Zwangseinweisung bei Magersucht

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Susanna85
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Zwangseinweisung bei Magersucht

Beitrag Di., 10.05.2011, 17:43

Hallo!

Ich möchte mich hier erkundigen, wie eine Einweisung ins Krankenhaus oder Klinik funktioniert.
Meine Schwester leidet seit Jahren unter Magersucht. Sie wohnt seit längerer Zeit in Deutschland und kommt uns ca 2 mal im Jahr besuchen (in Österreich). Seit Sonntag ist sie nun bei uns und wollte gern ein paar Wochen bleiben. Sie ist in einem sehr schlechten Zustand. Habe sie das letzte mal an Weihnachten gesehen und da war sie schon mager, aber jetzt ist es erschreckend, ich schätze sie wiegt nicht viel mehr als 30 kg. Das höchste, das sie in letzter Zeit hatte war um die 35 kg. Sie ist 165 groß. Das wäre dann ein BMI von 11 !
Zudem hat sie natürlich körperliche Beschwerden: oft Krämpfe in den Waden, eine Haut die absolut keine Sonne mehr verträgt (fängt sofort an zu schuppen/kratzen), und wenns kalt ist z.T. starke Schmerzen in den Füßen und Zehen (was laut ihrer Ärztin durch frühere Erfrierungen an den Zehen ausgelöst wurde).
Ich frage mich, was muss noch passieren, damit sie endlich in eine Klinik kommt?
Ärzte haben ihr gesagt, dass in ihrem körperlichen Zustand jederzeit ein Herzstillstand möglich wäre....
Aber keiner weist sie ein...? Ich habe mittlerweile solch eine Wut, weil offensichtlich jeder wegschaut und keiner Verantwortung übernehmen will!
Klar, sie ist volljährig, ende 20. Aber ihr Zustand ist lebensbedrohlich. Ich kann ihr doch nicht einfach beim sterben zusehen! Sie weigert sich natürlich auch in eine Klinik zu gehn.
Jetzt muss ich wissen, was ich als Schwester tun kann. Kann ich eine Zwangseinweisung veranlassen? Und an wen müsste ich mich wenden? Wie läuft sowas dann ab?

Ich hoffe, ihr könnte mir da weiterhelfen!
Danke

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 10.05.2011, 17:50

Hi,

Also eigentlich ist Eigengefährdung schon ein Grund für eine Zwangseinweisung. Ich würde mich an deiner Stelle an das Gesundheitsamt ihrer Heimatgemeinde wenden. Die müssen eigentlich tätig werden wenn sie von einer Eigengefährdung erfahren.

Ansonsten, ich würde mich schlicht und ergreifend weigern daß jemand der lebensgefährlich an MS erkrankt ist bei mir zu Besuch kommt und verlangen daß die Person erst das lebensgefährliche Untergewicht in den Griff bekommt bevor sie kommen kann. Ich hätte keine Lust darauf die Verantwortung für eine schwerst psychisch erkrankte Person zu übernehmen oder so einen Essenshäckmäck mitzumachen und das damit zu unterstützen.
Zuletzt geändert von münchnerkindl am Di., 10.05.2011, 17:53, insgesamt 1-mal geändert.

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Ive
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Beitrag Di., 10.05.2011, 17:52

Was ist mit den Eltern, was sagen sie - warum handeln sie nicht?

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Susanna85
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Beitrag Di., 10.05.2011, 18:02

Danke für eure Antworten!

Ihr Besuch war eine "Überraschung" zum Geburtstag meiner Mutter. Und in ihrem Zustand schickt meine Mutter sie dann natürlich nicht wieder weg, sondern umsorgt sie. (sie ist sicher auch Co-abhängig)
Meine Mutter sagt zwar auch dass etwas passieren muss, aber sie hat Angst, gegen den Willen meiner Schwester zu handeln. Auch verspricht meine Schwester andauernd zuzunehmen und meine Mutter ist viel zu gutgläubig und gutmütig. Mein Vater hält sich raus bzw. will die Realität nicht sehen. Aber ich muss irgendetwas tun...

Sie bleibt jetzt erstmal 3 Wochen hier, ich weiß nicht, ob es jetzt etwas bringt das Gesundheitsamt ihrer Gemeinde zu verständigen. Es müsste jetzt sofort etwas passieren...
Zuletzt geändert von Susanna85 am Di., 10.05.2011, 18:06, insgesamt 1-mal geändert.

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Ive
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Beitrag Di., 10.05.2011, 18:04

Oha. Ja, da bist Du irgendwie in Zugzwang. Gefahr für sich selbst oder andere ist die Indikation für eine Einweisung; diese müsstest Du erreichen können.

Es ist nur schrecklich heikel, wenn Deine Schwester sich auf nichts einlässt; zwingen kann man sie auf Dauer kaum zur Nahrungsaufnahme, und auch eine Einweisung wird ihr nur dann etwas Entscheidendes bringen, wenn sie zur Einsicht kommt ... ganz schwierige Sache, das. Es müsste sich eine Therapie anschließen und sie im Anschluss mitarbeiten wollen; sonst sind den Angehörigen im Endeffekt doch die Hände gebunden.

Deine Mutter verstehe ich auch, sie möchte ihre Tochter nicht verlieren, auch nicht ihre Zuneigung, und davor hat sie sicherlich Angst ...

Erkundige Dich am besten entweder beim Hausarzt, beim Gesundheitsamt, der Familienberatung oder einer vergleichbaren Institution, wie Du vorgehen könntest.
Zuletzt geändert von Ive am Di., 10.05.2011, 18:10, insgesamt 1-mal geändert.

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Susanna85
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Beitrag Di., 10.05.2011, 18:10

Ich glaube in ihrem Zustand wäre erstmal eine künstliche Ernährung notwendig....Und das wäre für sie aber das allerschlimmste...
Es ist so schwierig mit der richtigen Anlaufstelle...weil sie eben in Berlin ihren Wohnsitz hat und jetzt hier in Österreich ist.

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Elfchen
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Beitrag Di., 10.05.2011, 18:11

zuerst mal: es tut mir so leid für dich und deine eltern. es ist schrecklich, bei sowas zusehen zu müssen. eigentlich sind einem bei einem wirklich anorektischen menschen die hände total gebunden.

also ich weiss nicht recht- zwangseinweisungen, ob es das bei euch gibt?
man müsste sie ja direkt bevormunden.
ich glaube, wenn sie nicht will, hat man wenig chance.
was sagt sie denn dazu, sieht sie ihren zustand ein?
ist ihr klar, dass sie sterben wird??
könnt ihr nicht versuchen ihren entscheid zu akzeptieren?

ich wünsche va. dir viel kraft!!
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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Ive
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Beitrag Di., 10.05.2011, 18:12

Die künstliche Ernährung ist schon klar, nur kann auch sie ja nur eine vorübergehende Maßnahme sein. Der Haken ist, dass sie es, wie Du sagst, hassen und Dich dafür ablehnen wird.

Wieso Deine Schwester bei diesem wirklich lebensgefährdenden Niedrigstgewicht und den Beschwerden nicht selbst einen Hauch von Einsicht hat, ist einem als gesunder Mensch schleierhaft. Offenbar geht sie bewusst das Risiko ein.

Elfchen spricht oben an, was ich auch denke: Vielleicht müsstet Ihr Euch zusammen überlegen, ob Ihr es akzeptieren könnt ...

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metropolis
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Beitrag Di., 10.05.2011, 18:32

Hallo Susanna,

ich kann verstehen, dass du deine Schwester nicht unverrichteter Dinge aufgeben magst. Ich würde auch etwas unternehmen wollen.
Es einfach akzeptieren hört sich theoretisch wahrscheinlich leichter an als es in Wirklichkeit ist, deshalb halte ich diesen Ratschlag für nicht machbar.

Ich sehe es so, dass man es mit einer Zwangseinweisung probieren sollte, bevor man gar nichts mehr unternimmt. Für deine Schwester ist es wahrscheinlich ein halber oder kompletter Weltuntergang künstlich ernährt zu werden. Und es kann auch passieren, dass sie irgendwann entlassen wird und sich wieder runterhungert. Da kann man dann wirklich nichts mehr machen. Aber schon allein die Hoffnung, dass es in der Klinik Therapeuten oder Mitpatienten geben könnte, die sie irgendwie erreichen und zu einem Umdenken bewegen, wäre für mich Grund genug es auszuprobieren. Vielleicht sind die Familienmitglieder einfach machtlos, während fremde Menschen eher was erreichen können.

Ich würde dir empfehlen "Zwangseinweisung Magersucht" zu googlen und mehr Informationen und Meinungen zu sammeln, von Angehörigen und Betroffenen. Vielleicht sogar mal in einem Magersucht-Forum vorbeischauen.

Ich wünsche dir viel Kraft.

metropolis
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 10.05.2011, 18:44

Ive hat geschrieben:Die künstliche Ernährung ist schon klar, nur kann auch sie ja nur eine vorübergehende Maßnahme sein. Der Haken ist, dass sie es, wie Du sagst, hassen und Dich dafür ablehnen wird. .
Aber dennoch ist es die besste Fürsorge. Jemand der psychotisch oder manisch ist wird zunächst auch die Person die die Einweisung betrieben hat hassen. Ein Kind hasst auch mal die Mama weil es die Schokolade nicht bekommt. Und evtl hilft ja der Schock und der offensichtliche Widerstand ihrer Umwelt gegen ihren "Lebenssstil" auch sie zur Krankheitseinsicht zu bewegen.

Ich denke mal daß wenn sie anfängt selbst das Problem zu sehen und den Kampf gegen die Krankheit aufnimmt dankbar sein wird daß du ihr das Leben gerettet hast.


Waldschratin
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Beitrag Di., 10.05.2011, 18:48

Hallo Susanna,
ich stimm da metropolis und münchnerkindl ganz und gar zu!
Wie das ist mit Zwangseinweisung weiß ich leider auch nicht,aber spätestens dein Hausarzt müßte darüber bescheid wissen oder wenigstens,wo man sich kundig machen kann.

Ich glaube,mit "Krankheitseinsicht" ist bei deiner Schwester in diesem Zustand nicht zu rechnen,einfach durch das massive Untergewicht.Da ist "Denken" einfach nicht mehr möglich.Und ich hab schon Leute erlebt,die erst nach ner Zwangsernährung und ein paar Kilo Zunahme wieder richtig denken konnten und dann erst so richtig mitbekamen,in was sie sich da eigentlich reingehungert hatten...

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Ive
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Beitrag Di., 10.05.2011, 18:56

Ich denke ja auch, es geht wohl nicht anders, Münchnerkindl.

Immerhin scheint es die einzige Chance zu sein, und dann muss sich Susanna wenigstens keine Vorwürfe machen, selbst wenn es am Ende nichts ändern sollte: Sie hat getan, was getan werden konnte bzw. musste.

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schmetterling.1983
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Beitrag Di., 10.05.2011, 21:11

Ich dachte man kann nur Zwangseingewiesen werden, wenn man unter 18 ist, also außer eine Gefahr für andere.
Schön ist eigentlich alles, wenn man es mit Liebe betrachtet.
Christian Morgenstern

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 10.05.2011, 21:23

schmetterling.1983 hat geschrieben:also außer eine Gefahr für andere.
oder für sich selbst was bei extemem Untergewicht definitiv der Fall ist.

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Susanna85
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Beitrag Mi., 11.05.2011, 15:48

Danke für eure Hilfe!

Es ist sehr schwer, ihre Krankheit so zu akzeptieren. Ich kann es bis jetzt noch nicht. Aber meine Mutter nimmt es mittlerweile so hin wie es ist, das musste sie, um nicht auch daran kaputt zu gehen. Sie hat meine Schwester wirklich jahrelang unterstützt und war immer an ihrer Seite, ist zu den verschiedensten Ärzten mit ihr hin und hat selbst Therapie gemacht. Umso schlimmer war es für sie, zu sehen, das alles nichts genützt hat.
Irgendwann fing sie an das so hinzunehmen, aber es tut ihr natürlich immer noch weh, ihre Tochter so abgemagert zu sehen.
Deshalb bringt es nicht viel, wenn ich mit ihr immer wieder über den Zustand meiner Schwester spreche. Sie hat einfach keine Kraft mehr, einen erneuten Kampf gegen die Krankheit ,bzw. bei einer Zwangseinweisung gegen meine Schwester, aufzunehmen. Ich kann das auch verstehen und nachvollziehen.
Aber alleine ist es für mich natürlich schwerer das durchzuziehen...habe auch nicht die beste Beziehung zu meiner Schwester, aufgrund der Magersucht, und frage mich natürlich, ob ich das Recht habe, gegen ihren Willen etwas zu entscheiden...

Mit der Krankheitseinsicht bei ihr bin ich mir nicht sicher....sie weiß (sagt sie zumindest) natürlich, dass sie viel zu dünn ist. Aber die akute Gefahr für ihr Leben sieht sie, glaube ich, nicht. Trotzdem sagt sie auch selbst, dass sie eigendlich in eine Klinik gehört. Aber sie schiebt es immer auf, sie vertröstet uns, stellt sich selbst ein Ultimatum, dass sie dann so und soviel zugenommen haben muss, was natürlich nicht eintritt. Mich macht das ganze dann auch so wütend, weil ich mir zumindest total verarscht vorkomme. Ewig dieses Hinhalten und Hoffnung machen...Und dann wundert sie sich, wenn ich sie nicht mehr ernst nehmen kann...

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