dich auch erleichtert, dass irgendwer wenigstens DARÜBER erschüttert IST?
... In dem Moment wird die Tragik deiner Erlebnisse zumindest in einer gewissen Relation "bewertet"?
Weil du über die Frage deines Thera schreibst, ob du seine Betroffenheit spüren kannst fällt mir ein, dass meine Thera immer dann, wenn es um meine aufgestaute und zurückgehaltene Aggression und die verdrängte Traurigkeit geht, anscheinend "keine Luft mehr bekommt" ... ... worauf sie mich schon mehrmals aufmerksam gemacht hat.

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Elfchen
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Beitrag Di., 19.01.2010, 16:43

hallo rowi

Also das habe ich auch schon erlebt.

Aber ich bin da ganz pragmatisch. Erstens ist eine Therapeutin auch ein Mensch. Also darf sie auch Emotionen haben. Erst wenn es dir zuviel wird, musst du was unternehmen deswegen.
rowi hat geschrieben:... oder ich sollte achtgeben, denn SIE könnte überfordert sein !
Das ist der zweite Punkt. Das ist IHRE Sache. Wenn sie sich nicht genügend abgrenzen kann, kann sie nicht therapeutisch arbeiten. Aber das darf dich nicht interessieren, zumindest nicht zu oft, sonst musst du es ansprechen.

Ich hatte mal einen Therapeuten, der beim Zuhören einer Sache aus meiner Kindheit weinte. Es liefen ihm richtige Tränen übers Gesicht. Ich habe das für mich so interpretiert, dass er, einerseits sicher berührt war, andererseits die Emotionen- in dem Fall Trauer- spiegelte, weil ich nicht fähig war, etwas zu empfinden. Ich habe nämlich beim erzählen gekichert.
Ich weiss noch wie ich dachte: aha, eigentlich müsste ich jetzt traurig sein. So hatte ich die Chance, mir über das Traurigsein Gedanken zu machen und warum ich es nicht empfinden konnte.

Du siehst, für mich kann das sogar einen therapeutischen Ansatz haben. Kann- muss nicht.

Insgesamt finde ich, wenn es dich belastet oder öfter vorkommt, musst du es ansprechen. Sonst lass es ihre Sorge sein.

lg
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Thread-EröffnerIn
rowi
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Beitrag Di., 19.01.2010, 16:55

Hallo Elfchen,
danke auch dir für deine Erfahrungen und Hilfestellungen (Super-Forum)!
Du hast voll Recht mit der Chance und dem Therapieansatz, daran habe ich gar nicht gedacht
Mir war ja in dem Fall meine eigene Atemlosigkeit auch nicht bewusst, und die Distanzierung von meiner eigenen Betroffenheit .....
Am Ende der Stunde tauchte ja irgendwie die Frage von mir auf, ob "man" denn das alles aushalten KANN, und die Antwort der Thera: JA!!!! (Erg. von mir: mit ihrer Begleitung zum Glück besser)
LG

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bellefleur
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Beiträge: 64

Beitrag Di., 19.01.2010, 18:14

Liebe rowi,- schön, dass du wieder da bist ,
ich kann sehr gut mit dir fühlen, dass es dich erleichtert, wenn du spürst, dass deine Thera genauso empfindet wie du.
Aber kann sie dir helfen, wenn sie mit dir leidet?? Mitleid könntest du doch bei jeder guten Freundin ebenso spüren,oder?

Allerdings muß ich auch sagen, dass mein Thera absolut überhaupt keine Emotionen, Mitgefühl,oder Ähnliches zeigt. Das verunsichert mich auch irgendwie....

Irgendwo habe ich hier im Forum sogar gelesen, dass es Theras gibt, die ihre Patienten trösten, in dem sie sie in den Arm nehmen, oder anders "trostreich" berühren . Ist das üblich??
Macht sie dies auch bei dir?
Wie würdest du das empfinden?
LG,Bellefleur

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Elena
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Beitrag Di., 19.01.2010, 18:17

Hallo rowi,

bei meiner Therapeutin ist es ganz häufig so, dass sie sehr betroffen ist, wenn ich ihr bestimmte Dinge erzähle, auch kommt es nicht selten vor, das ich Tränen in ihren Augen feststelle, manchmal sind sie ihr sogar schon über die Wangen gekullert, dass sie sich diese abwischen musste. Oft konnte ich garnicht verstehen, was sie an meiner Lebensgeschichte denn so schlimm findet? Sie hat mir aber meist gleich rückgemeldet, warum sie dies berührt. Aber immer nur in Beziehung zu mir, z.b. ich fühle für sie gerade...., wenn sie mir dieses und jenes erzählen. Teilweise hatte ich auch schon das Gefühl, dass sie persönlich an etwas erinnert wurde, aber das hat sie mir dann nicht mitgeteilt.
Therapeuten haben einfach die Fähigkeit, sich so in die Menschen reinversetzen, dass sie ganz in deren Geschichte drin sind. Sie sind auch professionell genug, wieder den geeigneten emotionalen Abstand zu gewinnen. Ich weiss mittlerweile, dass ich meine Therapeutin nicht überfordere, auch wenn sie mal weint, weil ich sie direkt gefragt habe.

LG Elena

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Leer
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Beitrag Di., 19.01.2010, 18:26

hi

mein thera fühlt glaub ich oft auch sehr stark mit und manche dinge nehmen ihn auch mit, aber ich bin dankbar das er die dinge die ihn bewegen auch äußert aber in einer professionellen Art und weiße wie: "das was du über ... gesagt hast hat mich persönlich sehr berührt" ich finde es gut das er so etwas sagt aber mehr würde ich nicht wollen bzw. vertragen...
ich finde halt ein thera macht grob etwas falsch wenn der klient das gefühl bekommt es könnte passiern das ich ihn überfordere...
Ich weiß wohl, was ich fliehe, aber nicht, was ich suche.
Michel de Montaigne

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Leer
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Beiträge: 161

Beitrag Di., 19.01.2010, 18:26

hi

mein thera fühlt glaub ich oft auch sehr stark mit und manche dinge nehmen ihn auch mit, aber ich bin dankbar das er die dinge die ihn bewegen auch äußert aber in einer professionellen Art und weiße wie: "das was du über ... gesagt hast hat mich persönlich sehr berührt" ich finde es gut das er so etwas sagt aber mehr würde ich nicht wollen bzw. vertragen...
ich finde halt ein thera macht grob etwas falsch wenn der klient das gefühl bekommt es könnte passiern das ich ihn überfordere...

lg
Ich weiß wohl, was ich fliehe, aber nicht, was ich suche.
Michel de Montaigne

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Carry
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Beitrag Di., 19.01.2010, 18:28

Liebe rowi,

nach circa 10 Therapiestunden bin ich, auf die mein Leben beeinträchtigende Situation aus meiner Kindheit, zu sprechen gekommmen ( zu sprechen ist jetzt mal blöd ausgedrückt, denn ich habe unter Tränen versucht ihr diese Situation zu beschreiben, während ich arg getriggert wurde).
Für mich sind einige Begebenheiten der Vergangenheit ja normal, aber er war schon sehr erschüttert und hat das auch deutlich zum Ausdruck gebracht, das mir Dinge passiert sind, die auch zeitweise seine Vorstellungskraft überschreiten.
Genauso empfinde ich, denn meine Geschichte gehört seit Jahrzehnten zu mir und fühlt sich zwar falsch aber normal an. Die Erschütterung, die sie an den Tag legte, zeigte mir, daß es eben kein so sehr häufig vorkommendes Ereignis war, daß mir widerfuhr. Ich erinnere mich, dass sie ganz spontan mit Tränen in den Augen „Oh mein Gott, Frau XYZ“ herauspresste. Ich habe gespürt wie sehr sie dies erschüttert hat. Und dann sagte sie , für mich ganz unerwartet:" Ich hatte während meiner Ausbildung ein einziges mal eine Patientin der ähnliches passiert ist.
Ich bin danach völlig zusammengebrochen, weil ich seit langer Zeit mich selbst bemitleiden konnte.
oder ich sollte achtgeben, denn SIE könnte überfordert sein
Ich habe niemals das Gefühl gehabt meine Therapeutin mit meiner Lebensgeschichte zu überfordern aber schon ... sie zu fordern.

LG Carry
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Peter Sirius

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candle
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Beitrag Di., 19.01.2010, 19:02

rowi, war sie wirklich betroffen? Ich habe mir kürzlich sagen lassen, dass es das nicht so gibt von einem Therapeuten- eher vielleicht mitfühlen.

candle
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*Norma*
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Beitrag Di., 19.01.2010, 19:45

hallo rowi

betroffenheit in form von tränen habe ich während meinen therapien bei 2 verschiedenen therapeuten niemals erlebt. und ich muss ehrlich sagen: zum glück! ich hätte das absolut nicht ertragen und hätte das wahrscheinlich als äusserst unprofessionell empfunden.

ein empathisches mitfühlen: ja. aber bitte keine tränen... uah, da würde mir schlecht. ich erwarte von einem therapeuten professionelle distanz, d.h. dass er sich selbst sich soweit mit seinen "abgründen", mit seiner trauer auseinandergesetzt hat, dass er bei erzählungen von patienten nicht mehr in tränen ausbricht.

ich staune, dass das von einigen sogar als angenehm empfunden wird. das wäre für mich das ende einer therapie. ich habe während meiner ganzen kindheit die tränen meiner mutter sehen müssen - da will ich dann als therapeutin jemand, der meine erlebnisse in sich aufnehmen kann, ohne dabei in tränen auszubrechen.

lg, norma

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Xanny
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Beitrag Di., 19.01.2010, 19:48

bellefleur hat geschrieben: Irgendwo habe ich hier im Forum sogar gelesen, dass es Theras gibt, die ihre Patienten trösten, in dem sie sie in den Arm nehmen, oder anders "trostreich" berühren . Ist das üblich??
DAs habe ich hier auch schon oft gelesen und mich gewundert. So weit würde mein Therapeut nicht gehen. Er wollte meine Hand nehmen, wenn er mich in den Arm nehmen würde, würde ich mir sehr unwohl vorkommen, weil damit meine Grenze überschritten wäre.
*Ein Freund ist jemand, der Deine Vergangenheit versteht, an Deine Zukunft glaubt und Dich so akzeptiert, wie Du bist*

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rowi
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Beiträge: 68

Beitrag Di., 19.01.2010, 21:21

Danke, danke für eure Reaktionen!
Xanny:
Ich verstehe dich sehr gut, ... würde mir wohl ebenso gehen wie dir
Norma:
Ich schätze diese professionelle Distanz auch sehr, die, wie du schreibst, eben nicht mit dem empathischen Mitfühlen zu verwechseln ist. Jedoch hast DU sicher hier aufgrund deiner erwähnten Kindheitsprägung eine ganz sensible Wahrnehmung und eine begründete Abgrenzung.
Candle:
Diese Betroffenheit war echt, hat sich völlig anders angespürt wie ihr für mich vertrautes Mitfühlen, und war sicher auch kein therapie-didaktischer Schachzug, um mich aus der Reserve zu holen
Carry:
Deine Antwort hat auch in mir Betroffenheit ausgelöst. Du schreibst auch etwas für mich ganz Wichtiges: ... die Verletzungen fühlen sich auch für mich "viel zu normal" an, ich kenne zwar ein Gefühl und eine Angst, unter dieser Last manchmal beinahe zusammen zu brechen, aber habe ich mit mir Mitleid oder beklage ich mich darüber und weise Schuld zu?
Mir ist eigentlich klar, dass ich meine Thera NICHT über-fordere, aber dieser Eindruck, es könnte so sein hat mit MIR (und nicht mit ihr) zu tun (das haben mir eure Zeilen gerade bewußt gemacht - DANKE!!!!).
Leer:
Ich empfinde diese Thera-Fähigkeit auch als sehr hilfreich! Zur Thera-Überforderung siehe oben!
Elena:
Ich nehme stark an, das ist bei meiner Thera abenso, dieses Vertrauen habe ich zu ihr!
Bellefleur:
Juhu, schön, dass DU auch da bist, ich freue mich riesig!!!
... absolut überhaupt KEINERLEI Emotion etc. zeigt dein Thera? Klar verunsichert dich das!
Und trotzdem (oder gerade weil?) hängst du an ihm sehr stark?
Also ich kann mir auch bei meiner Thera keine körperliche Annäherung etc. vorstellen, aber vielleicht liegt das auch an MIR und meiner Nähe-Fähigkeit-Unfähigkeit (dass ich das vermutlich gar nicht erwarte oder will)! Ich schick DIR was xxxx!
LG euch ALLEN und schön, dass ihr euch mit meinem Anliegen auseinander setzt!

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candle
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Beiträge: 6138

Beitrag Di., 19.01.2010, 21:38

rowi hat geschrieben: Diese Betroffenheit war echt, hat sich völlig anders angespürt wie ihr für mich vertrautes Mitfühlen,
Genau, DU hast es so gespürt und was macht es jetzt mit Dir? Jetzt schlägst Du einen Weg ein die Therapeutin zu schonen. Überdenk mal, was Du da wirklich gespürt hast.

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

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