Geschlechtsspezifische Wirkung von Psychoanalyse?

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lonely69
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Geschlechtsspezifische Wirkung von Psychoanalyse?

Beitrag Di., 21.04.2015, 07:03

Ich nehme wahr, dass mehr Frauen als Männer eine Psychoanalyse machen. Nun gilt dies vermutlich auch allgemein für Therapie. Eventuell liegt es aber auch daran, dass die Psychoanalyse ihnen besser hilft? Wer kennt Studien hierzu?
Grawe hat doch Wirksamkeitsstudien gemacht, eventuell hat er darüber Zahlen?
LG
Lonely

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Bloodbuzz Ohio
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Beitrag Di., 21.04.2015, 09:11

Hallo Lonely
Statistisch gesehen kann ich keine Auskunft geben, ich habe aber auch die Vermutung, dass Frauen tendenziell öfters den Weg in die Therapie einschlagen, als Männer.
So würde ich mir die Streuung in der Psychoanalyse erklären.
Was die Gründe dafür angeht, so ist mir gleich als Gedanke bekommen;
Die gesellschaftliche Erwartung an Männer!
>Ein Mann ist nie krank, immer "stark" und hilft sich gefälligst selber, falls es ihm mal nicht gut gehen sollte! <

Dies nur als Gedanken.

Gruss
Ohio
In Wirklichkeit aber ist kein Ich, auch nicht das naivste, eine Einheit, sondern eine höchst vielfältige Welt, ein kleiner Sternenhimmel, ein Chaos von Formen, Stufen und Zuständen, von Erbschaften und Möglichkeiten.

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pandas
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Beitrag Di., 21.04.2015, 15:04

Woher wollt ihr das wissen, dass mehr Frauen als Männer PT "machen"?

Soweit ich mich entsinne, gibt es in vorhandenen Studien da keine so große Diskrepanz zwische Anzahl Männer und Frauen.

Mir sind auch schon desöfteren Männer in der Tür meiner Therapeuten begegnet.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


pandas
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Beitrag Di., 21.04.2015, 15:14

Übrigens, zu beachten ist auch, dass angebliche "geschlechtsspezifische" Wirkungen von PA eine Erfindung männlicher Psychoanalytiker ist.

Erst, als die Frauen als Analytikerinnen mehr und mehr mitmischten, gewannen andere Aspekte an Wichtigkeit.

Aber der Neid der Frau auf den männlichen Phallus ist eine männliche Konstruktion. Na sowas aber auch!
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Widow
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Beitrag Di., 21.04.2015, 16:24

Ganz subjektiv:
Mein Analytiker hat deutlich mehr männliche Patienten, seine Frau (ebenfalls Analytikerin) deutlich mehr weibliche.

Alle über das Patientengeschlecht Auskunft gebenden Studien, die ich über Psychotherapie allgemein gelesen habe, besagen, dass deutlich mehr Frauen eine Psychotherapie (gleich welchen Verfahrens) beginnen als Männer.
Einen plausiblen Grund dafür hat Ohio genannt.
Hinzu kommt, dass es in einer Psychotherapie immer auch um Gefühle geht und dass da viel geredet werden muss - beides ist für viele Männer bis heute ein Graus.

LG
w

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lonely69
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Beitrag Di., 21.04.2015, 23:09

Danke für eure Beiträge. Ich hatte den Thread bewusst in der Rubrik Literatur erstellt. Es wäre schön, wenn jemand noch einschlägige Quellen angeben könnte.
LG
Lonely


Widow
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Beitrag Di., 21.04.2015, 23:42

Soweit mir bekannt, gibt es keine Studien zu Deiner Frage, ob Frauen unter den psychotherapeutischen Verfahren eine Psychoanalyse besser hilft als Männern.
Die "Welche Psychotherapie hilft?"-Studien sind relativ rar, immer sehr umstritten und nicht geschlechtsspezifisch.

Edit: Mich interessiert, warum Dich diese Frage so interessiert? Überlegst Du, eine Analyse zu machen? Und würde es Dich irgendwie beeinflussen, wenn Du wüsstest, dass mehr Frauen als Männer sich auf die Couch legen (wie gesagt: Psychotherapien machen derzeit ohnehin immer noch deutlich mehr Frauen als Männer)?
Das hieße dann ja - rein statistiklogisch - auch, dass PA "mehr Frauen als Männern hilft" ...
Kurzum: Ich finde Deine Frage etwas unlogisch .

Anyway: LG
w

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Lotosritter
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Beitrag Mi., 22.04.2015, 00:22

Zitat Die Welt: Alarmierend sei, dass Männer in der ambulanten Therapie deutlich unterrepräsentiert sind. "Nur jeder vierte Patient in einer psychotherapeutischen Praxis ist männlich, obwohl sie genauso häufig psychisch krank sind wie Frauen." Und: Die Suizidrate bei Männern liegt dreimal höher als bei Frauen – auch das spreche für akuten Handlungsbedarf.
http://www.welt.de/gesundheit/psycholog ... eiden.html
Und hier Statistisches: https://www.gbe-bund.de/gbe10/abrechnun ... 11616#Kap4
Ich bin hier, weil es letztlich kein Entkommen vor mir selbst gibt ...
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pandas
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Beitrag Mi., 22.04.2015, 11:37

Na, nach der Statistik sind die Zahlenunterschiede nicht so gewaltig. Etwas weniger mehr Männer als Frauen. So auf 1,5 Frauen scheint ein Mann zu kommen. Nunja, why not ...

Zudem, man kann es ja auch anders auslegen, als die "armen Kerlz" halten länger durch und kommen alleine klar, obwohl sie psychische Probleme haben.
Man könnte es auch so auslegen, dass Frauen aufgrund der fortbestehenden, 1998 ohnehin noch stärker vorhandenen, strukturellen Geschlechterdiskriminierung öfter psychisch krank werden als die profitierenden Männer.
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pandas
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Beitrag Mi., 22.04.2015, 11:59

Hier ein Werk, dass die Problematik (zunächst) aus beiden Perspektiven befragt.
Auf der einen Seite finde ich WissenschaftlerInnen aus den Sozial- und Kulturwissenschaften, die nicht von »Geschlecht«, sondern von »Gender« sprechen. Ihrer Ansicht nach ist die Bildung der Geschlechts-
identität im Wesentlichen abhängig von den Charakteristika, die eine Gesellschaft
dem jeweiligen biologischen Geschlecht zuschreibt. Darüber hinaus stellen sie die
kulturelle Zweigeschlechtlichkeit infrage: Die Unterscheidung in zwei Geschlechter
sei nicht so natürlich wie sie scheint, sondern beruhe auf gesellschaftlichen Konven-
tionen. Auf der anderen Seite finde ich die Position von medizinischen oder psy-
chologischen WissenschaftlerInnen, wonach es vor allem die Biologie sei, die die Ge -
schlechtsidentität forme. Die Natur bestimme also, nicht nur wer ein Mann oder eine
Frau wird, sondern auch wie ein Mann und eine Frau fühlen und sich verhalten.
Dabei wird häufig das Hormon Testosteron erwähnt, das den Mann männlich akti-
ver bzw. aggressiver mache. Manchmal erscheint mir diese Diskussion fast ideo-
logisch geprägt. Wie sehen Sie die Formungsbedingungen der Geschlechtsidentität?
Quelle und weiterlesen:
Ilka Quindeau, Frank Dammasch
Männlichkeiten
Wie weibliche und männliche Psychoanalytiker Jungen und Männer behandeln
2014

http://www.klett-cotta.de/buch/Psychoan ... iten/43496
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Bloodbuzz Ohio
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Beitrag Mi., 22.04.2015, 12:09

Hallo Pandas

Darf ich dich bitten, die Beiträge etwas genauer zu lesen?
Hier schreibt Niemand, dass Männer mehr und länger aushalten, sollten sie psychische Probleme haben - es geht um ein gesellschaftliches Rollenbild, und es wird vom männlichen Geschlecht, mehr "Stärke" im Umgang mit solchen Themen erwartet.
Die Suizidraten im Geschlechtervergleich zeugen meiner Meinung nach auch davon.

Man könnte es auch so auslegen, dass Frauen aufgrund der fortbestehenden, 1998 ohnehin noch stärker vorhandenen, strukturellen Geschlechterdiskriminierung öfter psychisch krank werden als die profitierenden Männer.

... Pandas, das ist nicht dein Ernst oder?
Naja, man kann noch vieles auslegen, wenn der Tag lange ist
Hör mal, einfach so in die Runde:
Was ist mit der Geschlechterdiskriminierung von Männern?
Ich bin der Ansicht, dass auch Männer grossen psychischen Belastungen ausgesetzt sind... möchte jetzt aber nicht näher drauf eingehen, denn das ist, so glaube ich, nicht im Sinne der ursprünglichen Frage von Lonely.

Gruss Ohio
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Lotosritter
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Beitrag Mi., 22.04.2015, 13:05

pandas hat geschrieben:Man könnte es auch so auslegen, dass Frauen aufgrund der fortbestehenden, 1998 ohnehin noch stärker vorhandenen, strukturellen Geschlechterdiskriminierung öfter psychisch krank werden als die profitierenden Männer.
??? Was will uns die Teilnehmerin damit sagen? Und was hat dies mit dem Topic zu tun? Und was ist 1998 schlimmes geschehen, dass Männer profitieren lässt? Vielleicht mag die Teilnehmerin hierzu einen eigenen Faden beginnen.
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chaosfee
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Beitrag Mi., 22.04.2015, 13:28

pandas hat geschrieben:
Und dass die gesellschaftliche Geschlechterdiskrinierung zuungunsten von Frauen geht, ist mehr als belegt, im Gegensatz zur Männlichen. Warum sonst zb ist die Frauenquote weiterhin Thema?
Da kommt es aber dann doch sehr auf den Lebensbereich an. Und dass jemand eine Diskriminierung in einem Bereich anprangert, heißt ja nicht, dass in einem anderen Bereich nicht andersherum diskriminiert wird. Nur, weil Männer keine Quoten zum Beispiel in Universitäten oder bei Gerichtsurteilen zum Sorgerecht (oder Frauenquoten bei körperlich schwerer Arbeit...) einfordern, heißt das ja nicht, dass dort Gleichberechtigung herrscht.

Zum Ausgangsthema: Es ist ja generell ein recht begrenzter Personenkreis, der typischerweise PA in Anspruch nimmt: gebildet, gut situiert, mittelalt, oft weiblich. Ich vermute, das ist eher ein gesellschaftliches Phänomen als eines der Wirksamkeit. Sprich: Wessen sozialer Status es erlaubt, sich intensiv mit sich selbst zu beschäftigen. Da fallen Männer, die ja oft noch immer als Ernährer und als Absicherer gesehen werden (oder sich selbst sehen), eher raus.
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Bloodbuzz Ohio
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Beitrag Mi., 22.04.2015, 15:15

Sprich: Wessen sozialer Status es erlaubt, sich intensiv mit sich selbst zu beschäftigen. Da fallen Männer, die ja oft noch immer als Ernährer und als Absicherer gesehen werden (oder sich selbst sehen), eher raus.

Wie ich finde ein eine interessante Fragestellung, chaosfee
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lonely69
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Beitrag Mi., 22.04.2015, 15:33

Ich freue mich, dass meine Frage ein so reges Interesse hervorgerufen hat. Ich nehme wahr, dass viele zur geschlechtsspezifischen Wirkung von Psychoanalyse dezidierte Ansichten haben und mitteilen wollen. Ich möchte die Diskussion darüber auch nicht abwürgen, vielleicht geht das aber auch in einem eigenen Thread? Ich kann keinen mehr eröffnen, mag jemand von euch es tun?
Ich wünsche mir jedenfalls, dass hier auch Raum bleibtfür den eigentlichen Focus der Frage: auf Studien zur geschlechtsspezifischen Wirkung von Psychoanalyse. Ich denke, da kann es zweierlei geben:
a) Quantitative Studien, basierend auf dem geschlechterdifferentiellen Vergleich von Therapieanfangszahlen, -dauern und -erfolgsquoten allgemein vs. Psychoanalyse. So könnte man - wie bei Medikamenten - auf eine geschlechterdifferentielle Wirksamkeit von Psychoanalyse schliessen.
b) Qualitative Studien, basierend auf dem geschlechterdifferentiellen von Therapieverläufen. Hier dürfte sich die Anzahl der Studien (und der Fälle pro Studie) aber in engen Grenzen halten, man müsste ja schon 5 Jahre Studiendauer bei 4 Kohorten vergleichbarer Diagnose (z.B. Ödipus- vs. Elektra-Komplex bei Analytiker vs. Analytikerin) und parallelisierter Ausgangslage (Alter, SES etc.) investieren - und das geht ja über die Grenzen über einer Dissertation weit hinaus.
Dennoch: Weiß wer was?
LG
Lonely

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