Wert-Schätzung

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Wert-Schätzung

Beitrag Fr., 27.05.2011, 13:08

Hallo allerseits,

Es gibt schon zwei Threads, die sich in jeweils anderer Art auf Wertschätzung beziehen. Da wollte ich nicht "zwischenfunken".

Es gibt ja die Auffassung, jeder sei wertzuschätzen. Ich bekenne, das tue ich nicht. Vielleicht hängt das auch mit meinem Verständis von Wertschätzen zusammen. Es bedeutet für mich, einen besonderen positiven Wert "haben". Sozusagen stufenmäig darunter liegt Achtung. Darum bemühe ich mich, möglichst jedem mit Achtung zu begegnen. Bei Menschen, die ich nicht oder kaum kenne, gewissermaßen ein Achtungsvorschuss. Darunter Respekt und am Ende formale "freundliche Distanz" (Höflichkeit).

Aber Wertschätzung, und leichter Achtung etc. können auch verloren gehen. Kurz, aus meiner Sicht, es gibt auch Fieslinge, Idioten und Bösewichte und ähnlich liebe Mitmenschen auf der Welt. Woraus man leicht ersehen kann, dass ich nicht der Auffassung bin, der Mensch sei von Grund auf gut. Und eben dieser letzte verborgene Grund gäbe vielleicht wenigstens Anlass zu Wertschätzung. Dass er das Potential dazu hat, möchte ich nicht bestreiten. - Stehe ich so ganz alleine da???

Gruß
Anastasius

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Marja
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Beitrag Fr., 27.05.2011, 13:38

Anastasius hat geschrieben:Stehe ich so ganz alleine da???
Hallo Anastasius,

nein, bestimmt nicht.

Ich versuche bei mir fremden Personen auch eine angemessene Form an Höflichkeit an den Tag zu legen, wüßte aber keine Veranlassung, jene mir unbekannten Menschen ad hoc wertzuschätzen. Warum auch sollte ich das tun?
Ein für mich gutes Beispiel sind alte Männer. Weiß ich denn, was der Zeit seines Lebens so getrieben hat? War er vielleicht ein Nazi? Oder ein Kinderschänder? Oder was weiß ich? Ich halte mich da sehr distanziert, wenn ich jemanden nicht kenne. So freundlich kann mir der gar nicht kommen.
Was ich dann vielleicht irgendwann wertschätzen kann, ist eine Art und Weise von diesem Menschen, aber sicher nicht die Person als Gesamtheit, dazu kenne ich ihn viel zu wenig.
Ich hoffe mit diesem Beispiel trete ich jetzt keine Lawine los von wegen alle alten Männer sind/waren Nazis oder Kinderschänder - das will ich damit bestimmt nicht sagen. Aber es gibt sie zu Hauf. Ich denke eine angemessene Form von Höflichkeit reicht vollkommen aus.
Man könnte auch sagen - um dem thread-Titel gerecht zu werden - ich kann dessen Wert nicht schätzen, da ich sie nicht kenne.
Das gilt dem weiblichen Geschlecht gegenüber genauso.

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Beitrag Fr., 27.05.2011, 13:48

Hallo marja,
marja hat geschrieben:Ein für mich gutes Beispiel sind alte Männer.
marja, also bitte! Guck mal nach links.
marja hat geschrieben:War er vielleicht ein Nazi?
Na gut, für`n Nazi war ich deutlich zu spät dran.
marja hat geschrieben:Oder ein Kinderschänder?
Da bin ich fein raus. Konnte gerade dem Arbeitgeber ein astreines erweitertes Führungszeugnis abgeben.

Im Ernst, vom Grundgedanken ist es wohl sehr ähnlich.

Gruß
Anastasius

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Marja
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Beitrag Fr., 27.05.2011, 14:09

Okay, hab nach links geguckt. Weit und breit kein alter Mann in Sicht. Ich meine da wohl die wirklich alten Männer, die, so um die 80 herum.

War vielleicht doch nicht so ein gutes Beispiel....

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forcefromabove
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Beitrag Fr., 27.05.2011, 14:21

Im persönlichen Bereich, also beziehungstechnisch, finde ich Deine Werthaltung auch stimmig.

Prinzipiell jedoch finde ich muss außer Zweifel stehen, dass jeder Mensch als Wert gilt.
die Beurteilung ob ein Mensch "wertvoll" oder "wertlos" (=ein gefährlicher unmoralischer Begriff i. diesem Kontext) ist, darf sich m.M nach niemand anmaßen.

Die Verhaltensbeurteilung eines Mitmenschen in den Kategorien "wertvolles" = konstruktives Verhalten und "wertloses" = destruktives Verhalten finde ich jedoch sogar ethisch wünschenswert, da ich Amoral = Nihilismus ablehne.

Ich halte eine differenzierte Betrachtung und Zuordnung von Wert für essentiel notwendig um mittels Achtsamkeit sozialdarwinistisch-faschistoide Denk- und
Handlungsmuster zu vermeiden.

Ziemlich entsetzt war ich, als ich Ende der 70er Jahre in einem Dianetik Buch von
Ron Hubbard eine Formel zur Berechnung des Persönlichkeitswertes eines Menschen fand, die wie folgt angeschrieben war:

PW = I x D in Worten: Persönlichkeitswert ist das Produkt aus Intelligenz
mal Dynamik.
Für mich schon damals total gruselig, obwohl ich stets von meiner eigenen Intelligenz
und Dynamik überzeugt war.
Der Zeitgeist formuliert vermehrt mit dem adjektiv "wertvoll", wenn er charakterliche
Zuschreibungen macht, was mich mit Unbehagen erfüllt, da denk- und
kommunikationstechnisch der gegenteilige Begriff, wenn auch unbewusst mitschwingt.
"Ich bin kein direkter Rüpel aber die Brennnessel unter den Liebesblumen."
Karl Valentin

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Beitrag Fr., 27.05.2011, 14:49

Hallo forcefromabove,

ich habe mir schon beim Eingansposting gedacht, dass dieser Aspekt kommen würde. Wollte aber nicht allem vorgreifen.
Prinzipiell jedoch finde ich muss außer Zweifel stehen, dass jeder Mensch als Wert gilt.
Ohne jeden Zweifel gelten für mich die Menschenrechte. Magelnde Wertschätzung von meiner Seite hebt sie nicht auf. Und mit Sozialdarwinismus habe ich schon gar nichts am Hut. Das ist klar. Wie auch der hypokratische Eid keinen Unterschied macht.
Aus Achtungsverlust oder Verlust der Wertschätzung im privaten Bereich folgt allein mein Rückzug. Im gesellschaftlichen Bereich die Auseinandersetzung auf demokratischer Grundlage. - Ich nehme nicht an, dass du mich anders interpretiert hast, trotzdem lag mir daran, das allgemein festzuhalten. Denn missverstanden werde ich ungern.

Gruß
Anastasius

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freeway
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Beitrag Fr., 27.05.2011, 15:00

ich denke… dass andere nicht auf meine wertschätzung angewiesen sind vorauszusetzen, ist für sich (für mich) schon eine wertschätzung… bei der ich den wert eines anderen gar nicht erst schätzen muss, um ihn als vorhanden anzusehen… innerhalb dessen, erlaube ich mir dann meine sympathien zu „verteilen“… im prinzip ganz unabhängig vom geschätzten wert des anderen… allgemein… weil ich ja gar nicht das maß aller dinge bin… nur das maß meiner dinge

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Beitrag Fr., 27.05.2011, 15:08

hallo freeway,
freeway hat geschrieben:weil ich ja gar nicht das maß aller dinge bin…
Da haben wir ja schon etwas gemeinsam.
freeway hat geschrieben:nur das maß meiner dinge
Ich würde anfügen: Und weil ich ein soziales Wesen bin, gehören die anderen zu´meinen "Dingen"` dazu. Im Bewußtsein, dass meine (ggf. fehlende) Wertschätzung meine (!) ist.

Gruß
Anastasius
Zuletzt geändert von Gast am Fr., 27.05.2011, 15:08, insgesamt 1-mal geändert.

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hungryheart
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Beitrag Fr., 27.05.2011, 15:08

hi anastasius,

kann es sein, dass du mögen und wertschätzen verwechselst?

ich mag viele menschen nicht, ich glaube auch -wie du- nicht an das grundsätzlich gute im menschen usw.


aber ich bin der überzeugung, dass jeder mensch einen wert hat (sonst wäre man ja ganz schnell beim thema, ob es etwa lebensunwerte menschen gibt) und dass man diesen wert schätzen sollte.

auch der, den ich nicht mag, hat einen wert.
Nimm was du willst und zahl dafür.

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luftikus
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Beitrag Fr., 27.05.2011, 15:09

Marja hat geschrieben:
Ein für mich gutes Beispiel sind alte Männer. Weiß ich denn, was der Zeit seines Lebens so getrieben hat? War er vielleicht ein Nazi? Oder ein Kinderschänder? Oder was weiß ich? Ich halte mich da sehr distanziert, wenn ich jemanden nicht kenne. So freundlich kann mir der gar nicht kommen.
Also, das finde ich jetzt schon etwas skurril. Wieso sollte denn ausgerechnet bei einem alten Mann die Wahrscheinlichkeit so hoch sein, dass er ein Kinderschänder ist? Du weißt doch auch bei einem 30- oder 40jährigen Mann nicht, was der in seinem Leben schon alles getrieben hat... Und zum Thema Nazis: allmählich sterben auch die letzten echten Nazis aus, und die heute 80-Jährigen waren bei Kriegsende gerade mal um die 14 Jahre alt. Die waren zwar vielleicht in der Hitlerjugend, aber wahrscheinlich keine vollverantwortlichen Nazis mehr....

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Beitrag Fr., 27.05.2011, 15:22

Hallo hungryheart,
hungryheart hat geschrieben:kann es sein, dass du mögen und wertschätzen verwechselst?
Es gibt Schnittmengen, oft große. Aber es ist für mich weder gleichbedeutend noch verwechsele ich es. Ich finde es interessant, die Bedeutung genauer zu definieren. Ich werde drüber nachdenken.
hungryheart hat geschrieben:aber ich bin der überzeugung, dass jeder mensch einen wert hat (sonst wäre man ja ganz schnell beim thema, ob es etwa lebensunwerte menschen gibt) und dass man diesen wert schätzen sollte.
Dazu habe ich im posting an forcefromabove schon geschrieben, bevor ich deinen Beitrag las. Ich denke, das beantwortet diesen Punkt.

Gruß
Anatsasius

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hungryheart
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Beitrag Fr., 27.05.2011, 15:29

Anastasius hat geschrieben: Dazu habe ich im posting an forcefromabove schon geschrieben, bevor ich deinen Beitrag las. Ich denke, das beantwortet diesen Punkt.

nicht ganz.

dass du jemandem, der dich maximal ärgert, nicht den schädel einschlägst, hat vielleicht nicht nur etwas damit zu tun, dass du ein netter kerl bist, sondern auch mit dem wertesystem, in dem du sozialisiert bist.
dann auch noch mit unseren gesetzen, die dich bestrafen würden, wenn du jemanden verhaust.

und auch unsere "demokratische grundlage" basiert auf einem allgemein anerkannten wertesystem.
und dieses wiederum in unserer westlichen welt nicht wenig auf dem christlichen glauben daran, dass jeder mensch einen wert hat.


ich erinnere an artikel 1 des grundgesetzes......
Nimm was du willst und zahl dafür.

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Beitrag Fr., 27.05.2011, 15:41

Hallo hungryheart,
hungryheart hat geschrieben:dass du jemandem, der dich maximal ärgert, nicht den schädel einschlägst, hat vielleicht nicht nur etwas damit zu tun, dass du ein netter kerl bist, sondern auch mit dem wertesystem, in dem du sozialisiert bist.
dann auch noch mit unseren gesetzen, die dich bestrafen würden, wenn du jemanden verhaust.
Mit Sicherheit. - Den netten Kerl lasse ich mal weg. Das Erste stünde an Nr. 1. Zur Not griffe Nr, 2.
hungryheart hat geschrieben:und auch unsere "demokratische grundlage" basiert auf einem allgemein anerkannten wertesystem.
und dieses wiederum in unserer westlichen welt nicht wenig auf dem christlichen glauben daran, dass jeder mensch einen wert hat.
Habe ich irgendwo Gegenteiliges gesagt? Das Wertesytem der Menschenrechte teile ich (unbeschadet dessen, dass es in der Politik oft zu einem Kampfbegriff verkommt). Der christliche Part ist für mich mehr von historischer Bedeutung, was ja nicht mit real unbedeutend gleichzusetzen ist. Auch der hat was, muss ich als ehemaliger Jesuitenschüler mal sagen. Die Wertzumessung hat sich jedoch weitgehend vom religiösen Hintergrund "emanzipiert".
hungryheart hat geschrieben:ich erinnere an artikel 1 des grundgesetzes......
Da bist du bei mir an der richtigen Adresse. Ich sehe mich, wie Alexander Mitscherlich es mal ausdrückte, als Verfassungspatriot.

Gruß
Anastasius
Zuletzt geändert von Gast am Fr., 27.05.2011, 15:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Barcode
Helferlein
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Beitrag Fr., 27.05.2011, 15:47

Ist schon richtig, man kann gar nicht jeden wertschätzen, denn der Begriff impliziert ja die positive Abhebung einer Person von einem spezifischen Durchschnittsniveau (Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Fähigkeiten etc.). Denkt man das Postulat, jedem Menschen Wertschätzung entgegenzubringen, zu Ende, führt es sich selbst ad absurdum. Wenn sich in der eigenen Anschauung der Andere per se vom Durchschnitt abhebt, wird der Begriff sinnentleert. Mal ganz davon abgesehen, dass es schlicht unmöglich sein dürfte, sich jeden Menschen schön zu reden. Nein, ich denke auch, die Forderung muss viel eher lauten, Leuten mit Anstand zu begegnen. Anstand bzw. Sittlichkeit als weitgehend erlernbare, eher nüchterne Soziotechniken funktionieren auch, wenn man dem Anderen gegenüber indifferent oder gar (in Maßen) negativ eingestellt ist. Wertschätzung und Respekt hingegen muss man sich in der Tat erst verdienen.
Auch würde ich hier Wertschätzung von Menschenwürde unterscheiden, die ja einen personalen Selbstwert postuliert. Dieser Selbstwert ist eine immanente Eigenschaft, die zunächst mal nur auf dem Mensch-Sein basiert und damit quasi bedingungslos ist. Hierin liegt der Gegensatz zur Wertschätzung, die ja eine Person in ihrem spezifischen So-Sein positiv hervorhebt, während Menschenwürde ein für alle gleiches Recht auf Selbstbestimmung enthält (was man freilich durch die Missachtung des Selbstwerts von Anderen teilweise verwirken kann). Die Wahrung der Menschenwürde kann damit gewissermaßen auch als Bedingung der Möglichkeit von Verantwortungsübernahme und damit generell von Moralität gelten.

Zuletzt geändert von Barcode am Fr., 27.05.2011, 16:04, insgesamt 1-mal geändert.
Les non-dupes errent.


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Beitrag Fr., 27.05.2011, 16:03

luftikus hat geschrieben:Du weißt doch auch bei einem 30- oder 40jährigen Mann nicht, was der in seinem Leben schon alles getrieben hat...
Und noch treiben wird...

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