Mein Vater ist gestorben, denke immer noch jeden Tag...

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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curley
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Mein Vater ist gestorben, denke immer noch jeden Tag...

Beitrag Do., 10.04.2008, 14:11

Hallo zusammen,

Vorerst, ich bin hier nicht neu, nur leider wußte ich meine PW nicht mehr .


Im September verstarb mein Papa völlig unerwartet, er hatte einen Herzinfarkt.

Der Kontakt zu ihm war schon lange nicht mehr vorhanden, nur ab und an wg meiner Oma (seiner Mutter).

Er hat vor über 15 Jahren wieder geheiratet und hatte somit eine neue Familie, sie waren wie Hund und Katze ich glaub sie konnten nicht miteinander aber auch nicht ohne einander, seine Frau kannte ich vorher auch schon, aber das wäre jetzt alles zu lange um zu erklären.

Als Kind war ich sein Liebling, meinem Bruder hat er alles verboten´ich durfte alles, natürlich war es nicht immer friede freude sonnenschein...

Es sind jetzt gut 6 monate vergangen und immer noch denke ich immer an ihn, warum tu ich das er hat als Vater ja versagt.

Ich war noch immer nicht an seinem Grab, der gedanke es liegen jetzt nur noch knochen da, macht mir irgendwie Angst.

Wenn ich im Bett liege, denke ich fast immer daran wie es war als ich die Nachricht erhalten hatte.

Hab das Gefühl er ist immer irgendwie "da" das macht mir Angst.

Ich denke immer noch viel darüber nach wie es ihm jetzt geht, hat er seine Fehler eingesehen, wie war es als er starb u.s.w

Ich möchte das diese gedanken aufhören aber wie? Ich mag nicht mehr das Gefühl haben er ist da*seufz*


lg

curley

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comus
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Beitrag Do., 10.04.2008, 19:56

Hallo curley,

Mein herzliches Beileid.
Es sind jetzt gut 6 monate vergangen und immer noch denke ich immer an ihn, warum tu ich das er hat als Vater ja versagt.
Weißt du, es mag schon sein dass er in seiner Elternrolle versagt hat. Dennoch war er für dich als Mensch wertvoll und ist es nach wie vor.
Virginia Satir sagte einmal "Ein Ziel auf unserem Weg zur Ganzheit ist es, unsere Eltern als Menschen anzunehmen und ihnen auf der Ebene ihres Personseins (ihrer Individualität) zu begegnen, statt lediglich mit ihren Rollen in Kontakt zu treten"
Das wäre vielleicht eine mögliche Erklärung des "warum" warum du heute noch an ihn denkst, er war nicht nur dein Vater, hatte in deinem Leben mehr als diese Rolle zu erfüllen, er war auch der Mensch mit allen seinen Stärken und Schwächen die ihn so unverwechselbar und einzigartig machten. Und er hinterließ eine Lücke in deinem Leben und die Trauer macht dir seinen Wert nochmals bewusst.
Ich war noch immer nicht an seinem Grab, der gedanke es liegen jetzt nur noch knochen da, macht mir irgendwie Angst.
Trauer ist was sehr individuelles und du findest da deinen persönlichen Weg der für dich stimmig ist. Vertrau auf dein Gefühl und fühl dich nicht verpflichtet an sein Grab zu gehen wenn es dir Unbehagen macht. Alles passiert zum richtigen Zeitpunkt.
Ich möchte das diese gedanken aufhören aber wie? Ich mag nicht mehr das Gefühl haben er ist da*seufz*
Hm, du wirst sehen, das wird mit der Zeit besser werden. Dieses Gefühl "er ist da" ist ein Teil der Trauerarbeit. Trauer verläuft in verschiedenen Phasen und ist ein Prozess der Zeit benötigt. Deine Gedanken sind etwas ganz normales und sie werden dich nicht ständig begleiten, darauf kannst du vertrauen, es braucht halt Zeit.

Ich wünsch dir alles Gute und viel Kraft auf deinem weiteren Wege.

LG, comus

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Thread-EröffnerIn
curley
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Beitrag Mi., 23.04.2008, 09:01

Hmm ein wertvoller Mensch war er für mich nicht, er war mein Vater ja, aber er war nie da für mich, auch wenn ich sein Lieblingskind war.

Stärken? Die hatte er nicht, außer wenn man es als stärke bezeichnet Menschen zu verletzen, er hat mich oft verletzt, am meisten damit dass er sich abgewandt hat von mir.

Ich möchte nicht mehr an ihn denken, soviel Aufmerksamkeit hat er nicht verdient. Das mag sich jetzt gemein anhören, aber er war nie da für mich.

Ich bin auch wütend manchmal über mich selbst, das es mich immer noch beschäftigt.

Leider werde ich nie erfahren wie es ihm jetzt geht, ob er "bereut" u.s.w


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Elektra
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Beiträge: 337

Beitrag So., 27.04.2008, 13:57

Hi Curley,

bei mir sind die Voraussetzungen, was die Beziehung zum Vater angeht, zwar ganz anders, aber in vielen Punkten kann ich Dir gut nachfühlen.

Mein Papa ist jetzt fast zwei Jahre tot und vor allem wenn ich allein bin, denke ich immer noch ständig an die Zeit seiner Krankheit und an die Momente, die sich mir eingeprägt haben - die Nacht, in der er starb, in der ich von Unruhe gequält auf dem Sofa saß, bis morgens um acht der (zu dem Zeitpunkt ganz unerwartete, aber dennoch erlösende) Anruf von meiner Mutter kam, dass er gestorben ist; die Stunden, die ich neben ihm saß und Totenwache hielt, bis das Bestattungsunternehmen kam... als er gewaschen und umgezogen wurde und ich ihn dann mit hinaustragen durfte...

Die 17 Monate seiner Krankheit und sein Todestag hängen in mir fest, jeden Tag. Und ganz ehrlich, ich habe meinen Vater sehr geliebt und trotzdem möchte ich diese Schwere manchmal ganz gerne los haben... auch wenn andererseits die Erfahrung mit dem Tod sicher eine ganz wertvolle war.

Bei Dir sind vermutlich noch ein paar Rechnungen offen, ich habe mal gelesen, dass, je mehr unausgesprochen blieb, man sich mit dem Tod mehr quält (manche sehen ja richtig Gespenster oder haben Angst etc.) - vielleich findest Du ja eine Trauergruppe oder so?

Ich persönlich überlege oft, was ich für mich tun kann - aber ich habe Angst, keine geeignete Gruppe zu finden, denn ich möchte nicht nur über den Tod meines Vaters sprechen, sondern auch über seine Krankheit. Die ist aber ziemlich selten und nicht so bekannt... aber vielleicht geb' ich mir noch einen Ruck, irgendwann...

LG
Elektra
Wir haben so viel mit so wenig
so lange versucht, dass wir jetzt
qualifiziert sind, fast alles
mit nichts zu bewältigen

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Ragenir
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Beitrag So., 27.04.2008, 20:12

Servus Curley!

Ich war heute mit meiner Mutter beim Vienna-City-Marathon. Wie immer kam die Sprache auf meinen Vater, der vor etwa 11 Jahren verstarb. Er war ein A.

Dachte ich zumindest.

Je länger ich ihm "zerpflücke", desto mehr verstehe ich ihn. Ich hatte das Privileg ihm bei Lebenszeit auf seine Sünden anzusprechen. Zu einem Zeitpunkt, wo es ausreichend klar war, dass er die nächsten Monate nicht überlebt.

Er blieb jedoch teilweise in seiner Welt kleben, weshalb ich den Kontakt - wissend (bestrafend?) - abbrach.

Fehler hin - Fehler her. Tatsächlich hatte er selbst eine besch. Kindheit. Er hatte nicht die, für ihn passende Gefährtin. Er hatte nur seine Ideale, die teilweise aus Not geboren wurden, und uns (wir sind 3 Brüder).

Hin und wieder denke ich an ihm - und das einzige was mir dabei mittlerweile einfällt ist: Du oida Fux!

Meine Anteilnahme versichernd, Ragenir
Dankbarkeit. Demut. Liebe.

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Yoni
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Beiträge: 31

Beitrag Di., 29.04.2008, 10:31

Hallo Curley!

Ich war auch so ein Vaterkind wie Du. Mein Vater war immer ganz stolz auf mich, ich musste überall mit hin und wurde vorgezeigt. Er hat mich emotional meiner Mutter vorgezogen, aber wirklich interessiert hat er sich nicht für mich, es ging immer nur um ihn. In der Pubertät ist diese „Zuneigung“ dann in Ablehnung und Verachtung umgeschlagen, weil ich erwachsen wurde und das Bedürfnis hatte meinen eigenen Weg zu gehen. Darunter habe ich sehr gelitten, ich bin bald verrückt geworden, habe mich schlecht gefühlt und mir Vorwürfe gemacht. Noch immer spüre ich seine Ansprüche und fühle mich von seiner emotionalen Bedürftigkeit bedrängt. Ich kann ihn noch nicht mal umarmen, weil das so viel Abscheu in mir hervorruft. Mittlerweile ist er schon recht alt und möchte sich mit mir versöhnen, allerdings ohne mit meinen Gefühlen konfrontiert zu werden. Er erwartet, daß ich mich wieder verleugne und verrate. Er gibt mir immer wieder das Gefühl ein schlechter Mensch zu sein.

Vielleicht kannst Du Deinem Vater einen Brief schreiben, in dem Du ihm Deine Enttäuschung und Wut über seine Begrenztheit und Selbstbezogenheit mitteilst, die er Dir gegenüber nicht eingestehen konnte. Daß Du Dir wünscht, daß er eingesehen hätte, daß er Dir Unrecht angetan hat. Daß er dich so oft verletzt hat und daß er sich von Dir abgewendet hat, anstatt zu versuchen Dich zu verstehen und daß Du jetzt gerne mit ihm abschließen möchtest, um zur Ruhe zu kommen. Die schmerzlichen Erfahrungen binden Dich offenbar noch immer in quälender Weise an ihn, vielleicht könnte es Dir helfen sie in dieser Form zu verarbeiten und loszulassen, so daß sich diese Gedanken beruhigen. Den Brief könntest Du dann auf den Friedhof bringen, wenn Du soweit bist.

Ich hatte immer gedacht, daß der Tod einen endgültigen Schlussstrich zieht, aber anscheinend ist das doch nicht so. Das bereitet mir Bedenken.

Liebe Grüße,
Yoni

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E.T.
sporadischer Gast
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Beiträge: 9

Beitrag Mo., 27.10.2008, 14:04

Elektra hat geschrieben:
Ich persönlich überlege oft, was ich für mich tun kann - aber ich habe Angst, keine geeignete Gruppe zu finden, denn ich möchte nicht nur über den Tod meines Vaters sprechen, sondern auch über seine Krankheit. Die ist aber ziemlich selten und nicht so bekannt... aber vielleicht geb' ich mir noch einen Ruck, irgendwann...
Meine Mama ist vor 6 Monaten auch an einer (noch) seltenen und sehr unbekannten Krankheit gestorben, nennt sich COPD (chronische Lungenerkrankung). Ich habe zwar nicht unbedingt das Bedürfnis jetzt noch über diese Krankheit zu reden, aber ich kann wahrscheinlich verstehen wie du dich wohl gefühlt hast, wenn Leute danach gefragt haben und man dann ziemlich ausführlich erklären muss, wie und was und weshalb. Wenn du meinst es hilft dir über die Krankheit zu sprechen, dann kann ich dir das nur empfehlen. Ich habe die Hilfe einer Therapeutin in Anspruch genommen (und tue es noch). Natürlich kann sie nichts an meinem Schmerz ändern, aber trotzdem helfen die Gespräche.

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